Man kann dir den Weg weisen, gehen musst du ihn selbst...

  • Hallo liebe Community,

    mit diesem Zitat von Charlie Chaplin möchte ich mich bei euch gerne vorstellen.
    Ich heiße June, bin Anfang 40 und Mutter zweier wunderbarer Jungs (12 Jahre und 10 Monate).
    Und am Freitag am Tiefpunkt meiner Alkohol-Karriere angelangt.

    Ich habe seit meinem 20. Lebensjahr immer gerne am Wochenende getrunken (wie alle anderen Jungen auch)
    ...durch 3 Suizide in meiner engen Familie bin ich dann immer mehr dem Alkohol anhängig geworden.

    Wirklich schlimm wurde es ab 2015, als ich mit meinem Exmann ein Restaurant leitete und ständig Zugang zum Alkohol hatte.
    Ich hatte dann auch für 1 Jahr meinen Führerschein verloren (1,1 Promille).

    Seit ca. 6 Monaten (nach dem Abstillen) trinke ich exzessiv und auch harte Sachen (wodka, Schnaps, Rum)

    Ich bin eine Meisterin der Tarnung (wie wohl alle Alkoholiker) ; an offiziellen Anlässen trinke ich 1 Glas Sekt und dann nur noch Wasser, denn der Vodka befindet sich in meiner Tasche und wird auf dem WC getrunken....

    Letzten Freitag war ich auf einer Familienfeier und als ich zur Toilette bin (ohne eigenen Sprit) habe ich auf dem Weg dorthin eine Flasche Haselnussschnaps gefunden; nicht nur, dass ich mir einen großen Schluck gegönnt habe, NEIN!!! ich habe die Flasche mit nach Hause genommen....)

    Seitdem reagiert niemand mehr auf meine Nachrichten was sehr seltsam ist: ich denke, es ist aufgefallen!

    Seitdem kann ich nun nicht mehr schlafen vor schlechtem Gewissen; FÜR MICH WAR DAS DER POINT OF NO RETURN!!!

    Tiefer sank wohl nur noch die Titanic!!! Ich habe für morgen ein Telefontermin in einer Suchtberatung ausgemacht und heute alles meinem Mann erzählt.
    Ihm ist nur selten etwas aufgefallen!!!!

    Ich erhoffe mir hier ganz viel zu lesen, was mir hilft durchzuhalten; was mir MUT macht und mir zeigt: ICH BIN NICHT ALLEINE!!!

    Ich möchte mich mit einem Zitat von J. Campbell verabschieden:

    "Du musst das Leben, das Du geplant hast aufgeben, damit du das Leben führen kannst, das auf dich wartet...!"

  • Hallo, June, und HERZLICH WILLKOMMEN hier bei uns im Forum :welcome:

    Kurz zu mir: Ich bin m, 57, Alkoholiker und - nach mehreren Anläufen - nun seit 12 Jahren trocken. Und das sehr zufrieden. Heißt: mir fehlt und ich vermisse NICHTS!!

    Dass Du Deinem Mann gegenüber die Karten auf den Tisch gelegt und Dir auch gleich einen Termin bei der Suchtberatung gesucht hast 44.
    Zum Glück geht es ja jetzt wieder etwas besser mit persönlichen Beratungen und Gesprächen und hoffentlich nehmen auch bald wieder die SHG ihren normalen Betrieb wieder auf.
    Denn ICH finde, nichts hilft so gut, wie das Gespräch mit Gleichgesinnten, mit Menschen, die die gleichen Probleme haben bzw. hatten und die wissen/verstehen, wie es einem geht.
    Jemand, der kein Suchtproblem hat, der KANN - auch wenn er es versucht - nicht verstehen.

    Zitat

    Ich erhoffe mir hier ganz viel zu lesen, was mir hilft durchzuhalten; was mir MUT macht und mir zeigt: ICH BIN NICHT ALLEINE!!!

    Nun, hier hast Du genug Lesestoff ;)
    Und wenn Dir das nicht ausreicht, dann schau doch mal in unsere Literatur-Ecke, da gibt es noch mehr Empfehlungen. Ich persönlich kann Dir nur wärmstens "Alk. Fast ein medizinisches Sachbuch" von Borowiak empfehlen - sehr humorvoll, mit viel Augenzwinkern, aber doch sehr informativ.

    Achso, und noch etwas empfehle ich Dir dringend: Morgen Deinen Hausarzt aufzusuchen und dort reinen Wein einzuschenken! Denn so ein "kalter Entzug" ist nicht ungefährlich!!
    In unserer Linksammlung findest Du mehr, wo Du Dich zum Thema informieren kannst.

    Ich wünsche Dir einen guten Austausch und viel Erfolg!

    Gruß
    Greenfox

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Hallo!

    Ergänzend zu den Ausführungen zu Greenfox noch der Hinweis: Nimm Kontakt zur Suchtberatung auf.

    Das war für mich neben dem Doc der schwerste Schritt: Ein paar Bücher übers Internet bestellen ist ja kein Problem und genau so anonym zu erledigen wie hier im Forum zu posten. Sich vor anderen "Aug in Aug" einzugestehen, dass man gestrauchelt ist (diplomatisch umschrieben), das ist 'ne richtige Herausforderung gewesen.

    Dann zur ersten Gruppenrunde: War mir das peinlich. Eine innere Stimme sagte mir, jetzt stehst Du hier mit diesen ganzen kaputten Typen, so weit hast Du es gebracht. Bei näherem Hinsehen waren die meisten Teilnehmer ganz und gar nicht kaputt, sondern standen voll im Leben, sonst wären sie auch für eine ambulante Therapie nicht geeigent gewesen.

    Aber die Gefühle, die mich da überkamen, waren eine enorme Motivationshilfe, eine Initialzündung, mein Problem in den Griff zu bekommen. Das ist jetzt mehr als 5 Jahre her, seitdem lebe ich unfallfrei abstinent.

    Daher Kopf hoch und Schritt für Schritt voran gehen.

    Gutes Gelingen
    Gruß Rekonvaleszent

  • @ Reko:
    Auch auf die Gefahr hin, wieder als Klugscheißer entlarvt zu werden, aber


    Ich habe für morgen ein Telefontermin in einer Suchtberatung ausgemacht und heute alles meinem Mann erzählt.

    Oder meinst Du: Nimm auch wirklich den Kontakt auf ...

    Das Eine klingt für mich wie "Hab Deinen Post nicht gelesen, will aber etwas sagen", das Andere "Hab Deinen Post gelesen und will Dich unbedingt darin bestärken weil ..." Und in Letzterem stimme ich Dir absolut zu!

    Sorry, aber es kostet Viele auch schon Mut, sich HIER - trotz Anonymität - zu öffnen.

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Hallo June,

    Herzliche willkommen hier!

    Ich bin Rina, 39J verheiratet und Mutter von 2 Kindern...
    ...und wie du habe ich nach dem Abstillen irgendwann wieder angefangen zu trinken. Es wurde schnell mehr, öfter, im Versteckten etc...das übliche Drama. Ausser vielleicht, dass ich mich nicht so gut tarnen konnte, machte mich regelmässig bei Anlässen zum Affen. Habe mir also auch so einiges geleistet im Suff, könnte ein Buch füllen.

    Heute lebe ich abstinent, denn es reichte mir irgendwann, ich konnte mich nicht mehr leiden und war der totalen Selbstzerstörung gefährlich nahe. Ich habe den Weg zu einer SHG ebenfalls als einer der wichtigsten erfahren, der Austausch mit Betroffenen ist ein Standbein meiner Abstinenz. Wir lachen da auch viel, manchmal auch gerade über so peinliche Aktionen die man sich im Vollsuff geleistet hat...das entlastet und dedramatisiert ungemein!

    Gut, dass du alles deinem Mann gesagt hast, das ist wichtig, du kannst nicht trocken werden wenn du in deinem eigenen Familienkreis schauspielern musst. Und es ist ein erster Schritt der Akzeptanz, ein sich-annehmen.
    Ich wünsche dir alles gute für dein Gespräch bei der Suchtberatung, versuch brutal ehrlich zu sein, es bringt nichts dinge zu verschönern...

    Bleib dran und mach dir keine Vorwürfe wegen dem Vorfall...falls es wirklich auffiel ist die Katze jetzt wenigstens aus dem Sack! Das habe ich zu mindest als enorme Erleichterung empfunden, ich war entlarvt und konnte entlich aufhören mit dem Versteckspiel, es wusste eh jeder Bescheid! Und nur so als Aufmunterung, ich habe nicht bloss eine kleine Schnappsflasche bei einer Familienfeier mitgehen lassen sondern wurde gekündigt...! Aber stell dir vor, das war nicht mal mein "point of no return"...ich habe dann noch ein Jahr weiter getrunken.

    Zum Glück ist das vorbei...ich liebe es abstinent zu leben, endlich wieder etwas Selbstachtung und Selbstliebe! Keine Blackouts, keine peinlichen sms Mitten in der Nacht, keine "zu ehrlichen" Telefonate von denen ich dann auch die Hälfte vergass...das brauche ich definitv nicht mehr!

    Ich freue mich auf den Austausch mit dir,

    LG
    Rina

  • Hallo June,

    herzlich Willkommen hier im Forum.

    Ich stelle mich kurz vor: 50 Jahre alt, Alkoholiker und nun schon länger alkoholfrei.

    Meine Gedanken zu Deinen Zeilen:

    Zitat

    Tiefer sank wohl nur noch die Titanic!!!


    Ich denke, es geht noch viiiiiiiiiel tiefer. Frei nach dem Motto: "Schlimmer geht immer". Wenn Du weiter trinkst hast Du gute Chancen noch Dinge zu erleben, die Dir Dein Haselnussschnaps-Erlebnis geradezu lächerlich vorkommen lassen werden.

    Aber vielleicht war das ja DEIN persönlicher Tiefpunkt. Ich wünsche es Dir, denn das Erreichen des selbigen ist für viele Alkoholiker der erste ernste Anstoß etwas gegen die Krankheit zu unternehmen. Viele sagen, man muss erst seinen persönlichen Tiefpunkt erreicht haben bevor man wirklich bereit für den Ausstieg ist. Ich weiß nicht ob man das als allgemeingültig bezeichnen kann, aber es ist schon so, dass viele davon berichten, das ein bestimmtes Ereignis dann der Auslöser für die Entscheidung mit dem Trinken aufzuhören war. Andererseits gibt es aber auch sehr viele, die von Tiefpunkt zu Tiefpunkt eilen und ihren persönlichen dann scheinbar nie erreichen. Ehrlich gesagt ist das sogar die große Masse der Alkoholiker. Denn es sind eher wenige, die ernsthaft versuchen mit dem Trinken aufzuhören.

    Zitat

    Ich erhoffe mir hier ganz viel zu lesen, was mir hilft durchzuhalten; was mir MUT macht und mir zeigt: ICH BIN NICHT ALLEINE!!!


    Also eines kann ich Dir mit Sicherheit sagen: Du bist keinesfalls alleine. Hier im Forum triffst Du auf Menschen, die entweder so wie Du, gerade noch am Suchen sind oder auf solche wie mich, die das schon länger hinter sich haben. Wir alle haben eines gemeinsam: Wir sind Alkoholiker. Und da draußen gibt es noch unglaublich viel mehr davon. Die meisten leugnen es, viele ahnen oder wissen es und leben einfach damit, solange es eben geht. Die Welt um uns herum ist voll mit funktionierenden Alkoholikern und mit einigen wenigen, denen man ihre Sucht auf den ersten Blick ansieht und die damit das darstellen, was sich "die Allgemeinheit" so als Alkoholiker vorstellt. Nämlich den Penner auf der Parkbank mit der Flasche im Arm. Aber die Realität sieht eben anders auch. Zwischen all den glücklicherweise vielen Menschen ohne Suchtproblem tummeln sich die ganzen funktionierenden Alkoholiker, die ihr Leben vermeintlich gut im Griff haben aber denen man eben nicht hinter die Stirn schauen kann. Genau so einer war ich auch. Nach außen alles prima, nach innen ein totales Wrack, zumindest in den letzten Jahren meiner Karriere.

    Also Du bist keinesfalls alleine. Aber, das allein wird Dir nicht helfen. Wie schon geschrieben, es sind leider nur wenige die versuchen heraus zu kommen und von denen die es versuchen sind es wiederum wenige, die es dauerhaft schaffen. Einen Königsweg wie man es schafft gibt es leider nicht. Das wäre schön und könnte sehr viel Leid und Elend ersparen. Aber den gibt es nicht, jeder muss seinen eigenen Weg finden. Was aber sehr vielen geholfen hat ist, dass sie diesen Weg nicht alleine gegangen sind. Die meisten die es schafften hatte Hilfe dabei. Für viele ist dabei der klassische Weg, also Entgiftung, Therapie, etc. sicher ein sehr guter. Aber es gibt auch viele andere Beispiele von Menschen, die z. B. "nur" mit Hilfe ihrer SHG trocken wurden und blieben oder die punktuell spezielle psychologische Angebote genutzt haben. Oder ganz andere Hilfen, ganz andere Wege gingen. Ganz allein, also sozusagen heimlich trocken werden ohne das jemand was merkt, so nur mit sich alleine, ist sicher schwer. Ich hab es mehrmals versucht und bin immer gescheitert.

    Darum nun auch meine Frage an Dich: Was ist Dein Plan? Hast Du einen? Wie willst Du vorgehen? Arzt? Suchberatung? Entgiften tust Du ja im Moment wahrscheinlich selbst, also ohne ärztliche Begleitung. Zum Thema kalter Entzug schreibe ich jetzt mal weiter nichts, das haben andere ja schon getan. Dazu kannst Du auch googeln oder hier im Forum nachlesen.

    Wenn Du es also wirklich ernst meinst und auch heute noch der Meinung bist, dass es für Dich tiefer nicht mehr geht und Du ab sofort ohne Alkohol leben möchtest, dann hole Dir am besten so viel Hilfe wie Du bekommen kannst. Sei bereit alles zu probieren, was nicht bedeutet, dass Du dann auch alles machen musst. Du musst und wirst selbst heraus finden, was gut für Dich ist und was nicht. Aber es ist sehr hilfreich, wenn nicht sogar eine Voraussetzung, wenn man bereit ist alles für ein Leben ohne Alkohol zu tun. Vor allem in der Anfangszeit war es für mich enorm wichtig, dass ich Hilfe an meiner Seite hatte. Einmal eine SHG, dann einen Psychologen, einen Mönch und einen sehr guten Freund. Mit dieser Kombi kam ich (auch ohne klassische Therapie) gut durch die ersten Monate und je länger ich weg war, desto klarer wurde ich und desto klarer und auch einfacher wurde mein Weg. Ich bin mir aber ganz sicher, dass ich es ganz alleine niemals geschafft hätte.

    Insofern möchte ich Dich ermutigen, Dich zu öffnen um mit den richtigen Menschen über Deine Krankheit zu sprechen und auch Dein weiteres Vorgehen abzustimmen. Denn auch hier gilt: DU BIST NICHT ALLEIN!

    In diesem Sinne wünsche ich Dir alles alles Gute, einen guten Austausch hier im Forum und das Du Deinen Weg aus der Sucht finden kannst.

    LG
    gerchla

  • Hallo June,

    wie geht es Dir denn heute?

    Bist Du noch auf dem richtigen Weg?

    Schreibe doch mal, wie es Dir geht!

    LG Elly

    Das Leben ist nicht immer einfach, aber eindeutig einfacher ohne Alkohol zu bewältigen!

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