Alkoholsüchtige Freundin

  • Hallo Zusammen,

    meine Freundin und ich sind seit über 5 Jahren zusammen. Anfangs war alles schön (wie üblich) und ich habe die Zeichen übersehen und natürlich damit auch die gewissen Momente verpasst frühzeitig einen Schlussstrich zu ziehen. Jetzt wohnen wir zusammen und verbringen auch viel Zeit miteinander.

    Sie verliert sich alle 2 Tage in einem Vollrausch. Der Tag "frei" ist meist ganz schön. Ihre Räusche sind anstrengend. An extremen Tagen trinkt sie am nächsten Morgen weiter. Wenn Sie betrunken ist, sehe ich mich Vorwürfen unserer Beziehung gegenüber (manchmal berechtigt, meistens nicht) und muss mich mit einer verschobenen Wahrnehmung herumschlagen. Da bin ich dann offensichtlich genervt, halte mich dann von ihr fern, das macht die Sache dann meist noch schlimmer. Das passiert leider auch wenn man sich mit anderen Menschen trifft.

    Ich habe das Thema mehrmals angesprochen, auch in Form von Briefen. Meine Grenzen aufgezeigt. Gab auch schon Zeiten wo wir beide nichts getrunken haben. Das war aber nicht von langer Dauer. Sie verfällt aber immer wieder in die gleichen Muster. Leider glaube ich, dass ich auch - Schritt für Schritt - einen Rahmen geschaffen zu haben in dem das alles "ok" ist.

    Bei Alkohol bin ich auch kein Kind von Traurigkeit. Kenne aber meine Grenzen. Das ist natürlich für die Situation nicht gerade hilfreich wenn ich auch gerne meine Bierchen trinke. Schuldig fühle ich mich dafür nicht, aber besser wird es dadurch auch nicht.

    Ihr ist bewusst dass sie Alkoholsüchtig ist (ihr Vater ist es schließlich auch). Das habe ich ihr auch gesagt, z.B. als es um Familienplanung ging sagte ich dass das aus meiner Sicht mit einer alkoholsüchtigen Partnerin nicht funktioniert. Aber anstatt etwas zu unternehmen, suhlt sie sich eher im Selbstmitleid welches ihr anscheinend auch die Berechtigung gibt weiterzutrinken - "alle anderen sind schuld", der typische Teufelskreis.

    Ich bin jetzt an dem Punkt wo ich nicht weiß wie es weiter geht. Am liebsten würde ich meine Sachen packen und verschwinden. Ich weiß aber dass ich sie damit zerstören würde und leider ist das auch nicht mein Stil. Vielleicht ist es aber auch eine Chance für sie auf einen besseren weg zu kommen? Vielleicht aber auch nicht? Die nicht-betrunkene Freundin mag ich sehr gerne (selbst wenn da auch nicht alles perfekt läuft). Es fühlt sich an als wäre ich in einer Beziehung mit zwei verschiedenen Menschen.

    Normalerweise habe ich meine Ausgleichsmöglichkeiten durch Sport und Freunde. Obwohl sich die Zahl der Freunde, die sich noch gerne mit uns treffen, schon etwas reduziert hat. Coronabedingt ist das aktuell natürlich noch schwieriger.

    Ein Freund sagte letztens zu mir "Du erstickst Doch!?" und mir ist klar dass er recht hat. Wenn ich mir die ganzen Tipps durchlese, wie man mit der Situation umgehen soll, denke ich mir immer "das klingt in der Theorie ganz richtig und einleuchtend, aber setz das mal um!"... jemanden ggf. zu zerstören, den man eigentlich lieb hat entspricht nicht meinem Charakter. Wie ich ihr noch helfen kann, weiß ich allerdings auch nicht, ob das nicht ein Kampf gegen Windmühlen ist und ob ich überhaupt noch die Kraft dafür habe.

    Alles besch***en.

    Wenn ihr einen Tipp habt, gerne. Falls nicht, bin ich froh dass ich das mal irgendwo schreiben konnte und hilft mir vielleicht schon etwas.

    Liebe Grüße.

  • Hallo MrEmp,
    willkommen in diesem Forum.
    Ich fühle mich angesprochen, dir zu antworten. Ob ich dir weiterhelfen kann, weiß ich nicht, aber vielleicht kann ich dir ein paar hilfreiche Denkanstöße geben.

    Ich selbst kenne die Alkoholkrankkeit aus der Perspektive einer Angehörigen und leider auch aus der Perspektive einer selbst daran Erkrankten.


    Wenn ich mir die ganzen Tipps durchlese, wie man mit der Situation umgehen soll, denke ich mir immer "das klingt in der Theorie ganz richtig und einleuchtend, aber setz das mal um!"... jemanden ggf. zu zerstören, den man eigentlich lieb hat entspricht nicht meinem Charakter.

    Alkoholismus ist aus meiner Perspektive eine ziemlich perfide und komplizierte Erkrankung, sowohl für den daran Erkrankten bzw. die Erkrankte wie auch seine/ ihre Angehörigen.

    Wer daran erkrankt ist, erkennt es oft lange nicht, belügt sich selbst und andere, und lässt sich überhaupt nicht gerne dreinreden. Und selbst, wenn man es weiß, dass man daran erkrankt ist, tut man Dinge, die einem selbst und anderen schaden, man leidet selbst sehr oft unter seiner Situation, hört aber nicht einfach mit dem Trinken auf, obwohl das doch das Vernünftigste wäre, was man tun könnte.
    Deine Freundin gibt ein ziemlich gutes Beispiel dafür ab.

    Angehörige aber leiden ebenfalls sehr unter dieser Krankheit und es kommt durchaus nicht selten vor, dass der eine oder andere schließlich psychisch erkrankt. Man hängt u.a. auch fest, weil man glaubt, dass der Erkrankte bzw. die Erkrankte unter- oder draufgeht, wenn man für sich selbst sorgt und ihm/ ihr sozusagen die Pistole auf die Brust setzt und/ oder die Koffer packt und geht.

    Und damit komme ich zu dir.
    Du sprichst an, dass es schwer ist, die Tipps umzusetzen. Ich stimme dir zu, dass das nicht leicht ist, doch spitzen wir das Ganze mal zu:

    Wenn es um die Frage geht, ob der Angehörige sich für den Alkoholkranken aufopfert - und dabei ist völlig ungewiss, ob das dem Alkoholkranken überhaupt hilft -, oder aber (zunächst mal) für sich selbst sorgt, um selbst gesund zu bleiben, wie sollte die Entscheidung dann vernünftigerweise ausfallen?

    Betrachte mal, was die Krankheit deiner Freundin bislang schon mit dir gemacht hat. (Was dein Freund letztens zu dir gesagt hat, ist nicht ganz ohne.)

    Ich habe das letztens schon jemandem geschrieben. Niemand kann allgemeingültig sagen, was einem Alkoholiker letztlich hilft, zur Besinnung zu kommen. Aus der Distanz ist es sowieso nicht möglich zu sagen, was deiner Freundin wirklich helfen könnte.

    Zu bedenken geben möchte ich dir aber, dass sie immer wieder eine Wahl trifft.

    Und sie nimmt bei ihrer Wahl herzlich wenig Rücksicht auf dich.

    Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie etwas ändert, wenn du dir das weiter gefallen lässt?

    Wie lange kannst, möchtest, darfst du dir diese Situation noch zumuten? Wie viel Energie hast du noch? Wie lange reicht die noch? Und was ist, wenn du selbst keine Energie mehr hast? (Welche Botschaften signalisiert dir dein Inneres zu diesen Fragen?)

    Deine Freundin kann sich letztlich nur selbst helfen, wenn sie denn endlich einsieht, dass sie etwas ändern muss.

    Ich rate dir, zu einer Suchtberatungsstelle zu gehen. Du steckst - verständlicherweise - gefühlsmäßig fest. Bei dem Gedanken, dass deine Partnerin zerstört wird, wenn du für sich selbst sorgst, kann dir ein professioneller Berater möglicherweise weiterhelfen.

    Viele Grüße
    AmSee

    Du kannst nicht zurückgehen und den Anfang ändern,
    aber du kannst jetzt neu anfangen und das Ende ändern.

  • Hallo,

    Deine Freundin ist alkoholsüchtig, das heisst sie kann nicht so viel oder so wenig trinken wie sie will. Der Kontrollverlust tritt bei dir offensichtlich nicht ein, das unterscheidet euch. Sie hat keine Entscheidungsmacht mehr über den Alkohol das musst Du als Fakt akzeptieren. Sie wird also nicht wie du plötzlich mal wieder „ein paar Biere“ trinken können, das heisst bei ihr alles oder eben nichts.

    Ich kenne euch beide ja nicht aber so lange ihr zusammen in dieser „Abend-Bier-Schlaufe“ sitzt wird sie nichts ändern können und sicher auch nicht wollen, und du wirst weiterhin unter ihren Aussetzern leiden.

    Hilfe erfolgt manchmal nur durch nichthilfe,das stimmt für den Alkoholismus ganz besonders. Solange ja alles wie geschmiert läuft gibt es keinen Grund was zu ändern. Viele müssen in ihrer Abhängigkeit allerdings sehr viel verlieren bevor es Klick macht...Beziehung, Führerschein, Arbeit, Wohnung und Gesundheit...bei manchen reicht auch das nicht und sie saufen sich zu Tode. Das sind der grösste Teil der Alkoholkranken. Und selbst wenn deine Freundin sagen wir den Absprung schaffen sollte, wer sagt dir das sie dann zum Menschen wird den du dir so sehr wünschst? Ich habe mich sehr verändert auf meinem Weg in ein abstinentes Leben, mein gesamter Freundeskreis hat sich geändert, meine Aktivitäten, meine Lebenseinstellung, meine Denkweise.

    Du hast hier die Tipps gelesen, ich brauche das nicht zu wiederholen, unterstreiche nur deren Richtigkeit. Du kannst deine Freundin nicht zum aufhören bringen, eventuell zum nachdenken.

    Kümmere dich um dein Glück, du tust dir und ihr einen Gefallen damit. Es könnte durchaus ihren Leidensweg verkürzen wenn Du Konsequenzen ziehst.

    Alles Gute für dich,

    Rina

  • Hallo MrEmp,

    herzlich Willkommen hier im Forum.

    Ich stelle mich mal kurz vor: ich bin Anfang 50, Alkoholiker und lebe jetzt schon lange ohne Alkohol. Ich trank weit über 10 Jahre abhängig, die meiste Zeit davon heimlich. Ich hatte Familie (Frau und 2 Kinder) und konnte meine Sucht bis zum Schluss verheimlichen. Man könnte auch sagen, ich war ein Meister im Lügen. Ich habe bis zum Schluss funktioniert und der absolute Totalabsturz stand jedoch kurz bevor. Nur die Tatsache, dass ich es dann tatsächlich geschafft habe aufzuhören hat mich davor bewahrt.

    Ich will einfach mal auf ein paar Aussagen von Dir eingehen, vielleicht helfen Dir meine Gedanken dabei, die Deinigen etwas zu strukturieren

    Zitat

    Sie verliert sich alle 2 Tage in einem Vollrausch. Der Tag "frei" ist meist ganz schön.


    D. h., Du kennst Deine Freundin im nüchternen oder besser "trockenen Zustand" quasi gar nicht. Denn wenn sie sich abschießt und dann einen Tag lang erholt, baut sie einfach nur den Restalkohol ab um dann sofort wieder loszulegen. Damit hängt sie leider wirklich ganz tief in der Sucht und wie Du ja selbst schreibst, fallen auch die "Erholungstage" bereits ab und an aus.... Nun, ich kenne das von mir. Lange war es so, dass ich, vor allem wenn ich am Vortag für meine Verhältnisse zu viel getrunken hatte, am nächsten Tag gar nichts trank. Manchmal auch 2 Tage nichts. Am Anfang viel mir das noch relativ leicht bzw. ich musste mich gar nicht dazu zwingen, ich hatte einfach keine Lust auf das Zeug. Aber mit zunehmender Dauer und zunehmender Gewöhung änderte sichd das.

    Du darfst also davon ausgehen, dass das was Du jetzt bei Deiner Freundin erlebst, "nur" eine Phase in ihrer Suchtgeschichte ist. Die Sucht wird sich auch bei ihr weiter entwicklen und sie entwickelt sich nicht zurück. Darüber solltest Du Dir im Klaren sein.

    Zitat

    und muss mich mit einer verschobenen Wahrnehmung herumschlagen


    Das ist leider eine "Nebenwirkung" dieser Krankheit. Und auch das wird nicht besser mit Andauern der Sucht. Ich spreche hier wieder nur aus meiner eigenen Erfahrung. Es ist leider so, dass der Trinker sich auch selbst belügt. Wahrscheinlich muss er /sie das auch tun, weil er / sie sonst das ganze Drama gar nicht aushalten könnte. Bei mir war das so, dass ich komplett in eine Parallelwelt abgeglitten bin. Natürlich ging das nicht von jetzt auf gleich sondern es war ein Prozess, der viele Jahre angedauert hat.

    Wenn ich heute auf diese Welt zurück blicke, dann bestand sie auch aus verschobenen Wahrheiten, zum allergrößten Teil jedoch bestand sie aus Lügen. Aus Lügen, die ich selbst in die Welt gesetzt hatte und die sich dann sozusagen verselbständigt hatten. Es ist wahnsinnig schwer das jemanden zu erklären, der selbst nicht betroffen ist oder besser war. Bei mir war das so, dass ich am Ende oft nicht mehr wusste, ob es sich bei meinen Ausagen um Lügen oder Wahrheit handelte. Ich bin derart in diese Scheinwelt eingetaucht, quasi mit ihr verschmolzen, dass ich auch meist nicht mehr wusste, was eigentlich tatsächlich die Realität ist.

    In seltenen Momenten blitzte diese tatsächliche Realität mal auf. Sie war dann aber derart unterträglich für mich (Stichwort Schuldgefühle), dass ich sofort zum Alkohol greifen musste. Und so dachte ich wirklich fast bis zum Schluss, dass ich ja niemanden etwas "täte", weil ja niemand wusste das ich trank. Dass jedoch meine Familie entsetzlich litt, weil sie ja meine Veränderung spürten, weil ich emotional komplett abwesend war, weil immer wieder Lügen von mir aufgedeckt wurden die ich dann aber wieder mit noch größeren Lügen "gerade bog", das kapierte ich gar nicht.

    Das ist nun sicher nicht komplett vergleichbar mit der Situation die Du mit Deiner Freundin hast. Alles was ich Dir damit sagen möchte: Sie lebt in einer anderen Welt. Einer Welt, in die Du keinen Zutritt hast. Egal was Du machst, Du kommst da nicht rein.

    Zitat

    Leider glaube ich, dass ich auch - Schritt für Schritt - einen Rahmen geschaffen zu haben in dem das alles "ok" ist.


    Für den Fall, dass Du Dir hier Vorwürfe machen solltest möchte ich Dir sagen: Deine Freundin ist für ihr Leben selbst verantwortlich. Sie entscheidet ALLEINE was sie damit machen möchte. Sie ist diejenige, die es in der Hand hat. Wenn sie trinken möchte, dann kann sie trinken. Wenn sie damit aufhören möchte, dann kann sie auf zahlreiche Hilfsangebote zurück greifen und den Weg aus der Sucht antreten. Egal was Du machst oder in der Vergangenheit gemacht hast: Sie hat das Glas zum Mund geführt und getrunken. Ich nehme jetzt mal nicht an, dass Du sie mit vorgehaltener Waffe dazu gezwungen hast, um es mal bildlich zu sagen. Es war und ist also ihre Entscheidung, egal welche Rahmenbedingen um sie herum waren oder sind. Du bist da raus, wie Du überhaupt hier komplett raus bist. In diesem Stück hast Du bestenfalls eine unbedeutende Nebenrolle... Leider.

    Zitat

    Ihr ist bewusst dass sie Alkoholsüchtig ist (ihr Vater ist es schließlich auch).


    Gut, dann ist das auch geklärt. Sie weiß es und sie sagt es sogar selbst. Vielleicht auch kombiniert mit einer Packung Selbstmitleid und dem Hinweis, dass das ja so kommen musste, weil ja der Vater auch Akoholiker ist/war. Das zeigt aber doch auch nochmal ganz deutlich, dass sie aktuell nicht vor hat, etwas an dieser Situation zu ändern. Es ist wie es ist, so kommt das bei mir an. Und es ist logisch, das es so ist. Und ändern möchte sie nichts.... Zumindest lese ich da nichts aus Deinen Zeilen heraus. Bleibt mir nur wieder zu sagen: das ist ihre Entscheidung und ihre Verantwortung.

    Zitat

    suhlt sie sich eher im Selbstmitleid welches ihr anscheinend auch die Berechtigung gibt weiterzutrinken - "alle anderen sind schuld", der typische Teufelskreis.


    Hier beschreibst Du ja nochmal dieses ganz typische Verhalten eines Alkoholikers. Kenne ich von mir auch sehr gut. Das hat auch etwas mit der von mir weiter oben beschriebenen Parallel- und Scheinwelt zu tun. Die Realität wird ausgeblendet, sie muss ausgeblendet werden, sonst ist das alles gar nicht zu ertragen. Ja, sie ist KRANK, schwer krank, nichts andere bedeutet das. Aber diese Krankheit unterscheidet sich eben von den meisten anderen. Sie kann nämlich erst mal nur vom Kranken selbst bekämpft werden, von Außen ist an sie nicht heran zu kommen. In aller Regel ist das so, wobei natürlich entsprechende "äußerliche" Ereignisse beim Betroffen etwas auslösen können. Z. B. den oft zitierten "Klick" auslösen, der dann ganz plötzlich dazu führt, dass der Betroffene sich helfen lassen möchte oder einfach soweit ist, dass er sagt: jetzt ist Schluss. Bei mir war das übrigens so, völlig ungeplant.

    Leider kann man dieses Ereignis nicht bewusst herbei führen. Es gibt keine Formel dafür und bei den allermeisten Alkoholikern tritt dieses Ereignis oder auch einfach nur die Erkenntniss jetzt aufhören zu wollen, gar nicht ein. Es sind nur die wenigsten der Alkoholiker, die überhaupt offensiv etwas gegen ihre Sucht unternehmen und von denen die es tun, sind es wiederum nur relativ wenige, die es dann auch tatsächlich dauerhaft schaffen. Will sagen, auf so ein Ereignis bei Deiner Freundin zu hoffen oder gar zu warten, hat großes Potenzial für eine never ending story.... leider.

    Zitat

    ielleicht aber auch nicht? Die nicht-betrunkene Freundin mag ich sehr gerne (selbst wenn da auch nicht alles perfekt läuft). Es fühlt sich an als wäre ich in einer Beziehung mit zwei verschiedenen Menschen.


    Das hast Du sehr schön formuliert. Die "nicht betrunkene Freundin"... Das hat aber nichts mit einer "trockenen" Freundin zu tun, das möchte ich Dir auch nochmal schreiben. Sollte Deine Freundin wirklich irgendwann mal aufhören wollen (was ich ihr wirklich sehr wünsche) und sollte sie es dann auch tatsächlich schaffen, dann hast Du es aller Voraussicht nach mit einem anderen Menschen zu tun. Denn wenn sie z. B. mit Hilfe einer Therapie in ein Leben ohne Alkohol starten sollte, dann wird sie sich verändern, sehr verändern. Das muss ja auch so sein, denn sonst käme sie da ja nicht raus. D. h. auch Du wirst Dich verändern oder wenigstens anpassen "müssen", wenn Du mit ihr weiter zusammen leben möchtest.

    Es ist nicht so selten, dass sich Paare getrennt haben, nachdem der trinkende Partner trocken wurde. Die meisten die ich gesprochen/gelesen habe, berichten davon, dass es ein langer Weg war und dass auch der nicht trinkende Partner bereit sein musste, die Beziehung neu zu "erlernen". Das schreibe ich jetzt nur um Dir zu zeigen, dass nicht alles einfach gut wird, wenn sie zum trinken aufhören würde. Ich will aber auch sagen, dass ich Paare kenne, die nachdem sie diesen Weg gemeinsam gegangen sind, heute (zumindest soweit ich das beurteilen kann) eine sehr gute Beziehung miteinander haben. Es war aber bei allen ein Prozess der oft sehr lange andauerte. Am Ende geht es ja auch darum, Vertrauen neu zu erlernen. Nur Du selbst kannst wissen und entscheiden, ob Du überhaupt bereit wärst, diesen langen Prozess mit Deiner Freundin zu gehen, sollte sie tatsächlich irgendwann mal etwas gegen ihre Sucht unternehmen wollen.

    Zitat

    Wenn ihr einen Tipp habt, gerne.


    Hier hast Du von meinen Vorschreiberinnen ja bereits viele wertvolle Meinungen erhalten. Ich möchte Dir nur nochmal sagen, dass Du sehr aufpassen solltest, dass nicht auch Dein Leben von ihrer Sucht dominiert wird. Ich denke, im Moment ist das der Fall. Vielleicht magst Du Dich ja auch mal mit dem Thema "Co-Abhängigkeit" beschäftigen. Einfach mal googeln und schauen, ob Du Dich da wiederfindest. Wenn ja, dann scheue Dich nicht davor, Dir professionelle Hilfe zu suchen.

    Aus meiner Sicht ist es wichtig, dass Du die Verantwortung für DEIN Leben übernimmst und Deiner Freundin ihres lässt. Dazu hast Du aber ja schon von meinen Vorschreiberinnen sehr viel geschrieben bekommen und wenn ich das jetzt wiederhole wird es dadurch auch nicht richtiger. Wenn Du nicht dauerhaft unter ihrer Sucht leiden willst, dann bleibt Dir nur, Deinen eigenen Weg zu gehen. Und das hat dann auch nichts mit im Stich lassen zu tun sondern ist sozusagen Selbstschutz. Und sollte sie tatsächlich mal etwas gegen ihre Krankheit unternehmen, also so richtig aktiv (nicht nur ankündigen oder reden), dann bleibt es Dir immernoch unbenommen, sie dann dabei zu unterstützen. Falls Du diesen langen und nicht einfachen Weg dann auch noch gehen möchtest. Das ist allein Deine Entscheidung.

    Ich hätte Dir gerne viel Positiveres geschrieben, bitte glaube mir das. Aber ich kann hier nur das schreiben, was ich selbst erlebt habe und was ich in mittlerweile sehr vielen Gesprächen mit anderen Betroffen an Erfahrungen gesammelt habe. Ich wünsche Dir (und auch Deiner Freundin) nur das allerbeste. Dir, dass Du den richtigen Weg für Dich finden kannst und ihr, dass sie wach wird und den Kampf gegen ihre Sucht aufnimmt und sich damit ihr Leben zurück holt.

    LG
    Gerchla

  • Hallo AmSee13, Rina und Gerchla,

    ich danke Euch vielmals für Eure offenen und ausführlichen Hilfestellungen.

    Eure Ausführungen haben mir sehr geholfen um manches Verhalten besser einzuordnen und welchem Ausmaß des Problems ich eigentlich gegenüberstehe. Am schmerzlichsten ist wohl die Erkenntnis, dass sie mit mir keine Chance hat. Auch wenn ich diesen Satz öfter gelesen habe "wenn man Helfen will ist es leider manchmal besser zu gehen", wollte dieser bisher nicht so richtig einsickern. Selbst wenn ich sie auf dem Weg trocken zu werden begleiten wollen möchte, befürchte ich dass es mit mir nicht erst dazu kommt und selbst wenn, ist unsere Beziehung doch eine potentielle Quelle für Konflikte, die den Rückgriff zum Alkohol katalysieren kann. Das würde ich wohl auf Dauer nicht verkraften.

    Nochmals vielen Dank!
    LG, MrEmp

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