Wovor ich aber gewaltig Angst hatte, dass muss ich wirklich so sagen, war die ganze Geschichte um das Trocken werden: "Eingeständnis, Klinik, Entzug, Therapie, für immer und ewig krank, immer Alkoholiker, Stigmata etc etc.".
Ich kann das gut nachvollziehen, mir ist es auch sehr schwer gefallen, mich mit solchen Begriffen zu identifizieren und hat noch zusätzlich eine verzweifelte Düsterkeit erzeugt. Ich würde sogar mal vorsichtig behaupten, wenn der Begriff Alkoholiker nicht so stark stigmatisiert und mit einer negativen Prognose belegt wäre, würde vielleicht manchem ein Aufhören sogar leichter fallen. (Das ist nur mein persönlicher Eindruck, der auf meiner eigenen Erfahrungen beruht und das kann vielleicht auch ganz anders laufen)
Ich hab mir immer gesagt: Wenn Du eine Sucht loswirst, dann mit Freude. Du hast keinen schweren Weg vor Dir, sondern hinter Dir. In dem Augenblick, wenn Du die Flasche stehen lässt, lässt du etwas zurück und zwar die Person, die du niemals mehr sein willst. Punkt. Geholfen haben mir dann die Podcasts von Stüben, die eine sehr positive Nachricht verbreiteten.
Am wichtigsten war für mich vielleicht, dass ich nicht mehr etwas Bestimmtes beenden, keinen Schluss mit irgendwas haben wollte - sondern ich wollte von Anfang an etwas Neues in meinem Leben beginnen. Einen anderen, neuen Weg gehen. Also nach vorne blickend sozusagen.
Diese beide Zitate drücken das auch nochmal sehr gut aus, in welche Richtung auch meine Sichtweise geht.
Ich "gebe" etwas "auf", um etwas viel besseres zu bekommen, um einen ganz neuen Weg zu gehen.
Aus meiner Erfahrung ist es nur manchmal etwas schwierig, diese "Erkenntnis" meinem Suchtgedächnis zu übermitteln, da dieses leider an den altgewohnten Bahnen festhalten will.
Ich bin deshalb auch der Ansicht wie AmSee13 , dass "nur richtig wollen", nicht ganz reicht. Einerseits steht der Wille an der ersten Stelle, anderseits wird ja gerade der Wille teilweise von der Sucht (fern)gesteuert. Mein Wille, der eigentlich den Torwächter spielen soll, wird von meinem Suchtgedächtnis korrumpiert.
Ich habe in den 30 Jahren mit Alk&Co, mehrmals Erlebnisse gehabt, wie geil es sich anfühlt, wirklich clean, wirklich nüchtern zu sein, keinen Suchtdruck zu haben, wirklich frei und ich selber zu sein. Und genau diese Suche hat mich viel mehr hochgehalten, als alles "ich müsste, ich sollte nicht, ich darf nicht wenn ich nicht bald...dann passiert mir das und das..., es ist ungesund und trallala..." In der Richtung war ich konsequent, wäre der Rausch (trotz Schäden und Kollateralschäden) besser als die nüchterne Klarheit gewesen, würde ich wahrscheinlich heute noch trinken, trotz allen Scherben und Zerbruch. Ok, bei mir haben die Scham- und Schuldgefühle, die manchmal schon teilweise nicht mehr wegzutrinken waren, direkt und auch hinterher auch ganz schön die letzten Räusche vermiest.
Es braucht halt eine Bewusstwerdung, die tief in mich geht, dass ein Leben ohne Alkohol dass bessere, echtere Leben ist. Ich finde aber die ganze Problematik insgesamt schwer zu fassen bzw. ich tue mich schwer, mein eigenes Erleben ausdrücken bzw. da einen echten Tip zu geben.
Mir haben damals auch Denkansätze aus dem Buch "Endlich Nichtraucher" von Allan Carr geholfen, dass ich in meiner Verzweiflung gedanklich auf den Alkohl umgemünzt habe (gibts auch als "Endlich ohne Alkohol", aber das hat bei mir nicht gefruchtet, zumindest hatte ich damit irgendwann mal früher keinen Erfolg)
Es brauchte halt eine Aufgabe von diesem Teil in mir, der nicht genug bekommen konnte, aber gerade das war eben schwer zu fassen bzw. selbst zu produzieren. Zumindest braucht es eine bessere (spürbare) Alternative....