Anonym und wieder kurz vor dem beruflichen und sozialen Ruin.

  • Hallo Ihr!

    Ich bin 37 Jahre alt und habe endlich meine Berufsausbildung abgeschlossen. Ich habe 13 Jahre dafür gebraucht.
    Ihr könnt Euch vorstellen, welches Problem diese Zeit verursacht hat.
    Vor 4 Jahren musste ich alles abbrechen. Ich hatte aufgrund der Trinkerei zuerst meine Beziehung verloren, die Wohnung, danach meine Ausbildung und zu guter letzt den Führerschein (das zweite Mal). Ich landete ganz unten bei Hartz IV.
    Ich lebte davon 2 Jahre.
    Ich berappelte mich vor 2 Jahren wieder, alleine, ganz ohne Therapie und zog meine Ausbildung durch.
    Ich erhielt dieses Jahr eine Feststellung. Leider hat mich bei meinem derzeitigen Arbeitgeber eine Karriere von nicht allzu wenigen Fehltagen angesammelt, da ich während der Ausbildung wieder zu trinken anfing.
    Auch jetzt habe ich 4 Tage gefehlt und nun wurde ein Personalgespräch angesetzt, bei dem ich mit der Kündigung aufgrund meiner Fehlzeiten rechne.

    Heute ist der 2. Tag an dem ich nichts trinke. Ich möchte es unbedingt wieder schaffen nüchtern zu sein.
    Ich habe einen tollen Partner an meiner Seite, der sehr viel mitgemacht hat. Er unterstützt mich sehr.
    Nun habe ich wieder Angst vor dem sozialen und beruflichen Absturz.

    Ich hoffe sehr, hier ein wenig ein offenes Ohr zu bekommen. Und ein wenig meine Sorgen teilen zu können.

    Liebe Grüße

  • Hallo Anonym!

    Willkommen bei uns im Forum!

    Du weisst ja im Grunde, wo der "Hase im Pfeffer" liegt. Du kannst, genauso wenig wie ich,
    mit Alkohol umgehen.

    Und um das zu stoppen, muss man das erste Glas stehen lassen. Aber das alles weisst Du ja schon.

    Warst Du mal bei einem Arzt, um über Dein Problem zu reden, und um Unterstützung zu bekommen?

    Fehltage kann man sich heutzutage nicht mehr wirklich leisten, wenn man den Job nicht verlieren will.
    Auch da kann ein Arzt helfen! Hast Du ohne Krankmeldung gefehlt?

    Wie ist der Stand der Dinge, was kam bei dem Personalgespräch heraus?

    Elly

    Das Leben ist nicht immer einfach, aber eindeutig einfacher ohne Alkohol zu bewältigen!

  • Hallo

    Ich wäre offen am deiner Stelle. Also beim Gespräch. Würde sagen, du hast ein Problem (ob psychisch oder mit alkohol musst du wissen), aber dass du dir ambulante Hilfe gesucht hast. Und ich würde gleich heute beim Arzt anrufen und einen Termin machen.
    Falls du jetzt vier Tage ohne Krankmeldung gefehlt hast, würde ich heute nachträglich eine beim Arzt holen.

    Du musst dem Arbeitgeber zeigen, dass du den Job willst und dass du deine Probleme in den Griff bekommst, ohne dass es ihm allzu sehr einschränkt. Also ohne dass du mich sehr oft und lange fehlen wirst. Daher ambulant...

    LG

  • Guten Morgen Anonym,

    herzlich Willkommen hier im Forum.

    Ich bin 50 Jahre alt, Alkoholiker und lebe jetzt schon lange ohne Alkohol.

    Da eierst Du ja schon ziemlich lange herum. 13 Jahre für eine Ausbildung, das klingt rekordverdächtig. Und alles, weil Du mit Alkohol nicht umgehen kannst. Und es bisher trotz einiger Versuche nicht geschafft hast von dem Zeug weg zu kommen.

    So ganz pragmatisch von der Seite betrachtet kommt man da eigentlich schnell zu folgendem Ergebnis: Wenn es jetzt über 13 Jahre mit den von Dir angewandten "Methoden" nicht funktioniert hat, dann muss ein Strategiewechsel her. Klingt natürlich einfacher als es wahrscheinlich für Dich ist.

    Einfach mal ein paar Gedanken von mir dazu:

    Zitat

    Ich berappelte mich vor 2 Jahren wieder, alleine, ganz ohne Therapie und zog meine Ausbildung durch.


    Vielleicht wäre es jetzt mal an der Zeit es nicht alleine zu versuchen. Da Du Dich ja hier angemeldet hast bist Du schon einen ersten Schritt in diese Richtung gegangen. Aber vielleicht würde es Dir helfen, wenn Du mal die ganz "klassischen" Hilfsangebote in Anspruch nehmen würdest. Oder hast Du das in der Vergangenheit vielleicht schon gemacht, ohne Erfolg? Ich weiß es ja nicht, Du hast aber ja nichts darüber geschrieben.

    Du könntest zum Arzt gehen, Du könntest mit der Suchtberatung sprechen und Du könntest, als ganz niederschwelliges aber oft sehr erfolgreiches Angebot auch mal bei einer Selbsthilfegruppe vorstellig werden. Möglicherweise könnte Dir eine Therapie helfen. Ob nun langzeit oder ambulant, das wären dann Dinge die Du mit dem Arzt absprechen könntest.

    Nicht jeder "muss" eine Therapie machen um von dem Zeug weg zu kommen, ich selbst habe auch keine klassische Therapie gemacht, hatte jedoch trotzdem ärztliche und psychologische Hilfe. Trotzdem sind die angebotenen Therapieformen für viele ein sehr guter Weg um das richtige Handwerkszeug für ein dauerhaftes Leben ohne Alkohol zu bekommen.

    Ich möchte Dir noch von einer Erfahrung berichten, die ich sowohl selbst gemacht habe aber auch von sehr vielen anderen trockenen Alkoholikern so mitgeteilt bekommen habe. Wenn man wirklich von dem Zeug weg will, dann reicht es nicht aus "nur" nicht mehr zu trinken. Nur nicht mehr trinken kann man u. U. sehr lange durchhalten. Ich selbst hab's mal auf fast ein Jahr gebracht, wo ich nichts verändert habe außer das ich keinen Alkohol mehr trank. Eine unscheinbare Situation brachte mich dann innerhalb weniger Tage wieder auf die Spur. Ich kenne aber auch einen Alkoholiker, der fast fünf Jahre "nur nichts trank" und dann rückfällig wurde. Und mir im Nachhinein berichtete, dass er fast die ganzen fünf Jahre immer an Alkohol gedacht hat und seinen Rückfall quasi jahrelang im Kopf vorbereitet hat.

    Ich weiß nicht, was Du so getan hast in den Zeiten Deiner Trinkpausen. Ob Du Dich mit Deiner Sucht auseinander gesetzt hast, ob Du die trinkfreie Zeit genutzt hast, um elementare Dinge Deines Lebens zu verändern. Ob Du heraus gefunden hast, warum Du trinken musstest und ob Du Strategien entwickelt hast wie Du künftig diese Trinkgründe umgehen, bzw. verhindern oder beherrschen kannst. Wenn man das tut, läuft es am Ende bei vielen einfach darauf hinaus, dass sie ihr Leben grundlegend verändern. Nicht selten ist damit dann auch ein verändertes soziales Umfeld verbunden. Oft auch mal ein Ortswechsel, was aber sicher nicht immer notwendig sein wird. Langzeittrockene Alkoholiker berichten fast immer davon, dass nichts oder kaum mehr etwas so ist, wie es zu Trinkerzeiten war, dass sich Verhaltensweisen grundlegend verändert haben, oft auch, dass sich das soziale Umfeld grundlegend verändert hat. Das Freunde verlorgen gegagen sind, verloren gehen mussten und ganz andere dazu kamen.

    Ich kann das von mir genau so bestätigen. So lange ich dachte, ich könnte es alleine damit schaffen, dass ich eben einfach nichts mehr trinke, bin ich immer gescheitert. Mal früher, mal später. Erst als klar war: Jetzt will ich wirklich weg und jetzt bin auch bereit ALLES dafür zu tun, hat es funktioniert. Auch da war es kein einfacher Weg. Aber dieser Weg fühlte ich für mich von Anfang an ganz anders an als die Trinkpausen vorher.

    Insofern, wenn Du wirklich weg willst, dann verändere etwas. Gehe es richtig an, probiere Hilfsangebote aus, schau was da zu Dir passt. Finde (mit Hilfe) heraus, was da bei Dir genau los ist. Die Alkoholsucht ist eine psychische Erkrankung, genau da musst Du ran. Du bist psychisch krank, Du brauchst einen Ersatzstoff um Dein Leben auszuhalten. Um das abzustellen musst Du es verändern. Wie und wo und was, das musst Du selbst heraus finden, das wird Dir aus der Ferne niemand sagen können. Aber vielleicht hilft Dir dabei ein Therapeut oder ein Psychologe, der Dich näher kennenlernen kann. Wenn Du es zulässt...

    Alles Gute wünsche ich Dir und einen guten Austausch hier im Forum.

    LG
    gerchla

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