auch morgen

  • Auch morgen werde ich mich darüber freuen, dass ich nicht mehr saufen muss.
    Es gibt Entscheidungen im Leben, die Weichen für ein besseres Dasein stellen. M. E. gehört die Entscheidung für ein Leben ohne Suff dazu. Und zwar ganz weit vorn.

    Vor längerer Zeit hat einmal ein allgemein als trockener Alkoholiker bezeichneter Forumsschreiber dargelegt, dass er seine Abstinenzentscheidung in regelmäßigen Abständen überprüft.
    Schon damals dachte ich: Was ist das für ein hanebüchener Blödsinn. Was gibt es an einer wirklich guten Entscheidung zu überprüfen? Und dann auch noch regelmäßig? Was ist das für eine Abstinenzentscheidung, bei der man vornherein einkalkuliert, sich zu einem späteren Zeitpunkt zum zweiten Mal bzw. zum ersten Mal bewusst für etwas zu entscheiden, das sich im eigenen Erleben als schlecht erwiesen hat?
    Dieser Satz des Mitglieds hat mich nie losgelassen.
    Ich habe ihn bis heute nicht verstanden.

    Es ist oftmals sehr schwer, aus einer Sucht auszusteigen. Und wenn man es dann tatsächlich geschafft hat, sollte m.E. alles Sinnen und Trachten darauf gerichtet sein, dieses neue Leben zu verteidigen. Die ständige Überprüfung der diesem Leben zu Grunde liegenden Entscheidung ist m.E. ebenso kontraproduktiv wie das ständige Zurückblicken auf die vermeintlich schönen Zeiten des Alkoholikerlebens. Vieles mag schön gewesen sein, doch war es das nur auf Zeit. Irgendwann war es vorbei bzw. irgendwann wurden die Schattenseiten der Sucht immer belastender, so dass der Wunsch zum Ausstieg erwachte.

    Auch ich blicke zurück, ich tue es auch morgen. Aber ich blicke nicht wehmütig zurück, sondern voller Freude darüber, dass mir der Ausstieg gelungen ist. Und in blicke dankbar zurück, weil ich wieder frei bin und kein Sklave der Sucht mehr sein muss.

    Katro

  • Moin. moin -

    der erste Groll ist durch Überschlafen verflogen und ich werde versuchen, möglichst sachlich auf Deine Beleidigung zu antworten:
    Also, lieber katro: Nur weil Du etwas nicht verstehst, ist es noch lange "kein hanebüchener Unsinn"!
    Um es dialektisch auszudrücken:
    Wann immer sich die Antithese bei einer Entscheidung verändert oder verändern könnte, sollte dieses Anlass sein, neu zu überlegen und ggf. neu zu entscheiden. Tut man das nicht, gerät man leicht in das Fahrwasser von Dogmatismus oder wie Du das für Dich formuliert hast "Sturheit". Um ein vielleicht plausibles Beispiel aus einem ganz anderen Zusammenhang zu bemühen: Vor dreißig Jahren gab es möglicherweise ausreichend gute Gründe für die "friedliche" Nutzung der Atomenergie - spätestens nach der japanischen Reaktorkatastrophe haben sich These und Antithese so verändert, dass zumindest in der BRD die damalige Entscheidung überprüft und glücklicherweise modifiziert wurde ...
    Bezogen auf meine Abstinenzentscheidung bedeutet dass:
    Sollte sich irgendwann einmal herausstellen, dass es für mich einen Weg gibt, Alkohol wieder genussvoll und kontrolliert zu konsumieren, ohne dass ich meinem Körper und meiner Seele Schaden zufüge, warum sollte ich dann meine seit nunmehr sechs Jahren ununterbrochen geltende Abstinenzentscheidung nicht revidieren? Ich bin Realist und erwarte eher keine gravierenden psychologischen oder pharmakologischen Durchbrüche in Bezug auf die Bekämpfung von stoffgebundenen Suchterkrankungen - aber wer weiß ... ?
    Da ich nicht zu der Fraktion gehöre, die den wertneutralen chemischen Stoff Alkohol per se verurteilt, nicht durch meine Abstinenzentscheidung zum Abstinenzler geworden bin und kein genereller Alkoholverteufeler geworden bin, finde ich es legitim, gelegentlich zu überprüfen, ob es für mich immer noch nicht in Frage kommt, gelegentlich Alkohol zu konsumieren. Die bisherige Antwort war jeweils ein klares und entschiedenes NEIN! Ich kann weder genussvoll noch kontrolliert konsumieren - ich kann nur saufen! Konsequenz für mich: Weiterhin alkoholabstinent zu leben und das GLÜCKLICH UND VOR ALLEN DINGEN Z U F R I E D E N !
    Ein weiterer Aspekt für eine regelmäßige Entscheidungsüberprüfung liegt darin begründet, dass das menschliche Gehirn dazu neigt, erfahrene Traumata so zu verarbeiten, dass die gemachten, fürchterlichen Erfahrungen langsam aber sicher aus dem Bewußtsein herausverlagert werden - eine normale und überlebenswichtige Strategie. Mindestens die letzten eineinhalb Jahre meiner Alkoholikerkarriere waren traumatisch - Details erspare ich Dir / Euch an vorerst dieser Stelle. Mein Ritual, mir zeitnah zu dem Jahrestag meiner Selbsteinweisung in die Entgiftung, diese traumatischen Situationen und Gefühle intensiv in Erinnerung zu rufen, bewahrt mich auf sicher davor, einmal wie so viele Langzeittrockenen völlig unvermittelt in die Rückfall-Falle zu tapsen. Durch diese Erinnerungsarbeit neigt sich meine Entscheidungserneuerungs-Waage nämlich nicht Stück für Stück in Richtung "War doch eigentlich alles gar nicht so schlimm ... " oder in die Richtung "Nüchtern betrachtet, war es doch besoffen eigentlich viel schöner ..."
    Langer Rede kurzer Sinn:
    Bevor ich anderen unterstelle, hanebüchenen Unsinn von sich zu geben, versuche ich immer erst, den Perspektivwechsel zu vollziehen und zu allererst meine Position zu überdenken ...
    ob ich dann anschließend beleidigend werden muß, halte ich für fragwürdig!

    Beste Grüße
    keppler

  • Hallo Keppler,

    erst einmal Danke für dein Feedback. Es ist dir gelungen, dabei nicht beleidigend zu werden.
    Umgekehrt wollte ich auch dich nicht beleidigen, sondern einfach nur mein grenzenloses Unverständnis äußern. Ich habe lange über deinen Satz mit der „Überprüfung des Abstinenzentscheidung“ nachgedacht. (Mehr Information als die, dass ein langjährig überzeugt trocken lebender Alkoholiker seine Entscheidung ständig überprüft, hatte ich nicht.) Dass jemand, der ein glückliches alkoholabstinentes Leben lebt, dieses wieder aufgeben würde, wenn es ihm möglich wäre, gefahrlos genussvoll Alkohol trinken zu können, auf diesen Zusammenhang bin ich nicht gekommen.

    Also scheint auch dir in deinem abstinenten Leben etwas zu fehlen. Und über genau das sollte in einem Forum oder in Gruppen oder zwischen Suchttherapeuten usw. diskutiert werden. Irgendetwas stimmt da nicht in der Therapie der Süchtigen bzw. in dem allgemein propagierten Vorgehen beim Suchtausstieg. Wenn das Thema Alkohol -und zwar in der Form, ihn wieder genussvoll trinken zu wollen- durch einen therapierten Kopf geistert, ist das für mich befremdlich.
    Ich mache solche Dinge immer an meiner ersten Sucht, dem Rauchen, fest. Ich käme heute nie auf die Idee, mir Gedanken darüber zu machen, ob ich irgendwann einmal wieder genussvoll rauchen kann.
    Das Thema ist abgeschlossen. Es ist viel zu schön, das Leben pur zu leben.
    Genauso beim Saufen. Ich käme nie auf die Idee, irgendwann mal wieder einen Rausch haben zu wollen. Das Thema ist durch.
    Und wieder kann ich nur sagen: Es ist viel zu schön, das Leben wieder pur zu erleben.

    Was ist es also, das einen Menschen, der sich für ein alkoholabstinentes Leben entschieden hat, immer wieder darüber nachdenken lässt, diesen Zustand zu ändern? Ich kann mir nicht helfen, aber ich habe das Gefühl, dass für einen solchen Menschen der Alkohol noch immer ein viel zu großes Gewicht hat.
    Sollte das so sein, ist der Ausstieg aus der Sucht letztendlich noch nicht komplett vollzogen.

    Das ist meine und hoffentlich nicht beleidigend ausgedrückte Meinung.

    V.G.
    Katro

  • Katro, ich finde das nicht gut... nee, nee, nee....

    Wieso behauptest Du, jemand wäre (noch) nicht geheilt, nur weil er an Alkohol denkt? Und wieso meinst Du, dass Dein Blickwinkel der einzig richtige ist?... "Traue den Leuten, die die Wahrheit suchen und zweifle an denen, die sie gefunden haben." sinngemäß solch einen Spruch gibt es - und ich möchte ihn hier zitieren, weil ich Deine Ansicht für etwas dogmatisch halte... Sorry, Katro. Du weißt, dass ich Deine querdenkerische Art und Weise schätze, aber dennoch hat Dein letzter Post wieder so einen bitteren Beigeschmack...

    Ihr könnt von mir denken, was Ihr wollt und meine Meinung für überzogen halten... doch ich bin der festen Überzeugung, dass aufgrund der gesellschaftlichen Umstände ein Alkoholiker immer wieder seine Entscheidung in Frage stellt, da er extremst mit Alkohol konfrontiert wird. Ständig, täglich, überall... von daher halte ich den Vergleich mit dem Rauchen auch nicht für logisch, da das Rauchen verpöhnt ist. Manchmal wird man als Raucher angeschaut als hätte man die Heroinnadel in der Hand. Nirgendwo ist Rauchen erlaubt. Rauchen ist so was von uncool geworden. Niemand bietet dir eine Zigarette an, kein Schwein raucht mehr in Filmen (außer die Staatsanwältin im Münster Tatort), Zigarettenwerbung ist verboten usw... Mit Alkohol wirst Du immer konfrontiert: im Film, in der Werbung, im Supermarkt, an der Tankstelle, auf öffentlichen Plätzen, in der Arbeit, in der Freizeit, im Restaurant, ÜBERALL... Das ist ein Faktor, der einfach nicht zu unterschätzen ist... Es gehört "offensichtlich" zum "normalen Leben" dazu. Jeder trinkt. Wer gar nicht trinkt, ist eine Ausnahme oder vielleicht ein strenggläubiger Mensch - egal welcher Richtung. Man ist als Abstinenzler ein Exot. Rauchst du nicht (mehr), hast du eigentlich keinen Grund, wieder mit der Droge zu liebäugeln... du bist nicht permanent mit diesem Stoff konfrontiert (außer natürlich dein halber Bekanntenkreis raucht).

    Wenn ich abhängig vom Spielen an Geldautomaten bin, dann kann ich einen großen Bogen machen. Nirgendwo werde ich verführt. Wenn ich heroin- oder kokainabhängig bin, ebenso.. ich bekomme das Zeugs nicht an der Tankstelle, in der Apotheke oder auf Partys. Normalerweise jedenfalls nicht. Wenn ich Essprobleme habe, dann ist das ein fettes Problem, da Essen ein Grundbedürfnis ist. Wahrscheinlich die schlimmste Krankheit, da hier ein kontrollierter Umgang lebensnotwendig ist. Alkoholismus ist aber aus den oben genannten Gründen ziemlich heftig...

    Außerdem bin ICH der Meinung (diese Meinung muss niemand teilen!), dass der Mensch nicht nur ein Recht auf Rausch hat, sondern eine tief verwurzelte Sehnsucht danach. Alkohol ist die Volksdroge Nr. 1, das weiß jeder. Aber warum? Ganz einfach: Es gibt keine Droge, die billiger, leichter zugänglich, gesellschaftlich geschätzter, intensiver beworben und zuverlässiger in der recht schnellen Wirkung ist.

    Liebe Grüße
    Pinguin

    „Erfolg ist nicht auf Erfolg aufgebaut. Er ist auf Fehlern aufgebaut. Er ist auf Frustration aufgebaut. Manchmal ist er auf Katastrophen aufgebaut.“

  • Hallo Pinguin,

    es geht hier nicht um das Suchen nach einer Wahrheit, sondern um die Frage, wie wir mit der von uns allen gemachten Erfahrung umgehen, dass uns das Saufen langfristig nicht gut tut.

    Da gibt es m.E. nur zwei Möglichkeiten. Entweder wir entscheiden uns dazu, einen Weg zu gehen, in dem der Alkohol -zumindest in der bisher verwendeten Form- keinen Platz mehr hat. Oder wir akzeptieren, dass der Alkohol weiterhin unser Leben bestimmt.

    Was interessiert es mich, ob eine Droge allgemein verpönt ist oder nicht? Sie tut mir nicht gut. Also werde ich sie für mich verpönen.

    Ich bin oft in Südeuropa. Da wird noch viel geraucht. Wenn ich das sehe, freue ich mich, dass ich das nicht mehr tun muss.
    Wenn Menschen in der Öffentlichkeit trinken, freue ich mich, dass ich das weder in der Öffentlichkeit, noch im Geheimen mehr tun muss.
    Ich freue mich über meine wiedererlangte Freiheit.

    Ich habe mich entschieden.

    Jeder von denen, die im Restaurant, in der Freizeit, auf öffentlichen Plätzen usw. trinken, läuft Gefahr, irgendwann -wenn er Pech hat- dasselbe durchzumachen, was wir durchgemacht haben oder noch immer durchmachen. Nein Danke, dieses Risiko brauche ich nicht mehr.
    Und wenn es für ihn nicht so weit kommt. Was solls? Muss ich dann neidisch sein? Ich habe doch genug Räusche erlebt. Haben sie mich zum glücklichsten Menschen aller Zeiten gemacht?

    Vielleicht habe ich das Recht auf einen und auch eine Sehnsucht nach einem Rausch. Deshalb tue ich auch alles dafür, dass ich ein glückliches Leben führen kann. Das berauscht schon ganz ordentlich. Und ich bekomme jede einzelne Sekunde mit.

    Was für einen Wert hat eine Entscheidung, die ich immer wieder in Frage stelle?
    Warum soll ich darüber nachdenken, ob oder wie ich den Alkohol gefahrlos wieder in mein Leben integrieren kann, wenn ich doch einen Weg gesucht und gefunden habe, wie ich subjektiv besser und glücklicher als zuvor leben kann?
    Einfach das Alte loslassen.
    Ist das dogmatisch oder vielleicht einfach nur pragmatisch?

    V.G.
    Katro

  • Lieber Katro,

    dankeschön für Deine erneuten Ausführungen zu Deiner Sucht.

    Du schreibst:

    "Ich versuchte erst gar nicht, die Sache zu überhöhen, indem ich die Psychologie bemühte..." und

    "Ich bin nicht krank. Ich muss nicht mein ganzes Leben in Frage stellen oder ändern."

    Da hast Du ziemlich viel Glück gehabt. Viele Menschen trinken oder haben getrunken, weil sie psychische Probleme haben. Ich selbst sehe meine Sauferei als gescheiterten Selbstheilungsversuch. Von daher ist es für mich persönlich sehr wichtig und effektiv, mein Leben in Frage zu stellen und zu ändern. Für mich selbst reicht es nicht, nur irgendetwas wegzulassen. Die Sucht ist Teil meiner Persönlichkeit. Ich kann sie nicht aus mir herausschneiden. Es ist eine Struktur, die ich nicht vernichten kann, nur transformieren. Und daran arbeite ich. Auch morgen.

    Liebe Grüße von
    Pinguin

    Einmal editiert, zuletzt von Pinguin (5. November 2013 um 18:56)

  • Zitat

    Traue den Leuten, die die Trockenheit suchen und zweifle an denen, die sie gefunden haben


    Leicht abgewandelt ;D, aber total falsch.

    Zitat

    dass aufgrund der gesellschaftlichen Umstände ein Alkoholiker immer wieder seine Entscheidung in Frage stellt


    Dann bin ich wahrscheinlich die Ausnahme, denn meine Entscheidung zur Abstinenz steht und wird nicht in Frage gestellt.
    Klar drehen sich meine Gedanken um meine Krankheit, die mit dem Alk verbunden ist, sonst wäre ich auch nicht hier im Forum, aber nicht im Sinne des Nachtrauerns. Ich habe die Menge an Alk bereits für mein restliches Leben getrunken und das wars.
    Loslassen können - auch des Alkohols - ist eine Kunst, daran arbeiten manche, ich auch ein Leben lang.
    LG Gerd

  • Hallo Pinguin,

    du schreibst: Die Sucht ist Teil meiner Persönlichkeit. Ich kann sie nicht aus mir herausschneiden. Es ist eine Struktur, die ich nicht vernichten kann, nur transformieren.

    Mir ist in den letzten Tagen und durch Kontakte in einem anderen Forum insbesondere in den letzten Stunden einiges klar geworden.
    Ich glaube nicht, dass ich nach meiner Entscheidung, nicht mehr zu saufen, einfach nur etwas weglassen musste. Es war anders und es passierte gleichzeitig in Kopf und -ich weiß nicht, wie ich dieses Andere benennen soll- Seele vielleicht?

    Alles nahm seinen Anfang beim Rauchstopp. Hier hatte ich nach drei Monaten einen Rückfall. Und dieser Rückfall war m. E. notwendig, damit ich nicht nur erkennen konnte, sondern auch fühlen durfte, dass das, was ich mir von der Droge versprach, ausschließlich auf Lug und Trug basiert. Nach diesem Rückfall wusste ich ganz tief in meinem Inneren, dass mein Leben besser und schöner sein wird, wenn ich mich vom Nikotin verabschiede.

    Sucht mag Teil der einen oder anderen menschlichen Persönlichkeit sein. Wahrscheinlich auch Teil der meinen. Seit dem Rauchstopp kam aber neben diesem Teil ein anderer Teil meiner Persönlichkeit zum Vorschein. Und dieser Teil wollte kein künstliches Wohlbefinden, kein künstliches Glück mehr. Dieser Teil konnte darüber hinaus aufgrund der vorangegangenen Erfahrung des Rückfalls fühlen, dass es ihm besser gehen würde, wenn er aus dem Kreislauf Gier-Rauchen-Gier-Rauchen-Gier usw. usf. aussteigt.

    Ich habe bislang gedacht, dass es einfach diese Erfahrung und die daraus resultierende begründete Entscheidung war, die mir den Ausstieg aus der Alkoholsucht so leicht gemacht hatten. Das ist sicherlich auch richtig. Hinzu kommt jedoch, dass die Rauchstopperfahrung dazu geführt hatte, dass ich mich zu verändern begann.
    Ich wurde selbstbewusster.
    Die Gier, ständig etwas Neues erleben zu wollen, das Erlebte dann abzuhaken und wieder Gier auf Neues zu empfinden, wich einer immer stärker werdenden Gelassenheit. Ich begann, schöne Momente auszukosten und nicht sofort an den nächsten schönen Moment zu denken, hinter dem ich herjagen konnte.
    Ich begann im Jetzt zu leben.

    Ich weiß noch nicht, ob es wirklich stimmt. Aber ich glaube, dass ich mich in den fast fünf Jahren zwischen Rauch- und Saufstopp so veränderte, dass ich den Alkohol ab einem bestimmten Zeitpunkt gar nicht mehr brauchte, obwohl ich ihn noch wegsoff.

    Wenn das stimmt, ist Sucht kein so prägender Teil einer Persönlichkeit, dass er nicht von anderen Teilen der Persönlichkeit überlagert bzw. verändert werden kann.
    Und das lässt hoffen.

    Ich beobachte mich weiter.

    V.G.
    Katro

    P.S.: Was ist mit meinem Text passiert, auf den du dich beziehst. Und warum steht dein Text unter meinem Avatar?

    Hallo Gerd,

    ich denke, dass du keine Ausnahme bist.
    Auch wenn meine Entscheidung nicht die der Alkoholabstinenz, sondern die des maßvollen Gebrauchs des Stoffes ist, ist sie endgültig und wird nicht diskutiert. Ich brauche den Rausch nicht mehr. Und ich will den Rausch auch nicht mehr.

    V.G.
    Katro

    Einmal editiert, zuletzt von katro (5. November 2013 um 21:45)

  • P.S.: Was ist mit meinem Text passiert, auf den du dich beziehst. Und warum steht dein Text unter meinem Avatar?

    Lieber Katro,

    auf Deine neuen Ausführungen möchte ich gerne noch ein bisschen eingehen, aber habe gerade wenig Zeit. Nur ganz kurz: was meinst Du mit dem, was Du im PS geschrieben hast? Das klingt nach einem technischen Problem? Ich verstehe gerade nicht... Mein Text steht unter Deinem Avatar? Also ich kann da nichts sehen.... grübel.....

    „Erfolg ist nicht auf Erfolg aufgebaut. Er ist auf Fehlern aufgebaut. Er ist auf Frustration aufgebaut. Manchmal ist er auf Katastrophen aufgebaut.“

  • Ach Gott, jetzt sehe ich das auch!!! Krass! :o

    Wie geht denn das? Also, ich dachte, ich hätte die Zitat-Funktion genutzt.... Habe ich etwa die Ändern-Funktion benutzt? Nein, bitte nicht! Aaaaaaaaaaaaaaaaaaaaah!

    Katro, ich hoffe, Dir fehlt kein Text.

    „Erfolg ist nicht auf Erfolg aufgebaut. Er ist auf Fehlern aufgebaut. Er ist auf Frustration aufgebaut. Manchmal ist er auf Katastrophen aufgebaut.“

  • Lieber Katro,

    es tut mir ganz arg leid für die Verwirrung. Ich muss mich jetzt wirklich schämen. :-[ Es sieht alles danach aus, dass ich mich tatsächlich verklickt habe und anstatt "Zitieren" den Button "Ändern" gewählt habe.... Das ist mir jetzt unsagbar peinlich.... :( Gerade nun im Moment verfluche ich meine Admin-Rechte. Denn hätte ich diese nicht, dann könnte so etwas nicht passieren.... Wie kann ich das wieder gut machen??? Mensch, das ärgert mich jetzt.... :(

    Ich kann nur versprechen, dass das nie wieder vorkommt - bei Dir nicht und bei keinem anderen. In Zukunft werde ich gaaaaanz langsam, vorsichtig und bedächtig die Knöpfchen drücken....

    Liebe Grüße
    eine verstörte Pinguini

    „Erfolg ist nicht auf Erfolg aufgebaut. Er ist auf Fehlern aufgebaut. Er ist auf Frustration aufgebaut. Manchmal ist er auf Katastrophen aufgebaut.“

  • Liebe Pinguin,

    kein Grund für Verstörung oder Hysterie.
    Wie bereits in anderem Zusammenhang geschrieben: Gelassenheit hilft.

    Liebe Grüße
    Katro

  • Oh danke, lieber Katro.... danke, dass Du nicht sauer bist. Es ist so schade um Deinen guten Text.... Ich versuche jetzt erst mal, gelassen zu sein.... ich versuche es.... :)

    „Erfolg ist nicht auf Erfolg aufgebaut. Er ist auf Fehlern aufgebaut. Er ist auf Frustration aufgebaut. Manchmal ist er auf Katastrophen aufgebaut.“

  • Am 5. November endeten eineinhalb Jahre, in denen ich mir keinen Alkoholrausch mehr antrank. Jetzt nehme ich die Zweijahresmarke in Angriff, denn auch morgen will ich das Leben ungefiltert erfahren können.

    Ich bin fest davon überzeugt, dass es nicht in erster Linie die Entscheidung gegen den Alkohol bzw. für die Abstinenz ist, die den Weg zu einem zufriedenen suchtfreien Leben bereitet, sondern die Entscheidung, das Leben mit all seinen Höhen und Tiefen (wieder) pur an sich heran zu lassen bzw. ihm mit allen Sinnen zu begegnen.
    In ein solches Lebenskonzept passt kein alkoholbeduselter Kopf.

    Wenn ich dem Alkohol nur deshalb abschwöre, weil ich mit den Nachteilen nicht leben mag, laufe ich Zeit meines Lebens Gefahr, rückfällig zu werden, weil mir diese Nachteile irgendwann nicht mehr bewusst sind oder weil ich nach längerer Zeit der Abstinenz mich zu überschätzen anfange und mehr und mehr zu der Überzeugung gelange, kontrolliert trinken zu können.
    Ich weiß zwar, dass ein kontrolliertes Trinken möglich ist. Schließlich praktiziere ich es. Ich glaube aber nicht, dass es Menschen ohne weiteres möglich ist, nach einer Abstinenzentscheidung auf ein kontrolliertes Trinken überzugehen. M.E. passt das nicht zusammen. Wer sich für Abstinenz entscheidet, kann diesen Zustand m.E. nur dann ein Leben lang durchhalten, wenn er ihn als besten aller möglichen Zustände empfindet. In ein solches Empfinden passt dann aber auch nicht mehr das kleinste Quäntchen Alkohol, ohne dass sich im Kopf eine Schraube in Bewegung setzt, die das Denken in die Richtung „Alkohol ist etwas Tolles“ dreht.
    Wenn ein abstinent lebender Mensch den Alkohol wieder in sein Leben lässt, stellt er m.E. gewollt oder unbewusst den Zustand der Abstinenz als bestmöglichen aller Zustände in Frage. Er belügt und betrügt sich dann noch eine Weile, indem er sich vormacht, dass er kontrolliert trinkt. Letztendlich trinkt er jedoch, weil er das alte positive Gefühl des Rausches wiederhaben will.
    Und das ist der Anfang von Ende.

    Ich sehe das so: Ich entscheide mich nicht gegen etwas, nämlich den Alkohol, sondern für etwas, nämlich ein Leben, das ich nur mit klaren Kopf als lebenswert empfinden kann. Wenn das meine ehrliche Empfindung ist, besteht kein Grund, die Basis zu verändern, die dieses lebenswerte Leben möglich macht.
    Dann bleibe ich bei meiner Entscheidung, die Abstinenz oder Rauschfreiheit oder weiß der Geier was heißt.

    Katro

  • Ich sah mir gestern auf Youtube einen Vortrag zum Thema Sucht an.

    Der Redner bezeichnete den Rausch als kurzzeitige Geisteskrankheit.
    Da ist m.E. durchaus etwas dran.

    Ebenso frustrierend wie gleichzeitig mit Aufforderungscharakter versehen ist die folgende Bemerkung: Mit der Vorgabe “null Alkohol“ erreicht man vielleicht 10% der Abhängigen.

    Oder Folgendes: Kontrolliertes Trinken kann eine Initialzündung für ein weiteres Vorgehen des Abhängigen gegen seine Sucht sein.

    Was man sich wirklich hinter die Ohren schreiben sollte, sind m.E. die folgenden Sätze:

    Die Ãœberwindung der Sucht ist nicht das Nicht-Mehr-Trinken, sondern das Durchlaufen von Reifungsprozessen.

    Wir müssen der Verlockung der Sucht etwas Schöneres entgegen setzen.

    Insbesondere der letzte Satz macht m.E. deutlich, dass es von uns -und zwar ausschließlich von uns- abhängt, ob wir vom Alkohol loskommen. Es gibt m.E. immer und für jeden Schöneres als das künstliche Glück aus der Flasche oder die künstliche Beruhigung aus der Flasche oder, oder, oder.

    Man muss nur aktiv werden.
    Nicht nur heute, sondern auch morgen.

    Katro

  • *nickt* .. vor allem das Durchlaufen von Reifungsprozessen, was im Grunde wirklich nur von einem selbst kommen kann, aufgezwungene Reifungsprozesse machen stur und bockig.

    Hätte mir vor vier Wochen ein Arzt gesagt, "Sie müssen aufhören sonst sterben sie schneller als sie gucken können." .. hätte ich sicher nicht so einfach das Bier stehen lassen können. Auch mit Therapie wäre das vermutlich nicht so einfach gewesen. Warum? Weil es nicht in mir drin gewesen wäre.

    Der Satz mit dem "Wir müssen der Verlockung der Sucht etwas Schöneres entgegen setzen." stimmt zwar indirekt auch, aber mir gefällt das "muss" nicht. Alles was ein "muss" beinhaltet hat für mich einen negativen Beigeschmack. Wenn man nur denkt "Du MUSST was anderes finden, damit du nicht ständig an Alkohol denkst", ist man dann innerlich so weit aufzuhören, wie oben gesagt?

    Ich glaube nicht.

    LG, Hups

  • Hallo Hups,

    ich sehe das mit dem „du musst“ gar nicht so negativ. Ich sehe es eher in dem Sinne von „Du hast dieses Schöne in dir. Oder auch: Dieses Schöne ist direkt vor deiner Nase. Du kannst es nur augenblicklich nicht sehen, weil dir die Sucht die Sicht auf die Dinge versperrt. Deshalb musst du dir dieses Schöne bewusst machen bzw. ihm Gehör verschaffen. Denn auf der anderen Seite zögert die Sucht nicht eine Sekunde, sich mit absoluter Lautstärke eine Aufmerksamkeit zu verschaffen, die ihr überhaupt nicht zusteht.“

    V.G.
    Katro

  • Ok, das nimmt dem "Muss" ein wenig die Schärfe, da es dann ja in der Tat ein "Muss" sein muss (;)), um überhaupt vor die "laute" Sucht hörbar treten zu können.

    Aber so weit muss (und schon wieder dieses Wort) man halt erst mal kommen, das darf einem nicht von Außen eingetrichtert werden.

    Als allgemein gültiger Satz wäre da schöner: "Wir sollten versuchen, der Verlockung der Sucht etwas Schöneres entgegenzusetzen." Aber das ist nun Haarspalterei, beißen wir uns nicht an dem Wörtchen fest, was vielleicht ja nur mir leicht bitter aufstößt :)

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