Hallo Nekobasu,
nun bist du im öffentlich sichtbaren Bereich und kannst in dem Bereich auch Beiträge verfassen.
Da wir vermutlich noch nicht miteinander zu tun hatten, ich bin erst seit Ende Oktober 20 aktiv hier, stelle ich mich dir kurz vor:
Ich, inzwischen 51, kenne die Alkoholproblematik sowohl als Selbstbetroffene als auch als Tochter aus alkoholkranker Familie.
Aufgrund dessen, was mir als Tochter eines Alkoholikers von klein auf bis zum Tod meines Vaters, als ich 15 Jahre alt war, widerfahren ist, kann ich die Problematik deiner Töchter und auch deine ungefähr erahnen. Aufgrund dessen, was ich selbst über Alkoholismus in Erfahrung gebracht habe, dürfte ich dir auch etwas über deine Hoffnungsaussichten bzgl. des Vaters deiner Kinder sagen können.
Meine Jüngste ist seit einem Jahr in Therapie wegen Depressionen. Sie ist noch keine 14 Jahre alt. Sie war in der Klinik wegen aktuer Suizidgedanken. Und natürlich hat sein Verhalten die letzten Jahre einen großen Anteil daran. Er weiß das natürlich, ist sicherlich auch betroffen, aber ändern tut er nichts. Es tut mir so unglaublich weh zu sehen, wie er seine Tochter immer wieder mit runterzieht. Der Alkohol offensichtlich stärker ist als seine Liebe zu den Kindern.
Es ist schlimm, wenn Kinder in so jungen Jahren bereits einer Depressionserkrankung verfallen. Bei mir selbst wurde das damals nicht diagnostiziert, aber damals hatte man vielleicht auch nicht das Bewusstsein dafür und meine Eltern selbst waren so mit sich selbst beschäftigt, dass sie meinen Zustand gar nicht mitbekommen haben.
Triggerwarnung! Das Folgende könnte dich als Mutter triggern!
Suizidgedanken hatte ich damals auch oft und so um den Zeitraum, als sich aufgrund der Dramatik der Ereignisse ein katastrophales Ende meines Vaters anbahnte - ich spürte das damals irgendwie bzw. war mir dessen sehr bewusst - war ich selbst mir gewiss, dass ich ihm ins Grab folgen würde.
Doch zu meinem Glück fand ich zu jenem Zeitpunkt jemanden, der mir den Halt bot, den ich damals brauchte und zuhause nicht fand. Das hielt sich zwar nicht lange, weil die Person, die ich kennenlernte, aus verschiedenen Gründen, u.a. auch dass mein Vater sie mehr reingerissen hatte, als sie ahnte, mit mir als Teenager völlig überfordert war.
Mein Vater starb dann kurz darauf infolge eines selbstverschuldeten Autounfalls unter Alkohol- und Entzugsmedikations-Missbrauch. Da war ich gerade 15 Jahre alt.
So sehr mich sein Tod geschockt und gewiss auch traumatisiert hat, das, was ich für mich selbst erwartet hatte, traf nicht ein. Ich lebe immer noch, auch wenn mein Leben auch danach zweifellos nicht immer einfach war.
Deine Tochter lebt in gewisser Weise unter günstigsteren Umständen als ich damals. Ihre Depressionserkrankung ist diagnostiziert und sie befindet sich deswegen in professioneller Behandlung. Das ist unglaublich viel wert und es besteht unter anderem auch deswegen durchaus Anlass zur Hoffnung, dass, was auch immer kommt, es nicht schwarz für sie ausfällt.
Mein Vater hat seine Familie, seine Töchter daran besteht für mich keinerlei Zweifel unendlich geliebt, aber er selbst steckte so sehr in seiner eigenen Verstrickung fest, dass er seiner Alkoholsucht trotz unzähliger Versuche nicht entkommen ist.
Gesehen dürfte er durchaus haben, was er anrichtet, blind war mein Vater dafür mit Sicherheit nicht, aber den berühmten Schalter hat er, obwohl er‘s durchaus versucht hat, nicht gefunden.
Deine Tochter ist in professioneller Behandlung, daher ist davon auszugehen, dass das, was sie beschäftigt, die Fragen, Gedanken und Probleme, die sie mit ihrem Vater hat, angesprochen und vielleicht sogar geklärt werden. Was du meines Erachtens als Mutter tun kannst, ist, ihr zuzuhören und ihr ggf. die Sicherheit und Stabilität zu geben, die sie braucht.
Meine eigene Mutter konnte mir das damals nicht geben, aufgrund der Ereignisse in meiner Familie und der Verantwortung, die ich mich als Kind und Jugendliche immer wieder gezwungen sah übernehmen zu müssen (wie oft hat sie sich bei mir ausgeweint, wie oft hab ich sie vor ihm beschützt, wie oft hab ich mich in der Verantwortung gesehen, für die Familie sorgen zu müssen und Geld verdienen zu müssen?), hatte ich diesbezüglich keinerlei Vertrauen zu ihr.
Du aber lebst schon sechs Jahre getrennt von ihm und dürftest in dieser Zeit etwas aufgebaut haben, das ihr grundsätzlich das nötige Vertrauen und die Sicherheit geben kann.
Viele Grüße
AmSee
P.S.: Verrätst du uns deinen alten Nickname, damit wir, die wir noch nicht mit dir in Kontakt standen, in deinem alten Faden nachlesen können, was du schon von dir geteilt hast?