Beiträge von Poetr Y. Slam

    Hallo,

    ich wende mich an Euch als "nur" indirekt Betroffener.

    Zu meiner/unserer Situation:
    Mit meiner Frau bin ich bereits mein halbes Leben lang zusammen, eigentlich auch glücklich. Wir haben Kinder, für die wir uns bewusst entschieden haben. Wir haben alles erreicht, was wir jemals erreichen wollten, wir sind ein gutes Team, das schon vieles bewältigt hat, an dem andere vielleicht zerbrochen wären. Es mangelt uns eigentlich an nichts, wir könnten ein wirklich gutes, angenehmes Leben haben. In den letzten Jahren - unmöglich einen genauen Beginn festzumachen - ist meine Frau jedoch immer mehr in eine Alkoholabhängigkeit abgedriftet, die aus der einstmals glücklichen Beziehung eine tagtägliche Qual gemacht hat. Ob es gelingt, dort wieder herauszukommen, entscheidet, ob diese Familie weiter Bestand hat, oder auseinander brechen wird. Es hat keinen Sinn, sich hier irgend eine Illusion vorzumachen. Wie es dann weiter gehen sollte, weiß ich nicht - ich bin zum ersten mal in meinem Leben völlig ratlos.

    Ich selbst, ebenso meine Frau, habe eine gewisse Erfahrung mit medizinischen/psychologischen Themen (mehr dazu ggf. später), kann zwischen dem "freien Willen" und dem, wie die "Hardware" in unseren Köpfen tickt, gut differenzieren, und vermeide Vorurteile und Schuldzuweisungen - denn das ist weder sinnvoll, noch zielführend. Der Wille, die Sache anzugehen, ist da - sowohl von meiner Seite, als auch seitens meiner Frau. Aber der Wille ist eben nur ein Teil, wenn auch aus meiner Sicht ein wesentlicher, der andere Teil ist die Sucht, und die schert sich im Zweifelsfall nicht um den Verstand. Sucht wäre keine Sucht, wenn sie nicht in der Lage wäre, das Bisschen Verstand des schlauen Affen auszuhebeln.

    Ich wünsche Euch allen ein gutes neues Jahr 2020, in dem sich vor allem Lösungen statt Problemen ergeben, und hoffe, bei Euch etwas Austausch zu finden. Suchterkrankungen, bzw. ganz allgemein psychologische Erkrankungen - die körperliche Abhängigkeit sollte eher das kleinere Problem darstellen - sind als Betroffener als Gesprächsthema in der Gesellschaft ein Tabu, über das man kaum produktiv reden kann, ohne Gefahr zu laufen, in eine Schublade gesteckt zu werden. Menschen scheinen es zu lieben, gerade auf denen herumzutrampeln, die ohnehin schon am Boden liegen, begegnen ihnen mit Selbstgefälligkeit und Verachtung, im besten Fall oft noch mit "schlauen" schlechten Ratschlägen. Das sollte unter selbst betroffenen anders sein, und man kann durch so einen Austausch eigentlich nur gewinnen. Und da bin ich nun.

    LG
    P.