• Auf jeden Fall ist auf die Frage: Wie geht es so? Schnell mit „geht schon, alles soweit okay „

    geantwortet und spart erfahrungsgemäß Nachfragen.

    Naja, nach meiner Erfahrung und Beobachtung wollen die Leute, die diese Frage „Wie geht’s so?“ stellen, in der Regel keine ehrliche, tiefergehende Antwort. „Wie geht’s so?“ scheint eher so ne Floskel zu sein. Deswegen antworte ich auf eine solche Frage meist recht allgemein, es sei denn meinem Gegenüber ist anzumerken bzw. ich weiß es, dass er/ sie wirklich an mir und meinem Befinden interessiert ist.

    Deinen Kindern abzusagen, wenn du nicht kannst, weil du sie und dich schützen willst, ist meines Erachtens durchaus eine Art Selbstschutz, egal ob du’s bewusst oder unbewusst tust. Nach meiner Erfahrung tut es mir selbst unglaublich weh und feuert zusätzlich meinen sogenannten Inneren Kritiker (ich könnte ihn manchmal auch Fleischer nennen) an, wenn ich mich die Enttäuschung und mehr in den Gesichtern sehe, wenn ich gegen meine eigenen Bedürfnisse und Empfindungen in eine Situation begebe, die mich eigentlich gerade völlig überfordert.

    Viele Grüße
    AmSee

    Du kannst nicht zurückgehen und den Anfang ändern,
    aber du kannst jetzt neu anfangen und das Ende ändern.

  • Mir sind Deine ganzen Posts mal so durch den Kopf gegangen - und sie haben mich so ein bißchen an mich selbst erinnert, als ich noch getrunken habe. Und an andere Betroffene, die ich in meiner Tätigkeit bei der Suchtselbsthilfe kennengelernt habe.

    Es scheint so, als wolltest Du durch Deine vielen Posts und Dein "Helfersyndrom" Dich und Deine Umgebung von Deinem Alkoholproblem ablenken.
    Zwischendurch schreibst Du, versteckt zwischen etlichen anderen Posts, der Alkohol würde Dir bei Deinen Depressionen helfen. Du weisst ganz genau, dass dem nicht so ist - aber es ist eine prima Rechtfertigung. Den anderen gegenüber - aber auch Dir selbst gegenüber.

    Wenn ich Eines in den letzten 15 Jahren gelernt habe, dann, dass man gegen echte Depressionen nicht ankommt, wenn man nicht vorher gegen die Suchterkrankung angeht!
    Egal, ob Alkohol oder irgendwelche Medikamente oder andere (illegalen) Psychopharmaka - sie bestärken die Höhen und Tiefen nur und schaukeln die Amplituden nur auf.
    Und bei Vielen (nicht Allen!) hat sich herausgestellt, dass sie, nachdem sie trocken/clean wurden, keine Depressionen mehr hatten (so bei mir geschehen) oder zumindest in wesentlich geringerem Ausmaß, welches sich dann in trockenem/cleanem Zustand sehr viel leichter in den Griff kriegen lies!

    Vielleicht - ist nur ein gut gemeinter Rat von mir - liest Du Dich hier ein und schreibst Deine Gedanken dazu nicht "wild" in allen Threads durcheinander auf, sondern gesammelt/geordnet in einem Thread (z.Bsp. hier in Deinem)?

    Und wenn WIR Dir Tipps und Hinweise geben, dann beruhen sie auf unseren Erfahrungen, die wir auf unseren Wegen in die Trockenheit gemacht haben. Hier will Dir niemand etwas Böses!
    Aber man merkt oft, dass Du entweder noch keine entsprechende Erfahrung gesammelt hast (z.Bsp. Dein Post zum Thema Notfallkoffer)und/oder auch schreibst, nachdem Du schon das eine oder andere Glas getrunken hast.

    Nochmal: Hier will Dir niemand etwas Böses! Im Gegenteil!

    Was ich im Übrigen von Dir noch nirgend gelesen habe: Hast Du irgendwelche KONKRETEN Pläne, wie Du weiter vorgehen willst? Entgiftung? Therapie? Selbsthilfegruppe? Oder die Münchhausen-Methode (am eigenen Schopf aus dem Sumpf ziehen)?

    Gruß
    Greenfox

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

    Einmal editiert, zuletzt von Greenfox (15. Dezember 2022 um 19:30)


  • Jetzt habe ich das Gefühl auch noch Euch zu enttäuschen...fühlt sich mies an.

    Hallo Rainbow,
    mach dir keine Gedanken darum, mich oder andere hier zu enttäuschen.

    Ich selbst und auch die anderen Nutzer hier kennen das zu gut aus eigener Erfahrung, wie das ist, wenn man säuft. - Ich wähle mal ganz bewusst den Ausdruck „säuft“, weil der meines Erachtens am besten das beschreibt, was los ist.



    Leider war Weihnachten nie meine Stärke, die Anforderungen zu funktionieren erscheinen mir
    riesig.

    Alles Ausreden, ist mir bewusst....aber so ist es mit dem Suchtgedächtnis ....

    Du musst mir oder den anderen gegenüber auch nicht begründen oder rechtfertigen, warum du säufst. Solche Argumente oder Ausreden sind mir und auch den anderen Nutzern hier nicht unbekannt. ;)

    Ich bin auch nicht enttäuscht, wenn du weiter trinkst, weil das allein DEINE Entscheidung ist. Wie ich dir schon schrieb:

    WIR können dich nicht trocken legen, das kannst nur du selbst. Wir können dir lediglich Hilfe zur Selbsthilfe geben.

    Ob du diese Hilfe annimmst oder nicht, ist und bleibt allein deine Entscheidung.


    Und was das „Funktionieren“ während dieser Weihnachtszeit betrifft: Ich kenne solche Gedanken nur zu gut, durfte mich inzwischen aber endlich davon lösen. Du „musst“ überhaupt nichts. Und glaub mir, die Welt bricht nicht zusammen, wenn du ausfällst, sondern läuft einfach irgendwie weiter.


    Wenn ich deine bisherigen Posts richtig verstanden habe, so vermute ich, dass du dich nun erst wirklich deinem Problem stellst oder stellen willst und etwas gegen dein Problem unternehmen willst. Du hast dir einen „Notfall-Koffer“ gepackt, damit du nicht mehr in die Situation kommst, wegen Alkohol in die Notaufnahme zu kommen. Noch trinkst du, aber du möchtest eigentlich gerne aufhören.


    Wenn DU nun tatsächlich mit dem Trinken aufhören willst, weil DU das für DICH willst, dann stellt nun in der Tat die Frage nach deinen konkreten Plänen.

    Freundliche Grüße
    AmSee

    Du kannst nicht zurückgehen und den Anfang ändern,
    aber du kannst jetzt neu anfangen und das Ende ändern.

  • Liebe AmSee und Wolfsfrau,

    ich Danke Euch für all Eure lieben Worte. Ich fühle mich hie leider nicht wohl.
    Das liegt nicht an Euch.

    Ich wünsche Euch alles Liebe.

    Rainbow

  • Hallo liebe Rainbow,

    mir kam eben ein Gedanke zur Dringlichkeit, mit der einige Erfahrene
    Dich auf nötige Schritte, konkret für Deine Abstinenz zu handeln, hinweisen.

    Vorweg gesagt:
    Ehe ich mich einer Veränderung nicht gewachsen fühle, erschlägt mich
    jeder Appell. Vor allem, weil mein eigener Anspruch, "es hinkriegen zu
    müssen", ohnehin alle Kräfte unter sich begräbt. Viel zu groß ist das
    Unbekannte (Neue) und mir als schädlich Bekannte (Drin-hängen-bleiben).

    Mein Umgang mit an mich gerichteten Aufforderungen / Pläne vorzeigen ...
    hat sich erneuert, seit mir klar ist: Niemand verlangt von mir das Ergebnis!
    Ich muss jetzt nicht schon können und wissen, wie "es" morgen anders ist.
    Nicht ich muss die Änderung können.

    Es genügt, bereit zu sein, mich erstmal von der Notwendigkeit meiner alten
    Selbstgenügsamkeit (nur so behalte ich die Kontrolle über mich und alle
    Gefühle) loszusagen, in meinem Tempo. Oder aus der Überzeugung, dass ich
    so nirgendwo anders ankommen kann als wieder und wieder in der alten Enge.

    Ich bin vielleicht ohnmächtig über die Gesetze und Nebelgedanken der Sucht.
    Ich bin aber nicht mehr machtlos in meinem Umgang mit belastenden Gefühlen.
    Ich bin nicht mehr das kleine Wesen, dem keine Hilfe zuteil wurde (als ich sie brauchte).

    Ich darf jetzt meine volle Berechtigung nutzen, Menschen um Hilfe zu bitten.
    Unter Gleichbetroffenen verurteilt mich niemand für meine Einschränkungen.
    Es gibt keinen Grund, mich vor Ablehnung zu fürchten.

    (Außer vielleicht, ein "Helfer" ist durch meine Beeinträchtigung in seinen Grenzen
    herausgefordert und verliert die Fassung. Ich muss nicht nach jemandes Vorstellungen
    "gesund werden". Aber in jedem Hinweis mag etwas stecken, das für mich passen kann.
    Deshalb bin ich mehr aufs Prüfen aus, was in einem Hinweis an Machbarem für mich
    steckt, nicht am Prüfen meiner selbst, ob ich "stark genug", "richtig genug" usw. bin,
    das auch schaffen zu können.)

    Ausprobieren, mit der Erlaubnis zu scheitern, ... einfach frei, auch frei genug für alle
    Wahrheit, die mir über mich selbst bei diesem Versuch entgegenschlägt (von innen!),
    das genügt.

    Kein Ergebnis- oder Erfolgszwang. Deshalb heißt es mancherorts auch "nur für heute".
    Auf ein selbst-schädigendes Verhalten verzichten, z.B. Selbstvorwürfe, ... und möglichst
    wach bleiben für das Gefühl, das sich tatsächlich hinter Verletzung, Wut, Trotz verbergen
    kann.

    Bei mir bin ich auf viel Neid, Trauer (bestimmte Dinge vermutlich nie wie andere zu können)
    und unverarbeitete Verluste, vielfach auch Konflikte zu meinem Selbstbild gestoßen. Und
    noch dahinter: Scham, dass ich teilweise so enge Grenzen habe. In nahem Kontakt auch
    für andere sichtbar. (Und nicht jeder kann/mag damit umgehen.)

    Für mich war wichtig, zu allererst einen gütigeren Umgang mit mir und eben diesen engen
    Grenzen zu erlernen. Dafür brauchte ich Vorbilder, die innerlich schon genesener waren/sind.
    Erst seit diese innere Güte und Bereitschaft, mich anzunehmen, langsam wachsen konnte,
    verlor auch die uralte Scham ihren Zugriff auf mich, wenn ich neuen Schwierigkeiten zu
    begegnen schien, oder einem alten Muster in neuem Gewand (z.B. Überanpassung).

    Es gibt so vieles, was hinter Leugnen/Flucht/Sucht (stofflich oder nichtstofflich) vor sich
    hin lagert, unbesehen, fern von jeder Chance, angenommen und gewürdigt zu werden.

    Da steckt dann die Schwierigkeit, womit zu beginnen?

    1. Selbstannahme stärken und Helfer dafür finden
    2. Mit geschütztem Rahmen die eigenen Anteile furchtlos sehen/benennen lernen.
    (Und wissen: Ich BIN nicht fehlerhaft, deshalb, ich habe diese Fehler lernen müssen.)
    3. Dann auf weitere Betäubung, Flucht, Vernebelung der Selbstabwertung verzichten können.
    (Also die Funktion der Sucht ans Licht zu bringen und als nicht-mehr-tragend zu enttarnen.)

    oder

    1. Das Gift absetzen, das Gedanken, Wahrnehmung und Gefühlswelt beeinträchtigt.
    2. Hilfen suchen, um diesen Zustand stabil halten zu können, abstinent zu bleiben.
    3. Dann erst an die innere Arbeit zu gehen, weil dann erst der Blick klar dafür ist ...


    Ich versuche, Dir zu sagen, dass Selbstabwertung aus meiner Sicht das störendste Material
    ist, das sich in die Beziehung zu mir selbst setzt, von da aus auch in Beziehung zu anderen.
    Und SO nehme ich dann in eigener Lieblosigkeit automatisch jeden Hinweis als Anklage.
    (Abgesehen von überfordernden Formulierungen, denen meine Erkenntnisfähigkeit weit
    hinterher hinkt. Dann kann jemand Recht haben, ohne dass ich das für mich nutzen kann.)

    Noch knapper:
    Nicht aufgeben! Dich nicht und Dein Tempo nicht, und Deinen ganz eigenen Weg auch nicht.


    ... das war es, was ich aus meiner eigenen inneren Arbeit im Rückblick hier teilen kann ...


    Liebe Grüße
    Wolfsfrau

  • Zitat

    Ich muss nicht nach jemandes Vorstellungen "gesund werden".
    Aber in jedem Hinweis mag etwas stecken, das für mich passen kann.
    Deshalb bin ich mehr aufs Prüfen aus, was in einem Hinweis an Machbarem für mich
    steckt, nicht am Prüfen meiner selbst, ob ich "stark genug", "richtig genug" usw. bin,
    das auch schaffen zu können.

    44.
    Sehr gut gesagt!

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Unter Gleichbetroffenen kannst Du davon ausgehen, dass auch der Helfer jemand ist, der schon mal beschädigt war und auch lernen musste - und durfte, aber es war wohl mehr Notwendigkeit als reines Vergnügen - , dass er so genügt, wie er ist. Selbst dann, wenn er jemanden verurteilt. Auch der Helfer ist nicht auf der Welt, um die Erwartungen Anderer zu erfüllen. Deswegen kannst Du verlangen, aber niemand muss Dir geben. Sondern der Helfer bringt sich als Person ein, wenn er das will und so wie er ist, und das reicht (dem anderen) oder es reicht halt nicht.

    Ich z.B. (kann bei anderen anders sein, wie alles, was ich von mir schreibe) konnte es früher (ich meine, als Kind, nachdem ich aus der Niedlichkeitsphase heraus war )kaum jemandem meiner Eltern oder Lehrer recht machen, wurde oft in Grund und Boden kritisiert und habe mich schon früh in die Richtung bewegt, mich gegen Angriffe mit allen mir zur Verfügung stehenden Mitteln zur Wehr zu setzen. Und mit Ideen. Mich kriegt keiner. Auch frühes, pubertäres Trinken und Drogen hatten zum Teil die Funktion, sich den Erwartungen zu entziehen, sich stark und in sich selbst geborgen zu fühlen, weil die Geborgenheit im aussen nicht wirklich tragfähig war. Aber dieses "weil" war mir da gar nicht bewusst und ist vielleicht auch nur eine nachträgliche Erklärung, jedenfalls fühlte es sich gut an, so selbstsicher und stark.

    Und da ich es eh keinem recht machen konnte, habe ich eben nur noch gemacht, was ich wollte. Daraus resultiert zum Teil, dass ich für mich selbst ein großes Selbstbewusstsein habe, aber auch Andere, ohne mit der Wimper zu zucken, vor den Kopf stosse. Ausserhalb dierer Gruppierung hier bin ich ein relativ harter Knochen. Und ich genüge auch so, für mich auf jeden Fall. Mein innerer Kritiker hat mich verachtet und gehasst, so lange ich getrunken habe, und wenn ich bei Angehörigen lese, dann sehe ich durchaus, dass ich auch nicht nur eine arme Sau, sondern auch ein für andere extrem schwieriger Mensch war. Ich bin mit allen wesentlichen Leuten heute im Reinen, aber ich bin kein Engel und ich wollte das auch noch nie sein.

    Alkoholiker sind ja nicht per se harmlose grenzdebile Schwächlinge, die sich nur nicht beherrschen können, sondern durchaus auch bösartig, fies, aggressiv, war ich alles. Ich hab meine Sucht auch voll manipulativ eingesetzt, um andere für meine Zwecke einzuspannen. Ein überproportionaler Teil der Gewaltverbrechen geschieht unter Alkoholeinfluss, so war ich nicht, aber ich bin auch ausgetickt. Das ist auch einer der Hauptgründe, warum auf Alkoholiker Druck ausgeübt wird, weil sie eben nicht nur sich selbst schaden.
    Und von wegen, ist nicht so gemeint, war besoffen...natürlich meint man das in dem Moment so und will verletzen.

    Zum Teil bin ich das immer noch, weil ich so bin, mit cholerischen Neigungen (ist weniger geworden, seit ich besser schlafe), leicht bipolar. Homo Sapiens insgesamt ist eine relativ aggressive Tierart, und davon nehme ich mich nicht aus, ich hatte aber lange damit zu tun, dass ich auch ein Mensch bin, weil ich Menschen so scheixxe fand, dass ich als Mensch ja auch nur Scheixxe sein konnte. Nach langen Kämpfen mit mir selbst habe ich das akzeptiert und heute genüge ich mir so, wie ich bin. Andere können mich im Zweifelsfall dafür auch mal. Ich würde mir selbst Gewalt antun, wenn ich mich immer um des lieben Friedens willen, aus Harmoniesucht, immer beherrschen und auf Andere Rücksicht nehmen würde.

    Ich sehe mich selbst vom inneren Antrieb her auch nicht als Helfer, sondern eher als jemanden, der sich selbst behauptet und seine Meinung sagt, auch sehr direkt. Wenn das jemandem hilft, ist das Zufall, scheint aber immer wieder mal der Fall zu sein. Und natürlich ticke ich, wie fast jeder Mensch, auch so, dass ich nicht nur ein völlig bedeutungsloses Etwas sein will, dem man auf der Nase herumtanzen kann, da tanze ich lieber selbst. Andere verwechseln das damit, dass man sich an mich halten kann, dabei brauche ich auch nur ein bisschen Unterhaltung und gehe ansonsten am liebsten meiner eigenen Wege. Ich weiss z.B. genau, dass ich nicht sehr gerne mit Menschen zusammenarbeite, mit Teams nur punktuell für Einzelaufgaben kann und auch gerne weiss, wo der Ausgang ist, wenn ich mich auf etwas einlasse. Ich lasse mich bis heute nicht gerne fangen und festhalten. Und trotzdem ist es so, dass einige genau das suchen, mit Anderen klappt es aber überhaupt nicht. Das ist so, wie es ist.

    Wie Du siehst, hatte ich Lust, über das nachzudenken, was Du geschrieben hast. Ich ticke vermutlich völlig anders als Du, aber ich kann mir auch da etwas nehmen, was ich brauchen kann.

  • Sieht nicht sehr übersichtlich aus, ich lasse es aber trotzdem so stehen.


  • Die Berechtigung, um Hilfe zu bitten, wird von niemandem gewährt und gehört niemandem.
    Es ist ein Gefühl der inneren Art. Idealerweise auch dann vorhanden, wenn im Außen jemand
    sagt "Nein", mit Erläuterung ("ich kan/will gerade nicht") oder ohne.

    Sie ist keine Eintrittskarte in ein unfreiwilliges Bündnis mit irgend jemandem.
    Und es geht auch nicht ums Kapern, sich dran hängen oder sonst welchen Unfug treiben.

    Das finde ich ziemlich treffend präzisiert. Und es geht meines Erachtens in beide Richtungen. Es ist weder eine Eintrittskarte für den um Hilfe Bittenden noch eine Eintrittskarte für den, der der Bitte um Hilfe nachkommt.
    Nach meiner Beobachtung und Erfahrung wird das von beiden Seiten mitunter nicht bedacht, dabei wäre es wichtig und für beide Seiten hilfreich, sich dessen bewusst zu sein oder bewusst zu werden.

    Diesen Ausführungen kann ich voll zustimmen, WENN die Perspektive des „Helfers“ denn die ist, dass seine „Hilfestellung“ vom Hilfesuchenden auch möglichst umgehend umgesetzt werden müsse.
    Ob das hier bei jemandem von uns der Fall ist, kann ja jeder bei sich selbst prüfen.

    Mitunter beobachte ICH es aber auch so, dass ein „Hilfesuchender“ - besonders, wenn er noch unter Alkoholeinfluss steht oder sich als Angehöriger noch mitten in seiner Co-Abhängigkeit befindet - den Unterschied zwischen „Fördern“ und „Fordern“ nicht erkennt.

    Konkret auf Rainbows Fall nun bezogen: Die Frage nach KONKRETEN Plänen zum Ausstieg muss nicht zwangsläufig eine „Forderung“ sein, mit der Erwartung, dass diese auch unmittelbar umgesetzt wird.
    Sie könnte auch als „Fördern“ verstanden werden. Gerade weil Rainbow sich, wie sich sich vor ihrem „Abschiedsfaden“ geäußert hat, hier wohl fühlte und demnach hier einigermaßen angekommen ist, hätte sich aus der Frage nach konkreten Plänen ein möglicherweise im positiven Sinne unterstützender Austausch über das „WIE?“ und seine Schwierigkeiten ergeben können.


    Ich finde übrigens, dass hier eine interessante Diskussion zustande gekommen ist, die sich ganz gut für einen Faden zum Thema „Helfer - Helfersyndrom“ eignen würde.

    Grüße
    AmSee

    Du kannst nicht zurückgehen und den Anfang ändern,
    aber du kannst jetzt neu anfangen und das Ende ändern.


  • Von Festhalten oder einer Art Zwang/Bündnis ohne Wahl war nirgends die Rede.
    (Falls Deine Gedanken dazu sich auf meinen Beitrag überhaupt bezogen.)

    Ich hab meine Gedanken einfach laufen lassen und hatte am Ende nicht das Gefühl, dass es eine Widerrede war. Sondern nur einfach meine Gedanken.

    Was mir grade noch dazu einfällt, und auch wenn ich mich gelegentlich einer derben Sprache bediene, ist das weder prinzipiell selbstabwertend noch selbstrechtfertigend:

    Ich lebe seit fast dreieinhalb Jahrzehnten in einer Beziehung und wir haben sehr viel gemeinsames. Und (nicht "aber") wir streiten uns manchmal massivst und ohne Rücksicht auf Verluste. Und wir sind uns darüber einig, dass eine Beziehung zwischen uns nicht ehrlich wäre, wenn wir uns nicht mehr streiten würden. Wenn die Situation entsprechend ist, muss gestritten werden.
    Und wir haben beide das Recht, im Streit genau so schwachsinnig zu sein, wie alle anderen auch - und ohne das das selbstabwertend ist. Sondern die Emotionen kochen halt hoch und da werden halt verletzende Dinge gesagt.
    Auf der anderen Seite können wir damit aber irgendwe umgehen, denn denn wir finden ja trotzdem immer wieder zusammen.

    Was mir dabei auch noch einfällt und was auch unter trockenen Alkoholikern manchmal giftigst ausgefochten wird, ist der Streit um die "zufriedene Trockenheit". Ich weiss noch, als ich aufgehört habe, hatte ich selbst den Anspruch an mich selbst, insgesamt (also nicht nur in Bezug auf Alkohol, sondern in Bezug auf mein ganzes Leben) zufriedener zu werden. Und ich verband mit zufriedenen Menschen ein bestimmtes Bild, dass sie immer ruhig und gelassen seien und sie kaum etwas aufregt. Viele Alkoholiker wollen dann auch "nützliche Mitglieder der Gesellschaft" werden, ich habe oft den Verdacht, dass damit das schlechte Gewissen kompensiert werden soll, das man immer noch hat, weil man Alkoholiker ist.
    Und dieses Bild ist ja mehr oder weniger ein Archetypus, nichts individuelles, sondern viele Andere sehen das auch so.

    Mich hat aber trotzdem einiges aufgeregt und auch mein coabhängiger Partner liess mich ja oft auch nicht so sein, wie ich bin, sondern hatte seine Ängste und Unzufriedenheiten, und eben auch mit mir und Unverarbeitetes und Ängste ob ich trocken bleibe etc.. mäkelte an mir herum. Und auch ich musste mich abgrenzen und das ging manchmal nur, indem ich laut wurde. Und ich meinerseits hatte auch Bedürfnisse und Ansprüche, die seine Grenzen überschritten.

    Ich kann mich noch erinnern, der erste richtige Streit, nachdem ich trocken wurde, und irgendwie beide Angst hatten, ob mich das wohl wieder zum Saufen bringt? Brachte es nicht, und mit der Zeit merkte ich, ich kann es mir leisten, meinen Gefühlen freien Lauf zu lassen. Ich muss auch keine Angst vor mir selbst haben, dass mich der Suchtdruck überwältigt, denn der kommt ja gar nicht. Anfangs hatte ich spontane Impulse, jetzt besauf ich mich aber, aber dann dachte ich drüber nach, wie es mir dann gehen würde, und dann hatte sich das in Nullkommanix (ich rede tatsächlich von Sekunden, in denen dieser Film ablief) erledigt. Ich hab dann gelernt, wie ich mich anders runterfahren kann und ausserdem, muss man nur merken, das geht teilweise ganz von selbst vorbei, es ist eine reine Zeitfrage, bis der Körper die Stresshormone abgebaut hat. Bis dahin muss man es halt aushalten.

    Und genau das ist aber auch in Alk-Gruppen oft der Fall, wenn jemand seinen Gefühlen freien Lauf lässt, dann wird bei einem Alkoholiker oft daran gedacht, ob er im Grund Suchtdruck hat, und das kann einen auch ganz schön beschränken. Es gibt Situationen, da kannst Du dann Dein tatsächliches Problem gar nicht mehr frei erzählen, weil Du dann in die Ecke gedrängt wirst, dass bei einem Alki doch alles nur aus der Sucht kommt. Kommt es aber nicht, nicht jedes Problem im Job lässt sich damit erklären etc. und dann beginnt die Selbstbehauptung, oder du merkst, dass Dich da die Gruppe nicht weiter bringt.
    Mir wurde mehrmals vorgeworfen, dass ich eigentlich nur saufen wollte, dabei war das mein geringstes Problem. Aber die Vorwürfe brachten mich doch dazu, in mir selbst nachzugucken, ob da was dran ist. Anderseits muss man bei einem Alkoholiker aber davon auch ausgehen, das das der Fall sein könnte, nur muss man wissen, dass man von aussen nicht reingucken kann. Ich hab mich irgendwann drauf geeinigt, solange einer trocken bleibt - so wie ich auch - schadet er in diesem Punkt schon mal nicht sich selbst. Und dann hat der Rest alle Zeit der Welt.

    Was da bei Rainbow war, ist für mich durch, die ist weg und wenn nicht, dann wird sie ja tatsächlich wieder Aufnahme finden, denn das ist auch so was, was ich gemerkt habe: diejenigen, die trotz Rückfällen und Weitersaufen und dem ganzen Gegenwind trotzdem weiter kämpfen, schaffen es doch oft irgendwann noch. Das liegt dann aber nicht daran, ob jemand besondern wohlwollend war, sondern das ist der innere Antrieb. Hat mit mir nichts zu tun.

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