Co Abhängigkeit und Adrenalin

  • Hallo Foris,

    ich habe im November unter dem Thema "völlig im Mustopf" hier ein paar Mal geschrieben. Das Thema beschäftigt mich immer noch :-\. Ich hatte einen besonders harten Fall von abhängigem Partner an der Backe. Irgendwie ist das immer noch so. Den Kontakt zu ihm zu vermeiden ist wie die Flasche nicht zu entkorken und ich denke immer wieder über die Faszination nach, die dieser wirklich seelisch kaputte Mann auf mich hatte und hat. Er ist eine Droge. Für mich. Wie Kokain. Heroin. bowdown
    Als ich ihm erzählte, dass ich mir hier anonym Hilfe geholt habe, weil ich nicht mehr konnte...bekam ich Beschimpfungen zu hören:Verrat. An ihm. Unmöglich, mich an Fremde zu wenden und UNSERE intimen Probelem auszubreiten. Er beschimpfte mich auf das Übelste...

    Mich beschäftigt das Thema Adrenalin...und ich bin interessiert daran, wie IHR das seht. Das ist zwar theoretisch abstrakt aber vielleicht dennoch interessant. Ich fange an:

    Wer jemals mit einem psychisch kranken und exzessiv abhängigem Alkoholiker zu tun hatte, der wird es vielleicht kennen. Diese Partnersorgen hier:

    Schafft er es, diesen Exzess zu überleben? Bringt er sich jetzt um :-[? Versagen seine Organe? Trinkt er sich gerade tot? Lebt er noch?
    In den nüchternen Zeiten schafft es der Suchtkranke ebenso, den Stresspegel (Adrenalinpegel) beim Parnter ganz oben zu halten. Ein Einkauf im Supermarkt stellt nur eine Frage: Wird er/sie zu den harten Schnäpsen greifen? Wandern heute wieder ein paar Flaschen in den Korb? Mit kleinen, nichtigen Begründungen wie zum Beispiel: Wir haben gar nichts mehr zu Hause! Ach komm, die EINE Flasche :o...die nehmen WIR mit. "
    Diskussion im Supermarkt zwecklos. Dann die Zeitpunkte (Weihnachten, Silvester), wo schon vormittags "mal ein Schluck auf das NEUE" getrunken wird. Von diesen tagen abgesehen, gibt es immer einen Grund, eine Flasche aufzumachen. Immer.Die Panik im Kopf, dass es erst 11 Uhr vormittags ist, die Zeit noch lang bis zum Neujahrsanstoß...wo das endet...ob es wieder so schlimm wird...

    Partner/ Partnerin- also ich und andere Betroffene: Ständige hohe Adrenalin Ausschüttung ::). Die macht mich wach. Die macht lebendig! Adrenalin = Angst, Flucht und Stresspegel Erhöhung. Gleichzeitig aber auch intensives Leben. Erleben. Totale Wachheit, weil ich immer auf der Hut sein muss.Immer im Stress, kein anderer Gedanke ist zulässig. Alles dreht sich um den Konsum und den nicht Konsum :(. Ständige Aufmerksamkeit beim kranken Partner. Der Feind ist nahe. Er heißt Alkohol. Er ist unberechenbar. Mein Hirn rattert ständig und trifft einhundert Entscheidungen in wenigen Stunden: Ansprechen? Nein. Nicht ansprechen - und die Konsequenz? Besser ein paar Stunden leiden, als im Supermarkt streiten um einen verlorenen Posten. Die Flasche liegt im Korb. Garantiert.

    Ein Leben auf einem Vulkan. Intensiv. Schwierig. Voller Angst, die nicht nur körperchemisch Adrenalin mobilisiert, nein, auch Kortisol wird in hohem Maße ausgeschüttet und schützt mich vor Infekten und anderen infektiösen Krankheiten. Ich laufe also auf Hochtouren und bewältige Dinge, die eigentlich aufgrund einer tiefen psychischen Erschöpfung gar nicht mehr machbar sind...

    Dann die Trennung. Nach Wochen ein anderer Mann. Ein "normaler" nicht kranker Mann. Wie langweilig er ist... alles Spannende ist weg. Keine Noteinsätze mehr. Wenig Sorgen. Geplänkel. Normalität. Normale Realität, die es lange für mich nicht gab. Intensität bei 3 statt bei 100...weniger wach. Weniger (scheinbar) gesund. Beruhigend, irgendwie. Ich werde krank. Eine Serie von Infekten legt mich flach. Ungeschützt.

    So Scheiße, wie die andere Beziehung war, so schwierig, so fordernd, so zehrend wie sie war: Ich war präsent, wach und nicht krank.
    Die Vermutung: Adrenalin ist meine Droge und Adrenalin ist an diesen Mann gebunden, der so krank und so abhängig ist. :help:

    Ich scheine auf Entzug zu sein. Dem Entzug meiner Droge: Angst, Sorge, Intensität, schnelles handeln, schnelles entscheiden von Minute zu Minute.

    Was meint Ihr? Kennt Ihr das? Oder nicht? Kann es sein, dass Co Abhängigkeit so etwas bewirken kann?

    Ich bin nicht durch damit. Lange nicht. Nicht durch mit diesem Mann. Nicht durch mit den Auswirkungen.

    Danke für Eure Antworten.

    sagt Euch
    einweiteresmal

  • Hallo
    na ja, also das klingt schon nach Co-Abhängigkeit, wie du ja selber auch vermutest.
    Ich hoffe, dass PRAXX deinen Beitrag mal lesen wird, denn als Mann "vom Fach" hat er dazu sicher was Sinnvolleres beizutragen als ich.
    Ich kann nur staunen darüber, wie süchtig du anscheinend bist nach dieser Anspannung, die dir dieser Substanzabhängige Mann "gibt"
    Wie zwei Legosteine, die nicht richtig zusammen passen aber ganz schwer auseinander zu kriegen sind.
    Ich wünsch dir dass du andere Möglichkeiten findest...

  • Hallo Ennasu,
    ja. Das hoffe ich auch. Das ist das erste Mal, dass ich solche Erfahrungen gemacht habe. Ich arbeite daran und versuche aus dem ganzen Mist etwas Positives zu bziehen: Mich besser kennen zu lernen, damit mir so etwas nicht noch einmal passiert. Dass ich Co- abhängig, bin ist mir klar. Die Frage ist eher, ob die Abhängigkeit auch wegen der ständigen Ausschüttung diverser Hormone so intensiv ist.

    Danke für Deine Antwort.

    onemoretime

  • Hallo Onemoretime,

    für mich stellt sich hier überhaupt nicht die Frage, ob die Abhängigkeit aus dem einen oder anderen Grund so intensiv ist.
    Du schreibst, dass der Mann für dich eine Droge ist. Und mit Drogen hat jeder in diesem Forum seine Erfahrung gemacht. Keiner ist hier, weil diese Erfahrungen so unglaublich positiv waren, dass er sie unbedingt einer großen Zahl anderer Menschen über das Internet mitteilen möchte.
    Wenn der Mann eine Droge für dich ist, wird dir diese Droge mehr und mehr Schaden zufügen.
    Es gibt deshalb m.E. nur einen Weg: Ausstieg aus der Sucht. (Ob nun aus einer Co-Abhängigkeit oder -wie ich meine- einer eigenständigen Abhängigkeit ist da zunächst zweitrangig.)

    Alles Gute
    Katro

  • Hallo Katro,

    danke Dir für Deinen Kommentar.
    Zufällig habe ich mich gerade durch Deinen Thread von 2014 gelesen. Natürlich hast Du Recht, dass es keine Alternative zu einem beständigen Kontaktabbruch zu diesem Mann gibt. Beine in die Hand und weg. Diesen habe ich schon Ende Oktober im Außen vollzogen. Das ganze Geschehen hat mich nachhaltig verändert und wird mein weiteres Leben beeinflussen. Du schreibst in Deinem Thread immer wieder, dass der Verstand und eine wiederholte Analyse der Sucht (egal welcher) zu einem dauerhaften Ausstieg und damit innerer Freiheit führt.

    Das erhoffe ich mir, dass ich über Analyse der Ereignisse in der Lage bin, auch meine innere Freiheit wieder zu finden.

    Grüße
    onemoretime

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