Wie komme ich von ihm los?

  • Guten Morgen ihr Leser,

    mein Partner hat ein Alkoholproblem, ich versuche seit fast 5 Jahren, mich zu trennen, aber ich schaffe es einfach nicht. Wir haben zwei Kinder (5 und 11) und bisher hat er mich immer mit dem Argument "das kannst du den Kindern nicht antun" zurückgehalten. Ich bin aber so unglücklich! Nach einem Gespräch gibt es meist eine Phase, wo es besser läuft und ich alles wieder etwas positiv sehe. Er verspricht dann, "sich Mühe zu geben", im Laufe der Wochen reisst es wieder ein. Hat schon Phasen gehabt, wo er auf alkoholfrei umgestiegen ist oder die Woche über nichts getrunken hat. Es hielt leider nicht lange. Hilfe von außen lehnt er ab.

    Er trinkt nicht immer mega viel (aber täglich), aber ich reagiere schon so sensibel auf das Thema, dass ich bei jedem einzelnen Bier einen erhöhten Puls bekomme. Unser soziales Leben ist fast komplett zum Erliegen gekommen, ich traue mich kaum noch, jemanden einzuladen, weil er entweder - wenn er nichts trinkt - schlechte Laune hat oder so viel trinkt, dass er alle Leute zulallt. Mit Freunden spreche ich kaum darüber. Eine Freundin weiß davon - seitdem ich es ihr gesagt habe, treffe ich mich nur noch ungern mit ihr, weil mir Fragen unangenehm sind un ich mich schäme, dass ich immer noch nicht gegangen bin und dieses Unglück einfach nicht beenden kann.

    Ich war vor ein paar Jahren beim Blauen Kreuz zur Beratung, da hab ich mich auch geschämt und bin irgendwann nicht mehr hingegangen. Ich weiß also, dass er sich nicht ändern wird. Und ich möchte so gern wieder glücklich sein. Ich bin jetzt 43 und sehe mein Leben vorbeiziehen...

    Ich bin auf der Suche nach Austausch mit anderen Betroffenen. Vielleicht können wir uns gegenseitig helfen?

    Danke für's Lesen. LG, Bananensplit

  • Hallo, Bananensplit,

    du bist nicht allein, das kann dir schon ein näherer Blick in so manchen Beitrag in diesem Forum zeigen.
    Ich denke nicht, dass du dich zu schämen hättest. Du, und ich bin sicher auch in gewisser Weise die gemeinsamen Kinder leiden unter dem Alkoholismus des Vaters und Ehemannes.
    Deine (unnötige) Scham verhindert nur, dass du Hilfe suchst. Schwäche ist kein Grund sich zu schämen. Offensichtlich hast du Vertrauen zu der Freundin, der du von deiner Situation erzählt hast. Warum redest du dir nicht erstmal bei der alles von der Seele?
    Nur damit wird’s dann doch nicht erledigt sein, dein Problem. Ich denke, so wie der trinkende Alkoholiker nicht ohne Hilfe aus dem Dreck kommt, so wenig können sich ohne Hilfe oft die Angehörigen von dieser Familienlast befreien.

    Ich bin trocken geworden bei den Anonymen Alkoholiker (AA) und weiß, dass die Angehörigengruppen haben, die Al-Anon heißen. Andere Organisationen haben solche Angehörigengruppen ebenfalls. An die kannst du dich wenden um Hilfe zu erhalten. In aller Regel wird das aber „nur“ Hilfe zur Selbsthilfe sein (können).

    Ich wünsche dir Mut ohne Scham und drücke die Daumen.

    Laurids

  • Liebe Bananensplit,

    ich kann deine Situation nur zu gut nachvollziehen, mir geht es ähnlich. Allerdings sind bei mir keine Kinder im Spiel, was es sicherlich noch viel schwerer macht als es ohnehin ist. Du hast in deinem Text nicht so viel zu dem Verhältnis zwischen euch geschrieben, aber vermutlich ist es nicht nur peinlich sondern er hat sich auch so verändert, dass ihr häufig aneinander geratet.

    Ganz wichtig ist aber, dass du dich, mit wem auch immer austauschst. Das hat mir sehr geholfen. Anfangs war das meine beste Freundin. Mit der Zeit habe ich aber gemerkt, dass mir persönlich vorallem ein Austausch mit Personen hilft, die die Thematik selbst kennen und nicht von außen einfach "urteilen". Die Anmeldung hier im Forum war für mich Gold wert - viele Mitglieder hier haben mir die Augen geöffnet. Desweiteren habe ich mir psychologische Hilfe gesucht. Natürlich kann niemand außer dir selbst den letzten Schritt tun, aber Schritt für Schritt wird es einfacher das Ganze nicht so emotional an sich ran zu lassen bzw. anders damit um zugehen. Das ist zumindest meine persönliche Erfahrung.

    Ich kann verstehen, dass du dich schämst - niemals hätte ich damals selbst geglaubt in so einer Situation fest zu stecken.

    Oder die Angst, dass aus dem ersten Schluck der Zweite, der Dritte usw. wird. Die überempfindlichkeit, der Drang zu kontrollieren was er tut, die ständigen Diskussionen wenn ich mir doch einmal angemaßt habe seinen Konsum zu kritisieren. Es ist ein Teufelskreis und egal was man tut irgendwie ist es immer das Falsche. Und doch kommt man nicht aus seiner Haut und hat den Mut endgültig einen Strich unter die Sache zu ziehen.

    Auch ich habe dies noch nicht geschafft, da ich das Gefühl der Verantwortung nicht ablegen kann. Aber seit ich offener damit umgehe, merke ich wie sich zumindest der Druck etwas löst. Die ständigen Zweifel und die Beklemmung werden weniger. Es tut gut zu wissen, dass man nicht die einzige Person ist die damit kämpft. Daher nochmal der Rat einer ebenfalls Betroffenen: sprich es dir zumindest von der Seele, aus Erfahrung weis ich, dass manche Bemerkungen im Austausch den Nagel auf den Kopf treffen und man plötzlich vieles klarer sieht.

    LG und viel Kraft
    Ira Jean

  • Vielen Dank, dass ihr euch die Zeit genommen habt, mir zu antworten.

    Ich weiß gar nicht, wie unsere Beziehung "sonst so" ist. Sie wurde in den letzten Jahren sehr stark geprägt durch die Alkohol-Problematik. Es gibt ein ständiges Auf und Ab - auf eine Phase, wo ich mein Leben in die Hand nehmen und gehen will, folgt eine Phase, wo alles gut scheint und wir uns richtig lieb haben und dann wird es allmählich wieder schlechter und schlechter. Wir hatten letztens ein Paar-Wochenende ohne Kinder, und das war richtig schön. Aber wenn ich ehrlich bin, funktioniert das auch nur so lange gut, wie ich selber was mittrinke.

    Aktuell widert er mich richtig an, es tut mir leid, dass ich das so sagen muss. Ich möchte am liebsten nicht angefasst oder geküsst werden. Am schönsten und entspanntesten ist es für mich, wenn er auf der Arbeit ist. Schöner Mist.

    Bei einem Al-Anon-Treffen war ich übrigens schon, das war für mich leider nicht hilfreich. Psychotherapie mache ich auch hin und wieder, und es geht mir meist viel besser danach. Aber zu Hause angekommen ist von der Energie oft nicht viel übrig.

    Ira, verstehe ich dich richtig, dass du deinen Mann nicht verlassen hast? Wie lange seid ihr denn zusammen?

    Mal schauen, was das Wochenende bringt, der Große hat Geburtstag und es kommt Besuch. Ich würde am liebsten wegfahren :(

    Liebe Grüße und euch einen schönen Abend, Bananensplit

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