Ich würde gerne von mir erzählen

  • Wie so oft wurden "meine" Antworten schon von meinen Vorrednerinnen gegeben:

    Du MUSST garnix, außer irgendwann den Rasen von unten betrachten!

    Entweder Du WILLST Dich mit ihnen treffen und nochmal sinnlos und auf Teufel-komm-raus abschießen - dann fahr.
    Und wenn Du da nicht hinwillst, eben weil da gesoffen wird, da sagst Du aus gesundheitlichen Gründen ab! Es ist allein Deine Entscheidung.

    Genauso wie es Deine Entscheidung ist, was Du mit irgendwelchen "Telefonanfragen oder abendlichen Verabredungen" machst: Wenn Du der Meinung bist, dass Du dahingehen willst, dann frag Dich, was es mit Dir macht, ob es Dich triggert, ob es Dich zum Trinken animiert/animieren würde - und entscheide DANN. Außerdem mach Dir Pläne, entwickle Strategien, wie Du Dich aus Situationen wieder zurückziehen kannst, BEVOR SIE EINTRETEN! Z.Bsp.: Wie komme ich wieder nach Hause? Was sage ich, wenn mir Alkohol angeboten wird?

    Aber es läuft alles auf EINES hinaus: Du musst Dich ENTSCHEIDEN. Denn mit rumeiern kommst Du nicht sehr weit. Und das kann kein Anderer für Dich tun! (Übrigens ist auch KEINE Entscheidung eine Entscheidung!)

    Und was das "langweilige und einsame Leben" anbelangt: Ich bin jetzt seit 12 Jahren trocken und ich leide definitiv nicht unter Langeweile. Natürlich haben sich etliche "Freunde" verabschiedet, weil es bei und mit mir nichts mehr zu trinken gab/gibt - aber das geht mir am Arsch vorbei. Dafür habe ich andere Menschen kennengelernt, die mich so mögen, wie ich bin, ohne dass ich mich verbiegen muss.

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Hallo Sonnenkäfer,

    Ich möchte dir auch kurz meine Gedanken zu deinem Freundinnen-WE und anderen Alltagssorgen ohne Alkohol da lassen:

    Ich kann sehr gut verstehen was du meinst und was da in dir vorgeht. Ich war ja auch mal an diesem Punkt wo ich befürchtete mein Leben wird ab jetzt trostlos langweilig.
    Ich war aber auch an dem Punkt wo ich wirklich aufhören wollte, ich konnte mir nur ein Leben ohne Alkohol nicht recht vorstellen aber mit Alkohol wollte ich auch nicht mehr leben. Mein Wille und die Entschlossenheit zur Abstinenz haben mich so über Monate getragen, manchmal hatte ich auch wirklich ein Gefühl des Versäumnisses, mir entgehe der Spass...Die Dinge haben sich aber mit den Monaten geändert, ich sehe solche Besäufnisse als das was sie sind,traurige und sinnlose Trinkgelage wo jegliche Ehrlichkeit und innere Freude fehlen. Solche Anlässe brauche ich nicht mehr, sie Schrecken mich ab. Ich will da nie wieder hin, das steht für mich fest.

    Manche haben mich da auch nicht immer so verstanden, es war für mich eine Entwicklung die mit der Zeit der Abstinenz gestärkt wurde. Am Anfang war es rational gesehen nicht mehr möglich noch tiefer in den Alkoholsumpf zu fallen also wollte ich komme was komme trocken werden. Und solche Situationen kommen oft...immer wieder...Heute verspüre ich meine Abstinenz als klaren Gewinn, eine Alternative steht ausser Frage.

    Wie gesagt ich musste da erst reinwachsen, Zeit war dabei Ein nicht zu unterschätzender Faktor. Wie gefestigt dein Entschluss nun ist weisst nur du...was ist die Priorität? Was ist das allerwichtigste? Du MUSST nicht trocken leben, du MUSST gar nichts das sehe ich genauso wie meine Vorschreiber. Es ist aber hilfreich zu wissen wo man hin WILL um sich dann nach dem WIE zu orientieren.

    Du hast immer die Wahl zu trinken oder nicht, nicht nur an dem besagten Wochenende, auch am nächsten Geburtstag, Weihnachten, Silvester, Polterabend, Aperitif...Telefonat...die Liste ist endlos.

    Lg
    Rina

  • Hallo Sonnenkäfer,
    ich bin Britt, Mitte 50, alkoholkrank.
    Du hast deine Entscheidung dich mit deinen „Freunden“ zu betrinken schon vor längerer Zeit und ganz bewusst getroffen.
    Du freust dich schon seit Monaten auf dieses Wochenende.
    Endlich ohne Familie und Verantwortung mal so richtig im Vollrausch einen Drauf machen. Also tu es auch, wenn du mit den Konsequenzen leben willst und kannst.
    Ich denke wir können dir hier sonst was erzählen, es würde nichts bewirken.
    Du bist leider noch nicht soweit..
    Aber eins möchte ich dir noch schreiben: Du wirst nach diesen Besäufnissen "ganz klein", jämmerlich, selbstmitleidig und unsicher nach Hause kommen. Mit Wut im Bauch, Schuldgefühlen, Selbstzweifeln, Scham, das Gefühl des Versagens, schlechtem Gewissen, das Gefühl unfähig zu sein und es wieder nicht geschafft zu haben. Ja, die ganze Palette ganz mieser Gefühle werden auf dich eindreschen und der Krieg im Kopf wird schlimmer und schlimmer…und die ganz Enttäuschung über dich selbst wird mit dem nächsten Griff zu Flasche enden.

    Willst DU das?

    Lieben Gruß von Britt

    ~ bevör ik mi nu opregen deed, is dat mi lever egaal ~

  • Hallo Sonnenkäfer,

    Du hast jetzt schon ganz viele Meinungen erhalten. Und im Grunde ist der Tenor ja, dass Du machen kannst was Du willst. Dein Leben, Deine Entscheidung. Und genau so ist es auch. Ich kann mich sehr gut in Deinen aktuellen Zwiespalt hineindenken. Ich hatte genau diesen nämlich auch. Sogar mehrmals. Allerdings nicht ein einziges Mal mehr, seit ich es wirklich geschafft habe vom Alkohol weg zu kommen. Weil ich eben unbedingt weg wollte, kompromisslos und ich von Anfang an gesagt habe: Meine Abstinenz ist mir heilig und nicht verhandelbar. Das sind bei mir jetzt ja schon einige Jahre ohne das Zeug. Ich hatte nicht ein einziges Mal solche Gedanken wie Du sie jetzt hast.

    Aber davor hatte ich das häufiger. Im Grunde habe ich damit viele meiner Trinkpausen beendet. Also nicht alle aber viele. Manchmal haben diese Gedanken bei mir auch geplante Trinkpausen (wobei ich ja immer dachte ich höre jetzt wirklich auf) verschoben. Da war doch immer irgendwo noch ein Geburtstag, ein Treffen mit irgendwem, da war Weihnachten, da war Silvester, da war ein Betriebsausflug, da war immer irgendwas. Und für mich als heimlicher Trinker waren diese offiziellen Anlässe ja dann auch die einzigen, wo ich mal "ohne aufpassen zu müssen" was trinken konnte. Und so habe ich oft gesagt: Da warte ich jetzt noch bis der Geburtstag war oder ich fang erst nach XY an nicht mehr zu trinken. So gingen die Jahre ins Land und dann kamen die Jahre, wo ich das alles erst gar nicht mehr versucht habe, weil ich schon viel zu tief in der Sucht hing.

    Insofern möchte ich mit Britt anschließen. Wenn Du Deine Freundinnen triffst und mit ihnen säufst, dann bist Du halt noch nicht so weit. Dann geht's anschließend wieder von vorne los oder aber Du schlägst erst mal einen längere Zeit wieder ordentlich zu. Weil, dann ist es ja auch schon egal. So war es bei mir zumindest immer. Hatte ich einmal die Pause unterbrochen holte ich erst mal nach was ich versäumt hatte. Obwohl ich mir vorher schwor nur dieses eine Mal, bei dieser einen Gelegenheit, zu trinken und dann ohne Alkohol weiter zu machen. Naja, was schreib ich mir die Finger wund, Du wirst Deine eigenen Erfahrungen machen müssen. Aber es gibt natürlich Gründe weshalb es nur so wenige Alkoholiker schaffen von dem Zeug weg zu kommen. Und einer davon ist sicher auch, dass die Sucht einem vorspielt, man könnte sie ja doch irgendwie im Griff haben. Nur diese eine Mal noch... Eine sehr subtile Angelegenheit.

    Ich mach mal nen Vorschlag: Sag' Deinen Freundinnen das Du Alkoholikerin bist und Dich gerne mit ihnen triffst, wenn sie an diesem Abend auf Alkohol verzichten. Wenn sie das ablehnen, was ja ihr gutes Recht ist denn Du hast ja ein Problem, nicht sie (was u. U. aber Deinen Andeutungen nach auch anders sein könnte), dann findet das Treffen ohne Dich statt. Und sollte es statt finden und sie wollen Dich auch nur ansatzweise zum Trinken überreden (was sie gleichzeitig als Freundinnen disqualifizieren würde), dann bist Du sofort weg.

    Wäre ne Alternative, oder? Und wenn Du noch nicht so weit bist Dich zu outen, dann ist aus meiner Sicht auch eine Notlüge (Krankheit etc.) immer noch besser als zu saufen. Im Grunde ist ALLES besser als zu saufen. Aber wie gesagt, das ist Deine Sache und wenn Du es wirklich ernst meinst, dann solltest Du Dich irgendwann outen. Zumindest den wichtigen Menschen gegenüber. Und dann wird sich ohnehin der Weizen vom Spreu trennen. Trocken werden bedeutet eben auch immer Veränderung, meist sogar ganz erhebliche und einschneidende Veränderungen. Und die sind auch notwendig, Denn wenn dem nicht so wäre, dann könnte ja alles so bleiben wie es ist.

    Alles Gute und ich wünsche Dir, dass Du die richtigen Entscheidungen für Dich treffen kannst.

    LG
    gerchla

  • Guten Morgen ihr Lieben,

    erst mal vielen vielen Dank für eure zahlreichen Beiträge. Letztendlich habt ihr das ausgesprochen, was ich in mir auch schon gespürt habe. Das Problem an dem Wochenende sind glaube ich aber weniger meine Freunde, als ich selbst. Klar würde ich die ganze Dynamik des Wochenendes verändern und sie wären sicher etwas enttäuscht, so wie ich es auch immer war wenn jemand nichts trinken wollte. Irgendwie fühlt man sich da ja etwas verraten. So war es bei mir zumindest immer. Sie würden es aber bestimmt akzeptieren, ich weiß aber nicht ob sie selbst nichts trinken würden. Gehört es doch bei ihnen, genauso wie bei mir immer zu einem gelungenen Abend mit Freunden dazu. Und ich bin mir sehr sicher, das ich dann auch trinken würde, für so eine Situation fehlt mir dann im Moment absolut noch die Stärke. Ihnen zu sagen das ich Alkoholikerin bin und es mehr ist, als ich möchte dieses Mal nichts trinken, dafür bin ich einfach (noch) nicht bereit. Es sind wirklich gute Freunde, aber etwas in mir sperrt sich noch, das in die Welt hinauszutragen. Deshalb habe ich mich entschieden, das Wochenende unter einem Vorwand abzusagen. Ich bin nicht besonders stolz darauf, aber es ist für mich gerade der einzige gangbare Weg. Natürlich fühle ich mich sehr schlecht, das so lange geplante Wochenende zu sprengen, aber ich fühle mich gut mit der Entscheidung für mich einzustehen und auf mich zu achten. Beim nächsten Termin, bin ich hoffentlich schon gestärkter in meiner Entscheidung, kann offen darüber sprechen und bin standhafter in meiner Abstinenz.

    Ich habe mir die letzten Tage einige Folgen von dem Podcast, Ohne Alkohol mit Natalie angehört (falls ihr den kennt, aber ja bestimmt) und habe das Buch von Sarah Heppola gelesen, in dem ich mich sehr schmerzhaft wieder gefunden habe. Außerdem habe ich angefangen das Buch von Catherine Grey zu lesen, da bin ich aber noch nicht sehr weit. Alles in allem erkenne ich langsam sehr deutlich in was für einem Gefängnis ich eigentlich gelebt habe. Immer mehr fallen mir Situationen ein, in denen ich mich schon vor so vielen Jahren so ungesund und definitiv süchtig verhalten habe, es erschreckt mich das ich es nie so gesehen habe. Oft kommen jetzt auch Schamgefühle in mir auf, für im Suff gesagtes, ständige Knutschereien mit Typen die mir eigentlich gar nicht gefallen haben, Weinattacken wegen eigentlich längst vergangenen Geschichten und vor allem auch für die Telefonate. So langsam bin ich mir nämlich nicht mehr so sicher, ob es wirklich nie jemand gemerkt hat.

    "Wahrscheinlich wirst Du feststellen, daß Du zwar nicht ausfallend geworden bist, aber doch recht ausführlich...."
    Das hat RIeke geschrieben und irgendwie wurde mir da ein bisschen heiß, das stimmt nämlich zu hundertprozentiger Sicherheit.

    Die Vorstellung wirklich nie wieder zu trinken, macht mir immer noch große Angst, aber irgendwie sprießt da auch so eine kleine Begeisterung in mir, ein Enthusiasmus mich mit dem Thema zu beschäftigen. Gestern abend habe ich aber plötzlich wieder diesen extremen Drang gespürt was zu trinken. Ich hatte einen wirklich schönen Tag mit meiner Familie, die Sonne schien und dann war da dieses Gefühl das nur eines den Tag perfekt abrunden würde, Wodka und Zigaretten auf dem Balkon... ich wusste das ich das auf keinen Fall machen kann. Aber die Stimmen waren schon laut, die sagten: "So schlimm ist das ganze doch gar nicht, wie du tust." "Ab und zu kannst du doch schon mal was trinken" und und und. Ich war für ca. eine halbe Stunde gestern abend so unfassbar unglücklich über den Fakt das ich jetzt nicht trinken darf. Das war wirklich eine tiefe Traurigkeit. Letztendlich habe ich es irgendwie geschafft, das zu überwinden, aber es hat sich schrecklich angefühlt.

    Abends habe ich dann in dem Buch von Catherine Grey gelesen und mich eben stark, schon in den Anfängen des Buches, wiedererkannt. Auch mein Leben war auf Arbeit und Trinken bzw. Kater zusammengeschrumpft, mehr gab es einfach nicht. Mir ist aber nie aufgefallen wie traurig das eigentlich ist.

    Mein Mann meinte zu mir, als ich ihm erzählt habe das ich Alkoholsüchtig bin, das ich doch auch die ganze Schwangerschaft/Stillzeit frei von Alkohol war und ob es denn dann wirklich so ernst sein kann. Und als er das so sagte, habe ich gemerkt das ich zwar nicht getrunken habe, aber auf gar keinen Fall kann man davon sprechen das ich "frei" davon war. Ich habe glaube ich wirklich jeden Tag daran gedacht, war todunglücklich und eifersüchtig auf alle die trinken konnten. Frei sein, definiert man denke ich etwas anders.

    Ich kann wirklich überhaupt nicht sagen ob ich es schaffe ein alkoholfreies Leben zu führen, ich wünsche es mir sehr. Was mich mit Zuversicht erfüllt, ist wirklich diese kleine Euphorie die sich in mir breit macht, wenn ich mich mit dem Thema beschäftige und daran denke welches Leben ich zukünftig führen könnte. Wie viel Energie und Zeit ich für andere Sachen haben könnte und das ich wieder Freude an so banalen Sachen wie Essen gehen empfinden könnte (Essen gehen fand ich nämlich immer fürchterlich, hat es doch immer nur die Zeit hinausgezögert bis man endlich in die Kneipe gehen konnte). Am Donnerstag war ich seit sehr sehr langer Zeit mal wieder joggen, es war noch nie meine Lieblingsbeschäftigung, aber ich wollte mich gerne bewegen. Zumindest bin ich zufällig an einem Reiterhof vorbeigejoggt, ich bin früher leidenschaftlich gern geritten und der Gedanke kam, warum machst du das eigentlich nicht wieder? Das hat mich total mit Freude erfüllt. Aufgehört habe ich damals weil ich einfach "keine Zeit" hatte oder keine Kraft. Die Vorstellung das wieder anzufangen war so cool. :) Leider gibt es gerade wegen Corona keinen Reitunterricht, aber sie meinten im Juli starten sie wahrscheinlich wieder. Auch habe ich mal angefangen Gitarre zu lernen, Stunden genommen, aber nie geübt zwischen den Stunden, ich hatte ja keine Zeit, musste ja immer trinken oder war so fertig das ich abends nur auf der Couch gelegen bin. Auch das würde ich gerne wieder beginnen. Je nachdem was meine wenige Freizeit, wegen meiner Tochter, im Moment zulässt. Auch gemalt habe ich früher viel, das geht halt rauchend und trinkend auch nicht so gut. Ich merke einfach das ich all meine Interessen vergraben habe und meine Welt wirklich so arg zusammengeschrumpft ist. Mich dem Leben wieder zu öffnen fühlt sich toll an. Unsicher bin ich trotzdem. Es wird nicht einfach werden, ist die Vorstellung ohne Alkohol zu leben einfach doch noch zu neu. Klar habe ich schon immer mal wieder daran gedacht, weniger zu trinken, aber noch nie noch nie noch nie daran GAR NICHTS mehr zu trinken. Ich werde auf jeden Fall eine Weile sämtliche Trigger meiden, wie Telefonieren oder abendliche Treffen. Selbst die Vorstellung dabei vielleicht den ein oder anderen Freund oder Bekannten zu verlieren, macht mir gerade gar nicht mehr so riesige Angst. Ich glaube ich muss einfach alles auf mich zukommen lassen.

    Was ich mich noch frage und da habt ihr bestimmt auch Tipps oder Erfahrungen, wie gehe ich mit diesen ganzen Gefühlen der Scham und der Peinlichkeit um die mich gerade treffen. Werden die einfach irgendwann leiser? Ich wünschte gerade echt, ich wäre nicht dieser Mensch gewesen der all das gemacht hat.

    Danke euch wie immer fürs Lesen!

    Habt einen schönen Sonntag!
    Sonnenkäfer

  • Hallo, Sonnenkäfer!

    Ich freue mich, dass Du Dich doch für ein nüchternes Wochenende entschieden hast 44. :sun:

    Zitat

    Die Vorstellung wirklich nie wieder zu trinken, macht mir immer noch große Angst, aber irgendwie sprießt da auch so eine kleine Begeisterung in mir, ein Enthusiasmus mich mit dem Thema zu beschäftigen.

    Bist Du Dir sicher, dass es ANGST ist, die die Vorstellung einer alkoholfreien Zukunft in Dir auslöst? Oder nicht vielmehr Wehmut, das Gefühl, dass Dir etwas fehlen wird?
    Und Du schreibst selbst, dass Du schon anfängst Dir zu überlegen, mit welch SCHÖNEN Aktivitäten Du die eventuellen Lücken füllen könntest: Reiten, Gitarre …

    Ich habe jedenfalls für mich festgestellt, dass mir überhaupt nichts fehlt. Im Gegenteil - ich habe wieder viel mehr Möglichkeiten (wenn nicht die zunehmenden Zipperlein wären :o ;D )

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

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    können wir nur selber tun!

  • Moin Sonnenkäfer,

    das hast du ja toll hingekriegt. Perfekt. Diese Gedanken, dass es fremd und komisch und traurig und und ist, wenn man keinen Alkohol mehr trinkt, kenn ich auch. Bei mir wurde irgendwann ein Gefühl "wie schön, dass du nicht mehr trinken MUSST" daraus. Ganz fantastisch. Heute kann ich darüber sprechen. Es gibt ja Begegnungen, an denen man Alkohol angeboten bekommt. Erst am Freitag hat mich eine wirklich nette Person, die sich zu einer Freundin entwickelt, gefragt, ob ich nicht einen kleinen Schluck Sekt in meinen Fruchtcocktail möchte. Ich hab dann freundlich und deutlich erklärt warum nicht. Sie hat sofort umgelenkt und gesagt: Alle Achtung. Super. Dann mach du mal schön dein alkoholfreies Leben weiter. Lustig bist du ja sowieso immer. Du lachst so viel.

    Also. Mit der Zeit wirst du die vielen Vorteile genießen. Mach weiter so.
    LG Betty 44. :sun: :sun: :sun:

    Auf dem Weg zu mir lerne ich mich immer besser kennen. <br />Ich habe Freundschaft mit mir geschlossen und freue mich, dass ich mir begegnet bin.<br /><br />Ich bin lieber ein Original als eine herzlose Kopie.

    Einmal editiert, zuletzt von Betty (14. Juni 2020 um 22:14)

  • Lieber Sonnenkäfer,

    was Du schreibst, liest sich richtig gut! Prima, daß Du das Freundinnen-WE abgesagt hast! Und ich finde, Du hast völlig recht: die wahren Gründe kann man zu einem späteren Zeitpunkt erklären. Das hätte ich genauso gemacht.

    Als ich vor zwei Monaten zum ersten Mal hier geschrieben habe, war ich genau wie Du jetzt voller Scham und Schuldgefühle, mein Selbstwertgefühl war absolut im Keller. Folgender Satz, den mir jemand hier geschrieben hat, hat mir sehr geholfen, deshalb kopiere ich ihn Dir hier mal:

    „Zu lernen, dass ich nicht „schuld“ bin, dass ich ein wertvoller Mensch bin, der eine Krankheit entwickelt hat, woran ich nicht „schuld“ bin, aber wofür ich jetzt Verantwortung übernehmen kann, das ist ein Prozess, der beim Trockenwerden in Gang kommt. Das wird auch bei dir so sein, wenn du dir die Chance gibst.“

    Sorge dafür, daß es Dir gut geht!

    Liebe Grüße,
    Rieke

  • P.S. Übrigens kann ich (glaube ich) Deine Angst vor der alkoholfreien Zukunft ganz gut nachvollziehen. Ich glaube, es ist die Angst vor dem Neuen, Unbekannten, vor dem offenen Meer halt. Vor den vielen vielen Situationen, die bisher mit Alkohol liefen, jetzt aber trocken „bewältigt“ werden sollen.

    Aber diese Situationen kommen ja nicht alle auf einmal. Dazwischen sind viele Stunden, Tage, Wochen, die ohne Alkohol einfach unvergleichlich viel schöner sind. Gerade gestern habe ich wieder bemerkt, daß ich die Natur um mich herum sehr viel intensiver wahrnehme, die Vögel höre, einfach glücklich bin zu SEIN.
    Und dann stellt man irgendwann fest, daß auch viele Situationen, wo man früher getrunken hat, eigentlich viel schöner sind ohne Alkohol, wie Betty das ja schon geschrieben hat. Auch wenn man das nie gedacht hätte. Man stellt auch fest, daß es ziemlich viele Leute gibt, die keinen Alkohol trinken und bestens zurechtkommen :)
    Und dann gibt es noch immer die Möglichkeit zu gehen, wenn es schwierig wird. Man muß in keiner Situation ausharren, in der man sich unwohl fühlt. Es ist sehr schön, mit der Zeit herauszufinden, was einem gut tut und was nicht.
    Man stellt außerdem fest, daß man viele Situationen sowieso nicht mehr in seinem Leben haben möchte, so wie Rina das schon geschrieben hat. Mit der Zeit stossen einen Trinkgelage u.ä. einfach ab.
    Man verändert sich. Man ist nicht mehr die Person, die gerne säuft und Partys feiert, deshalb fällt es einem dann auch nicht mehr schwer, es sein zu lassen.
    Das alles dauert. Man verändert sich nicht von heute auf morgen. Aber man verändert sich. Step by step.

    LG
    Rieke

  • Hallo Sonnenkäfer,

    toll das Du Dich gegen das Trinken mit Deinen Freundinnen entschieden hast. Das könnte ein wichtiger Schritt auf Deinem Weg gewesen sein, damit hast Du eine ganz bewusste Entscheidung gegen den Alkohol getroffen.

    Zitat

    Es wird nicht einfach werden, ist die Vorstellung ohne Alkohol zu leben einfach doch noch zu neu. Klar habe ich schon immer mal wieder daran gedacht, weniger zu trinken, aber noch nie noch nie noch nie daran GAR NICHTS mehr zu trinken.


    Ich kann das nachvollziehen. Ohne Alkohol zu leben und das in unserer Gesellschaft, das kann einem schon utopisch vorkommen. Hat er doch einen verdammt hohen Stellenwert und wird sozusagen mit allem in Zusammenhang gebracht was irgendwie Spaß macht.

    Und gerade wenn man am Anfang steht ist dieses "NIE MEHR" ganz groß und vielleicht auch ein wenig bedrohlich. Aber das liegt sicher auch daran, dass es sich für Dich jetzt nach "nie mehr DÜRFEN" anfühlt, also nach einem Verlust. Und wer verliert schon gerne etwas. Gleichzeitig merkst Du aber jetzt schon, das Du auf der anderen Seite auch einiges gewinnen kannst. Wenn Du es jetzt also schaffst, dass aus diesem "nie mehr DÜRFEN" ein "nicht mehr WOLLEN" wird, dann wird auch langsam dieses Gefühl des Verlusts verschwinden. Und wenn Du es schaffst all die positiven Gefühle die Dir der Alkohol verschafft hat auch ohne Alkohol zu empfinden, dann BRAUCHST Du ihn ja gar nicht mehr. Er hat plötzlich keine Daseinsberechtigung mehr, er wird plötzlich reduziert auf das, was er tatsächlich eigentlich ist: Zellgift und Droge.

    Aber dazu braucht es Zeit und damit verbunden eine Veränderung Deiner Sicht- und Denkweise. Insofern ist das hier...

    Zitat

    Ich werde auf jeden Fall eine Weile sämtliche Trigger meiden, wie Telefonieren oder abendliche Treffen. Selbst die Vorstellung dabei vielleicht den ein oder anderen Freund oder Bekannten zu verlieren, macht mir gerade gar nicht mehr so riesige Angst. Ich glaube ich muss einfach alles auf mich zukommen lassen.


    ... aus meiner Sicht erst mal die ganz richtige Herangehensweise. Erst mal verhindern, dass Du in Gefahr kommst. Darum auch nochmal mein "Daumen hoch" für die Entscheidung bezüglich des Treffens mit Deinen Freundinnen.

    Von mir kommt ja immer die gleiche Leier aber ich kann nicht anders, weil ich nur von meinen Erfahrungen berichten kann: Nutze die Zeit um an Dir zu arbeiten. Denke über Dich, Deine Ziele, Dein Leben, über das was Du oder wer Du sein möchtest und wie Du das erreichen kannst, nach. Hinterfrage die Gründe für Deinen Wunsch nach Alkohol und überlege Dir, wie Du Deine Wünsche ohne Alkohol erfüllen kannst. Gibt Dir dafür die Zeit, die Du brauchst, mach das alle in Deinem Tempo aber gehe konsequent voran. Mir hat damals neben viel Zeit mit mir selbst vor allem auch das Reden mit anderen Menschen geholfen. Ich hatte damals eine SHG, ich hatte einen sehr guten Freund und einen Mönch. Reden und Denken, das waren mit meine wichtigsten "Maßnahmen" um ein neues Leben ohne Alkohol erreichen zu können. Und zwar so erreichen, dass es sich für mich an keiner Stelle als Verlust anfühlt (obwohl ich meine positiven Erinnerungen an Alkohol nicht verdrängt habe), sondern ich wirklich nach wie vor jeden Tag dankbar bin, dass ich jetzt dieses wunderbare Leben ohne Alkohol führen darf.

    Alles Gute weiterhin, bleib standhaft. Verwirkliche Deine Ideen (Gitarre, Reiten, Malen) und lass es auf Dich zukommen. Wenn Du merkst, Du läufst Gefahr, dann hol Dir sofort Hilfe. Sprich darüber, machs nicht mit Dir allein aus. Hab nen Notfallplan, wenns doch mal richtig schwer werden sollte. Ich freue mich wieder von Dir zu lesen!

    Alles alles Gute weiterhin.

    LG
    gerchla


  • Hallo Sonnenkäfer,

    toll das Du Dich gegen das Trinken mit Deinen Freundinnen entschieden hast. Das könnte ein wichtiger Schritt auf Deinem Weg gewesen sein, damit hast Du eine ganz bewusste Entscheidung gegen den Alkohol getroffen.


    Ich kann das nachvollziehen. Ohne Alkohol zu leben und das in unserer Gesellschaft, das kann einem schon utopisch vorkommen. Hat er doch einen verdammt hohen Stellenwert und wird sozusagen mit allem in Zusammenhang gebracht was irgendwie Spaß macht.

    Und gerade wenn man am Anfang steht ist dieses "NIE MEHR" ganz groß und vielleicht auch ein wenig bedrohlich. Aber das liegt sicher auch daran, dass es sich für Dich jetzt nach "nie mehr DÜRFEN" anfühlt, also nach einem Verlust. Und wer verliert schon gerne etwas. Gleichzeitig merkst Du aber jetzt schon, das Du auf der anderen Seite auch einiges gewinnen kannst. Wenn Du es jetzt also schaffst, dass aus diesem "nie mehr DÜRFEN" ein "nicht mehr WOLLEN" wird, dann wird auch langsam dieses Gefühl des Verlusts verschwinden. Und wenn Du es schaffst all die positiven Gefühle die Dir der Alkohol verschafft hat auch ohne Alkohol zu empfinden, dann BRAUCHST Du ihn ja gar nicht mehr. Er hat plötzlich keine Daseinsberechtigung mehr, er wird plötzlich reduziert auf das, was er tatsächlich eigentlich ist: Zellgift und Droge.

    ich knüpfe da mal an.

    Also erstens habe ich auch nie einen Gedanken daran verschwendet, nie wieder etwas zu trinken, so lange ich mir das Trinken noch irgendwie ertäglich gestalten konnte. Und das ging bei mir schon sehr lange, denn ich habe mir ein Leben ohne Alkohol die meiste Zeit als dermassen traurig vorgestellt, dass ich lieber wegen der Sauferei gestorben wäre, als aufzuhören.
    Erst als es gar nicht mehr auszuhalten war, dachte ich dann, nüchtern bzw. trocken, also nüchtern als Lebenseinstellung, dauerhaft, kanns eigentlich auch nicht schlimmer sein.

    Und so wie bei Dir auch, kamen mir, als ich dann mal angefangen habe, drüber nachzudenken, alle möglichen Situationen in den Sinn, die weniger besoffen, oder wenn ich gleich etwas anders gemacht hätte, anders gelaufen wären. Wo ich mir letztlich das Leben damit versaut und mir Probleme selbst geschaffen habe, weil mir Alkohol - und früher Drogen - einfach wichtiger waren, wegen dem so tollen Gefühl, was ich zeitenweise aber auch tatsächlich hatte, nur irgendwann halt nicht mehr. Das wurde eine längere Zeit richtig extrem, mir fiel nur noch an allen Ecken und Enden auf, welchen Scheiss ich nun nicht mehr an der Backe habe, so ohne Alkohol.

    Ich hab mir dann auch ausgemalt, und gespürt, wie es anders eigentlich sein könnte. Allerdings, kleiner Wermutstropfen, hielt bei mir die anfängliche Euphorie schon einige Monate, ging Einiges ziemlich super was mit Alkohl sicher nicht mehr gegangen wäre. Aber dann sind bei mir die Bäume auf jeden Fall nicht weiter in den Himmel gewachsen, sondern ich kam dann durchaus auf den Boden meiner Tatsachen zurück. Als das Nüchternsein zur Normalität wurde, kam dann auch der ganz normale Alltag wieder durch und da musste ich dann schon auch noch ein bisschen was ändern.

    Dann zu dem "nie wieder"...also ich wollte sicher nicht mehr trinken, aber bis ich mir wirklich ziemlich sicher war, dass ich das schaffe, das dauerte schon ein bisschen. Eigentlich halfen mir dabei sogar einige Schwierigkeiten, bei denen ich gemerkt habe, dafür brauche ich es dann auch nicht. Sonst wäre das ja immer eine reine Schönwetter-Veranstaltung geblieben, diesem Frieden hätte ich vermutlich nicht getraut.
    Und natürlich hab ich die positiven Sachen dann schon ungetrübt und ohne nachträgliche Reue genossen.

    Was das "dürfen angeht"...ich darf ja, ich will nur nicht und ich brauche es auch nicht mehr. Wenns mir jemals einfallen würde, dass ich doch lieber wieder trinke, gäbe es ja nichts einfacheres als das. Ich könnte ja jederzeit wieder anfangen, wenns mir nüchtern unerträglich wäre oder ich wäre der Meinung es wäre schöner, wieder zu trinken. Also es ist ja nie so, das man da jetzt nicht mehr dran käme.
    Und ich mache das jetzt schon über 19 Jahre ohne Alkohol. Bis jetzt verspüre ich kein Bedürfnis, da dran was zu ändern.

    Gruß Susanne


  • Und das ging bei mir schon sehr lange, denn ich habe mir ein Leben ohne Alkohol die meiste Zeit als dermassen traurig vorgestellt, dass ich lieber wegen der Sauferei gestorben wäre, als aufzuhören.

    übrigens noch was. Ich bin in einem Elternhaus, mit Verwandschaft und einem Freundeskreis aufgewachsen, wo ich eigentlich nie etwas anders kannte als das, dass Erwachsene trinken und dass ein schönes Leben, Feierabend, Urlaub nur mit Alkohol möglich sind. Man wurde ja direkt geadelt, wenn man älter wurde, bekam man beim Familienessen den ersten eigenen Drink als Zeichen des aufkommenden Erwachsenwerdens.

    Ich selbst bin da reingewachsen und hatte dementsprechend auch kein Erwachsenenleben "vorher", auf das ich dann hätte zurückgreifen können. Die ersten Filmrisse hatte ich mit 15, damals war das noch lustig, und damit wars eigentlich schon rum. Also das auch, warum ich mir ein Leben ohne Alkohol nur traurig vorstellen konnte...das hab ich mit der Muttermilch aufgesogen. Im übertragenen Sinn, meine Mutter hat gern einen gezwitschert, allerdings weniger als mein Vater, aber ob sie während der Schwangerschaft auch geschnapselt hat, keine Ahnung. Jedenfalls durfte ich schon sehr früh auch mal nippen.

    Und Kindern lebt man das natürlich vor, die Vorbildfunktion ist einer der Gründe (neben anderen Problemen, die Alkoholikerfamilen haben können) warum Kinder von Trinkern ein deutlich höheres Risiko haben, selbst eines Tages abhängig zu werden, und wenn sich die Eltern noch so sehr einbilden dass die Kinder nichts mitkriegen.

  • Hallo ihr Lieben,

    ich wollte mal wieder was von mir hören lassen. Morgen sind es 14 Tage ohne Alkohol, irgendwie klingt das so extrem wenig. Es fühlt sich nämlich so viel länger her an. Wahrscheinlich weil meine Gedanken fast kontinuierlich um dieses Thema kreisen. Seit gestern empfinde ich es als sehr anstrengend und habe das Gefühl das der Widerstand immer schwächer wird. Die Euphorie von vor ein paar Tagen ist etwas verpufft. Ich habe jetzt auch das Buch von Catherine Grey fertig gelesen und hatte eigentlich gehofft, je mehr ich mich mit dem Thema beschäftige, immer gefestigter in meiner Entscheidung zu werden. Heute denke ich, das ich vielleicht doch noch nicht bereit dazu bin. Aber vielleicht gehört das auch einfach dazu. Wahrscheinlich sollte ich mir jetzt wirklich schnell eine Selbsthilfegruppe suchen, ich glaube ich brauche Gleichgesinnte um mich mit denen ich sprechen kann. Mein Mann fragt seltsamerweise überhaupt nicht nach, wie es mir gerade geht. Er ist generell nicht so der Mensch der viel über Gefühle oder Probleme redet, das bin schon immer ich gewesen. Aber bei dem Thema kann ich irgendwie auch nicht so aus mir herauskommen. Wahrscheinlich auch weil viel Scham mit hineinspielt und es mich auch einfach ärgert oder ich zu stolz bin zuzugeben, wie schwer mir das gerade fällt. Es macht mich auf jeden Fall sehr traurig das es ihn so wenig zu interessieren scheint und er wohl denkt, das ich nichts mehr trinke und das Thema damit abgehakt ist.
    Ich bin auf jeden Fall sehr froh das ich das Wochenende mit meinen Freunden abgesagt habe und ein „sicheres“ Wochenende auf mich wartet. Ich hoffe das schwache Gefühl verflüchtigt sich wieder und die Euphorie kommt zurück. Vielleicht beschäftige ich mich auch zu viel mit dem Thema? Ich lese hier viel, höre Podcasts, lese die Bücher. Eventuell ist das zu viel des Guten. Aber wenn ich das nicht mache, habe ich Angst das Problem nicht mehr als solches erkennen zu können und den Suchtstimmen in meinem Kopf eher nachzugeben.

    Liebe Grüße
    ein etwas verlorener Sonnenkäfer

  • Es gibt natürlich schon Leute, die mehrere Anläufe brauchen, aber dann ist morgen eben wieder der "Tag danach", und falls Du jemals wieder einen Anlauf machst, bist Du dann auch irgendwann wieder bei zwei Wochen.
    Rein rational betrachtest hast Du eben die Chance, das das jetzt psychischer Entzug ist und das das irgendwann besser wird, wenn Du das ganz einfach durchstehst. Kann Dir aber leider niemand garantieren.

    Was könntest Du denn sonst tun, was Dir Spaß machen könnte, oder zum Wohlfühlen beiträgt? Früher hat man immer gesagt, Sauna, aber das ist momentan vielleicht nicht so ideal, aber vielleicht fällt dir ja was ein. Saufen würde Dich ja auch nur nen Moment lang befriedigen und entlasten, denke ich, dann käme der Jammer ja wieder. Also besser einen Genuss ohne so große Reue.

    Und ansonsten, tja, Du hast morgen das Kopfweh, nicht ich...

  • Hallo Sonnenkäfer,

    Du bist gerade dabei Deinen Weg zu finden. Ich würde an Deiner Stelle jetzt nicht die Flinte ins Korn werfen sondern weiter kämpfen. Weiter versuchen den eingeschlagenen Weg zu gehen, vielleicht den Weg ein wenig zu korrigieren, wenn Du das Gefühl hast es tun zu müssen. Korrigieren heißt aber nicht wieder trinken. Es heißt z. B. jetzt doch mal ne SHG zu testen, jetzt vielleicht mal sowas ausprobieren wie Susanne Dir vorgeschlagen hat (was tun das Dir Spaß macht, was zum Wohlfühlen), einfach nochmal etwas verändern. Etwas probieren, aber keinesfalls wieder trinken.

    Ich kann aus eigener Erfahrung sagen, das 14 Tag bis zu 3 Wochen bei mir in der "mittlernen Phase" meiner Sucht genau die Zeiträume waren, innerhalb deren ich meine Trinkpausen meist beendete. Mehr als 4 Wochen schaffte ich zu dieser Zeit gar nicht mehr. Meist war's nach etwa 2 Wochen vorbei, paar Tage mehr, paar weniger. Das ganze 3 bis 4 mal im Jahr. Und genau wie Du schreibst ging das auch bei mir am Anfang relativ leicht, mit großer Motivation um nach 10 Tagen, nach 2 Wochen kamen immer mehr die Gedanken es doch mal wieder probieren zu können. Der große Unterschied zu Deiner Situation war bei mir, dass ich mich während meiner Trinkpausen überhaupt nicht mit meiner Sucht beschäftigt habe. Ich habe nichts gelesen und aus sonst nicht tiefer darüber nachgedacht. Ich habe einfach nichts getrunken, weil ich wusste, dass es zu viel war was ich normal in mich hinein schüttete. Und weil ich eben Angst hatte ich könnte abrutschen.
    Ich war ja aber bereits abgerutscht und jede beendigte Trinkpause hat mir im Grunde bestätigt, dass ich nichts mehr im Griff habe. Aber das konnte oder wollte ich dann auch nicht verstehen.

    Also, Du hast jetzt schon viel erreicht. Man kann 14 Tage so oder so sehen. Klar kann man sagen das sind erst 14 Tage, halt mal die Füße still. Das würde ich dann tun, wenn Du überheblich davon schreiben würdest, dass Du schon über den Berg bist. Tust Du aber ja nicht. Und so sage ich: Du hast schon verdammt lange 14 Tage hinter Dir, und das obwohl Du alkoholsüchtig bist. Damit hast Du die ersten wichtigen Schritte in ein neues Leben ohne Alkohol bereits getan. Und jetzt hängst Du die nächsten 14 Tage dran! Und überdenkst mal Deine Strategie, stellst aber niemals Dein abstinentes Leben in Frage. Da Du Dich ja mit Dir und Deiner Sucht beschäftigst tust Du mehr als "nur" nicht mehr zu trinken. Und deshalb läuft die Zeit hier auch für Dich. Geh diesen Weg weiter, ändere etwas, korrigiere, probiere aus, finde Dich und Deinen Weg. Damit hast Du keine Garantie das es funktioniert aber in jedem Fall eine gute Chance.

    Und dazu:

    Zitat

    Mein Mann fragt seltsamerweise überhaupt nicht nach, wie es mir gerade geht. Er ist generell nicht so der Mensch der viel über Gefühle oder Probleme redet, das bin schon immer ich gewesen.


    Ich weiß nicht, ob Du ihm daraus einen Vorwurf machen solltest oder kannst. Du schreibst ja, dass er nicht so der Typ ist der über Gefühle sprechen kann. Und erschwerend kommt hinzu, dass dieses Thema Alkoholsucht für viele Menschen schwer zu greifen ist. Und wenn man etwas nicht greifen, vielleicht auch nicht verstehen kann, dann tut man sich nochmal schwerer damit umzugehen. Vielleicht hat er aber auch einfach nur ganz einfach Angst etwas falsch zu machen, etwas falsches zu sagen oder zu erfahren das Du wieder trinkst oder auch das es Dir unheimlich schwer fällt nicht zu trinken. Weil er nicht weiß was er dann machen soll, was er dazu sagen soll, etc.

    Verstehst Du was ich meine? Ich habe die Erfahrung gemacht das viele Menschen damit gar nicht umgehen können. Bestes Beispiel sind meine Eltern, die das Thema komplett ignorieren. Aber sowas von komplett. Die eigenen Eltern können nicht mit ihrem süchtigen Sohn, der schon jahrelang trocken ist, über dieses Thema sprechen. Kein Wort, keine Silbe. Und wenn ich es anspreche, sehe ich die Panik und die Verzweiflung in ihren Augen weil sie nicht wissen was sie jetzt tun oder sagen sollen. Und sie wechseln dann schnell und meist ungeschickt das Thema....

    Also, vielleicht hilfts ja, wenn Du ganz in Ruhe und ganz offen mit ihm sprichst. Ihm sagst warum Du mit ihm darüber sprechen möchtest, ihn sozusagen hilfst mit dem Thema umzugehen. Ich möchte fast sagen, hier bist zunächst Du die "Starke", er scheint Hilfe zu brauchen. Vielleicht gelingt es Euch dann hier z. B. einen täglichen Austausch zu haben, auch über genau dieses Thema.

    Ich möchte noch sagen, dass ich Deinen Mann natürlich nicht kenne und das alles auch ganz anders sein kann. Du wirst das selbst gut einschätzen können. Und Du musst das dann natürlich auch selbst wollen. Ich will einfach nur sagen, dass es nicht unbedingt sein muss, dass er Dich einfach ignoriert. Es kann eben auch andere Gründe haben das er sich so verhält.

    Zitat

    Es macht mich auf jeden Fall sehr traurig das es ihn so wenig zu interessieren scheint und er wohl denkt, das ich nichts mehr trinke und das Thema damit abgehakt ist.


    Siehe oben. Vielleicht müsste man genau darüber mal reden..... Denn denken kann man viel. Aber auch Du kannst Deinem Mann nicht hinter die Stirn schauen und weißt somit nicht, was wirklich in ihm ab geht.

    Und selbst wenn es so wäre (was wie gesagt nicht sein muss): Es ist Deines, Dein Leben, Deine Sucht und Du bist dafür verantwortlich. Auch für das was Du jetzt machst und wie Du jetzt damit umgehst. Es ist nicht seins. Gehe Du Deinen Weg und lass ihm seinen. Was aber nicht bedeutet, dass Du das mit ihm nicht besprechen kannst oder darfst. Natürlich ist es immer besser man hat einen Partner an der Seite dem man vertraut und der einen begleitet als einen dem alles egal ist.

    Und nochmal was zu den 14 Tagen und Deiner Aussage, dass Du vielleicht einfach noch nicht so weit bist: Dir ist schon klar, dass das, also diese Gedanken, durch die Sucht gesteuert sind? Es ist genau das, was Susanne Dir geschrieben hat: psychischer Entzug, also die eigentliche Sucht. Das körperliche liegt schon eine Woche oder mehr hinter Dir. Das psychische ist jetzt das worum es im Grunde und eigentlich grundsäztlich geht. Diesem Druck gilt es jetzt erst mal Stand zu halten. Und dabei darfst Du gerne auch auf Zeit setzen. Sie läuft für Dich, sofern Du etwas tust, Dich beschäftigst, Dich weiter entwickelst, an Dir arbeitest, Strategien entwickelst. Und das tust Du ja.

    Also halte durch. Denn sonst muss ich nochmal Susanne zitieren: "Du hast morgen das Kopfweh, nicht ich...." Und das wäre doch wahnsinnig schade, weil Du hast schon viel erreicht!

    Alles alles Gute!

    LG
    gerchla

  • Zitat

    Wahrscheinlich sollte ich mir jetzt wirklich schnell eine Selbsthilfegruppe suchen, ich glaube ich brauche Gleichgesinnte um mich mit denen ich sprechen kann. Mein Mann fragt seltsamerweise überhaupt nicht nach, wie es mir gerade geht. Er ist generell nicht so der Mensch der viel über Gefühle oder Probleme redet, das bin schon immer ich gewesen. Aber bei dem Thema kann ich irgendwie auch nicht so aus mir herauskommen. Wahrscheinlich auch weil viel Scham mit hineinspielt und es mich auch einfach ärgert oder ich zu stolz bin zuzugeben, wie schwer mir das gerade fällt. Es macht mich auf jeden Fall sehr traurig das es ihn so wenig zu interessieren scheint und er wohl denkt, das ich nichts mehr trinke und das Thema damit abgehakt ist.

    Das mit der SHG halte ich für eine sehr gute Idee! Schon alleine deswegen, weil Du Dir selbst anscheinend nicht recht über den Weg traust und über Deine momentane Gefühlswelt reden WILLST.

    Nimm es übrigens Deinem Mann nicht zu krumm, dass er nicht nachfragt - zum Einen ist er ein Mann und die reden nun mal nicht unbedingt gerne über dieses Thema an sich (Ich darf das sagen, ich BIN ein Mann ;) ).
    Und zum Anderen ist das hier nun auch noch ein ganz spezielles und auch heikles Thema: Möchte mein Partner/meine Partnerin überhaupt auf dieses Thema angesprochen werden? Könnte ich ihn/sie damit verletzen? Oder gar in noch größeres Gefühlschaos stürzen? Was ist, wenn ich etwas Falsches sage und ihn/sie damit wieder zum Trinken "animiere"?
    Da sind Menschen, die keine Ahnung von der Materie, dem Thema haben, schon von Hause aus arg gehemmt, darüber mit dem/der Betroffenen darüber zu sprechen.
    Ich habe es doch selbst erlebt, wenn ICH versucht habe, von mir aus mit jemand anderem über meine Gefühle und Probleme zu reden. Entweder wurde abgeblockt ("Keine Zeit", "keine Ahnung"), oder es kamen gut gemeinte Ratschläge, die für mich mehr Schläge als Rat waren. Und ich konnte diesen Menschen nicht böse sein - sie wussten es nicht besser, sie konnten es nicht besser wissen.
    In einer SHG wissen die Menschen, wovon ich rede - weil sie zum größten Teil dieselben Probleme haben/hatten/durchgemacht haben.
    Im Buch "ALK" beschreibt Simon Borowiak es sehr treffend sinngemäß etwa so: Wenn sich ein Mensch an der Tür den Ellenbogen anknallt, dann stöhnen alle Menschen solidarisch vor Schmerz mit auf - weil sie es alle irgendwie schon einmal selbst erlebt haben. Aber wenn jemand unter Entzug leidet, schauen ihn 95% der Menschen nur verständnislos an.

    Hast Du andererseits schonmal versucht, von Dir aus mit Deinem Mann über Deine momentane Situation und Deine Gefühle zu reden?

    Ich hoffe jedenfalls (nicht nur für Dich), dass jetzt endlich wieder die SHG loslegen ...

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Hallo Sonnenkäfer,

    Glückwunsch zu 14 Tagen alkfrei! Das ist doch schon mal super, irgendwo muss man ja anfangen...bei mir war das vor genau 1 Jahr und 14 Tagen,Ich habe nicht vergessen wie es mir damals ging, ich verstehe was du meinst...

    Viele berichten in der Anfangsphase von einer gewissen Euphorie, ich kann von mir nicht behaupten dass es so war. Dieses Hochgefühl kommt bei mir erst Jetzt so richtig, mit der etwas gefestigteren Abstinenz. Zu Beginn hatte ich oft solche Phasen...da muss man einfach durch und den Druck ausreiten. Was mir immer half war mir die Folgen vorzustellen wenn ich trinken würde. Es bleibt ja eh nie bei einem oder zwei Gläsern...ich wollte das Fass! Und wie hätte ich mich am nächsten Tag gefühlt? Dieser Selbsthass, das Gefühl des Versagens...unschöne Vorstellung.

    Ich möchte dir auch sagen wie wichtig der Faktor Zeit auf dem Weg der Trockenheit ist. Gerchla hat es auch schon geschrieben, jeder Tag den du auf das Abstinenzkonto verbuchen kannst wird dich stärken. Zu Beginn ist es wichtig sich das zu verinnerlichen und Erfolge zu „feiern „, sei ruhig stolz auf dich! Bei meinen früheren AbstinenzVersuchen brach ich 4x jeweils nach 3-4 Monaten ein...es endete in einem jeweiligen 5-tägigen Vollrausch und ich musste eine monströse Kraft aufbringen um wieder aufzuhören. Rückfälle gehören zum Krankheitsverlauf dazu (nicht immer) aber nach jedem Rückfall wurde es immer schwieriger. Falls ich nochmals einbrechen sollte bin ich mir nicht sicher es wieder auf die Beine zu schaffen.

    Du gehst die Dinge sehr gut an,ich lese immer noch sehr viel zum Thema. Es begleitet mich schliesslich mein Leben lang ich will möglichst viel darüber wissen. SHG kann ich nur Wärmsteins empfehlen!

    Ich klopf dir mal virtuell auf die Schulter, du hast den Stein ins rollen gebracht!

    Bleib am Ball und viel Kraft!! Als du noch getrunken hast warst du ja auch nicht immer euphorisch...

    Lg
    Rina

  • Moin und schönen Sonntag. Wie geht es dir? Ist bei dir alles in Ordnung und kommst du für dich voran? Vielleicht hast du ja Lust, etwas zu erzählen. LG von Betty

    Auf dem Weg zu mir lerne ich mich immer besser kennen. <br />Ich habe Freundschaft mit mir geschlossen und freue mich, dass ich mir begegnet bin.<br /><br />Ich bin lieber ein Original als eine herzlose Kopie.

  • Hallo Betty,

    danke das du an mich gedacht hast! Tatsächlich wollte ich mich auch die Tage mal wieder bei euch melden. Ist doch schon wieder etwas Zeit vergangen. Ich hatte es geschafft, zum großen Teil auch durch eure Worte das letzte schlimme Tief zu überwinden und bin standhaft geblieben. Seitdem gab es auch erst mal kein ganz schlimmes Verlangen mehr. Ich bin aber auch einige Tage mit meiner Tochter zu meiner Mutter gefahren. Einfach um aus meiner gewohnten Trinkumgebung rauszukommen. Das hat mir über die letzte Woche gut hinweggeholfen.

  • Hallo Sonnenkäfer,
    diese Nachricht ist schön. Ich freue mich für dich. Deine Gefühle sind normal. Ich hatte am Anfang auch dieses Gefühl des Verlustes. Irgendwie und irgendwann war das weg. Ich fand mich immer angenehmer, Schuldgefühle verschwanden und es kam immer mehr Lebensfreude. Das Leben ohne Alkohol wurde immer schöner und ich immer entschlossener. Mach weiter, du wirst mal sehr glücklich darüber sein. Der Weg ist nicht immer einfach, aber er lohnt sich so sehr. Ich bin sehr froh und lebe heute ein tolles Leben.
    LG Betty

    Auf dem Weg zu mir lerne ich mich immer besser kennen. <br />Ich habe Freundschaft mit mir geschlossen und freue mich, dass ich mir begegnet bin.<br /><br />Ich bin lieber ein Original als eine herzlose Kopie.

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