Ungeduld kenn ich. Ungeduld hat mich viele Jahre begleitet. Viel zu viele Jahre. Ich habe nach meinem Anfang, mit dem Trinken aufzuhören, angefangen, über mich und mein Leben nachzudenken. Prinzipiell bin ich eigentlich immer unglücklich gewesen. Unglücklich in meiner Kindheit, unglücklich mit meinem Leben, unglücklich wie man mich behandelt usw. usw.
Ich wollte das nicht mehr. Ich hab aufgehört zu trinken, meinen Fotorucksack gepackt und bin auf eine meiner Lieblingsinseln geflogen. Allerdings dies alles nicht mit Ungeduld. Ich hab mir Zeit gelassen.
Dann bin ich eine Woche gelaufen. Ich habe km für km zu Fuß hinter mich gebracht. Ich habe fotografiert, ich habe mich mit dem Meer unterhalten, ich habe die Natur und die Tiere beobachtet. Ich bin durch die Nächte gelaufen und habe die Städte und Häfen in der Dunkelheit fotografiert. Ich habe einheimische Lokale besucht und gut gegessen, Wasser und Cola getrunken. Espresso genossen und mich sehr wohl gefühlt. Ich lernte mich kennen. Das war ganz schön merkwürdig und einfach war es auch nicht
Heute – Jahre später – und auch weitere viele km mehr, bin ich bei mir angekommen. Ich mag mich. Ich habe kein schlechtes Gewissen mehr. Ich schäme mich nicht mehr und die Menschen mögen mich auch. Ich freue mich auf jeden neuen Tag und ich bin kerngesund, fit und guter Laune. Ich gehe bald in Rente und arbeite als freiberufliche Fotografin neben meinem Hauptjob. Es läuft die eine und andere Ausstellung und meine Aufträge sind interessant. So gehe ich gern in meinem Ruhestand, denn ich lerne immer wieder ganz tolle Menschen kennen. Ich freue mich darauf, noch lange zu leben und gesund alt zu werden. Ich bin gelassen und habe heute sehr viel Ruhe bei mir, wenn ich meinen täglichen Weg gehe.
Also, ich wünsche jedem, dass er sich auf den Weg macht, um sich selbst kennen zu lernen. Es lohnt sich.
LG von Betty