• Hallo zusammen!

    Dass ich mich hier gerade angemeldet habe, kommt mir noch etwas unwirklich vor, aber ich bin froh darüber, weil ich weiß, dass ich auf diesem Weg eine Gemeinschaft brauche, mit der ich mich austauschen kann :)
    Mein Name ist Kristin, ich bin 32 Jahre alt und ich habe seit 10 Jahren ein ungesundes Verhältnis zu Alkohol, was letztendlich zu einer Sucht wurde.
    Angefangen hat es in der ersten psychisch extrem fordernden Ausbildung, die ich hinterher nur noch ertragen konnte, wenn ich abends etwas getrunken habe, um den Tag zu vergessen und etwas Freude zu fühlen.

    Über die Jahre hat sich das zu einem regelmäßigen "am Abend trinken" entwickelt und als mein Weg, um mit unangenehmen Dingen umzugehen oder abends ohne Gedankenkarussell einschlafen zu können. Dass das nicht normal ist, habe ich immer wieder wahrgenommen, aber bisher weiß ich einfach nicht, wie ich es angehen soll.

    Ich bin es so leid, dass ich mittlerweile nicht mehr weiß, wie ich meine Abende anders gestalten soll (also, ich weiß es schon, aber ich komme nicht damit klar, dass ich es einfach nicht hinkriege) und ich hasse es, wie der Alkohol meinen Tag bestimmt.
    Ich will einfach wieder normal leben, schlafen und mir nicht tagsüber schon Gedanken machen, ob und wie ich abends trinke und wo ich den Alkohol hernehme.
    Ich will wieder ausgeschlafen zur Arbeit gehen und nicht den halben Tag damit verbringen irgendwie klarzukommen und meine Arbeit irgendwie getan zu bekommen.

    Mit dem Trinken aufzuhören macht mir gerade Angst, weil ich mir damit sozusagen den "Auffangboden" wegziehe.
    Aber weiterzutrinken ist keine Option, auch wenn mir mein Kopf sagt "Ach, irgendwie kriegst du es schon hin weniger zu trinken und den Alkohol trotzdem in deinem Leben zu behalten."

    Ich bin jedenfalls froh hier zu sein und freue mich auf den Austausch mit euch!

  • Moin Kristin,
    ich bin Britt, Ende 50 und mehrere Jahre alkoholabstinent.
    Herzlich willkommen hier im Forum. Schön, dass du da bist.
    Ich finde es gut, dass du erkannt hast, dass dein Trinkverhalten nicht gesund ist. Alkohol löst langfristig leider keine Probleme, sondern schafft lediglich jede Menge neue Probleme.
    Hast du dir denn schon überlegt, wie du das Problem angehen willst?
    Kannst du mit jemanden Vertrauten darüber reden? Mein erster Schritt war der Besuch bei einer Suchtberatung.
    Egal, welche Fragen dich umtreiben, lass alles raus, was dich belastet. Das kann schon helfen.
    Ich bin sicher, irgendwer ist hier, der deine Fragen beantwortet.
    Ich freue mich auf einen guten Austausch mit dir.
    Lieben Gruß
    Britt

    ~ bevör ik mi nu opregen deed, is dat mi lever egaal ~

  • Hallo
    Kirstin
    Erst mal willkommen hier.
    Ja, die Optionen bei dir ergeben sich wie du schreibst ja schon von alleine, im schlimmsten Fall Job wechseln.
    Und wie Britt schon schreibt, suche mal eine Suchtberatung auf.
    Shg in deiner Nähe wäre nicht schlecht, aber viele haben dicht.
    So wie ich das verstehe, bist du über den Job zum Alkohol gekommen, um dir da etwas helfen zu können müsste man da auch noch mehr wissen.
    Nicht aus Neugier, sondern um mal aufzuzeigen, welche Möglichkeiten sich daraus ergeben.
    Denn so einfach, mit deinem Job und aufhören scheint das nichts zu werden.
    LG
    Daun

    Der Weg ist das Ziel<br />Konfuzius (551–479 v. Chr.

  • Hallo Kristin,
    herzlich Willkommen in dieser Online-Selbsthilfegruppe. :welcome:
    Schön, dass du zu uns gefunden hast und dich getraut hast, dich zu melden. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass allein dieser Schritt, erstens zu erkennen, dass mit dem eigenen Alkoholkonsum etwas wirklich nicht mehr stimmt, und sich einzugestehen, ein Sucht-Problem zu haben, und zweitens sich dazu eine Gruppe zu suchen und sich dann auch noch öffentlich dort zu melden, gar nicht so leicht ist.

    Kurz zu mir: Ich bin Ende 40, w, inzwischen seit bald 15 Monaten trocken und ich bin in einer Alkoholikerfamilie aufgewachsen.

    Aus eigener Erfahrung weiß ich gut, wie leicht man in so eine Abhängigkeit hineinrutscht. Alkohol kommt ja anfangs auch so harmlos daher und entfaltet seine entspannende, enthemmende Wirkung binnen Sekunden nach dem Trinken. Alkohol als Mittel, den Beruf zu ertragen und weiterhin zu funktionieren, ist mir selbst gut bekannt.

    Wohin sich sowas dann entwickelt, hast du nun am eigenen Leibe erfahren. Der Konsum wird mehr, man verliert zunehmend die Kontrolle über die Trinkmenge, was man am nächsten Tag deutlich spürt, man baut sein Leben mehr oder minder um den Alkohol auf, das Vorhaben, mit dem Konsum mal kürzer zu treten und und vielleicht mal den nächsten Abend keinen Alkohol zu konsumieren, wird gegen Abend in der Regel wieder über den Haufen geworfen.

    Du hast erkannt, dass du in einen Kreislauf geraten bist, der dir definitiv NICHT gut tut, das ist schon mal ein wichtiger Anfang.

    Dass du eine gewisse Angst verspürst, zukünftig auf den Alkohol ganz verzichten zu müssen, ist normal, ich hatte diese Angst auch und anderen in deiner Situation ging und geht es ganz ähnlich. Dass der Kopf dir sagt "Ach, irgendwie kriegst du es schon hin weniger zu trinken und den Alkohol trotzdem in deinem Leben zu behalten.", kenne ich auch von mir, aber auch dir ist grundsätzlich bereits klar geworden, dass das nicht funktioniert und nicht funktionieren wird. Auch damit hast du für dich schon etwas Grundsätzliches klar.

    Ich hatte am Anfang auch Angst davor, von nun an gänzlich auf Alkohol verzichten zu müssen, hab sogar noch verhandelt, ob ich nicht ab und zu ganz selten mal eine Ausnahme machen dürfte. Man hat mir dringend davon abgeraten und seit geraumer Zeit hab ich auch begriffen, warum.

    Ich kann dir versichern, ich hab schon seit einer ganzen Weile nicht mehr das Gefühl, auf etwas Wichtiges in meinem Leben verzichten zu müssen, sondern fühle mich im Gegenteil befreit. Ich fühle mich frei vom Zwang, Alkohol konsumieren zu MÜSSEN, und frei, mein Leben so gestalten zu können, wie ICH es will und wie es mir tatsächlich jeweils gut tut. Ich bin außerordentlich zufrieden abstinent. Das bedeutet nicht, dass immer alles toll ist, aber mein Leben gefällt mir grundsätzlich besser.

    - Und da liegt sozusagen auch der Ansatz, der wirklich hilft und trägt: Mach dich frei von dem Gedanken auf etwas Wichtiges verzichten zu müssen und ändere das in den Gedanken und das Vertrauen, dass du frei wirst von einem Zwang und frei wirst zu einem Leben nach deiner Wahl.


    Wie könnte es nun für dich weitergehen?

    Die anderen haben dir schon den Gang zu einer Suchtberatung empfohlen. Das rate ich ebenfalls. Die dürften dort Informationen für dich haben und dich zu deinen nächsten Schritten beraten können, u.a. anderem bietet sich wegen der Gefahr, die ein sogenannter „Kalten Entzug“ mit sich bringen kann, ein Arztbesuch an. Indem du dich vor deinem Arzt outest, verbaust du dir auch ein sogenanntes Hintertürchen, außerdem wirst du körperlich einmal durchgecheckt, denn der Alkoholmissbrauch kann auch körperliche Folgen und/ oder Mangelerscheinungen nach sich ziehen.


    Empfehlen kann ich dir, dich etwas mehr in das Thema einzulesen. Wir haben hier im Forum eine Literaturliste, in der du fündig werden kannst.
    Falls du sie noch nicht entdeckt hast, hier ein Link dorthin:

    https://alkoholforum.de//index.php?topic=1715.0

    Mich haben das Buch von Simon Borowiak, „Alk“, das Buch von Daniel Schreiber, „Nüchtern“ und das Buch von Catherine Gray, „Vom unerwarteten Vergnügen, nüchtern zu sein“ ziemlich angesprochen.

    Wenn du mit dem Trinken aufhörst, reicht es nicht, nur das Glas stehen zu lassen. Wenn du dauerhaft Erfolg haben willst, wirst du dein Leben mehr oder minder stark umkrempeln müssen, das bedeutet zum Beispiel, deinen Feierabend ganz anders zu gestalten als bisher. Wenn du weiter so machst, wie bisher, wird dich dein Suchtgedächtnis immer wieder plagen, teils nicht gerade wenig, man nennt das triggern. Um das zu vermeiden, musst du etwas grundsätzlich anders machen. Hättest du diesbezüglich schon ein paar Ideen?

    Wenn du Fragen an uns hast, immer nur heraus damit.

    Viele Grüße
    AmSee

    Du kannst nicht zurückgehen und den Anfang ändern,
    aber du kannst jetzt neu anfangen und das Ende ändern.

  • Hallo, Kristin wikende091

    Auch von mir ein herzliches :welcome: hier bei uns im Forum!

    Kurz zu mir: m, noch 58, Alkoholiker, seit fast 14 Jahren weg von dem Zeug.

    Meine Vorschreiber haben Dir ja schon ein paar Tipps gegeben, an wen Du Dich wenden könntest, um Hilfe zu bekommen.
    Denn Eines ist Fakt: Den Ausstieg aus der Sucht kannst nur DU alleine schaffen! Aber: Du musst es nicht ALLEINE schaffen!

    Natürlich gibt es auch Leute, die es alleine schaffen/geschafft haben. Aber ich kenne nicht wirklich jemanden, der es so geschafft hat (hier im Forum gibt es 1-2 Leute).
    Und ich gehöre definitiv nicht dazu.

    Auch mich hat damals u.a. mein ziemlich stressiger Job dazu gebracht, den Alkohol als Beruhigungs-/Entspannungsmittel einzusetzen. Aber es hat lange gedauert, bis ich auch für mich erkannt habe, dass ich abhängig, dass ich Alkoholiker bin - und dass ich etwas ändern muss. Es hat auch nicht sofort auf Anhieb funtioniert ...
    Aber ich habe nicht aufgegeben und ich habe alle Hilfe angenommen, die ich kriegen konnte: ambulante Therapie, stationäre Therapie, SHG, therapeutische Nachbetreuung ...
    Für MICH war das wichtigste Hilfsmittel die SHG, waren die Gespräche mit den anderen Betroffenen - und das auch dann, wenn es mir nicht schlecht ging.

    Aber schau Dich erstmal hier in Ruhe um. Ich empfehle Dir unsere Linksammlung und unsere Bücher-Ecke.
    Da findest Du jede Menge Informationen.

    Und wenn Fragen sind - immer raus damit!

    Auf einen guten Austausch

    Gruß
    Greenfox

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Hallo Kristin,

    herzlich Willkommen bei uns im Forum. Schön, dass Du Dich dazu entschlossen hast Dich hier anzumelden um Dich mit uns auszutauschen.

    Ich bin Anfang 50 und trinke jetzt schon lange keinen Alkohol mehr. Ich habe Anfang meiner 40er Jahre damit aufgehört. Davor trank ich weit über 10 Jahre abhängig, die meiste Zeit davon trank ich komplett heimlich. Obwohl ich Familie hatte, Frau und zwei Kinder, konnte ich meine Sucht bis zum Ende geheim halten. Dass das möglich war, erscheint mir heute regelrecht krotesk, denn die letzten Jahre meiner Sucht trank ich doch erhelbliche Mengen, ich trank täglich und ich fing schon morgens damit an.

    Allerdings war meine Ehe in den letzten Jahren meiner Sucht schon weitesgehend an die Wand gefahren, ich hatte mich emotional abgekoppelt und lebte auch ein ausgeprägtes Doppelleben und das Leben mit meiner Frau war ein sehr distanziertes geworden. Wir hatten kaum noch richtige Gemeinsamkeiten, schliefen z. B. auch meist getrennt und verbrachten auch sonst nicht mehr so viel Zeit gemeinsam. Vielleicht war das einer der Gründe, dass ich es so lange verheimlichen konnte. Sie merkte natürlich, dass unsere Ehe am Scheitern war, jedoch wusste sie nicht, woran das genau lag.

    Am Ende war ich ein Wrack, psychisch sowieso aber zunehmend dann auch körperlich.

    Warum schreibe ich das Dir? Nun, einmal natürlich damit Du eine kleine und kurze Vorstellung bekommst, wer Dir hier überhaupt schreibt. Aber auch deshalb um Dich zu motivieren, es nicht soweit kommen zu lassen wie ich. Weißt Du, eine relativ lange Zeit meiner Suchtkarriere war eigentlich ganz ok, wenn ich das jetzt mal so provizierend schreiben darf. Die Anfangsjahre trank ich auf niedrigem Niveau aber eben relgelmäßig, sprich fast täglich. Ich war damals bereits abhängig wie ich heute weiß, jedoch ging es mir körperlich gut und auch die Psyche war noch nicht angegriffen. Was vorhanden war, war ein permanent leicht schlechtes Gewissen, weil ich insgeheim wusste, dass es nicht richtig ist, jeden Abend ein oder zwei Feierabendbierchen zu trinken. Ich konnte aber bereits nicht mehr anders, ich war schon abhängig.

    Eine lange Zeit trank ich dann auf einen Niveau, das ich heute als "mein" mittleres Niveau bezeichnen würde. Das waren täglich so 3 - 5, max 6 Bier pro Tag. Ne ganze Menge und natürlich deutlich zu viel und natürlich steckte ich bereits ganz tief in der Sucht. Denn die trank ich bereits heimlich. Aber, da ging's mir auch noch ganz gut. Das war die Zeit, wo ich die am häufigsten versucht habe Trinkpausen einzulegen, auch kontrolliert zu trinken oder auch aufzuhören. Das ging über ein paar Jahre. Und zu dieser Zeit gelang es mir auch noch, immer wieder mal zu pausieren. Ein paar Wochen, später wurde es dann kürzer und es waren nur noch ein paar Tage drin. Aber, genau das brauchte ich, um mir vorzugauckeln, dass ich ja noch alle im Griff habe.

    Denn ich konnte ja aufhören, jederzeit. Das bildete ich mir jedenfalls ein und das war natürlich nichts anderes als Selbstbetrug. Aber gut, in dieser Phase war ich psychisch zwar schon etwas belastet, vor allem mein Gewissen war alles andere als rein, aber ich hatte doch irgendwie noch alles im Griff, körperlich wars auch noch ok und so konnte ich mir in dieser Zeit meist (natürlich mit Hilfe des Alkohols) vormachen, dass es mir eigentlich gut geht und alles wieder gut werden wird. Wenn ich morgens die leeren Flaschen aus meinen Verstecken holte um sie heimlich zu entsorgen (das musste ich ja jeden Tag machen) war's nicht so toll, aber das verging ganz schnell wieder, spätestens mit dem ersten Bier am Nachmittag.

    Tja, unweigerlich kam dann aber die Zeit, wo auch diese Menge nicht mehr ausreichte. Es wurden 8, 9, 10 und noch mehr Biere. Oft reichten die auch nicht und ich musste noch etwas Wein zur Abrundung in mich hinein schütten. Das war ein fließender Übergang und ich kann heute nicht mehr sagen, ab wann der Moment erreicht war, wo ich merkte, dass ich eigentlich schon total kaputt bin. Dass meine ganzen Lügen mir selbst gegenüber nicht mehr fruchteten und ich einfach realisierte, dass ich total fertig bin. Meine letzten 2 - 3 Jahre, so erinnere ich mich heute jedenfalls zurück, waren Jahre wo ich nur irgendwie funktioniert habe, wo ich eigentlich täglich nichts anderes gemacht habe, als irgendwie mein Kartenhaus vor dem Einstürzen zu bewahren. Dazu war mir jedes Mittel recht, ich war ein begnadeter Lügner und Betrüger. Ich war in der Lage, die abgefahrendste und unglaubwürdigste Geschichte als wahr zu verkaufen und ich hab das auch oft getan um nicht entlarvt zu werden und um weiter trinken zu können. Kein Gedanke mehr an aufhören, kein Gedanke mehr an eine Trinkpause.

    Nun, Kristin, ich kann Dich nur dazu ermutigen, Dir das zu erspraren. Deine Vorstellungszeilen lese ich so, dass Du bereits ein ordentliches Problem hast, dass Du möglicherweise auch schon abhängig bist aber das Du noch nicht total abgestürzt bist. Lass es es soweit nicht kommen, verschwende Deine 30er Jahre (und auch die folgenden) nicht an Alkohol. Ich hab meine 30er Jahre komplett an den Alkohol verloren, mein 40. Geburtstag war ein Desaster und ich war ein zutiefst unglücklicher Mensch. Lass nicht zu, dass der Alkohol das mit Dir auch macht.

    Genau jetzt ist die Zeit etwas dagegen zu unternehmen. Verschwende jetzt keine Gedanken daran, wie es Dir gelingen könnte, den Alkohol trotzdem irgendwie in Deinem Leben zu behalten. Denke jetzt erst mal darüber nach, wie es Dir gelingen kann, erst mal gar keinen Alkohol mehr zu trinken. Erst mal weg von dem Zeug und erst mal weg bleiben. Abstand gewinnen, wieder klar werden, wieder die Kontrolle über Dich und Dein Leben erlangen. Und vor allem auch wieder die Kontrolle über Deine Gedanken gewinnen, weg von dem permaneten Gedankenkarussell rund um den Alkohol.

    Was später irgendwann mal ist, steht auf einem anderen Blatt. Wenn Du bereits abhängig bist, dann wird es nicht mehr möglich sein kontrolliert zu trinken. Wenn Du "nur" Missbrauch betrieben hast, kann Dir das vielleicht wieder gelingen, vielleicht merkst Du aber auch ganz schnell, dass Du Alkohol gar nicht mehr brauchst und gar nicht mehr willst. Abstinent leben ist keine Einschränkung, es ist kein Verlust. Ein Leben ohne Alkohol bedeutet die totale Freiheit, kein Suchtmittel mehr, dass dazu dient die Realität zu verändern, sie zu verschönern oder erträglich zu machen. Denn das braucht man dann nicht mehr weil man gelernt hat, die Realität als das zu sehen und zu nehmen was sie ist: nämlich die schlicht und einach die Realität so wie sie tatsächlich ist. Und natürlich bedeutet ein Leben ohne Alkohol kein Leben ohne Probleme. Die sind genauso da wie mit Alkohol. Nur gibt es da zwei Unterschiede. Einmal ist man ohne Alkohol in der Lage die Probleme anzugehen und sie zu lösen (muss man als Trinker oft erst wieder lernen) und zum Anderen, kommen nicht all die Probleme noch hinzu, die man nur hat, weil man trinkt. Mit Alkohol löst man keine Probleme und schafft sich gleichzeitig noch neue an. Irgendwann sie dann die eigentlich Probleme im Vergleich zu denen die man durch den Alkohol hat, eigentlich lächerlich. Aber dann ist es bereits zu spät.

    Ich bin heute ein wirklich glücklicher Mensch und ich hätte damals nie gedacht, dass das jemals möglich sein wird. Es war möglich, Grundstein dafür war ein Leben ohne Alkohol.

    Ich möchte jetzt gar nicht noch weiter in die Tiefe gehen, ich glaube es war ohnehin schon zu viel und ich hoffe, ich überfordere Dich nicht.

    Ich will Dich einfach nur motivieren es jetzt anzupacken.

    Schreib und doch hier, wie es Dir geht, was Dich beschäftigt, wovor Du Angst hast, welche Gedanken Dich beschäftigen. Jeder von uns hier hat das schon mal durchgemacht, jeder auf seine Weise, jeder mit seiner eigenen Geschichte im Gepäck. Manche haben's auch schon mehrmals durchgemacht. Aber alle haben es geschafft. Davon kannst Du profitieren, es kann Dir helfen Deinen Weg zu finden. Und genau darum geht es, den eigenen Weg zu finden.

    Also, bitte melde Dich hier einfach, wenn Du Fragen hast, wenn Du wissen willst, was wir da so gemacht haben, was uns geholfen hat, was bei uns schief gegangen ist (bei uns allen übrigens der Versuch kontrolliert zu trinken, ich glaube das haben wir hier alle verucht, ich mehrmals).

    Ich freue mich auf einen Austausch mit Dir und hoffe, dass Du dabei bleibst und Dich der Mut nicht verlässt. Alle Gute und

    LG
    Gerchla

  • Liebe Kristin,


    Natürlich gibt es auch Leute, die es alleine schaffen/geschafft haben. Aber ich kenne nicht wirklich jemanden, der es so geschafft hat (hier im Forum gibt es 1-2 Leute).

    ich gehöre zu den ein bis zwei Leuten.

    Aber das ergab sich eben so, weil es mir leicht fiel.

    Anfangs dachte ich, das Aufhören wird sicher furchtbar, und ich war einige Male bei der Suchtberatung und hatte sogar angefangen, den Antrag für eine Langzeittherapie zu bearbeiten. Dann habe ich aber gemerkt, dass es mir ohne Alkohol so viel besser geht, dass ich nichts vermisse, sonst hätte ich nicht alleine weiter gemacht. Im Prinzip war mir das gar nicht so wichtig, ob alleine oder mit Hilfe, ich wollte es nur unbedingt schaffen und war bereit, alles dafür notwendige zu tun. Und dass es dann doch einfach war, habe ich dankbar zur Kenntnis genommen. Die ersten Monate waren es erst mal nur die offensichtlichen Dinge, es ging mir körperlich sehr viel besser, und die ganzen Selbstvorwürfe wegen dem Trinken waren auch weg.

    Ich weiss ja gar nicht, was Du vor hast. Andere haben ja schon einiges dazu geschrieben.

    Ich selbst hatte halt immer die Vorstellung im Kopf, dass Alkohol einfach dazu gehört. Normale Erwachsene trinken täglich Alkohol, so bin ich aufgewachsen. Wenns mir gut ging, gabs was zu feiern, und wenn es schlecht ging, konnte ich mich wegbeamen. Usw usf, mit der Zeit gehört Alkohol dann überall dazu, weil es ohne nicht mehr geht. Dann trinkt man, weil die Sonne scheint, genauso so gut, wie weil es regnet. Irgendein Grund findet sich dann immer.

    Lange hatte ich versucht, es zu kontrollieren, Trinkpausen gemacht, aber eines Tages sah ich klar vor mir, wenn ich anfange, dann endet das mit schöner Regelmässigkeit in einer Situation, in der es mir beschixxen geht und in der ich mich selbst dafür hasse. Ich hatte einen Trinkstil, wenn ich angefangen habe, dann habe ich getrunken, bis ich absolut voll war und nicht mehr konnte. Dabei hatte ich mich, gerade weil ich die Pausen gemacht habe, lange nicht mal als Alkoholikerin gesehen, ich hielt das "nur" für Missbrauch. Ist aber egal, Alkohol ist trotzdem ein Zell- und Nervengift.

    Ich war auch immer davon überzeugt, dass ich jederzeit aufhören könnte, wenn ich das wirklich wollte, und immerhin das hat sich am Ende ja bewahrheitet. Aber erst mal hab ich mich mit Händen und Füssen jahrelang dagegen gewehrt, weil ich dachte und das sichere Gefühl hatte, ein Leben ohne Alkohol ist einfach sinnlos. Erst als es mir schlecht genug ging, fand ich, es wäre ja mal einen ernsthaften Versuch wert, wie das eigentlich so wäre.

    Nachdem ich aufgehört hatte, habe ich nüchtern ziemlich viel über meine Trinkzeit nachgedacht, war ja auch fast mein ganzes Leben. Und dann fiel mir auf, dass es schon sehr lange keine Situationen mehr gegeben hatte, in denen mir Alkohol geholfen hatte oder wo es mir vom Trinken wirklich besser gegangen wäre. Als ich mit dem Trinken angefangen hatte - eigentlich schon als Kind, weil es bei meinen Eltern immer was gab - war es vielleicht wirklich noch lustig, aber später glaubte ich das nur noch und hatte mir selbst etwas vorgemacht. Als ich das mal richtig betrachtet hatte, verging mir jede Lust, zu trinken. Ich fand das nur noch widerlich.

    Ausserdem habe ich mich damit beschäftigt, was Alkohol im Hirn anrichtet und wie der Alkohol, wie praktisch jede Droge, das Belohnungszentrum und die Motivation kapert und es damit immer schwieriger wird, ohne Alkohol noch Freude am Leben zu haben. Es gehört zur Suchtentwicklung, das Alkohol alles andere ersetzt und sogar wichtiger wird als zwischenmenschliche Beziehungen oder Sex oder sonstige Erfolge. Das wäre jetzt aber ein längerer Text und dafür gibt es Literatur.

    Und klar, das hinterlässt erst mal eine Lücke. Trinken füllt leere Zeit, und zum Trinken muss man sich zu nichts aufraffen, ausser den Stoff zu bekommen und vorrätig zu haben. Das muss mann dann natürlich irgendwie anderweitig füllen. Ich hab nach einem halben Jahr Yoga und Meditation angefangen, weil da auch der Gedanke ans abschalten dabei war, ausserdem ist es gesund. Und mit der Zeit merkt man dann, dass man sich auch anderweitig ändert. Ausserdem gehe ich gerne und viel raus ins Freie, aber das habe ich früher auch schon getan, sogar beim Wandern gesoffen. Deswegen bleibt Bewegung trotzdem gesund und ist auch gut für die Stimmung. Aber natürlich gibt es auch andere Beschäftigungen.

    Ich bin 21 Jahre trocken, erst neulich stand ich in einem kleinen Laden, wo die Schnapsflaschen an der Kasse aufgereiht waren, und ich musste da längere Zeit warten. Genau solche Sorten, bei denen ich früher zugelangt hatte (ich hab viel Schnaps getrunken, wenn ich dabei war). Ich hab mir dann einen Spass draus gemacht, mir das vorzustellen, wie ich mir so eine Flasche aufmache und trinke. Einfach nur gruselig, wie es mir dann gehen würde. Mir wirds schon schlecht, wenn ich nur an den Geschmack im Mund denke. Und was ich mal an der Wirkung gefunden habe - ich kann mich dran erinnern - kann ich heute nicht mehr nachvollziehen. Es ist mir total fremd geworden. Ich guck mir das an und dann jagt es mir einen wohligen Schauer über den Rücken, dass ich das hinter mir habe. Es ist wie irgendein Gruselfilm, den man sich anguckt, den man aber nicht erleben will.

    Deswegen ist mein Leben trotzdem kein Ponyhof und auch nicht immer lustig, aber ich glaube keine Sekunde, dass vom Trinken für mich irgendwas besser oder einfacher werden würde. Ich schreibe Dir das, weil das für mich kein Verzicht ist. Heute liebe ich es, nüchtern zu sein. Und bei Schwierigkeiten dachte ich mir vor allem anfangs immer, es gibt Leute mit größeren Schwierigkeiten im Leben, als ich sie habe, und die schaffen das auch nüchtern und sind oft sogar noch besser gelaunt als ich. Es trinkt ja nicht jeder. Also muss es ja auch anders gehen. Daran hab ich mir Beispiele genommen.

    Es kann sich auch rentieren sich anzugucken, was man mit dem Trinken für Erwartungen verbindet, was man noch positives dabei findet. Das ist ja auch das, wa seinen oft noch am Aufhören hindert, neben der Angst, wie es ohne werden wird. Und dann einerseits mal abgleichen, ob das überhaupt noch so funktioniert, wie man das glaubt (bringts tatsächlich noch das, was man sich davon erwartet, oder macht man sich was vor), und andererseits zu überlegen, wie man das, was man damit erreichen möchte, anderweitig und gesünder bekommen kann.

    Und unterm Strich habe ich nicht mit Willensraft aufgehört, die braucht man zwar auch, aber die Einsicht, wie Sucht funktioniert und das es ohne besser geht, und dass ich mir in Wirklichkeit nicht schaden will, war eindeutig mindestens genau so wichtig.

    Fang an, es lohnt sich.
    Gruß Susanne

  • Liebe Kiri,

    auch von mir ein herzliches Willkommen hier.

    Von meinen lieben Vorschreibern hast du ja schon viele wichtige Erfahrungen und Anregungen bekommen.

    Wir sind hier für dich da, um dich zu begleiten, wenn du magst.
    Vor allem, um dir zu zeigen, dass es möglich ist, ohne Alkohol zu leben.
    Gut und zufrieden zu leben.

    Ich bin jetzt über 4,5 Jahre trocken und sehr zufrieden mit mir und meinem Leben.
    Da kannst du auch hinkommen.

    Alkohol ist im Moment dein „Auffangboden“.
    Dieser ist aber nicht tragfähig, sondern Treibsand.
    Nicht, um dich zu tragen, sondern um dich zu versenken...

    Liebe Grüße

  • Hallo zusammen,

    wow, erst mal vielen Dank, dass ihr mich so lieb willkommen heißt und das ihr so viel mit mir geteilt und mir erzählt habt. Ich weiß gar nicht richtig, wie ich darauf antworten soll.
    Es ist tatsächlich das erste Mal, dass ich zu irgendwem darüber spreche, deshalb ist es irgendwie erleichternd auf so nette und motivierende Kommentare zu treffen.
    Eigentlich hatte ich auch gestern schon vorgehabt zu antworten, aber ich habe versucht den Abend bewusst ohne meinen Laptop zu gestalten (beim abends-am-Laptop-rumhängen, Seriengucken etc. trinke ich sonst immer). Stattdessen habe ich es geschafft, den Abend mit einem Spaziergang, Podcasts, meiner Katze und einer Einschlafmeditation durch zu kriegen. Ich war richtig motiviert, heute Abend schwankt es schon wieder etwas.

    Kurz zu meiner Arbeitssituation: in dem Job, in dessen Ausbildung ich damals mit dem Trinken angefangen habe, bin ich zum Glück nicht mehr.
    Ich bin mittlerweile in einem anderen Beruf tätig, aber das allabendliche "ein paar Bierchen trinken" und dabei irgendeinen Film schauen ist geblieben. Aus "Entspannung" und wenn ich gestresst bin "muss" es noch dringender sein um dann auch schlafen zu können.
    Kontrollverluste hatte ich bisher beim alleine trinken nicht, ich schaffe es nach meiner "normalen" Menge aufzuhören, aber besser macht es das auch nicht.

    Momentan weiß ich noch nicht, wie ich weitermachen soll, außer erstmal zu versuchen Abstand zu gewinnen und Alternativen zu meinen Abenden zu finden. Und der Stimme die sagt "Hast du 2 Tage lang super gemacht, jetzt kannst du dir aber noch mal was gönnen" nicht zuzuhören.

    Ich werde mich erst mal hier im Forum einlesen, es war eine relative spontane Idee mich hier anzumelden.
    Aber darüber zu sprechen und dabei so nett empfangen zu werden ist der erste Schritt in die richtige Richtung, hoffe ich.
    Noch mal danke für eure ehrlichen und unterstützenden Worte!

    Liebe Grüße, Kristin

  • So also auch von mir ein herzliches Willkommen an dich, Kiri/Kristin :)

    Mich hinderte gestern die Arthrose ;)

    Meinen guten VorschreiberInnen schließe ich mich gern an. Plus: Ein sehr wichtiger Satz auf meinen Weg war "Nur heute nicht." Das erschien mir am Anfang wesentlich überschaubarer als "nie mehr".

    Wünsche dir gutes Gelingen für heute :)

    Netten Gruß,

    ichso

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