Beiträge von Gerchla

    Guten Morgen Isa,

    ich möchte Dir dazu....

    Zitat

    Ein Teil von mir denkt sich, dass es einfach notwendig ist und ein anderer würde am am liebsten noch Monate warten, um zu sehen, ob ich es durchhalte.

    ...von meinen Erfahrungen berichten.

    Ich war ja selbst jemand, der quasi fast seine komplette Trinkerzeit heimlich getrunken hat. Und das waren dann weit über 10 Jahre. Ich war damit so "erfolgreich", dass ich es selbst meiner Frau und Familie gegenüber verheimlichen konnte. Selbst als ich dann in den letzten Jahren locker einen halben Kasten Bier pro Tag getrunken habe, ist mir das noch gelungen. Ich weiß, dass ich ein Vollprofi im Lügen, im Vertuschen, im Täuschen und bei der Be- und Entsorgungslogistik war. Trotzdem ist mir heute ein Rätsel, wie meine Frau das nicht hat bemerken können. Allein die Ausdünstungen, die ich gehabt haben muss.... Nun hat sie zwar bemerkt, dass ich längst nicht mehr derjenige war, den sie mal geliebt hat und mich komplett verändert hatte. Jedoch wusste sie nicht, woran das lag. Das hat sie mir übrigens auch selbst gesagt und nachdem ich mich geoutet hatte, hat sie mir erst geglaubt, als ich ihr all meine Alkoholvorräte, die ich an den unglaublichsten Stellen im Haus, Auto und Garten versteckt hatte, gezeigt habe.

    Vielleicht wollte sie es auch nicht wahr haben. Ich weiß nicht, wie das bei Deinem Mann ist.

    Was ich aber eigentlich schreiben wollte:

    Ich selbst wusste natürlich irgendwann, und zwar weit vor der Endphase meiner Sucht, dass ich da ein Problem habe. Also ähnlich wie Du das ja jetzt auch bemerkt hast. Und genau wie Du suchte ich nach Lösungen, nach einem Ausweg aus der ganzen Sache.

    Und auch ich konnte mir niemals vorstellen, irgend jemanden zu sagen, dass ich ein Alkoholproblem habe. Das war für mich unvorstellbar. Also dachte ich, dass ich mich doch eigentlich in einer sehr praktischen Situation befinde. Denn ich trank ja heimlich, niemand wusste davon. Nur ich wusste, dass da etwas aus dem Ruder läuft, sonst hat das keiner bemerkt. Was liegt also näher, als einfach heimlich mit dem Trinken wieder aufzuhören? Das erschien mir als eine super Option, nahezu genial. WIN-WIN-Situation, ich gewinne meine Unabhängkeit vom Alkohol zurück und muss nicht "zugeben", dass ich Alkoholiker bin und meine Familie wird nicht damit belastet, dass sie einen Trinker als Mann / Papa hat. Klang für mich nach einem guten Plan, klang für mich nach dem einzig wahren und richtigen Plan.

    Und so wollte ich das dann auch umsetzen. Wie oft ich das versucht habe, weiß ich gar nicht mehr. Es waren etliche Versuche über die Jahre gesehen. Die ersten Versuche, welche noch zu Zeiten eines relativ niedrigen Konsums meinerseits statt fanden, waren anfangs durchaus erfolgsversprechend. Mein allererster Versuch heimlich mit dem Trinken aufzuhören führte zu einer Trinkpause von fast einem Jahr. Eine verdammt lange Zeit. Ein simples Biermischgetränk mit, ich schätze mal vielleicht max. 2,5 % Alkoholgehalt, welches ich mehr oder weniger arglos trank, führte mich dann wieder zurück in meine Sucht. Ich trank es u. a. deshalb, weil es kein Problem für mich war, das zu trinken. Ich hatte ja niemanden "versprochen" keinen Alkohol mehr zu trinken und mein neuer Nachbar bot es mir über den Gartenzaun hinweg an. Ich nahm es und trank es und es dauerte nur wenige Wochen und ich war nicht nur dort wieder angekommen wo ich vorher aufgehört hatte, sondern deutlich darüber.

    Danach gab es weitere Versuche von mir, heimlich aufzuhören. Durchaus auch ernst gemeinte, immer dann, wenn ich irgendwie Mist gebaut hatte und das dem Alkohol zuzuschreiben war. Ich hatte immer das Ziel, jetzt erst mal nichts mehr zu trinken und zu schauen wie das funktioniert. Oft mit dem festen Willen, es jetzt wirklich mal lange durchzuhalten. Eine so lange Pause wie beim ersten Mal habe ich nie mehr geschafft, es wurden oft 2 oder auch mal 3 Wochen ohne Alkohol daraus. Irgendwann suggerierte mir dann die Sucht, das ich doch mal wieder was trinken könnte. Ich kann doch gar kein so großes Problem haben, ich konnte doch aufhören und das auch noch soooooo lange. 2 Wochen waren gefühlt für mich ein ewig langer Zeitraum. Und ich hatte ja "bewiesen", dass ich ohne kann und das könnte ich ja notfalls auch wiederholen, wenn es sein müsste.

    Und auch hier immer der Gedanke: Niemand weiß, dass ich ein Problem mit Alkohol habe (und vielleicht habe ich ja keines weil ich ja gerade eine Pause gemacht habe) und ich trinke ja heimlich. Da kann ich dann ja auch niemanden enttäuschen, ich breche kein Versprechen, ach was soll's, eines geht auf jeden Fall.....

    Irgendwann waren die Intervalle zwischen den Pausen immer länger und die Pausen wurden immer kürzer. Aus den Wochen wurden Tage und die letzen Jahre meiner Sucht waren pausenfrei. Es war mir nicht mehr möglich zu verzichten, nicht mal für einen lächerlichen Tag. Und ich wollte es auch nicht mehr, ich sah darin gar keinen Sinn mehr. Ich hatte resigniert, der Alkohol hatte endgültig gewonnen.

    Aus meiner Erfahrung heraus, ist es nicht möglich, heimlich mit dem Trinken aufzuhören. Jedenfalls war es das bei mir nicht und ich kenne, ehrlich gesagt, niemanden persönlich, bei dem das so funktioniert hätte. Mittlerweile habe oder hatte ich Kontakt mit vielen alkoholkranken Menschen und kenne deren Geschichte. Die, die es wirklich geschafft haben, haben alle "Nägel mit Köpfen" gemacht. Und fast alle sind aber vorher genauso rumgeeiert wie ich das bin. Zwar waren die wenigeren davon genau wie ich komplette heimlich Trinker, aber jeder eierte auf seine Weise herum und versuchte mit irgendwelchen faulen Kompromissen irgendwas aus seinem alten Leben zu retten. Die Angst vor der Veränderung war oft zu groß, die Angst vor dem was da wohl kommen würde, wenn man jetzt sagen würde, dass man alkoholkrank ist und jetzt ganz offen gegen sein Krankheit kämpfen möchte, war zu groß.

    Nun will ich damit nicht sagen, dass man jedem erzählen muss, dass man Alkoholiker ist und das ändern möchte. Im Gegenteil, das kann sogar kontraproduktiv sein. Ich denke z. B., dass man es sich wohl überlegen sollte, ob man es z. B. in der Arbeit sagt. Wenn die Arbeit Teil des Problem ist, dann ist das sicher sinnvoll, vielleicht sogar unumgänglich (oder aber ein Wechsel des Arbeitsplatzen ist notwenig). Wenn die Arbeit aber nicht das Problem ist, man dort nicht gefährtet ist zu trinken oder dazu animiert zu werden, dann kann es auch falsch sein, sich dort zu outen bzw. dann ist das nicht zwingend notwenig.

    Was aber m. E. unbeding notwendig ist, ist, dass es das nähere, das einem persönlich nahestehende Umfeld, weiß. Dazu gehört für mich natürlich an allererster Stelle der Partner oder die Partnerin. Da geht es ja auch um Vertrauen. Ich outete mich erst meiner Frau gegenüber, dann meinen Kindern. Dann meinen Geschwistern und am Ende dann auch meinen Eltern gegenüber. Zwischen allen meinen "Outings" lagen weniger als 4 Wochen. Anschließend haben es dann auch noch meine ganz wenig verbliebenen engeren Freunde erfahren. Einer dieser Freunde war mir ein sehr hilfreicher Begleiter heraus aus der Sucht.

    Eines will ich Dir noch sagen: Mein Ausstieg aus der Sucht war völlig ungeplant. Nicht wie bei Dir, wo Du Dir ja z. B. hier im Forum schon viele Gedanken machst und viel Input holst und jetzt dann auch noch mit der Suchtberatung sprichst. Nein, ich wollte gar nicht mehr aufhören, ich sah keinen Sinn mehr darin das überhaupt noch zu versuchen.

    Es war einfach eine spontane Eingebung, ein "Klick"-Erlebnis. Meine Frau konfrontierte mich mit einer schlimmen Geschichte meinerseits, welche natürlich auch wieder auf Alkohol zurück zu führen war. Ich hätte, wie schon 100 mal vorher, auch hier wieder durch geschicktes Lügen aus der Nummer heraus kommen können. Das wäre mir mit Sicherheit gelungen, im Lügen war ich unschlagbar gut. Aber ich wusste plötzlich: Nein, jetzt ist Schluss, ich will nicht mehr so weiter machen. Und ich wusste in diesen Bruchteilen von Sekunden auch, was das bedeutete. Es bedeutete, dass mein Leben, wie es bisher war, vorbei sein würde. Es bedeutete aber auch, was ich als noch viel schlimmer empfand weil mein eigenes Leben war ja eh schon komplett kaputt, dass ich das Leben meiner Familie pulverisieren würde. Ihr die gedachte Zukunft rauben würde. Ich wusste, dass jetzt alles anders werden würde. Denn ich hatte ja nicht "nur" getrunken, ich hatte mir ein Doppelleben aufgebaut vom allerfeinsten. Ich hatte Dinge getan, von der niemand etwas wusste, schlimme Dinge und ich wusste auch, dass ich das jetzt alles auf den Tisch bringen muss und bringen werde.

    Ich hatte so viele Vertrauenbrüche begangen, von denen niemand etwas wusste. Meine Frau lebte in einer Welt, die es längst nicht mehr gab, die ich nur künstlich aufrecht erhalten hatte. Und meine Kinder auch. Das alles war mir innerhalb von Bruchteilen einer Sekunde klar, vielleicht war es auch eine ganze Sekunde, jedenfalls hatte ich mir keine Zeit genommen, da weiter drüber nachzudenken. Mir war klar was passiert wenn ich jetzt sage: Ich muss Dir was sagen, ich bin Alkoholiker und dann gibt's da noch einiges mehr, das ich Dir jetzt erzählen werde.........

    Und so kam es dann auch. Aber das ist meine Geschichte, nicht Deine. Was ich Dir sagen will: Nur durch diese Ehrlichkeit und dieses Outing war es mir möglich, diese Sucht zu überwinden. Ehrlichkeit ist das A und O. Ehrlich gegenüber den Menschen die einem nahe stehen und auch Ehrlichkeit gegenüber sich selbst. Anderfalls kommt die Sucht durch die Hintertüre zurück. Sie ist so mächtig, das solltest Du nie unterschätzen

    Wenn ich Dich so lese, dann denke ich mir (ohne es zu wissen): Du hast gute Chance es zu schaffen und zu einem wirklich zufriedenen Leben ohne Alkohol zu finden. Ich nehme einfach mal an, dass Du nicht so viel gelogen und betrogen hast, wie ich das getan habe. Bei mir war klar, dass eine Fortführung meiner Ehe nicht möglich sein wird und ich wusste auch, das ich das nicht können werde, selbst wenn meine Frau dazu bereit gewesen wäre. Ich wusste oder ahnte zumindest, dass ich mich trennen würde und dass ich nur dann eine Chance habe, wenn ich wirklich neu anfange. Ich meine damit einerseit die Chance auf ein Leben ohne Alkohol aber, was mir noch viel wichtiger erschien, auf ein zufriedenes oder vielleicht sogar glückliches Leben ohne Alkohol (mit Alk ist das für einen Alkoholiker unmöglich).

    Aber bei Dir? Ist da nicht ein Mann, der vielleicht erst mal irritiert, naja vielleicht sogar geschockt, ist und der dann aber zu Dir steht? Mit dem Du dann gemeinsam durch die ersten Wochen und Monate ohne Alkohol gehen kannst? Der Dich begleitet und der selbst schnell merken wird, wie toll das ist eine Frau zu haben, die nicht mehr trinkt? Meinst Du nicht, dass das bei Dir so sein könnte. Hast Du so viel zu "beichten", dass Du Deine Ehe, Deine Beziehung, Dein weiteres Familienleben in Gefahr siehst, wenn Du ihm sagst, dass Du ja leider offenbar in eine Krankheit geschlittert bist, welche heute eine Volkskrankheit ist und dass Du nun aber da wieder heraus kommen möchtest? Gemeinsam mit ihm bzw. mit seiner Unterstützung und der Unterstützung Deiner Familie. Meinst Du Dein Mann würde Dich da dann im Regen stehen lassen? Wenn ich diesen Schritt zum richtigen Zeitpunkt gemacht hätte, also zu einem Zeitpunkt, wo mich die Sucht noch nicht so stark gefangen gehalten hatte und ich noch kein ausgeprägetes Doppelleben und Lügengespinst aufgebaut hatte, ich bin mir sicher meine Frau hätte alles dafür getan, dass wir eine gute Zukunft miteinander haben. Irgendwann war's vorbei, lass es bei Dir nicht so weit kommen.

    Vielleicht helfen Dir meine Gedanken und meine Geschichte für Dein weiteres Vorgehen. Probiers nicht heimlich, mach "Nägel mit Köpfen", Du wirst Dir später ewig dankbar dafür sein.

    LG
    Gerchla

    Guten Morgen Isa,

    ich möchte Dir einfach kurz ein paar Gedanken von mir da lassen. Und zwar dazu:

    Zitat

    In erster Linie als soziales Schmiermittel (ich schätze die meisten hier wissen was ich meine). Nach ein paar Gläserner habe ich , selbst nach einem langen Tag, mehr Lust mich zu unterhalten, bin lockerer. Es ist ein bisschen wie ein unsichtbarer Schutz, der alles ein bisschen abfedert.

    Hast Du mal darüber nachgedacht, dass Du hier mit Hilfe des Alkohols etwas tust, das Du eigentlich gar nicht tun möchtest? Du hast gar keine Lust Dich zu unterhalten, Du hast gar keine Lust Menschen um Dich zu haben aber nachdem Du Alkohol konsumiert hast, funktioniert das plötzlich ganz wunderbar. Eigentlich sagt Dein Körper oder Deine Psyche: Stopp, ich will das jetzt nicht.Ich will jetzt lieber für mich sein. Ich will meine Ruhe haben. Vielleicht auch: ich muss regenerien, sonst überfordere ich mich auf Dauer.

    Und was machst Du? Du denkst Dir: das ist nicht normal, weil alle anderen sind ja auch immer kommunikativ und gut drauf. Nur ich nicht. Aber ich weiß ja mittlerweile, was dagegen hilft.

    Wie wärs denn mal, wenn Du auf Deine wirklichen Bedürfnisse hören würdest? Wenn Du das tun würdest, was Du wirklich möchtest. Und nicht das, von dem Du glaubst, das Du es möchtest oder das es sein muss.

    Hast Du Dir mal überlegt, dass Du den Alkohol dafür hernimmst, um jemand zu sein oder zu werden, der Du in Wahrheit gar nicht bist? Und wenn dem so ist, warum tust Du das? Warum willst Du so sein, warum willst Du ein Mensch sein, der Du gar nicht bist oder der Du ohne Alkohol gar nicht wärst?

    Willst Du nicht "echt" sein? Wenn Du trinkst, bist Du nicht mehr echt, dann bist Du Dein alkoholbedingtes Scheinbild. Kann man machen, führt aber auf Dauer dazu, dass man sich selbst komplett verliert. Inklusive der unfassbar großen Probleme, die die Sucht ansich mit sich bringt.

    Wenn Du nun denkst: "Aber ich will ja nicht auf Dauer alleine daheim sitzen und komplett vom sozialen Leben ausgeschlossen sein", dann kann ich nur sagen: Das wirst Du auf jeden Fall irgendwann erreichen, wenn sich die Sucht manifstiert und Dich richtig in den Würgegriff nimmt. Wenn Du aber aufhörst mit dem Trinken, wird sich auch Dein Sozialverhalten langsam wieder normalisieren. Vielleicht brauchst Du erst mal eine Pause, vielleicht willst Du dann erst mal Deine Ruhe haben, das kann gut sein. Das war bei mir z. B. genau so der Fall. Aber, je länger ich ohne Alkohol lebte, desto mehr kam auch wieder der Wunsch auf, in ein (gesundes) Sozialleben zurück zu kehren. Und ja, mit Alkohol war ich auch sofort redseelig und konnte auch mit Menschen kommunizieren, mit denen ich nüchtern gar nicht kommunizieren möchte. Heute weiß ich das alles. Und heute bin ich wieder ein sehr kommunikativer Mensch. Aber ich rede 1. nur wenn ich was zu sagen habe und 2. nur dann, wenn mir wirklich danach ist und ich das auch möchte. Damit geht es mir sehr gut und ich habe heute einige wenige sehr gute Freunde, wo es auch zu wirklich tiefen Gesprächen kommt und ein "normales" sonstiges Umfeld, wo ich komplett alkoholfrei so oft und viel kommuniziere, zusammen sitze, feiere, etc. wie ich es eben möchte. Das ist wirklich toll!

    Und wenn ich mir heute als Zuhörer alkoholbedingte Kommunikationen anhöre, stelle ich fest, dass diese immer blöder werden, je höher der Pegel steigt. Und ich denke mir: Mein Gott, da warst Du früher selbst dabei. Und du hast es nicht mal gemerkt.

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    Und der zweite große Punk ist Entspannung. Ich bin ein Mensch der sich schnell Sorgen macht und auch für Dinge verantwortlich fühlt.


    Ja ja, die liebe Entspannung... Mal aussteigen, mal die Sorgen des Alltags hinter sich lassen, mal an gar nichts mehr denken müssen. Damit schildert Du einen der "Hauptgründe", den viele nennen, wenn man die Frage stellt, wofür sie den Alkohol her nehmen.

    Aber es ist natürlich so, wie Du ja selbst schon erkannt hast: es ist eine äußerst temporäre Angelegenheit und wenn dieses Verfahren regelmäßig anwendet, wie Du das ja offenbar tust, dann bekommt die Sucht sozusagen nebenher mit untergejubelt. Was bedeutet das? Nun, das bedeutet, dass die eigentlichen Sorgen wegen denen man trinkt, winzig klein werden gegenüber den Sorgen und Problemen, die man sich durch das Entstehen einer Alkoholsucht eingefangen hat.

    Ich sag das so und ich darf das so sagen, weil ich das genau so erlebt habe. Ich DACHTE ich hätte Probleme. Aber im Verlgeich zu dem was ich dann an Problemen hatte als ich süchtig war, waren meine damaligen Probleme regelrechte Lapalien.

    Und, oh Wunder, heute kann ich ohne Alkohol sehr gut mit all den "normalen" Problemen des Alltags umgehen. Denn die habe ich ja nach wie vor. Mein Leben ist ja nicht problemfrei, weil ich keinen Alkohol mehr trinke. Klar, was weg fällt sind all die Megaprobleme und Baustellen, die ich mir durch die Sucht selbst fabriziert habe. Aber da war ich ja auch selbst verantwortlich. Aber all die anderen Dinge, Dinge für die man ja auch oft gar nichts kann, die sind bei mir natürlich genauso vorhanden wie bei jedem anderen auch.

    Ohne Alkohol, kann ich sie viel besser angehen, habe viel bessere Strategien um Lösungen für mich finden. Früher war die Strategie: kurzfristig aus der Realität entfliehen. Heute ist die Strategie: das Leben so annehmen wie es ist, grundsätzlich positiv denken und Probleme als solche auch akzeptieren und wenn es irgendwie geht, sie dann zu lösen. Und das geht fast immer.

    Und auch größere Geschichten, wie z. B. mal der Tod einer nahestehenden Person (auch das ist mir schon passiert) können ohne Alkohol, mit einer inneren Klarheit, viel besser verabeitet werden.

    Fazit: Was immer Du jetzt denken magst, ich weiß aus eigener Erfahrung: Der Alkohol ist zu NICHTS nütze. Er gauckelt Dir nur vor Dir zu helfen, er gibt Dir temporäre Glückmomente, für die Du am Ende aber ganz bitter bezahlen musst. Auch wenn Du das jetzt vielleicht noch nicht so empfindest: je länger Deine Sucht dauert und je tiefer Du rein rutscht, desto schlimmer wird es. Bei mir waren es erst viele Jahre, die eigentlich ganz gut gelaufen sind, trotz Sucht. Die letzten paar Jahre aber, die waren die pure Hölle. Und hätte ich den Absprung nicht geschafft, wäre ich heute nicht mehr hier. Da bin ich mir sehr sicher.

    Überlege Dir mal, ob Du so leben möchtest. Und wie lange Du noch so leben möchtest. Ich wünsche Dir, dass Dein Besuch bei der Suchtberatung zum Wendepunkt in Deinem Leben wird.

    Alles Gute wünsche ich Dir!

    LG
    Gerchla

    Hallo Isa,

    herzlich Willkommen hier im Forum.

    Ich stelle mich mal kurz vor: Ich bin Anfang 50, Alkoholiker und trinke jetzt schon lange keinen Alkohol mehr. Ich bin Papa von 3 Kindern, zwei davon "durften" meine aktive Trinkerzeit miterleben. Ich trank weit über 10 Jahre abhängig, die meiste Zeit davon jedoch komplett heimlich. Auch meiner Familie gegenüber schaffte ich es irgendwie, meine Sucht zu verheimlich. Jedoch leider nicht meine Veränderung, und diese war, wie Du Dir denken kannst, nicht positiv. Ich veränderte mich also alkoholbedingt mehr und mehr, meine Ehe ging darüber mehr und mehr kaputt, mein Sozialleben natürlich ebenso aber meine Frau wusste nicht, warum das so ist. Am Ende war ich dann bei etwa 10 Bier am Tag, oft auch mal mehr oder noch Wein dazu, angekommen und begann schon morgens mit dem Trinken. Der Wechsel zu harten Sachen stand kurz bevor, erste "Versuche" waren bereits von mir durchgeführt. Mein weiterer Weg war also vorgezeichnet und sehr lange hätte ich mein Kartenhaus nicht mehr aufrecht erhalten können.

    Es kam dann alles anders und ich hörte mit dem Trinken auf. Das ist aber eine andere Geschichte, die ich Dir jetzt nicht erzählen will,, weil ich denke, dass Dir das jetzt gerade nichts bringen wird.

    Das was Du gerade von Dir beschreibst, das kenne ich sehr sehr gut. In dieser"Phase" der Sucht, kann man sehr viele Jahre verbringen. In dieser Phase der Sucht habe ich auch viele Jahre verbracht, heute kann ich sagen: ich habe sie verschwendet.

    Heute weiß ich: Hätte ich in dieser Phase der Sucht die Reißleine gezogen, es hätte eine sehr gute Chance gegeben, mein Leben ohne große Kollateralschäden wieder in die Spur zu bringen. Das wäre nicht einfach geworden, es hätte auch viel Veränderung bedeutet und eine Umstellung meines Lebens generell. Aber es wäre meiner Familie und auch mir viel, sehr viel Leid erspart geblieben.

    Nun, mir ging es wie Dir gerade. Ich hatte immer gute Argumente, weshalb ich jetzt nicht aufhören kann, oder nicht will. Warum es erst mal doch noch so weiter gehen muss und um mein Gewissen irgendwie doch in den Griff zu bekommen, dienten mir dann Trinkpausen dazu, mir selbst zu bestätigen, dass es ja so schlimm doch nicht sein kann und ich ja doch aufhören kann, wenn es denn mal wirklich sein muss.

    Als es dann mal wirklich sein musste, gings aber natürlich nicht mehr. Logisch eigentlich. Wir sprechen hier ja von einer wirklich schweren Krankheit, welche nur sehr wenige Menschen "besiegen" können, also damit meine ich einfach nur: relativ wenig alkoholkranke Menschen schaffen es, diese Sucht dauerhaft zu überwinden. Die meisten trinken einfach so lange, so lange es eben geht und sterben mit oder an der Sucht, irgendwann. Oder leben damit, so lange es eben geht. Wobei, gelebt habe ich ab einem bestimmten Zeitpunkt meiner Sucht nicht mehr, ich habe funktioniert, bis zum Schluss. Wie die meisten Alkoholiker das tun. Mit Leben hatte das nichts mehr zu tun. Es war eine Qual, alles drehte sich nur um Alkohol und nur darum, es zu verheimlichen. Ich habe in dieser Zeit mein Leben verschwendet und dachte die meiste Zeit davon auch noch, dass es nicht anders geht. Irgendwann, und das war dann die schlimmste Zeit, wollte ich es gar nicht mehr anders. Ich war bereit mit oder am Alkohol zu sterben, obwohl ich da ja noch zwei Kinder hatte die ich über alles liebte, eines davon gerade mal im Grundschulalter. Halleluja, ich war echt kaputt und die Sucht hatte mich fest im Griff. So wie Dich jetzt auch.

    Ich schreibe Dir das einfach so, weil es so war. Es ist echt, ich bin echt, ein Mensch wie Du, ein Papa, Du bist eine Mama. Ich schreibe Dir das, weil ich heute weiß, dass es möglich ist davon weg zu kommen aber mit wenig Hoffnung, dass Du es jetzt auch wirklich versucht. Mit wenig Hoffnung, dass Dich meine Zeilen dazu bewegen, es wirklich anzugehen, also ernsthaft und nicht heimlich für Dich. Sondern richtig, mit allen Konsquenzen. Ich schreibe es, weil mir diese wenige Hoffnung Motivation genug ist es zu tun, denn sollten Dich meine Worte vielleicht doch erreichen, also nicht nur kurzfristig beim ersten Lesen, sondern nachhaltig mit dem Ergebnis das Du zum Arzt gehst, zur Suchtberatung und offen mit Deiner Familie sprichst, dann wäre etwas passiert, was ich als kleines Wunder bezeichnen würde. Und so kleine Wunder habe ich, seit ich hier im Forum bin, schon ein- zwei mal erlebt. Deshalb reicht mir diese kleine Hoffnung. Das Leben, welches Du dann finden würdest, ist so viel besser als das, welches Du jetzt führst.

    Mehr möchte ich Dir jetzt nicht schreiben. Ich wünsche Dir von Herzen, dass Du den Weg aus der Sucht findest. Am besten sofort, jetzt, Dir zu liebe an erster Stelle, dann aber auch Deinen Kindern und Deiner Familie zu liebe. Ich habe am Ende alles verloren, trenne mich von meiner Frau, war nur noch Teilzeitpapa für meine Kinder, der sie am Wochenende mal besuchen durfte. Lass es nicht so weit kommmen. Ich bin heute ein glücklicher Mensch, aber auch das ist eine andere Geschichte und auch diese, wird Dir im Moment nichts helfen. Hätte ich weiter getrunken, ich bin mir ziemlich sicher, dass ich nicht mehr auf dieser Welt wäre. Und wenn doch, dann würde ich viel Leid ertragen und noch mehr Leid bringen, nämlich all jenen, die mich lieben, allen voran meinen Kindern. Gut, dass es so ist wie es jetzt ist.

    Alles Gute und einen guten Austausch hier im Forum wünsche ich Dir.

    LG
    Gerchla

    Hallo Disi,

    herzlich Willkommen bei uns im Forum.

    Es ist immer wieder schlimm zu lesen, was trinkende Elternteile ihre Kindern zumuten bzw. antun. Mich trifft es auch deshalb immer wieder, weil ich selbst so ein Elternteil war. Ich bin jetzt Anfang 50 und Papa von drei Kindern. Meine beiden ersten haben meine Trinkerzeit noch miterleben müssen. Wobei mein damaliges Trinkverhalten jetzt nicht mit dem Deines Vaters zu vergleichen ist. Ich trank fast meine gesamte "Trinkerkarriere" über komplett heimlich. Und konnte das auch gut verheimlich, was mir im Nachhinein auch von meiner ersten Frau bestätigt wurde. Ich schreibe Dir das nur deshalb, weil Trinker oft denken, keiner würde etwas bemerken aber eigentlich wissen alle Bescheid. Es sagt nur meistens keiner was und die ganze Geschichte wird verschwiegen. Meistens schämt sich die Familie für das trinkende Familienmitglied noch mehr, als es der/die Trinkende ohnehin schon selbst tut. Ich denke, so ähnlich hast das Du und Deine Schwester ja auch erlebt. Du schreibst ja, dass ihr abgeschirmt wurdet.

    Ich finde es sehr traurig, dass Dein Vater Dich so wenig wahr nimmt oder wahr nehmen kann. Ich habe auch vieles von dem was meine Kinder so gemacht und getan haben, nicht so wahr genommen, wie sie es verdient hätten. Vor allem aber, war ich mir manches mal der Tragweite meines Verhaltens überhaupt nicht bewusst. Möglicherweise ist das bei Deinem Vater auch so.

    Ich möchte Dir ein wenig erzählen, was da damals in mir abgegangen ist. Du hast ja Deine Geschichte hier erzählt, ohne dass Du jetzt weiter erläutert hast, was wir hier vielleicht für Dich tun könnten. Ich denke mir, alleine dass Du das mal herunter geschrieben und mit uns geteilt hast, kann Dir schon helfen. Aber ich will Dir einfach ein wenig von mir damals erzählen, vielleicht hilft es Dir, ein paar Dinge die in Deinem Leben passiert sind und noch passieren, für Dich klarer einordnen zu können.

    Eines vorab: Ich habe meine Kinder immer geliebt, und zwar so, wie man nur seine Kinder lieben kann. Meine Tochter war im Grundschulalter, als ich mit dem Trinken (völlig ungeplant) aufgehört habe. Mein großer damals fast erwachsen. Er ist heute nur ein wenig älter als Du. Ich trank ja heimlich und ich hatte natürlich permanent ein schlechtes Gewissen, vor allem meiner Kinder gegeüber. Ich wusste damals, dass ich eigentlich einen Schlussstrich ziehen müsste, ich wusste aber auch, dass das bedeuten würde, dass ich mich von meiner Frau trennen muss (ist ne längere Geschichte die jetzt den Rahmen sprengen würde). Und somit auch meine Kinder "verlieren" würde, was ich mir überhaupt niemals vorstellen konnte. Denn wie gesagt, sie waren mein Ein und Alles. Natürlich wollte ich oft mit dem Trinken aufhören. Und weil ich heimlich trank, wollte ich natürlich auch heimlich aufhören und somit wäre ja alles prima und gut, win-win, sozusagen. Aber da spielt die Sucht leider nicht mit. Sie ist viel zu stark, als dass man sie mal schnell nebenher beenden könnte.

    Ich habe also versucht, trotz Sucht und am Ende dann täglich so um die 10 Bier plus oftauch mal noch Wein, ein guter Vater zu sein. Dass das nicht so funktioniert, wie das eigentlich sein sollte, ich denke das brauche ich Dir nicht zu schreiben. Jedenfalls versuchte ich für meine Kinder da zu sein, vor allem mit meiner Tochter, weil sie ja die kleine war, hab ich viel unternommen, viel geredet, viel gemacht..... So gut es eben ging. Dabei ging auch einiges "daneben", was ich aber damals gar nicht gemerkt habe sondern erst realisiert habe, nachdem ich längere Zeit mit dem Trinken aufgehört hatte und meine Suchtgeschichte aufgearbeitet hatte. Meine Frau damals, die wurde fast wahnsinnig wegen meines Verhaltens. Immer wieder sprach sie mich darauf an, was ich jetzt schon wieder gesagt, gemacht, getan.... habe, etc. Oft meinte sie, ich wäre ihr drittes Kind...... Wie gesagt, sie merkte zwar, dass unsere Beziehung quasi kaputt war, jedoch wusste sie nicht, warum ich so war wie ich war. Und versuchte natürlich immer wieder zu retten, was nicht mehr zu retten war.

    Diese Sucht, liebe Disi, war bei mir leider stärker als jede Liebe, sogar stärker als die Liebe zu meinen Kindern und ich habe nie eine größere Liebe in mir gespürt. Und ich weiß heute aus Gesprächen mit vielen anderen Alkoholikern, dass das wohl der "Normalfall" ist und ich keine Ausnahme bin oder war. Es ist einem Alkoholiker also i. d. R. nicht möglich, aus Liebe zu jemanden "einfach mal so" mit dem Trinken aufzuhören. Die Liebe zu jemanden, kann ein oder sogar DER Anstoss sein, dass ein Trinkender beginnt etwas gegen seine Sucht zu unternehmen, aber was dann folgt ist meist ein sehr langer Weg und oft wird dieser Weg dann nicht zu Ende gegangen. Sprich, der Trinker wird rückfällig. Leider schaffen es die wenigeren, diese Sucht zu überwinden, also dauerhaft. Und leider sind es auch nur sehr wenige, die es überhaupt versuchen.

    Was will ich Dir damit sagen? Vielleicht einfach nur, dass Dein Vater ein sehr kranker Mensch ist. Gleichzeitig ist er aber auch der Einzige, der seine Krankheit besiegen könnte. Wenn er es wollte. Im Gegensatz zu vielen anderen schweren Krankheiten, wo man ohne ärztliche Hilfe verloren wäre, hat man es bei der Alkoholkrankheit selbst in der Hand. Man hat es nicht nur selbst in der Hand, sondern es ist nur möglich sie zu besiegen, wenn man das selbst möchte. Ärzte können hier unterstützend helfen, entscheidend ist aber nicht diese Hilfe, sondern der Wunsch des Betroffenen diese Sucht überwinden zu wollen und ja, auch die Bereitschaft alles dafür zu tun und Hilfe von außen überhaupt anzunehmen. Für Menschen ohne eigene Suchterfahrung ist das kaum nachvollziehbar. Und selbst ich, der ich es viele Jahre am eigenen Leib erlebt habe, schüttle heute manchmal ungläubig den Kopf wenn ich daran zurück denke, wie ich damals getickt habe.

    D. h. dann also, dass weder Du, noch Deine Schwester noch Deine Mama bezüglich des Trinkes Deines Vaters irgendwas bewirken können. Ihr könnt ihm nicht helfen, ihn nicht unterstützen, wenn er selbst nicht mit dem Trinken aufhören möchte. Und selbstverständlich hat auch niemand von Euch Schuld daran, dass er trinkt. Ich schreibe das nur für den Fall, dass er da irgendwann mal etwas in diese Richtung geäußert haben sollte, was trinkende Alkoholiker sehr gerne machen. Denn es sind ja immer alle anderen Schuld an der Miesere, nur der Trinker selbst kann ja nix dafür. Er ist ja nur ein bemittleidenswertes Opfer der Umstände......

    So wird das oft gesehen, wenn man trinkt und auch bei mir war es so, dass ich im Laufe der Zeit in eine andere Welt entrückt bin. Je länger man trinkt, desto mehr baut man sich eine Scheinwelt auf. So habe ich das erlebt. Man sagt und vor allem man denkt Dinge, die völlig unrealistisch oder daneben sind, jedoch nimmt man das gar nicht wahr. Man kann überzeugend lügen wie kein anderer, weil man seine Lügen selbst glaubt. Das klingt unvorstellbar, ich habe es aber bei mir selbst erlebt. Diese Sucht hat so viele Tricks auf Lager um den Süchtigen nicht vom Haken lassen zu müssen. Und am Ende, wollte ich auch gar nicht mehr aufhören, ich wollte keine Pausen mehr einlegen (was ich vorher immer wieder versucht habe). Ich wollte einfach meine Ruhe und ich wollte trinken und wenn ich mich dann halt zu Tode saufe, dann ist das halt so. Ich sah keine Perspektive, keinen Sinn mehr und dachte: Es kommt wie es kommt. Was das für meine Frau oder gar meine Kinder bedeutet hat und was es bedeutet hätte, wenn ich irgedwann mal betrunken verunfallt wäre oder mich anderweitig via Alkohol umgebracht hätte, daran habe ich keinen Gedanken verschwendet. Es war eher so, dass ich mir dachte: ohne mich haben sie es eh einfachen.... Verstehst Du? Da war nicht mehr viel Hirn übrig bei mir.....

    Was bleibt Dir nun, als Tochter eines trinkenden Vaters? Was kannst Du tun? Wie kannst Du damit umgehen? Pauschal möchte und kann ich Dir darauf keine Antwort geben. Ich möchte nicht sagen, dass Du den Kontakt abbrechen sollst, dass Du Dich komplett zurück ziehen sollst, dass Du ihn aus Deinem Leben streichen sollst. Denn ich kenne Deine Beziehung zu ihm nicht, ich weiß nicht was Euch (vielleicht noch )verbindet, ich kenne schlicht Eure gemeinsame Geschichte nicht.

    Was ich aber in jedem Fall sagen kann, ist, dass Du für DICH und für DEIN Leben verantwortlich bist, und nur dafür. So wie er für seines verantwortlich ist. Du solltest also DICH in den Fokus rücken und Dich so verhalten, wie es DIR gut tut. Ich kann Dir also nur raten, in Dich hinein zu hören und Dich selbst zu spüren. Und Dich von ihm und seinem Verhalten zu lösen, Erwartungen an ihn fallen zu lassen. Er kann sie als aktiv süchtiger Mensch ohnehin nie erfüllen. Nicht mal einen Tag lang, wie Du ja selbst feststellen durfest.

    Ich weiß, dass ich das alles jetzt ganz locker hier herunter schreibe, es aber für Dich in Deinem Leben eine große Herausforderung darstellt. Vielleicht sogar die größte Herausforderung in Deinem Leben. Ich wollte Dir damit einfach nur einen kleinen Einblick geben, basierend auf meinen eigenen Erfahrungen und Erinnerungen, wie das auf der Seite des Trinkers aussehen kann. Ich bin nicht Dein Vater und auf bei ihm ist GANZ SICHER vieles anders als es bei mir war. Dennoch hat er die gleiche Sucht wie ich sie hatte, und vieles wird sich auch ähneln.

    Ich wünsche Dir von Herzen, dass Du einen Weg für Dich finden kannst, DEIN Leben positiv zu gestalten. Und ich wünsche Dir, dass die Sucht Deines Vaters Dein Leben nicht zu Deiner Sucht wird in dem sie prägender Bestandteil Deines Lebens ist oder wird. Solltest du feststellen, dass Du immer wieder (auch jetzt, obwohl Du ausgezogen bist) mit der Sucht Deines Vaters beschäftigt bist und das sie Dein Leben, Dein Wohlbefinden negativ beeinflusst, dann zögere nicht lange, und such' Dir unbedingt auch Hilfe für Dich. Um Deine Geschichte mit der Sucht Deines Vaters für Dich aufzuarbeiten. Lass nicht zu, dass die Sucht Deines Vaters jetzt dann auch noch dauerhauft Dein Leben kaputt macht.

    Alles alles Gute für Dich und wenn Du noch irgendwelche Fragen haben solltest, einfach heraus damit.

    LG
    Gerchla

    Hallo kölschejung,

    Zitat

    Wenn man mit dieser Einstellung in den Urlaub und in die Zeit danach startet, dürfte das doch genauso einfach funktionieren.

    Ich kann mich nur wiederholen. Probiere es doch einfach aus. Du wirst es erleben. Klappt es oder klappt es nicht? Oder, was auch gut sein kann: es klappt ganz gut für eine Zeit lang und dann schleichen sich nach und nach die "Ausnahmen" ein. Ich will Dir hier nicht erzählen, dass es für Dich nur den Weg der absoluten Abstinenz gibt. Denn das weiß ich einfach nicht. Ich weiß nicht wo Du stehtst, ob Du süchtig bist oder nicht.

    Ich weiß nur, dass Dein Plan schief gehen wird, wenn Du süchtig bist. Ist eigentlich ganz einfach. Und das kann auch ganz subtil von statten gehen. Es kann auch sein, dass es im Urlaub super klappt und Du fröhlich begeistert von Dir selbst und Deinem Plan sein wirst. Um dann irgendwann doch festzustellen, im Alltag, wenns mal nicht so gut läuft, dass da irgendwie doch wieder was schief läuft.

    Ich schreibe Dir das nicht um Dir das jetzt irgendwie madig zu machen, ich würde mich sehr für Dich freuen, wenn alles so funktioniert wie Du es gerne möchtest. Ich schreibe Dir das einfach nur deshalb um Dich dafür zu sensibilisieren, dass Du es hier (falls Du süchtig sein solltest) mit einer sehr heimtückischen Krankheit zu tun hast. Eine Krankheit die verdammt viele Tricks auf Lager hat und die ALLES dafür tut, dass man ihr nicht entkommt. So ist das halt bei Sucht.

    Vielleicht kannst Du das jetzt nicht verstehen, weil bei Dir ist ja gerade alles gut. Vielleicht musst Du das auch gar nicht verstehen können, weil bei Dir ja wirklich alles gut ist und Du noch im Missbrauchsstadium bist. Aber egal wie, aufpassen musst Du so oder so, denn der Alkohol spielt in Deinem Leben definitiv ein viel zu große Rolle. Andernfalls würdest Du nicht hier sein und Dich nicht so intensiv damit beschäftigen und ich sag nur "geliebtes Bierchen", da springt mich die Vorfreude darauf ja geradezu an. Das ist eigentlich nicht schlimm, wenn es bei einem geliebten Bierchen bleibt, in der Woche, z. B.. Wenn Du aber das zweite, dritte, vierte..... Glas nicht stehen lassen kannst, wenn Du wieder fast täglich trinkst, wenn Dir Dein Hirn dann Rechtfertigungen zurecht legt, warum das ja gar nicht so schlimm ist, dann weißt Du was die Stunde geschlagen hat (hoffe ich zumindest für Dich). Finde es einfach heraus! Und sollte es so sein (was ich Dir nicht wünsche), dann hab den Mut das auch anzuerkennen und Plan B in Angriff zu nehmen.

    Denn wenn Du es dann einfach laufen lässt, steht Dir mit allergrößter Wahrscheinlichkeit eine langjährige Karriere als trinkender Alkoholiker bevor. Das macht keinen Spaß, sag ich jetzt mal aus eigener leidvoller Erfahrung. Und so eine Alkoholikerkarriere hat allerbestes Potenzial um sein Leben an die Wand zu fahren.

    Alles Gute für Dich! Wenn Du Lust hast, berichte uns doch mal wie es Dir ergangen ist, so nach ein paar Monaten. Würde mich sehr freuen, wenn wir hier irgendwann mal eine positive Nachricht von Dir lesen dürften. Aber auch bei einer negativen sind wir selbstverständlich da. Melde Dich einfach, wenn Du das Gefühl hast, Du könntest uns brauchen.

    Viel Glück und eine gute Zeit!
    Gerchla

    Hallo Hawkeye,

    ich freue mich tatsächlich sehr, dass Du Dir die Zeit genommen hast, auf meinen kleinen Anstubser zu reagieren. Und dann gleich noch so ausführlich.

    Danke für diesen tiefen Einblick in Dein aktuelles Seelenleben.

    Ich möchte mich gleich mal auf Dein Fazit beziehen, also dieses hier:

    Zitat

    Und jep...wenn man das so liesst....der Gedanke mag aufkommen..."Alkohol ist wohl nicht sein einziges Problem"

    Ja, dieser Gedanke springt einen geradezu an. Und mir scheint, dass Du Dir dessen auch sehr bewusst bist.

    Ich kann nun (leider) nicht behaupten, dass ich da irgendeinen Lösungsvorschlag für Dich parat hätte. Denn ähnlich wie Orangina es schon forumuliert hat drängt sich auch mir der Gedanke auf, dass der Alkohol im Moment noch Dein geringeres Problem sein könnte. Du schilderst ja ein regelrechtes Portfolio an psychischen Herausforderungen, ich nenne es jetzt mal so, weil ich kein Arzt bin und nicht von irgendwelchen Störungen oder Zwängen sprechen möchte. Fakt ist aber wohl, und das siehst Du ja genauso wenn ich Dich richtig lese, dass das was Du da gerade so machst nicht für einen Menschen spricht, der einigermaßen mit sich selbst im Reinen ist.

    Und da hilft es auch nichts, wenn Du selbst analysierst und feststellst, dass Du ja eigentlich alles hast um glücklich sein zu können. Denn Du kannst es Dir sagen, Du kannst es für Dich analysieren aber es stimmt nicht. Denn wenn es so wäre, hättest Du diese Probleme nicht. Irgendwas passt also trotz der vermeintlich analysierten Gründe zum Glücklichsein nicht. Und das scheinen grundlegende Dinge zu sein, denn sonst hätten sie nicht eine derartige Auswirkung auf Dein Leben und Dein Verhalten.

    Was da nun genau dahinter steckt, dass kann ich Dir nicht sagen und alles was von mir diesbezüglich käme, wären bloße Vermutungen. Ich denke mir, da wäre ein Profi hilfreich, mit dem Du mal tacheles reden kannst. Wenn Du hier den richtigen oder die richtige findest, könnte das ein großer Befreiungsschlag für Dich werden der Dich dann ganz nebenbei auch von Deinem Alkoholproblem befreit.

    Ich schreibe das alles so direkt und überzeugt, weil ich es bei mir ähnlich erlebt hatte. Nicht dass ich unter irgendwelchen Zwangsstörungen o. ä. gelitten hätte, nein. Jedoch hatte ich objektiv gesehen absolut überhaupt nicht den geringsten Grund mir via Alkohol die Realität schön zu trinken. Ich hatte objektiv gesehen NULL Gründe, mir via Alkohol meine Auszeiten zu sichern. Trotzdem tat ich es und rutschte in eine verdammte Sucht hinein. Ich fand die Gründe dafür, nachdem ich aufgehört hatte und meine Sucht aufgearbeitet habe. Sie waren nicht offensichtlich und sie waren vielschichtig. Jedenfalls hat bei mir gehörig etwas nicht gestimmt, was aber bei objektiver Betrachtung von außen (und auch bei oberflächlicher Betrachtung von mir selbst) gar nicht sichtbar war.

    Ich denke mir also, da müsstest Du dringend mal ran. Und es wird Dir nachhaltig gar nichts bringen, jedenfalls nicht für Dein Seelenleben, wenn Du "nur" auf Deine Alkoholauszeiten verzichten würdest. Denn der vermeintliche Grund für Deine Alkoholauszeiten bliebe ja bestehen.... Ich hoffe Du verstehst was ich meine.

    Dennoch möchte ich Folgendes sagen, und das ist mir auch sehr wichtig:

    Wenn Du weiter trinkst, wenn Du es laufen lässt, wenn weiterhin diese Auszeiten suchst und darauf deuten Deine Zeilen im Moment hin, dann wird sich das Blatt irgendwann wenden. Dann wirst Du nicht mehr in der Lage sein, selbst wenn Du es möchtest, all Deine anderen Probleme anzugehen, bevor Du nicht Dein dann manifestiertes Suchtproblem behoben hast. Und dann wird auch bald der Zeitpunkt kommen, wo diese Auszeiten, die Dir jetzt ein wenig Luft verschaffen, Dir die selbige abdrücken werden. Aber sowas von, das kannst Du Dir wahrscheinlich im Moment gar nicht vorstellen. Es wird dann irgendwannn der Punkt kommen, wo einfach alles Schei...e ist und Du Dein Leben nur noch durch Alkoholkonsum irgendwie aufrecht erhalten kannst. Deine andere Probleme werden bleiben, sehr wahrscheinlich sich sogar noch verstärken aber Du wirst sie nicht angehen können, weil Du mit dem Alkohol zu sehr beschäftigt bist. Im Moment legt er noch freundschaftlich seine Hand auf Deine Schulter und verspricht Dir Entspannung. Wenn er Dich mal richtig im Griff hat, ist er derjenige, der Dir sagt, was Du zu tun hast. Und das ist Trinken.

    Ja, das sind so meine Gedanken zu Deinem Post. Du solltest Dir dringend Hilfe suchen, aber nicht nur wegen dem Alkohol sondern wegen dem Gesamtpaket. Wird sicher nicht einfach aber weiter durch Trinken zur Entspannung kommen zu wollen wird Dich unweigerlich in den Abgrund reißen. Ich hoffe für Dich und ich wünsche Dir von Herzen, dass Du bezüglich Alkohol noch nicht die kritische Grenze überschritten hast. Ich traue mir nicht zu das zu beurteilen.

    Alles Gute für Dich. "Mein" Angebot darfst Du nun gerne als hinfällig betrachten. Ich glaube nicht mehr, dass es Dir dauerhaft wirklich helfen würde, wenn Du "nur" eine Zeit lang nichts mehr trinkst. Aus meiner Sicht solltest Du eher begleitet von Profis erst mal gar nichts mehr trinken und gleichzeitig unbedingt an den Dingen arbeiten, die Du uns geschildert hast, die Dinge, die Dein Leben belasten, die Dinge, von denen man ernsthaft davon ausgehen kann, dass da einiges dahinter steckt, was alles andere als gut für Dich ist.

    Ich wünsche Dir alles erdenklich Gute! Und ich wünsche Dir auch, dass Du die richtigen Entscheidungen für Dich treffen kannst.

    LG
    Gerchla

    Hallo Kölsche Jung,

    herzlich Willkommen hier im Forum.

    Ich bin Anfang 50 und trank lange Zeit abhängig. Die meiste Zeit davon (es waren weit über 10 Jahre) komplett heimlich und ich trank auch meistens Bier. Die Zeit, in der ich mit 5 Bier pro Tag gut hin kam war in meiner ganzen Suchtzeit wohl die, die am längsten angedauert hat. Wenn ich mich recht erinnere, dann hatte ich viele Jahre, wo ich so mit 4 bis maximal 6 Bier sehr gut zurecht kam. Das war auch eine Zeit, wo ich noch alles "ganz gut" im Griff hatte. Aber wie es bei so einer Sucht halt so ist, und bei mir war es eine Sucht, blieb es dabei nicht. Obwohl mir dieses Niveau einige Jahre lang gut "getaugt" hatte, nahm es irgendwann dann doch zu. Am Ende war ich dann irgendwo zwischen 10 - 12 Bier pro Tag plus oft noch ne' Flache Wein obendrauf. Und auch hier wäre noch lange nicht das Ende gewesen. Der Umstieg auf harte Sachen war nur noch eine Frage der Zeit. Glücklicherweise konnte ich vorher abspringen und so lebe ich jetzt schon viele Jahre ohne Alkohol.

    Das nur mal so, damit Du grob weißt, wer Dir hier schreibt.

    Was Dich betrifft, so freut es mich, dass es Dir offenbar so leicht fällt auf das gewohnte Bier zu verzichten. Ich konnte das übrigens auch, jedenfalls noch zu der Zeit, als ich auf "Deinem" Niveau trank. Da trieben mich natürlich ähnliche Gedanken wie Dich jetzt auch um und ich wollte deshalb nicht mehr trinken. Oder wenigstens erst mal nichts mehr trinken. Einen richtigen Plan hatte ich da im Grunde nie, ich merkte einfach, dass es zu viel ist, dass es mir nicht gut tut und ich hatte natürlich auch Angst, ein Alkoholiker zu werden.... Tja, da war ich nur leider schon längst einer, das jedoch kapierte ich erst viel viel später. Im Grunde verstand ich das erst, als ich aufgehört hatte und meine Sucht aufarbeitete.

    Was ich sagen will, ich hatte auch immer wieder Wochen ohne Alkohol und es fiel mir Anfangs oft gar nicht schwer. Meine längste Pause (da war mein Trinkniveau aber noch deutlich unter 5 Bier) dauerte fast ein Jahr, es folgten noch mehrere die über mehrere Wochen gingen. Wie gesagt, kein Problem und für mich dann auch immer die Bestätigung, dass es nicht so schlimm sein kann. Denn ich konnte ja verzichten und ich könnte das ja jederzeit wieder tun, so dachte ich zumindest.....

    Am Ende waren es dann oft auch immer irgendwelche Anlässe, die mich meine Trinkpausen (welche i. d. R. kein geplantes Enddatum hatten) beenden ließen. Ein Urlaub wie bei Dir z. B. oder eine Einladung zu einem Geburtstag, oder ein anderes Fest, welches vor der Tür stand.

    Später dann, das möchte ich auch noch sagen, wurden meine Pausen immer seltener und immer kürzer und es fiel mir zunehmend schwerer sie überhaupt durchzuhalten. Die letzten Paar Jahre konnte ich gar keine mehr machen, ich wollte auch gar nicht mehr. Ich trank sogar wenn ich krank war, sogar bei Fieber, etc. Weniger zwar, aber ich trank.

    Was will ich Dir damit sagen? Nun, ich will Dir ganz sicher Deine Euphorie nicht vermießen, nein, das liegt mir fern. Ich will Dir einfach nur meine Meinung sagen, und die lautet wie folgt: Solltest Du mit Deinen 5 Bieren noch zu jeden gehören, die "nur" Missbrauch betreiben, jedoch noch nicht abhängig sind, dann hast Du die Chance das ganze noch irgendwie zu "korrigieren". Dann kann es Dir möglich sein, auf ein "normales" Trinkniveau zurück zu kommen. Falls Du das überhaupt willst. Weißt Du eigentlich , was risikorames (risikoloses Trinken gibt es nicht) bedeutet? Das bedeutet, dass Du als Mann pro Tag etwa 24 gr. reinen Alkohol zu Dir nehmen darfst. Das entspricht in etwas einem großen Bier (0,5 bis max. 0,75 l, je nach Alkoholgehalt des Stoffs) oder alternativ etwa ein Glas Wein (o,25 l). Das jedoch auch nicht täglich sondern mit mindestens 2 komplett konsum freien Tagen die Woche. Das wäre dann ein risikoarmes Trinken. Das kannst Du auf jeden Fall hinbekommen, solltest Du zu jeden gehören, die nur Missbrauch betreiben. Natürlich könntest Du dann auch mal mehr trinken, jedoch solltest Du Dir immer darüber im Klaren sein, dass gelernt eben gelernt ist. D. h. Du bzw. Dein Körper und Deine Psyche wissen sehr genau um die Wirkung des Alkohols. Du wirst also immer sehr genau darauf achten müssen, wie sich Dein Trinkverhalten in Zukunft entwickelt. Um nicht Gefahr zu laufen, doch wieder in altes Fahrwasser zu gelangen.

    Solltest Du jedoch mit Deinen 5 Bier pro Tag bereits süchtig sein (da hast Du gute Chance das dass der Fall ist, ich war schon mit ein bis zwei Feierabendbieren ein abhängiger Trinker), dann wird es nichts werden mit kontrolliertem Trinken. Also es sei denn, Du wärst Du berühmte Ausnahme von der oft gesprochen wird, die aber irgendwie niemand so richtig persönlich zu kennen scheint. Deshalb denke ich mir: probiers doch einfach mal aus. Halte Dich jetzt erst mal fern von dem Zeug, zieh das so durch mit dem gar nichts trinken. Und schau dann im Urlaub, es scheint Dir ja so wichtig zu sein, was passiert wenn Du wieder beginnst zu trinken. Dann wirst Du sehen, ob Du nach dem ersten Glas weiter trinken musst oder ob es bei einem Glas bleiben kann. Leider spricht dieses "nicht aufhören können nach einem Glas" bereits für eine Sucht. Zumindest ist das ja eine Art von Kontrollverlust und das ist eines der Merkmale für eine Sucht.

    Alternativ kannst Du natürlich auch mal darüber nachdenken, ob Du Dir den "Flow" den Du gerade hast nicht zu nutze machen willst und einfach erst mal bis auf weiteres nicht mehr trinkst. Also auch im Urlaub nicht. Vielleicht merkst Du dann irgendwann mal, wie überflüssig dieses Zeug eigentlich ist. Wenn Du nämlich selbst zu der Erkenntnis kommen solltest, dass Du das Zeug weder willst noch brauchst, weil Du sehr gut mit der Realität klar kommst, ja die Realität sogar lieber hast als die vom Alkohol vorgegauckelte Scheinwelt, dann ist es vollkommen unwichtig ob Du schon süchtig bist oder nur Missbrauch betrieben hast. Denn dann hast Du einfach selbst entschieden, dass Du keinen Alkohol mehr trinken willst (werden übrigens immer mehr Menschen, und gar nicht wenige davon hatten nie ein Alkoholproblem).

    Wie auch immer, ich wünsche Dir, dass Du die richtigen Entscheidungen für Dich und Dein Leben treffen kannst und treffen wirst. Alles Gute für Dich!

    LG
    Gerchla

    Liebe Orangina,

    ich will Dir einfach nur sagen, dass ich mich sehr freue, für Dich mit freue, dass Du Deinen Weg gefunden hast! Das finde ich ganz phantastisch und so schöööön!

    Bleib dran. Bald kannst Du auf ein Jahr ohne Alkohol zurück blicken und ich wünsche Dir, dass noch ganz viele zufriedene Jahre folgen werden.

    Ganz lieben Dank auch, dass Du das hier geteilt hast, obwohl Du Dich ja schon abgemeldet hattest. Wie Du ja auch schon selbst geschrieben hast: Du bist mit dem Erzählen Deiner Geschichte eine tolle Mutmacherin für andere, die noch ganz am Anfang stehen und sich vielleicht noch gar nicht vorstellen können, wie das alles gehen soll. Es geht, und es geht nicht nur irgendwie so lala, sondern es geht sogar richtig gut. Das ist Deine Botschaft und ich sage einfach DANKE, dass Du uns davon berichtet hast.

    Alles Liebe und Gute weiterhin für Dich!

    Gerchla

    Hallo Baustein,

    ich habe mir jetzt lange überlegt, ob ich Dir nochmal schreiben soll oder ob ich es einfach lasse. Du hast ja signalisiert, dass Du eher an Rückmeldungen von Frauen interessiert bist und ehrlich gesagt, habe ich mir auch grundsätzlich die Sinnfrage gestellt.

    Sinnfrage deshalb, weil mir alles was ich aus Deinen Zeilen heraus lese regelrecht zuschreit: Er ist genauso abhängig wie sie und solange er das nicht erkennt und sich ernsthaft Hilfe sucht, wird sich für ihn nichts ändern. Natürlich bist Du jetzt hier im Forum und wahrscheinlich auch deshalb weil Du Dir Hilfe erhoffst. Aber es dreht sich doch alles um sie, um ihre Sucht und was sie getan hat, wie sie reagiert hat, wie sie ..... usw. Es geht nicht um Dich sondern darum Erklärungen zu finden, weshalb SIE so reagiert. Du analysierst sie, Du kontrollierst ihr Trinkverhalten, analysierst ihre damit verbundene grundsätzliche Verhaltenveränderung und glaubst dann noch Erkenntnisse daraus ziehen zu können. Welche Dir dann genau was eigentlich bringen?

    So lange Du also keine Hilfe für DICH suchst, so lange wird sich auch nichts ändern.

    Und damit ist dann für mich auch klar, das alles was ich schreiben kann keine Hilfe sein wird. Es wird oder kann Dich nicht erreichen.

    Aus meiner Sicht steckst Du ganz tief in einer Abhängigkeit, die Du auch dann nicht überwinden wirst, wenn Dir hier nochmal 20 Frauen schreiben wie sie während ihrer trinkenden Zeit gedacht, gefühlt, getickt haben. Und Du noch so oft glaubst, dadurch von einer Erkenntnis zur nächsten zu kommen. Am Ende ist da diese Frau und Du, da sind Deine Gefühle für diese Frau, Deine Hoffnungen doch etwas erreichen zu können, da ist ihre Sucht und Deine Abhängigkeit.

    Ich durfte wieder einmal erleben, dass es keinen großen Unterschied zwischen coabhängigen Frauen und coabhängigen Männern gibt. Beide leiden fürchterlich, viele einfach so lange es eben geht und wie bei vielen Alkoholikern auch, scheint erst einmal der persönliche Tiefpunkt erreicht werden zu müssen, bevor sie etwas für sich verändern können. Wie das eben bei allen Suchterkrankungen sehr typisch ist.

    Damit verabschiede ich mich jetzt aus Deinem Thread. Ich habe Dir alles gesagt bzw. geschrieben, was ich Dir schreiben wollte. Ich wünsche Dir von Herzen alles Gute und dass Du einen Weg finden kannst entweder mit Deiner Situation einigermaßen gut zu leben oder sie eben zum für Dich Positivem zu verändern.

    LG
    Gerchla

    Hallo Baustein,

    ich möchte einfach ein paar Gedanken von mir da lassen, die mir beim Lesen Deiner Zeilen und auch beim Lesen der Beiträge anderer Forumsteilnehmer:innen so gekommen sind.

    Vielleicht kurz zum mir: Ich bin Anfang 50, trank weit über 10 Jahre abhängig und lebe jetzt schon lange ohne Alkohol. Ich war ein heimlicher Trinker und darin so "geübt", dass selbst meine Familie (Frau und zwei Kinder) nicht wussten, dass ich (zum Ende hin) am Tag mindestens 10 Bier + x intus hatte. Meine Frau glaubte es auch nicht, als ich mich outete, ich musste ihr erst meine ganzen Verstecke zeigen, bevor sie wirklich verstand, was da eigentlich passiert war. Natürlich bemerkte sie über Jahre hinweg, dass ich mich veränderte und dass unsere Beziehung den Bach runter geht. Woran das aber genau lag, das wusste sie nicht.

    Letztlich habe ich es geschafft vom Alkohol weg zu kommen, für meine Ehe war es zu spät. Da war zuviel passiert und sie war im Grunde schon Jahre vor meinem Outing verloren. Ich möchte noch sagen, dass ich natürlich, wie wahrscheinlich fast alle Alkoholiker, mehrmals versucht habe mit dem Trinken aufzuhören. Gründe dafür hat es genug gegeben und einer der sträksten Gründe, weshalb ich es immer wieder versucht habe, war die Liebe zu meinen Kindern. Ich wollte ihnen das nicht antun. Du darfst mir glauben, dass ich meine Kinder geliebt habe wie nichts und niemand anderen auf dieser Welt (das ist heute noch so ;D). Es ist eine andere Liebe als die, welche man zu einem Partner:in empfinden kann. Für mich die stärkste Liebe die ich in meinem Leben empfunden habe und nicht einmal diese Liebe reichte aus um mich vom Trinken weg zu bekommen. Es kann durchaus sein, dass auch Marina Dich wirklich liebt (ich kann das nicht beurteilen), die Sucht aber einfach stärker ist, wie so oft in Beziehungen wo einer der Partner trinkt.....

    Ich schreibe das einfach nur deshalb um Dir aus meinen eigenen Erfahrungen heraus zu schildern, wie mächtig diese Sucht eingentlich ist und wie ohnmächtig Außen- oder Nebenstehende dabei sind. Übrigens, warum ich dann doch aufgehört habe kann ich nicht genau sagen. Ich kann nur sagen, dass es in diesem Moment einfach "Klick" gemacht hat und ich nicht mehr wollte oder konnte. An meine Kinder oder meine Frau habe ich in diesem Moment nicht gedacht, jedenfalls nicht in die Richtung, dass ich es für sie tun will. Mir war im Gegenteil ganz klar, dass ich mit meinem Outing das Leben meiner Familie erst mal komplett an die Wand fahre. Nichts würde mehr so sein wie es war und ihre scheinbar relativ "heile" Welt würde pulverisiert werden. Am Ende kam es dann auch ganz genau so. Die geplante und gedachte Zukunft meiner Frau / Familie war gelöscht, sie standen vor dem Nichts und ich trennte mich dann auch bald und wir fingen alle von vorne an.

    Sowas macht die Alkoholsucht.......

    So, jetzt hast Du einen kleinen Einblick in meine Geschichte, einen ganz kleinen Einblick.

    Jetzt zu meinen Gedanken:


    In meinen Augen bist du sehr wohl geübt bzw. Co-abhängig. Durch dein Tun, ihr den gewünschten Wein zu bringen, förderst du Ihre Sucht und bringst ihr Verständnis, Aufmerksamkeit und Fürsorge entgegen.
    Du bist in die Suchterkrankung deiner Partnerin verstrickt. Aus deinen Zeilen lese ich diffuse Ängste.

    Das sehe ich ganz genauso wie Britt. Schon bei Deinem Brief dachte ich mir, dass Co-Abhängigkeit eine große Rolle spielen könnte. Du kannst das natürlich anders sehen. Spontan musste ich auch an ein Helfersyndrom denken. Wissen tue ich das natürlich nicht und es liegt in Deiner Hand, ob Du Dich damit beschäftigen möchtest bzw. Dir evtl. diesbezüglich Hilfe suchst oder einfach erst mal beraten lässt. Vielleicht warst Du diesbezüglich ja auch schon aktiv und weißt deshalb was Sache ist.

    Zitat

    Ich kann mir vorstellen, warum sie aggressiv auf mich reagiert: Ich entspreche nicht ihren Vorgaben, den Alkoholpegel aufrecht zu erhalten, wie sie es braucht. Ich störe sie in der Befriedigung ihrer Sucht.


    Ich würde das etwas pragmatischer sehen. Sie ist schlicht und ergreifend krank. Nämlich suchtkrank. Das was Du erlebst sind sozusagen die Begleiterscheinungen. Diese sind bei den Betroffenen durchaus unterschiedlich. Sie wird aggressiv und beleidigend. Andere werden physisch gewaltätig (übrigens auch Frauen), wieder andere versinken in Selbstmitleid bis hin zu Suizidgedanken. Nicht selten ist es auch ein unberechbares Wechselspiel all dieser Gefühle und Zustände. Jetzt so, im nächsten Moment so, gibt es auch.

    Am Ende ist der Betroffe schlicht schwer krank. Das "gute" an dieser Krankenheit: der/die Betroffene hat es selbst in der Hand sie zu heilen bzw. zum Stillstand zu bringen (im Gegensatz z. B. zu anderen schweren Krankeiten wie Krebs, wo man es selbst oft nicht mehr in der Hand hat). Das schlechte dabei ist allerdings, dass Suchterkrankungen unglaublich schwer zu überwinden sind und dass nur der Betroffene selbst sie überwinden kann. Von Außen kann zwar Unterstützt und geholfen werden, jedoch ist das nur dann wirksam oder erfolgreich, wenn der Betroffene das auch möchte bzw. aktiv seine Krankheit überwinden möchte. Anderfalls kann man als Angehöriger/Außenstehender diesem Menschen beim langsamen sterben zu sehen, ohne es verhindern zu können. Diese Tatsache zu akzeptieren oder überhaupt irgendwie erfassen zu können fällt selbst mir, als ehemalig abhängigen Trinker, schwer.

    Zitat

    Bei meinem Freund Uwe, hatte ich das Gefühl, ihm zu helfen - eine sehr sensible und zurückhaltende Hilfe meinerseits. Trotzdem, alles kam dann plötzlich und unerwartet. Ich glaube nicht, dass eine professionelle Hilfe die Katastrophe hätte verhindern können.


    Das liest sich ein wenig so, als würdest Du Dir selbst bestätigen wollen, dass auch niemand anderes Deinem Freund hätte helfen können und dass Du ja alles Menschenmögliche getan hast. Ich kenne jetzt die Geschichte von Uwe nicht, aber wenn er ebenfalls tief in der Alkoholsucht gefangen war, dann trifft es auch für ihn zu, dass nur er selbst sich hätte retten können. Professionelle Hilfe hilft eben auch nur dann, wenn der Betroffene sie auch in Anspruch nehmen will. Er/sie muss wollen. Und wenn er/sie wirklich will, von innen heraus, dann ist es nicht selten der Fall, dass auch ganz niederschwellige Hilfsangebote schon eine sehr große Hilfe sein könne. Wie z. B. Selbsthilfegruppen. Ich habe jetzt schon länger und auch über dieses Forum hinaus Kontakte zu vielen ehemaligen Trinkern und Trinkerinnen. Und da sind gar nicht wenige dabei, die sogar ausschließlich durch "ihre" Selbsthilfgruppe zu einem dauerhaften Leben ohne Alkohol gefunden haben. Also ein ganz niederschwelliges Angebot, keine Therapheuten, keine Ärzte, "lediglich" andere ehemals trinkende Menschen.

    Natürlich ist der klassische, der professionelle Weg über Entgiftung und Therapie ein ratsamer und einer, der, wenn er denn mal angetreten wird, gewisse Erfolgsaussichten hat. Aber auch hier scheitern am Ende mehr, als Erfolg haben. Der Rückfall in die Sucht (innerhalb der ersten beiden Jahre) ist eher die Regel als die Ausnahme. Nicht wenige "brauchen" mehrere Anläufe, manche brauchen dann ganz andere Hilfe, es ist sehr individuell. Aber die Basis eines möglichen Erfolgs ist immer der Betroffene selbst. Wenn der nicht will, dann wird es nicht funktionieren. Und wenn er will, dann ist es immernoch kein Freibrief dafür, dass es auch klappt.

    Zitat

    Die Trennung oder das Loslassen von einem Partner ist nicht so einfach, wenn Liebe und Gefühle im Spiel sind: Liebe lässt sich nicht abschalten oder wegdiskutieren, sie ist da oder verschwindet langsam. Meist hat man nicht unbedingt eine Kontrolle darüber.


    Das würde ich Dir sofort genauso unterschreiben. Ja, das sehe ich ganz genauso. Liebe lässt sich nicht einfach abschalten und oft lässt sie sich auch nicht so einfach erklären. Insofern kann ich Dich hier durchaus verstehen.

    Aber helfen tut Dir das jetzt auch nichts. Im Grunde hast Du die Alternative, an der Seite des Menschen den liebst mit unter zu gehen, genau wie sie ein Opfer ihrer Sucht oder Deiner Co-Abhängigkeit zu werden oder aber Du schaffst es, sie in Liebe los zu lassen. Um wieder Dein Leben leben zu können. Aktuell ist Dein Leben und Dein Wohlbefinden (so nehme ich es wahr) komplett von ihr abhängig.

    Wenn Du sie in Liebe los lässt, dann lässt Du sie nicht im Stich. Du rettest damit Dein eigenes Leben, für das Du verantwortlich bist. Sie ist wiederum für ihr Leben verantwortlich und, so nehme ich mal an, sie könnte jederzeit auf Deine Hilfe zählen, wenn sie ernsthaft etwas gegen ihre Sucht unternehmen würde. Und genau das ist aus meiner Sicht der springende Punkt: Wenn sie bereit ist etwas zu tun, von sich aus, nicht von Dir iniziert oder so, dann beginnt eine Unterstützung Deinerseits einen Sinn zu machen. Auch das ist dann kein einfacher Weg, für beide nicht, aber es wäre wenigstens einer, wo am Ende sowas wie Hoffnung zu sehen wäre.

    Wenn sie aber weiter trinken will, wenn sie nichts ändert, egal warum, dann kannst Du Dich nur selbst retten oder mit ihr gemeinsam unter gehen.

    Das waren meine Gedanken. Ich wünsche Dir von Herzen, dass sich ein Weg für Dich auftut.

    LG
    Gerchla

    Hallo liebe Schotterblume,

    erst mal finde ich es super, dass Du wieder aufgestanden bist. Und nicht aufgibst, sondern weiter kämpfst.

    Ich bin wie Greenfox auch der Meinung, dass jeder, auch oder gerade eine SHG ;), eine zweite Chance verdient hat. Zumal Du ja schreibst, dass Du quasi wärend der ganzen Zeit blockiert warst. Vielleicht würde Dir ein zweiter Besuch dort mehr Klarheit geben. Das bedeutet nicht, dass Du das dann sofort ganz toll finden musst, aber es könnte natürlich sein, dass Du dem ganzen doch eine Chance geben möchtest. Oder aber, Dir wird endgültig klar, dass diese Gruppe oder dieses Angebot grundsätzlich nicht zu Dir passt.

    Ich würde es ausprobieren, schon allein deshalb, um nicht weiter darüber nachdenken zu müssen. Ich würde notfalls auch eine dritte und vierte und ..... Sitzung besuchen, so lange ich mir nicht sicher bin. Ich hab nach ein paar Monaten festgestellt, dass ich jetzt was andere brauche, dass mir dieses Angebot nicht mehr weiter hilft. Und das schöne daran ist doch, dass es so ein niederschwelliges Angebot ist, ohne Verpflichtungen und unentgeltlich darüber hinaus. Ich habe das immer so empfunden, dass ich nur profitieren kann, ich habe es für mich als ein risikoloses Angebot empfunden welches mir anfangs sehr geholfen hat, später dann nicht mehr. Aber das war ja dann auch kein Ding, ich habe mich dann nach den Angeboten/Hilfen umgesehen und diese dann auch wahr genommen, wenn denen ich glaubte, dass ich sie jetzt brauchte.

    Also, wie auch immer. Wenn es Dich dauerhaft belastet dort hin zu gehen, dann macht es natürlich keinen Sinn. Aber ne 2. Chance, das könntest Du ja mal probieren.

    Weil Du von Online-Formaten gesprochen bzw. geschrieben hast. Ich weiß nicht, ob Du die Nathalie Stüben kennst. Eine junge Frau und Mutter, ich glaube so Anfang 30. Sie ist Alkoholikerin und lebt jetzt seit ungefähr 5 Jahren ohne Alkohol, wenn ich das recht im Kopf habe. Sie hat eine Podcastreihe ins Leben gerufen, wo sie von sich erzählt, ihren Weg heraus aber auch andere spannende Punkte zum Thema Alkoholsucht beleuchtet. Sie hat oft auch sehr interessante Gesprächspartner. Auf Youtube hat sie auch einen sehr interessanten Videokanal.

    Ich finde sie sehr inspririerend und habe schon viele wirklich hochinteressante Videos von ihr gesehen. Aufgrund ihres Alters und ihrer echt tollen, lockeren Art spricht sie wahrscheinlich eher eine jüngere Zielgruppe an, was aber ja echt gut und wichtig ist, denn für diese Zielgruppe ist es ja oft am schwierigsten aus der Sucht heraus zu kommen und die "richtige" Hilfe zu finden. Wobei ich sagen muss, dass ich mich als Anfang 50 jähriger dort auch bestens aufgehoben und informiert fühle.

    Wenn Du Lust hast, dann google sie doch mal. Vielleicht kann Dir ihr Input weiter helfen. Oder vielleicht kennst Du sie ja auch schon, auch gut möglich.

    Wie auch immer, bleib bei uns, schreib uns und bleib vor allem dran. Lass Dich nicht unterkriegen, es haben so viele schon geschafft, Du kannst es genauso schaffen!

    LG
    gerchla

    Hallo Baustein,

    herzlich Willkommen bei uns im Forum.

    Dein Brief an eine Alkoholikerin beinhaltet vieles von dem, was Angehörige eines trinkenden Partners tagtäglich erleben müssen und zeigt, welche Gefühle dabei entstehen und was diese Beziehung mit ihnen macht.

    Angst, Verletzungen, tiefe Verletzungen, teilweise (fremd)Scham aber teilweise auch Coabhängigkeit und auch immer wieder Hoffnung.

    Ich will nicht weiter darauf eingehen, weil ich nicht weiß, wie Du Dich weiter hier im Forum einbringen möchtest oder was Du Dir von diesem Forum versprichst oder wünscht. Es kann sein, dass Du "einfach nur" Deine Gedanken und Deine Gefühle in Form dieses Briefes zum Ausdruck bringen wolltest und dass Du gar nicht mehr möchtest, keine weitere Kommunikation suchst. Wenn dem so ist, dann ist das so und wenn es Dir das Schreiben dieses Briefes hilft oder geholfen hat, umso besser.

    Solltest Du den Wunsch haben in einen Dialog zu treten um Dich mit anderen hier auszutauschen, dann bist Du dazu herzlich eingeladen. Hier sind sowohl Alkoholiker (die meisten aktiven Schreiber:innen glücklicherweise schon einige Zeit oder auch lange Zeit ohne Alkohol lebend) als auch Angehörige, die möglicherweise ähnliche Briefe schreiben hätten können wie Du jetzt.

    Also, fühle Dich willkommen und wenn Dir danach ist, dann schreibe hier einfach. Wir antworten gerne.

    LG
    Gerchla

    Hallo Jenny,

    herzlich Willkommen hier im Forum.

    Bevor ich Dir meine Gedanken schreibe, möchte ich mich ganz kurz vorstellen:

    Ich bin Anfang 50, Alkoholiker, Papa von drei Kindern und lebe jetzt schon lange ohne Alkohol. Vorher trank ich über 10 Jahre abhängig, die meiste Zeit davon heimlich. Meine Ehe ging darüber kaputt, so dass nach meinem Ausstieg aus der Sucht unmittelbar die Trennung von meiner Frau folgte.

    Jetzt aber zu meinen Gedanken:

    Mein erster "Reflex" war, dass Du natürlich alles richtig machst, wenn Du ihn von Dir und Deinem zukünftigen Kind fern hälst. Aber als ich dann nachdachte, fiel das "Ergebnis" doch etwas anders aus. Erst mal musste ich feststellen, dass es mir gar nicht möglich ist, Dir hier "pauschal" einen Rat zu geben oder Dir zu sagen, ob ich das was Du tust für richtig oder falsch halte.

    Es ist mir deshalb nicht möglich, weil ich Deine / Eure Situation lediglich soweit kenne, soweit Du sie in wenigen Zeilen hier beschreiben konntest. Ich weiß also im Grunde sozusagen nichts von Dir und Deinem Mann, außer natürlich das er trinkt und kokst und wohl auch nicht in der Lage ist, eine Therapie zu beginnen. Er scheint sich hier ganz typisch zu verhalten in dem er verspricht etwas zu tun, was er dann aber doch einfach nicht tut. Ganz typisch für suchtkranke Menschen.

    Da kommen wir zum Thema. Dein Mann ist krank, dass sollte man m. E. bei aller absolut berechtigten Kritik an ihm und seinem Verhalten nicht vergessen. Und was man auch nicht vergessen sollte, zumindest meiner Meinung nach, ist, dass er der Vater Deines Kindes ist. Und das wird er auch sein Leben lang bleiben. Und ich möchte ihm die Gefühle zu seinem (noch ungeborenen) Kind nicht absprechen, denn auch suchtkranke Menschen können durchaus liebende Gefühle haben. Vor allem zu den eigenen Kindern, was ich aus eigener Erfahrung weiß, weil ich es bei mir selbst erlebt habe. Ich liebte meine Kinder über Alles und habe auch immer versucht trotz meiner Sucht ein guter Papa zu sein. Gewalt gab es bei mir nicht und ich habe versucht das Beste zu geben.

    Dass das nicht annähernd das war, was Kinder von einem liebenden, nicht suchtkranken Papa normalerweise bekommen, steht auf einem anderen Blatt. Ich weiß aber nicht, ob es für meine Kinder besser gewesen wäre, man hätte mich ihnen komplett entzogen, weil ich alkoholkrank war. Für mich wäre es sicher der Untergang gewesen, wobei das nicht relevant ist, denn ich hatte es ja selbst in der Hand und hätte ja mit dem Trinken aufhören können. Aber nicht mal die Liebe zu meinen Kindern war stark genug, um diese Sucht zu überwinden. Und ich habe nie stärkere Liebe empfunden.

    Natürlich ist die Idee zunächst "bestechend", es Deinem Mann erst gar nicht zu "ermöglichen", liebende Gefühle für sein Kind zu entwickeln. Indem Du ihn einfach abblockst und aus allem raus hälst. Mein Gerechtigkeitsgefühl regt sich aber bei diesem Gedanken und ich stelle mir schon auch die Frage, ob das moralisch in Ordnung ist. Nun kannst Du berechtigterweise natürlich sagen: " er hat es doch in der Hand, er braucht nur eine Therapie machen und clean werden, dann ist alles gut". Das stimmt natürlich, aber wenn es so "einfach" wäre, dann hätten wir wahrscheinlich deutlich weniger aktiv alkohol- und drogenabhängige Menschen in unserem Land. Diese Sucht ist sehr mächtig und die mit Abstand am meisten Süchtigen versuchen erst gar nicht von dem Zeug weg zu kommen. Und von jenen die es (ernsthaft) versuchen, scheitert der größere Teil. Es ist also schon auch leicht gesagt, "er muss ja nur aufhören oder er muss ja nur eine Therapie machen". Auch wenn das natürlich alternativlos richtig ist.

    Du merkst vielleicht, ich habe keine klare Linie. Ich weiß auch nicht was richtig oder falsch ist. Sollte Dein Mann gewältätig sein oder auch psychische Gewalt anwenden (diesbezüglich geht nichts aus Deinem Text hervor), dann wäre das ganze für mich viel klarer. Denn damit wäre eine Grenze überschritten, die niemals überschritten werden darf. Und dann würde ich ebenfalls sagen: "nichts wie weg und möglichst schnell ein Leben ohne ihn aufbauen". Darauf zu warten, dass er Dir und dann auch noch seinem Kind gegenüber gewaltätig wird, brauchst Du sicher nicht. Aber wie gesagt, diesbezüglich lese ich nichts aus Deinen Zeilen.....

    Zusammengefasst könnte ich sagen: Dass Du Dich von ihm trennst ist absolut nachvollziehbar für mich. Dein Leben, Deine Entscheidung und er hatte seine Chace. Dass Du es Deinem Kind nicht antun möchtest, jeden Tag einen koksenden und trinkenen Papa an seiner Seite zu haben, kann ich ebenfalls absolut nachvollziehen. Damit schützt Du Dein Kind. Dass das Kind seinen Papa aber quasi gar nicht zu sehen bekommt, der Papa dem Kind quasi kompett entzogen wird, das sehe ich kritisch. Wie gesagt, sofern er nicht zu Gewalt neigt, wenn er konsumiert hat.

    Denn was Du auch nicht vergessen solltest ist, dass Dich Dein Kind vielleicht irgendwann nach seinem/ihrem Papa fragen wird. Wieso, weshalb, warum und ich denke, da wären dann gute und nachvollziehbare Argumente Deinerseits für das Seelenheil Deines Kindes sehr wichtig.

    Ich denke mir also, es wäre vielleicht gut, wenn Du von Anfang an hier einen transparenten Weg gehen würdest. Begleitet durch das Jugendamt. Ich bin diesbezüglich kein Profi, aber ich habe in meinem Bekanntenkreis erlebt, dass das ganz gut funkionieren kann, auch wenn es nicht immer schön ist. Vielleicht wäre es auch gut, wenn Du Dir für Dich selbst noch Hilfe holen würdest. Also jemanden, der wirklich für DICH da ist, dem Du DEINE Gefühle schildern kannst, mit dem Du über DEINE Ängste, etc. sprechen kannst. Eine Art psychologische Begleitung, damit Du nicht immer alles mit Dir selbst ausmachen musst.

    Ich hatte aus meinem Weg aus der Sucht heraus z. B. zunächst einen Psychologen an meiner Seite und dann einen Mönch. Letzterer war mir ein wertvoller Gesprächspartner, wenn es darum ging Weichen zu stellen oder Entscheidungen zu treffen, bei denen ich selbst mir unsicher war. Vielleicht kannst Du auch so einen Menschen finden (Psychologen?) finden, der Dich hier stützt und begleitet.

    So, viel geschrieben, wenig gesagt. Das waren einfach meine Gedanken. Ein wirkliches Urteil kann ich mir absolut nicht erlauben, dazu weiß ich viel zu wenig und dazu habe ich , ehrlich gesagt, auch gar kein Recht.

    Alles Gute für Dich und für Dein Kind. Ich wünsche Dir/Euch, dass Dein Mann vielleicht doch noch zur Besinnung kommt und den Kampf gegen seine Süchte aufnimmt. Und falls nicht, wünsche ich Dir, dass Du die richtigen Entscheidungen treffen kannst und immer die richtigen Menschen an Deiner Seite hast!

    LG
    gerchla

    Hallo Sam,

    herzlich Willkommen bei uns im Forum. Schön, dass Du hierher gefunden hast.

    Ich möchte jetzt nur mal kurz auf die Geschichte mit dem kalten Entzug eingehen. Erst mal möchte ich Dir sagen, dass ich es ganz toll finde, dass Du etwas gegen Deinen Alkoholkonsum unternehmen möchtest und Dich hier jetzt auch angemeldet hast. Wir können Dich dabei begleiten, wenn Du das möchtest und Du kannst von unseren Erfahrungen profitieren bzw. sie auf Deine eigenen Situation übertragen.

    Die Sache mit dem kalten Entzug ist so eine Erfahrung. Nicht jeder von uns ist den Weg aus der Sucht so gegangen, wie man ihn idealerweise gehen sollte. Also ERST zum Arzt und dann mit der Entgiftung beginnen. Ich habe das auch nicht getan und erst hinterher erfahren, wie gefährlich das eigentlich war und was mir bei meinem kalten Entzug hätte passieren können. Bei mir ging es gut aber ich habe mittlerweile auch schon einige Menschen gesprochen /gelesen, bei denen das nicht so war. Und die dann großes Glück hatten, dass sie doch noch rechtzeitig Hilfe bekommen haben.

    Es ist also unbedingt ernst zu nehmen. Vielleicht wäre es eine Option für Dich, wenn Du jetzt, also bis zu Deinem Arzttermin, weiter trinkst. Du kannst da ja gerne reduziert trinken, also deutlich weniger als Du das normalerweise tun würdest. Damit lässt Du es dann ja schon ein wenig "ausschleichen". Immer vorausgesetzt natürlich, dass Dir das auch gelingt. Oft ist es "einfacher" komplett aufzuhören, als zu versuchen kontrolliert zu trinken. Wenn Du bereits süchtig bist, dann wird Dir das auf Dauer auch nicht gelingen. Es könnte Dir aber für einige Zeit gelingen, also vielleicht so lange bis Du mit dem Arzt gesprochen hast und dann weißt, wie die Entgiftung bei Dir laufen wird.

    Ich denke, so lange wird es jetzt auch nicht mehr hin sein bis zu Deinem geplanten Arztermin, oder?

    Hallo Sven,

    erst mal möchte ich Dir dazu gratulieren, dass Du jetzt schon 3 Wochen ohne Alkohol lebst. Meinen Respekt auch dafür, dass Du wieder zurück gekommen bist, nachdem Dein erster Versuch mit dem Trinken aufzuhören nicht so funktioniert hat wie Du Dir das vorgestellt hast.

    Ich lese seit Du hier angekommen bist einfach nur still mit, Du hattest ja viel Input von anderen Forumsteilnehmern. Nun denke ich mir aber, will ich Dir einfach auch mal meine Gedanken da lassen. Ich weiß nicht, ob Du daraus etwas für Dich mitnehmen kannst, aber ich schreibe einfach mal was ich denke.

    Schon in Deinem ersten Post lese ich den festen Willen, wirklich mit dem Alkohol abschließen zu wollen, was ich sehr gut finde. Du sprichst auch immer wieder von Schuldgefühlen, bist aber nicht weiter darauf eingegangen, wem gegenüber Du diese eigentlich hast. Empfindest Du diese Schuld Dir selbst gegenüber oder gibt es Menschen in Deinem Umfeld gegenüber derer Du diese Schuld empfindest (Partner/Partnerin, Freunde, Familie?) oder ist es weniger ein Schuldgefühl als mehr das Gefühl oder die Angst, dass Du Dir selbst einen massiven Schaden zufügst, körperlich wie auch seelisch? Oder der Gedanke, dass Du Dein Leben verschwendest?

    Mich interessiert das deshalb, weil es mir dabei helfen würde, Deine aktuelle Situation besser einschätzen zu können.

    Ich lese in Deinem Post viel darüber, dass Du gerade Druck empfindest, dass es nicht einfach ist, Du aber auch die Vorteile siehst und erkennst. Ich lese über Phasen, in denen Du Dich befindest oder glaubst zu befinden und dass Du glaubst, zwischen Phasen hin und her zu springen. Zusammengefasst könnte man sagen: Ich lese ganz viel Kampf und ganz viel Durchhalten Deinerseits. Und damit Du mich nicht falsch verstehst: dieser Kampf gegen den Alkohol und das "einfach erst mal keinen Alkohol mehr trinken" ist für Anfangszeit absolut legitim, ja sogar unbedingt notwendig.

    Trotzdem "fehlt" mir etwas. Nämlich das Entwickeln einer Strategie, das Hinterfragen Deiner Suchtgeschichte, der "Plan" für ein Leben ohne Alkohol, vielleicht auch die Freude auf das, was Dir ein Leben ohne Alkohol bringen wird oder bringen kann.

    Nun kann es ja gut sein, dass Dir Dir solche Gedanken durchaus intensiv machst, sie aber halt einfach nicht hier im Forum teilst oder teilen möchtest. Ich möchte Dir das deshalb nicht absprechen. Vielleicht diskutierst Du darüber ja auch intensiv in Deiner SHG, mit Freunden oder sonstigen Menschen, denen gegenüber Du Dich öffnen kannst.

    Ich möchte Dir einfach aus meiner persönlichen Erfahrung heraus schreiben, dass es für mich ganz elementar wichtig war, mir genau solche Gedanken zu machen. Erst mal ging es natürlich, wie bei Dir auch, darum keinen Alkohol mehr zu trinken. Das ist die Basis für alles was dann folgt bzw. es kann nur etwas folgen, wenn man es schafft nicht mehr zu trinken. Egal wie, viele müssen dafür kämpfen wie Du ja auch, manchen fällt es leichter, was aber oft auch heimtückisch sein kann, weil es einem suggeriert, dass es vielleicht ja doch nicht so schlimm war.

    Aber die alte Weisheit, und das ist wirklich eine Weisheit, dass "nur" nicht mehr trinken auf Dauer nicht ausreicht, die trifft fast immer zu. Es mag wenige Ausnahmen geben, die einfach aufhören konnten und es dauerhaft geschafft haben ohne sich weitere Gedanken zu machen. Ich habe gelernt, dass es bezogen auf diese Sucht nichts gibt, das es nicht gibt. Das Gros derjenigen, die alkoholkrank sind und dauerhaft ohne Alkohol leben haben jedoch deutlich mehr getan, als nur nicht mehr zu trinken. Und das mussten sie auch, wenn sie nicht zu jenen gehören wollten, die in der Statistik den allergrößten Teil einnehmen (leider), also jene, die innerhalb von 2 Jahren wieder mit dem trinken bekonnen haben.

    Was mir sehr geholfen hat, war die Suche nach der Antwort auf die Frage, warum ich in diese Sucht gerutscht bin. Ich schreibe bewusst "die SUCHE nach der Antwort" und nicht die Antwort selbst. Denn ich habe nicht eine Antwort gefunden, sondern mehrere. Ich habe nicht den einen Grund gefunden, sondern zahlreiche. Und ich habe festgestellt, dass es immer wieder Weggabelungen in meinem Leben gegeben hat, wo ich einfach in die falsche Richtung abgebogen bin.

    Allein der Prozess darüber nachzudenken, das alles zu hinterfragen, hat mir sehr viel Klarheit über mich selbst gebracht. Eine Klarheit, die ich zu keinem Zeitpunkt vorher (auch nicht zu der Zeit als ich noch nicht getrunken habe) hatte.

    Im Zuge dieser Aufarbeitung wurde mir immer klarer, dass es für mich wichtig ist zu wissen, WOFÜR ich eigentlich ohne Alkohol leben möchte. Klar, im ersten Moment fallen einen da sofort ganz "klassische" Gründe ein. Also z. B. um nicht krank zu werden, um nicht an dem Zeug zu sterben, um von den üblichen Folgekrankheiten verschont zu bleiben, um nicht den Job zu verlieren, die Beziehung (sofern vorhanden) zu retten oder einfach wieder irgendwie am Leben teilhaben zu können und nicht dauernd nur alles um den Alkohol kreiseln zu lassen.

    Das alles (und sicher noch paar mehr) sind alles gute und starke Gründe, mit dem Alkohol aufzuhören. Bei mir jedoch, waren das "nur" die Nebenwirkungen, die mir ein Leben ohne Alkohol bringen würden. Dessen wurde ich mir bewusst, als ich begann mich mit dem Sinn meines Lebens zu beschäftigen. Der Sinn meines Lebens konnte es doch nicht sein, mich vor den Folgen übermäßigen Alkoholkonsum zu bewahren. So dachte ich. Der Sinn kann doch nicht sein, dass ich jetzt einen Zustand erreiche, also ein Leben ohne Alkohol, der für die meisten Menschen der Normalzustand ist (inkl. jener, die Alkohol in unkritischen Mengen konsumieren). Das kann doch nicht das sein, was ich von meinem Leben (noch) erwarte. Und das kann dann doch auch nicht der Grund sein, warum ich ein Leben ohne Alkohol leben möchte.

    Du merkst, jetzt wird es etwas pathetisch, aber das musst Du jetzt aushalten ;)

    Warum also? Was ist der Sinn meines Lebens? Wer bin ich überhaupt? Wo will ich hin? Wer will ich nicht mehr sein? Was will ich mal von mir und meinem Leben sagen, wenn ich im Sterbebett liege und mir diese Frage stelle? Was will ich dann über mein Leben sagen?

    Diese und noch diverse Fragen mehr habe ich mir gestellt und sie dann tatsächlich auch für mich beantwortet, bin hin zu der "großen" Frage des Sinns meines Lebens. Welcher natürlich bei jedem Menschen ein anderer sein kann und sein darf und wahrscheinlich auch ist.

    Ich jedenfalls stellte im Zuge dieser Gedanken fest, dass mir der Alkohol zu keiner Zeit dabei behilflich sein könnte, diese Ziele zu erreichen. Im Gegenteil, er würde es verhinden. Je mehr ich darüber nachdachte (und auch heute noch nachdenke, denn dieser Prozess endet nie), desto klarer wurde mir, dass der Alkohol für mich überhaupt keine Bedeutung mehr hat, er hat sozusagen seinen "Sinn" verloren und damit auch seine "Daseinsberechtigung" in meinem Leben.

    Und ich schreibe Dir das aus voller Überzeugung, ich rede es mir nicht schön, ich empfinde es genau so. Natürlich habe ich auch schöne Erinnerungen an den Alkohol, und die will ich auch gar nicht verdrängen oder wegdrücken oder im Nachhinein verteufeln. Nein, da gibt es viele schöne Erinnerungen. Jedoch resultieren sie i. d. R. alle aus der Zeit, in der ich zwar Alkohol trank, jedoch noch lange nicht tief in der Sucht steckte. Aus der Haupt- und Endzeit meiner Sucht gibt es nur noch Horrorerinnerungen.

    Was will ich Dir sagen? Eigentlich nur, dass es mir sehr geholfen hat, tiefer in meine Suchtgeschichte einzusteigen und mich mit mir, meiner Sucht und meiner Lebengeschichte zu beschäftigen. Woraus sich dann eine intensive Beschäftigung mit der Zukunft, mit meiner Zukunft (also der geplanten oder besser gewünschten) ergab. Das alles führte mich in ein zufriedenes, über weite Teile sogar glückliches, Leben ohne Alkohol.

    Vielleicht ist da ja eine Anregung für Dich dabei. Nicht falsch verstehen, natürlich darfst Du Dich gerne auch damit beschäftigen, in welcher Phase Du gerade bist und welche Phasen da noch kommen etc. Und darauf warten, dass jetzt hoffentlich endlich die gewünschte Phase eintritt. Ich kann für mich selbst nur sagen, dass ich das alles erst im Nachhinein richtig beurteilen konnte und dass es in der Gegewart keine Rolle spielt, also wo man gerade steht im Prozess eines dauerhaften Lebens ohne Alkohol. Und auch nicht hilft, ein Leben ohne Alkohol zu führen.

    Mir half es, über die oben beschriebenen "Maßnahmen" zu mir selbst zu finden, mit mir selbst ins Reine zu kommen, meine Schuldgefühle (die bei mir extrem waren und wohl die größte Gefahr für einen Rückfall darstellten) anzunehmen um mir dann irgendwann auch selbst verzeihen zu können. Das alles waren für mich Grundlagen, um ein neues Leben ohne Alkohol führen zu können und zwar ein zufriedenes, ohne einen verklärten Blick zurück in die "alte" Zeit aber auch ohne Blick zurück im Groll. Meine Trinkerzeit ist ein wichtiger Teil meines Lebens und die Erfahrungen aus dieser Zeit helfen mir dabei heute das Leben zu führen, welches ich führen möchte.

    So, dabei belasse ich es jetzt mal. Ich weiß nicht, ob ich das ausdrücken konnte, was ich eigentlich ausdrücken wollte. Irgendwie liest sich das dann alles immer so, als wäre ich gaaaanz toll und als wäre das alles ja gaaaanz einfach gewesen. Beides ist falsch, weder bin ich toll, noch war immer alles so einfach oder so klar wie es sich jetzt vielleicht liest. Das ist mir nochmal wichtig Dir das zu schreiben. Ich hatte einfach auch ganz viel Glück und sehr viele Hilfe von außen, um die ich mich aber schon auch bewusst bemüht habe. Es hat bei mir einfach so funktioniert, bis heute und das sind jetzt viele Jahre ohne Alkohol.

    Du musst und wirst hoffentlich Deinen eigenen Weg finden. Ich wollte Dir einfach nur ein paar Gedanken da lassen, mehr nicht.

    Alles Gute für Dich! Bleib dran, mit den ersten 3 Wochen hast Du schon viel erreicht, dem ersten Druck widerstanden. Jetzt darfst Du Deinen weiteren Weg gestalten! Nimm es in die Hand!

    Liebe Grüße
    Gerchla

    Liebe Hanna,

    es freut mich, dass Du es mal mit einer SHG vor Ort versuchst. Du kannst nur gewinnen!

    Danke Dir für Deine lieben Wünsche. Man weiß nie wie es im Leben kommt, was auf einem zu kommt, was einen vielleicht auch mal aus der Bahn werfen kann. Ich hoffe und vertraue darauf, dass ich ggf. stark genug sein werde, meinen Weg weiter zu gehen. Mein Umfeld ist ein ganz tolles Umfeld, das macht es sicher einfacher, aber am Ende bin ich ganz alleine für mich und mein Leben, mein Handeln verantwortlich. So war es ich als ich trank und so ist es selbstverständlich auch heute noch.

    Würde mich freuen, wirklich sehr freuen, wenn Du ab und an mal hier berichtest, wie es Dir geht. In der großen Hoffnung, dass Du uns dann viele positive Zeilen schreiben kannst.

    Alles Gute für Dich und auch für Deine Schwester.

    Liebe Grüße
    Gerchla

    Liebe Hanna,

    danke für Deine lieben Zeilen.

    Ich möchte Dir bezüglich "Deiner" Hürde, eine Selbsthilfegruppe zu besuchen, noch ein paar Gedanken von mir schreiben:

    Ich glaube, es ist ziemlich normal, oder besser gesagt, menschlich, dass man nicht hurraschreiend in eine Selbsthilfegruppe rennt. Vielen Alkoholikern geht und ging es da genauso, vor ihrem ersten Besuch in einer SHG. Und für ganz viele scheint diese Hürde so hoch zu sein, dass sie es gar nicht erst versuchen. Aus meiner Sicht ist das eine verlorene Chance, denn es gibt wohl kaum ein niederschwelligeres Hilfsangebot, welches für viele Betroffene aber eine ganz hohe positive Wirkung hat. Letztlich trifft man dort auch Menschen, die ähnliches erlebt oder durchgemacht haben wie man selbst. Wo könnte man besser verstanden werden als bei solchen Menschen?

    Ich kenne mehrere Alkoholiker, darunter auch wirklich ehemals Schwerstabhängige (auf die niemand einen Pfifferling gesetzt hätte), die nach ihrer Entgiftung ausschließlich durch den Besuch "ihrer" SHG dauerhaft vom Alkohol weggekommen sind. Natürlich gibt es auch andere, die nach dem Besuch einer SHG festgestellt haben, dass das nichts für sie ist und es sie nicht weiter bringt. Zu dieser Gruppe gehöre übrigens ich. Mein erster Gang, nach gerade mal 24 h ohne Alkohol, war der zu einer SHG. Ich wurde dort offen aufgenommen und ich will sagen, dass ich die ersten Wochen und Monate dort eine Art Heimat oder Zuflucht gefunden hatte.

    Plötzlich nämlich waren da Menschen um mich herum (ich lebte damals in einer großen Stadt und konnte täglich die Gruppe besuchen), die alles verstanden was ich sagte. Die mich nicht verurteilten, sondern die im Gegenteil, Verständnis zeigten. Die mir durch ihre eigenen Erfahrungen wertvolle Tipps gaben. Und, das ist auch ganz wichtig, die mir zeigten, dass es möglich ist, ein neues Leben ohne Alkohol zu führen. Denn viele dort, lebten schon sehr lange ohne Alkohol.

    Trotzdem, liebe Hanna, bemerkte ich nach einigen Wochen, dass das nicht das ist, was ich letztlich auf Dauer brauchte. Das lag nicht daran, dass diese Gruppe schlecht gewesen wäre, nein, absolut nicht. Es lag schlicht an mir und meiner Persönlichkeit, an meinen Erwartungen und wohl auch daran, dass ich für meinen Weg aus der Sucht einfach andere Hilfsangebote benötigte. Meine SHG für die erste Zeit gut, war ein Anker in den ersten Wochen. Später bemerkte ich, dass sie mir nicht mehr die Antworten geben konnte, nach welchen ich jetzt, also nach ein paar Monaten ohne Alkohol, gesucht habe.

    Und dann war es plötzlich ein Mönch (lange Geschichte), der mein Begleiter wurde und mir letztlich zurück ins Leben half. Und schau, liebe Hanna, auch hier wieder die Hürde, mich gegenüber einem wildfremden Menschen zu öffnen, ihm meine Geschichte inkl. meiner unglaublichen Schuld zu erzählen. Und mit ihm wieder und wieder darüber zu sprechen. Hätte ich es nicht getan, hätte ich diese Hürde nicht überwunden, ich weiß nicht ob ich Dir heute hier schreiben würde.

    Ich schreibe das so ausführlich, weil ich Dir damit etwas sagen möchte. Ich will Dir sagen, dass ich Dich verstehen kann. Ich kann verstehen, dass das eine Hürde für Dich ist und ich finde es super, dass Du Dich hier geöffnet hast, denn auch das ist vielen nicht möglich. Ganz viele lesen auch einfach nur still mit und melden sich hier nie an. Oder melden sich an aber schreiben nicht. Du hast das getan und es hilft Dir, das ist wunderschön und genau dafür sind wir da.

    Mein Gefühl (ja, es nur ein Gefühl) sagt mir aber, dass es Dir wahnsinnig gut tun könnte, wenn Du Menschen hättest, also im realen Leben, mit denen Du Dich regelmäßig austauschen könntest. Weißt Du, in diesem Austausch könntest Du Deinen Gefühlen, Deinen Sorgen und Deinen Ängsten einen Raum und eine Zeit geben. Dort könntest Du sie zulassen und mit anderen (welche Dich verstehen werden weil sie selbst betroffen sind) darüber sprechen.

    Ich habe meine Spaziergänge, von denen ich Dir schrieb und die ich nutzte um meinen Gefühlen eine Zeit zu geben, nicht selten mit einer vertrauten Person gemacht. Einfach auch deshalb, um eine andere Meinung zu bekommen, oder einfach jemanden zu haben der mir zuhört oder einfach auch mal jemanden zu haben, der mich tröstet. Wobei ich ja Täter war und meine Familie Opfer. Trotzdem gab es manchmal Situationen, wo es einfach nur gut tut, wenn da jemand ist, der Dich in den Arm nimmt und sagt: Hey, du bist auf dem Weg, alles wird gut werden.

    Weißt Du was ich sagen möchte? Du hast absolut nichts zu verlieren, Du kannst nur gewinnen. Niemand kann Dich zwingen dort zu bleiben, wenn Du Dich nicht wohl fühlst. Niemand kann Dich zwingen, dort ein zweites Mal hinzugehen, wenn Du selbst das nicht möchtest. Du hast es alleine in der Hand. Wenn Du Dich aber wohl fühlst, wenn Du merkst, dass es Dir gut tut, dann hast Du so eine wertvolle Hilfe an Deiner Seite, die Dein ganzes Leben positiv beeinflussen wird.

    Nur wenn Du es erst gar nicht probierst, wirst Du es nie wissen und lässt vielleicht eine große Chance/Hilfe liegen. Das würde ich als unglaublich schade empfinden.

    Aber bitte verstehe mich nicht falsch. Ich will Dich zu nichts überreden oder bequatschen. Ich schreibe Dir das nur, weil ich so oft schon von Betroffenen gehört habe, dass sie so froh waren, ihre Ängste und Bedenken überwunden zu haben und die diesen Schritt zu einer SHG dann gemacht haben. Und das sagen auch viele von jenen, die dann doch nicht geblieben sind und einen anderen Weg gingen. Aber sie haben dann die Klarheit, dass dieses Angebot für sie nicht das richtige ist und "brauchen" auch nicht weiter darüber nachdenken.

    Wie auch immer, hier bei uns kannst Du Dich auf jeden Fall jederzeit melden und Deine Gedanken schreiben. Ich wollte Dir einfach mal meine Sicht schreiben und vielleicht ein wenig dazu beitragen, dass Deine Ängste oder Bedenken weniger werden, Dich dazu ermutigen, es einfach mal auszuprobieren mit so einer SHG. Nach dem Motto: Ich geb der SHG mal eine Chance. Und wenn wir nicht zusammen passen, dann halt nicht. Auch gut.

    Bis bald mal und

    ganz liebe Grüße
    Gerchla

    Liebe Hanna,

    ich freue mich sehr, dass Dich meine Gedanken erreichen konnten. Und Du sie für Dich nutzen kannst. Und ja, Du bist nicht allein, wirklich nicht. Wenn Du wüsstest wie viele da draußen noch sind, die Ähnliches erleben wie Du, die täglich damit konfrontiert sind, die täglich darunter leiden, weil z. B. der eigene Mann oder die eigene Frau trinkt... Oder das eigene Kind... die Geschwister wie bei Dir.... Und bei den allermeisten da draßen wird darüber geschwiegen, es wird verschwiegen, vertuscht, es wird mit allen Mitteln versucht nach Außen eine heile Welt aufrecht zu erhalten. Der Trinkende wird geschützt, für ihn/sie wird gelogen, oft aus Scham, es wird versucht so zu tun, als ob doch alles ok wäre. Und dabei gehen dann sowohl der Trinkende als auch die oft Co-Abhängigen Angehörigen zu Grunde, leider....

    Alkohol ist eine verdammte Droge, die gefährlichste überhaupt. Weil sie legal ist, weil sie überall präsent ist und weil sie von unserer Gesellschaft zum Kulturgut empor gehoben wird und schon immer wurde. Dabei ist Alkohol nichts anderes als Zellgift.... Du merkst, ich werde gerade emotional und das will ich eigentlich nicht, weil es niemanden hilft.

    Ich habe Dir eigentlich alles geschrieben, was ich Dir schreiben wollte. Aber ich möchte eines noch sagen: Ich verstehe all Deine Gefühle, vor allem auch das Gefühl der Wut, das sich bestimmt auch aus dieser Ohnmacht heraus ergibt. Der Gedanke daran, dass sie ja "nur" endlich mit dem Trinken aufhören müsste, dass sie doch sehen muss, was sie damit anrichtet und dass sie trotzdem weiter trinkt. Dieser Gedanke kann aus Hilflosigkeit und Verzweiflung schnell auch Wut werden lassen. Und weißt Du was: Das ist völlig in Ordnung. Diese Gefühle, all die Gefühle die Du hast, die sind absolut ok. Lass sie zu, aber erlaube ihnen nicht, Dein Leben zu dominieren. Erlaube z. B. der Wut nicht, Dein ganzes Wesen über einen längeren Zeitraum einzunehmen. Gib diesen Gefühlen einen Raum, einen zeitlich begrenzten Raum, wo sie sein dürfen. Verdrängen wäre falsch, mit diesen Gefühlen aber dauerhaft leben wäre genauso falsch. Durchlebe sie, akzeptiere sie und schließe dann Deinen Frieden mit diesen Gefühlen in dem Du Frieden mit der gesamten Situation schließt, in dem Du Frieden mit Deiner Schwester schließt.....

    Auch wieder so leicht geschrieben und so schwer im echten Leben umgesetzt. Ich habe das damals bei mir so erlebt. Von der anderen Seite her. Ich hatte unglaubliche Schuldgefühle nachdem ich aufgehört hatte zu trinken. Plötzlich nahm ich nämlich wahr, was ich angerichtet hatte, plötzlich stand ich vor dem Trümmerfeld, welches ICH hinterlassen hatte. Ich hatte damals mehrere "Pläne", wie ich mit diesen Schuldgefühlen (und noch ein paar negative andere Gefühle mehr) umgehen könnte. Einer davon war der Plan, mich abzulenken. Ein anderer war, sie einfach nicht zuzulassen und sofort zu verdrängen. Entschieden habe ich mich dann letztlich dafür, und das ganz bewusst, diesen Gefühlen einen Raum zu geben. Sie zuzulassen und auch auszuhalten. So machte ich z. B. in den ersten Monaten ohne Alkohol fast täglich einen längeren Spaziergang, wo ich ganz bewusst, also von mir selbst herbei geführt, all diese Gefühle und Probleme durchdachte. Da gab ich ihnen Raum und Zeit. Das war nicht immer schön, es war sogar meistens nicht schön. Aber für mich so unglaublich wichtig um aufarbeiten zu können.

    Natürlich kamen solche Gefühle auch mal aus dem Nichts, z. B. vor dem Einschlafen oder so. Und da habe ich sie dann schon weggedrückt, denn ich wollte ja nicht, dass sie immer präsent sind. Sie bekamen ihren Raum, aber eben nicht immer.

    Weißt Du, ich kenne Dich ja nicht, nicht Dein Umfeld und Deine Lebensumstände. Aber vielleicht ist es Dir ja möglich, auch im realen Leben mit Menschen über Deine Situation zu sprechen. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass das unglaublich viel helfen kann. Wie Du selbst geschrieben hast, einfach das Feststellen, dass man nicht alleine ist. Vielleicht gibt es in Deiner Nähe eine reale Selbsthilfegruppe für Angehörige.Viele Selbsthilfegruppen für Alkoholiker haben auch ein Angebot für Angehörige. Vielleicht wäre das was für Dich, damit Du das nicht alles mit Dir alleine ausmachen musst. Wie gesagt, vielleicht ist es ja gar nicht so und Du kannst z. B. mit einer Freundin sprechen. Ich wollte Dir das einfach noch schreiben.

    Alles alles Gute für Dich!

    Liebe Grüße
    Gerchla

    Guten Morgen Hanna,

    herzlich Willkommen hier im Forum.

    Es fällt mir jetzt gar nicht so leicht, meine Gedanken an Dich in Worte zu fassen. Ich selbst habe viele Jahre getrunken und lebe jetzt aber schon lange ohne Alkohol. Ich kenne also die Seite des Trinkers sehr gut und kann Dir auch "nur" aus dieser Perspektive heraus antworten.

    Was Du schreibst deutet darauf hin, dass Deine Schwester nicht ernsthaft vor hat, mit dem Trinken aufzuhören. Es trotz ihrer zahlreichen Entgiftungen auch nie vor hatte. Darauf deutet ja die Tatsache hin, dass sie bereits vor den Entgiftungen schon den Alkohol für danach besorgt hat. Es ging ihr also scheinbar "nur" darum, einfach mal zu entgiften, sich etwas zu erholen um dann wieder trinken zu können. Und das hast Du ja auch bereits erkannt, Du schreibst es ja im Grunde auch so.

    Das ist etwas, was gar nicht so selten vor kommt. Ich weiß aus persönlichen Berichten, dass in Entgiftungsstationen regelmäßig Menschen sind, die sich dort nicht deshalb einfinden, weil sie ernsthaft dauerhaft ohne Alkohol leben wollen. Sondern einfach um zu entgiften, sich zu erholen und dem Körper eine Pause zu "gönnen". Und die, sobald sie raus sind, sofort wieder mit dem Trinken beginnen und auch nie etwas anderes vor hatten.

    Aus der Sicht eines Menschen, der selbst jahrelang abhängig getrunken hat, kann ich dazu nur sagen: Wenn das so ist, wenn das auch bei Deiner Schwester so ist oder war, dann kann niemand etwas dagegen machen. Kein Außenstehnder hat die "Macht" einen Trinker zum Aufhören zu bewegen. Es wäre schön, wenn es anders wäre und wir hätten dann wahrscheinlich auch nicht diese fast 2 Millionen aktiv alkoholabhängigen Menschen in Deutschland. Aber leider ist eben genau das, das Problem. Nur der Betroffene selbst kann etwas an seiner Situation ändern. Nur Deine Schwester selbst, wäre in der Lage etwas an ihrer Situation zu verändern. Wenn sie es denn wollte, wenn sie einen Sinn darin sehen würde.....

    Wenn ich da auf mich zurück blicke, dann war ich damals Anfang 40, als ich aufgehört habe. Trotz dieser vergleichsweise noch "jungen Jahre", war ich aber bis zum Schluss der Meinung, dass es für mich keinen Sinn macht mit dem Trinken aufzuhören. Die letzten 2 - 3 Jahre meiner Sucht trank ich sozusagen hemmunglos mit dem Gedanken im Kopf, dass ich mich dann eben zu Tode trinken werde, wenn es denn so kommen sollte. Ich hatte nicht mal mehr die "Lust" oder Kraft, Trinkpausen einzulegen, auch keine ganz kurzen. Ich sah keinen Sinn mehr darin, ich konnte und wollte mir ein Leben ohne Alkohol nicht mehr vorstellen. Und das, obwohl ich Familie hatte, und Kinder die noch "klein" waren, noch nicht erwachsen und die ihren Papa gut hätten brauchen können.

    Ich schreibe Dir das, weil ich Dir damit zeigen möchte, wie mächtig diese Sucht ist und wie ohnmächtig selbst der Trinker hier manchmal ist. Als Angehöriger ist man da dann einfach komplett außen vor. Leider nur was den Einfluss auf die Sucht betrifft, ansonsten hängen die Angehörigen voll mit in dieser Sucht und leiden fürchterlich, gerade eben an dieser Ohnmacht. Du selbst erlebst das ja schon seit Jahren bei Dir....

    Vielleicht denkst Du jetzt: Aber du hast es doch geschafft weg zu kommen vom Alkohol. Ja, das habe ich. Aber das war kein Verdienst meines Willens oder weil ich so einen tollen Plan gehabt hätte. Letztlich kann ich Dir nicht genau sagen, warum es dann tatsächlich so gekommen ist. An dem Tag, an dem ich aufhörte mit dem Trinken, hatte ich alles Mögliche vor, aber mit dem Trinken aufhören gehörte nicht dazu. Es hat einfach Klick gemacht und ich habe dazu selbst erst mal nichts beigetragen. Und anschließend hatte ich viel Glück auf meinem Weg und wohl auch Gottes Segen in der Hinterhand.

    Was ich sagen will, es liegt einfach nicht in Deiner Hand. Und ich schreibe jetzt ganz viel aber will eigentlich nur sagen: So schwer es Dir auch fällt, weil es Deine Schwester ist und Du helfen möchtest (was ich absolut allumfänglich nachvollziehen kann): Lass sie los, lass sie in Liebe los. Und kümmere Dich um das, wofür Du die Verantwortung hast. Und das ist Dein Leben und Dein Wohlbefinden. Ich weiß, es ist leicht geschrieben von mir und so schwer in der Realität umzusetzen. Aber wenn Du das nicht tust, bleibt die Sucht und der Schmerz Deiner Schwester auch Deine Sucht und Dein Schmerz. Jedoch ohne das Du dagegen etwas tun könntest und ohne das Du dafür die Verantwortung trägst. Und wie Du ja selbst schreibst: Der Rest Deines Lebens wird durch die Sucht Deiner Schwester kaputt gemacht, wenn Du es zu lässt. Und genau das nicht zuzulassen, ist im Bezug auf die Sucht Deiner Schwester das einzige, was Du selbst in der Hand hast. Lass sie in Liebe los und lebe Dein Leben.

    Ist mir jetzt sehr schwer gefallen die richtigen Worte zu finden, und ich kann nur hoffen, dass es auch die richtigen waren.

    Was das "Rechtliche" betrifft, so bin ich hier kein Experte. Da Du ja aber im Norden lebst, Deine Schwester im Süden, ihr also räumlich extrem weit getrennt seid, wüsste ich jetzt nicht, welche rechtlichen Konsequenzen Dir wegen was auch immer drohen könnten. Ich meine, am Ende ginge es ja dann irgendwie um unterlassene Hilfeleistung. Würdest Du jetzt in der Wohnung Deiner Schwester auftauchen und sie in einer akuten Notsituation aufgrund ihres Alkoholkonsums vorfinden und es unterlassen z. B. den Notarzt zu rufen, dann wäre das sicher ein Problem. Du jedoch telefonierst mit ihr, Du kannst die Situation via Telefon gar nicht so exakt einschätzen. Klar, wenn Sie Dir jetzt z. B. am Telefon, sozusagen live, kollabieren würde, dann müsstest und würdest Du sicher auch handeln, sprich den Notartz anrufen. Ansonsten kannst Du ja nichts tun, Du kannst sie ja auch nicht gegen ihren Willen irgendwo einweisen lassen, zumindest so lange nicht, so lange sie noch bei Sinne ist.

    Wie gesagt, dass sind jetzt nur meine Gedanken dazu, ohne Anspruch auf Richtigkeit. Ich bin da rechtlich leider nicht so bewandert.

    Ich wünsche Dir aus tiefsten Herzen, dass Du einen Weg für Dich finden kannst. Lies Dich hier auch mal durch den Anhörigenbereich, Du wirst feststellen, dass Du nicht alleine bist, vielleicht hilft Dir das auch wenig. Alles alles Gute für Dich!

    Liebe Grüße
    Gerchla