Wie geht es weiter?


  • Hallo Britt,
    ich musste das erstmal sacken lassen. Als ich deine Antwort das erste Mal gelesen habe, war ich sauer. Aber ich wollte das mit dem Gefühl nicht kommentieren.
    Bei mir kam das mal wieder sehr vorwurfsvoll an. "Du sendest zu viele Du-Botschaften, versuch es doch mal mit Ich-Botschaften".


    Hallo Tinka,
    danke, dass du trotzdem geantwortet hast.
    Kennst du dieses Modell? (Fr. Schulz von Thun)

    Dazu kopiere ich einfach mal einen Beitrag aus meinem Thread aus 11/19 hierein:

    Sorry, wenn ich dich verletzt haben sollte.
    Alles Liebe Britt

    ~ bevör ik mi nu opregen deed, is dat mi lever egaal ~

  • Genau deswegen musste ich es erstmal so stehen lassen und mit ein bisschen Abstand sieht man die Dinge schon wieder ganz anders.
    Wäre ich noch verletzt, hätte ich dir nicht geantwortet oder was böses geschrieben ;)
    Also alles gut

    Und ja ich kenne dieses Modell. Und manchmal versteht man die Dinge nur, wie man sie verstehen will.
    Ab und zu muss man seine Denkweise ändern.
    Aber ich lerne noch :)

  • Hallo Tinka,

    wie sieht es denn bei euch aus?
    Hat dein Partner nicht heute den Termin beim Arzt? Konnte er die Zeit bis heute trocken bleiben?
    Ich wünsche euch , dass alles klappt.

    Lieben Gruß von Britt

    ~ bevör ik mi nu opregen deed, is dat mi lever egaal ~

  • Hallo Britt!

    Das ist ja lieb, dass du fragst. Ich hab mich nicht gemeldet, weil es nichts neues gibt.
    Ja heute ist der Termin. Zwischendurch wollte er ihn verschieben, ihm geht's ja gut.
    Nach einigen Gesprächen hat er verstanden, dass da wohl doch etwas mehr dranhängt, die Entgiftung reicht nicht.

    Er hat weiter nichts getrunken. Es geht ihm meistens auch gut.
    Zeitweise denke ich, es wird alles wieder, weil wir uns wieder annähern uns super verstehen und Spaß haben.
    Dann kommen solche Tage wie gestern, wo schon Kleinigkeiten reichen und er ausflippt. Kleine alltägliche Sachen klappen nicht und er schmeißt das dann durch die Gegend und flucht.

    Mir gegenüber wird er nicht aggressiv, aber ich kann trotzdem mit dieser Art schwer umgehen.
    Ich bin dann gegangen. Damit wir beide runterkommen können und uns nicht streiten.

    Ansonsten läuft es so vor sich hin. Heute Arzttermin. Der Rest ist fertig. Wenn der Bericht vom Arzt da ist, kann der Antrag endlich weg.
    Ich freu mich auf die Zeit (auch wenn ich meine Arbeitszeit mit meinem Hund vereinbaren muss, aber das ist soweit geklärt).

    Es freut mich natürlich, dass er nach dem 1. Versuch nichts trinkt (ok ist ja noch nicht lange her). Aber bisher klappt's super, trotz des alten Umfelds. Aber die Entgiftung hat ihm wirklich die Augen geöffnet.
    Ich hoffe, dass die Reha ihm dann weiterhilft.
    Ich meld mich, wenn es was neues gibt.

  • Ich wollte mich Mal wieder melden. Ich hab mich etwas zurückgezogen in der letzten Zeit.

    Es ist leider so, dass es mir gerade nicht gut geht mit der Situation. Ich bin extrem gestresst und war letztes Wochenende nachts in der Notaufnahme wg. akuter Atemnot.

    Ich weiß leider, dass Atemnot bei mir ein Stressfaktor ist,ich hatte das vor einigen Jahren schon mal.

    Ich musste einen Teil von meinem Resturlaub nehmen (war also 2 Wochen zu Hause). Und ich habe gemerkt, es tut mir gerade nicht gut.

    Mein Freund trinkt nach wie vor nicht. Aber ich merke, dass er es als Strafe sieht. Er würde gerne, weiß aber auch, dass er dann ganz schnell wieder an dem ursprünglichen Punkt ist. Deswegen wäre es wichtig, dass er Hilfe bekommt (Reha, Selbsthilfegruppe...). Und ER will nicht mehr trinken, nicht ich quatsch ihm das auf.
    Reha ist beantragt, SHG haben hier immer noch, Coronabedingt, keine Termine.

    Ich komme gerade an meine Grenzen, ich finde das Zusammenleben wirklich schwierig, und er fällt auch wieder in alte Verhaltensmuster. Ist oft einfach überfordert von Kleinigkeiten. Diese Überforderung stresst mich dann.(Aber das ist mein Problem).

    Ihr werdet sagen: Beziehung gescheitert, zieh dich einfach aus.
    Ja das ist richtig. Das ist auch eine Option von mir.
    Ich denke trotzdem, dass sich nach der Reha irgendwas in seiner Denkweise ändert. Also diese Chance kriegt er noch.
    Außerdem haben wir einen Hund, um den ich mich natürlich kümmern werde und das ist kein Hund, der in einer Mietwohnung ohne Garten glücklich wäre. Daher überbrücke ich die Zeit.

    Was meinen Stress angeht, da muss ich an mir arbeiten und mir Auszeiten nehmen.

    Ich denke, in meiner Zeit, die ich dann allein bin (Reha) werde ich die Zeit haben, zu merken, was da noch ist und ob das alles noch eine Zukunft hat.

    Ja ich war der Meinung, wir schaffen alles... Aber es ist nicht immer alles einfach.

  • Hallo, Tinka!

    Ich wollte Dir nur mal kurz eine Rückmeldung aus MEINER Sicht geben.

    Das Dich die ganze Situation überfordert, kann ich nachvollziehen. Aber ich kann auch extrem nachvollziehen, wie sehr sie Deinen Freund fordert, stresst und auch vermutlich überfordert.

    Mein Freund trinkt nach wie vor nicht. Aber ich merke, dass er es als Strafe sieht. Er würde gerne, weiß aber auch, dass er dann ganz schnell wieder an dem ursprünglichen Punkt ist. Deswegen wäre es wichtig, dass er Hilfe bekommt (Reha, Selbsthilfegruppe...). Und ER will nicht mehr trinken, nicht ich quatsch ihm das auf.
    Reha ist beantragt, SHG haben hier immer noch, Coronabedingt, keine Termine.

    Ihr werdet sagen: Beziehung gescheitert, zieh dich einfach aus.

    Das sind zwei Punkte, die mich berühren:

    Zum Einen: Er trinkt nicht, obwohl er - abgesehen von Dir - völlig in der Luft hängt und keinerlei Hilfe hat/bekommt. Und das ist extrem schwer! Das kann jemand, der kein Suchtproblem hat, nicht nachvollziehen und man kann es auch nicht wirklich verständlich rüberbringen.

    Und zum Anderen: Warum ist/soll die Beziehung gescheitert sein? Weil Dein Freund nicht trinkt und damit ziemlich überfordert ist - Gründe siehe zuvor?
    Er ist durch den Entzug gestresst ohne Ende, Du dadurch auch - und ich denke, wenn er dann endlich Hilfe bekommt und in die Reha kann (und Du dadurch endlich auch wieder zur Ruhe kommst), dann könnte (!) es schon sein, dass Ihr Euch wieder annähren könnt.

    Gruß
    Greenfox

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Hallo Greenfox,

    danke für deine Antwort. Du hast Recht, es ist für ihn extrem schwer im Moment.
    Ich hab letztens mit ner Freundin gesprochen und sie sagte, dass es wohl keinen Sinn mehr macht, weil ich nur noch gestresst bin. Vielleicht hat mich das zu sehr beeinflusst.

    Ich habe auch die Hoffnung, dass wir eine Chance haben, wenn er endlich Hilfe kriegt.
    Ich denke auch, dass sich dann für ihn einiges verändert, ich hoffe es.

    Ich warte im Moment eigentlich nur darauf, dass die Reha genehmigt wird, damit ich einfach Mal wieder Zeit für mich hab. Zeit, um mir darüber klarzuwerden, was ich will und wie es weitergeht.

    Danke für deine Rückmeldung, dass es für ihn extrem schwer ist, weil er keine Hilfe hat und es trotzdem durchzieht. Wie du schon sagst, ich bin nicht betroffen, ich kann es nicht nachvollziehen. Also ist meine Hoffnung, dass wir nochmal die Kurve kriegen, nicht unbegründet.
    Ich denke einfach, im Moment brauchen wir beide dringend die Auszeit. Heißt ja nicht, dass er während der Reha nichts von mir sieht oder hört.

    Und damit es nicht völlig falsch rüberkommt: Ich bin schon verdammt stolz auf ihn, dass er das so durchzieht und so konsequent ist.


  • Und damit es nicht völlig falsch rüberkommt: Ich bin schon verdammt stolz auf ihn, dass er das so durchzieht und so konsequent ist.

    Das kannst Du durchaus auch sein!

    Und damit es ebenfalls nicht falsch rüberkommt: Ich kann durchaus auch Deine Situation nachvollziehen! Denn ich kann mich noch sehr gut erinnern, wie ICH mich in Situationen des Entzugs gefühlt und aufgeführt habe - und in meinen Jahren in der Suchtselbsthilfe habe ich es auch oft genug "von außen" beobachten können und mich mit Angehörigen unterhalten.

    Wie sage ich immer: Es ist gar nicht einfach - schon garnicht, wenn man es doppelt nimmt!

    Ist zwar eigentlich augenzwinkernd gemeint, aber in solchen Situationen wie hier trifft es voll zu.

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Hallo Tinka,

    Greenfox hat schon vieles von dem was ich auch an Gedanken hatte geschrieben.

    Ich möchte einfach nur noch schreiben, dass es ihm schon sehr wichtig sein muss etwas gegen seine Krankheit zu unternehmen. Ob das nun komplett an seiner eigenen Motivation (also das er es nur für sich will) oder an der Angst Dich zu verlieren liegt ist in dieser Phase m. E. erst mal nicht so wichtig. Er will es schaffen und dafür kämpft er gerade sicher ganz gewaltig.

    Und wenn Du Dir nach wie vor vorstellen kannst weiter mit ihm zusammen zu leben (sofern er es dann auch dauerhaft schafft), dann gib sowohl Dir als auch ihm jetzt die Zeit, die es braucht bis er in professionelle Hände kommt. Dann wird sich (normalerweise) ohnehin viel verändern. Denn im Moment ist er wahrscheinlich einfach ganz stark damit beschäftig einfach nicht zu trinken, was wahrscheinlich den größten Teil seiner Kraft erfordert. Das "an sich arbeiten" und die damit verbundene Veränderung der eigenen Persönlichkeit, der Einstellung, der Piroritäten, der Denkweise, etc. findet ja wahrscheinlich noch gar nicht statt.

    Das alles "wartet" auf ihn (und durch ihn dann auch auf Dich) in seiner Therapie.

    Du begleitest ihn auf diesem Weg. Und während dieser Begleitung wirst Du merken, wie es Dir damit geht, was das mit Dir macht. Für eine gute und funktionierende Beziehung (nachdem er dauerhaft trocken ist) wirst wahrscheinlich auch Du einiges verändern müssen. Aber natürlich nur dann, wenn Du das auch möchtest und Dir diese Beziehung dann (noch) wichtig ist. Es ist ein Prozess, den ihr beide jetzt vor Euch habt. Gehe ihn positiv an und achte auf Dich und Deine Bedürfnisse. Alles weitere wird sich geben.

    Alles Gute.

    LG
    gerchla

  • Hallo Gerchla,

    vielen Dank für deine Worte. Du hast völlig Recht. Er ist noch weit entfernt von "Aufarbeitung" oder "Denkweise ändern".

    Das kommt alles später. Und ich werde einfach abwarten, was passiert und was das mit mir und uns macht.
    Vorhersagen kann man es nicht.

    Mir geht's schon besser, ab morgen kann ich wieder arbeiten, da freu ich mich schon drauf. Das ist eine Auszeit für mich.

    Ich danke euch für eure lieben Worte und die vielen Erklärungen. Ihr habt soviel Geduld und nehmt euch so viel Zeit... Danke!

  • Hallo!
    Ich hab mich lange nicht gemeldet. Aber ich hab zwischendurch immer Mal wieder mitgelesen.
    Leider hatte ich kaum Zeit, noch einen wirklichen Grund, zu schreiben.
    Jetzt ist es so, dass mein Freund seit 3 Wochen in der Reha ist. Davor die Zeit war die Hölle. Er war so extrem schlecht gelaunt und hat seinen Frust an mir ausgelassen.
    Ich hatte nur im Kopf: Bald ist die Reha.... Bis dahin hältst du es durch.
    Ich habe es durchgehalten für unseren Hund, um den ich mich in der Zeit kümmer. Was danach ist, war offen.

    Die ersten 2 Wochen waren schlimm. Er war überheblich und der Meinung, ihm ist das alles zu blöd.
    Ich dachte mir: Ok alles umsonst... Er lässt sich auf nichts ein, es bringt nichts.
    Nach 3 Wochen war eine Infoveranstaltung für Angehörige. Da bin ich hingefahren. Für mich gab's nicht viel neues. Nichts, was ich hier nicht schon gelesen hätte, aber interessant wären die Meinungen und Einwände der anderen Angehörigen. Für mich noch ein Grund mehr, mir eine Selbsthilfegruppe für Angehörige zu suchen.

    Bei ihm hat irgendwas Klick gemacht. Er war am Wochenende zu Hause. Therapeutisch angeordnet. Plötzlich könnten wir reden. Plötzlich hat er sich geöffnet und erzählt, wie es ihm geht.

    Zum ersten Mal seit langem hab ich das Gefühl, wir kriegen das hin. Es ist so ein Scheiß-langer Weg. Das ist mir jetzt bewusst. Wir haben beide verstanden, dass wir reden müssen. Er wird wieder selbstbewusster (neue Situation) und ich bin komplett selbständig (das kennt er nicht). Wir müssen beide mit der neuen Situation erstmal klarkommen.
    Aber immerhin arbeitet er jetzt mit und hält das alles nicht mehr für Blödsinn.

    Ich bin sehr gespannt, wie es weitergeht.
    Ich hatte Urlaub, ab morgen muss ich wieder arbeiten...
    Ich hab für September einen kleinen Urlaub für mich und meinen Hund gebucht, das hat ihn völlig irritiert, aber auch ein Zeichen, dass ich mich verändere und eben auch mein eigenes Ding mache. Und das ist gut so.

    Ich hab euch nicht vergessen, aber musste in der letzten Zeit extrem viel organisieren.

    LG Tinka

  • Hallo Tinka,

    ich wollte mich mal kurz bei Dir melden. Bin gerade etwas und Zeitdruck aber ich wollte Dir einfach mal schreiben, dass Deine Zeilen gelesen habe. Und ich der Meinung bin, dass Du das gerade sehr gut machst.

    Du bist bei Dir, achtest auf Dich und Deine Bedürfnisse und das aber ohne dass Du ihm damit die Luft nimmst. Ok, im Moment ist er ja noch in Therapie aber so wie Du Dich liest wird genau das Dein Weg sein. Und ich hoffe für Euch, dass es EUER Weg wird. Es ist klar, dass er jetzt erst mal geflasht ist. Du musst Dir mal vorstellen, was da gerade alles so mit ihm passiert. Er bekommt gerade Input ohne Ende und er scheint diesen ja jetzt auch zuzulassen. Da hat er jetzt schon erst mal was zu verarbeiten.

    Aber eben auch Du, denn Du musst ja auch mit dieser neuen Situation umgehen. Und hast im Hinterkopf sicher auch immer noch die Erfahrungen aus den Monaten vorher. Da geht es ja dann auch irgendwann wieder um eines der wichtigsten Dinge in einer Beziehung: Es geht um Vertrauen. Und das wiederzuerlangen, dass dauert. Wie Du schon richtig bemerkt hast ist das ein langer Weg. Raus aus dem Alkoholsumpf und dann auch noch hin in Richtung "Vertrauen zurück gewinnen". Das braucht Zeit, vielleicht auch viel Zeit und wenn Ihr bereit seid Euch die zu geben, dann kann das alles ein gutes Ende nehmen. Ich wünsche es Euch.

    Ich finde es einfach toll, das will ich mal schreiben, wie Du das machst. Auch Deine Bereitschaft an Dir zu arbeiten und Deinen Teil zu einem Neustart damit beizutragen.

    Alles Gute weiterhin. Und lass mal wieder was von Dir hören, wenn Du Zeit zum Schreiben hast.

    LG
    gerchla

  • Hallo,
    ich wollte mich mal wieder kurz melden und eine kleine Rückmeldung geben.

    Ich habe jetzt 3 Wochen Urlaub und hoffe, ich kann mal etwas entspannen.

    Mein Freund hat jetzt etwas mehr als die Hälfte rum, was er von den Therapien mitnimmt, ob er wirklich was mitnimmt, kann ich nicht sagen.
    Er hat z. T. ziemliche Probleme mit den anderen Patienten.
    Zum Glück hat er richtig viel Glück mit seiner Therapeutin. Die Einzelgespräche sind super.
    Was aber (zumindest für ihn) positiv ist, dass einige in der Klinikbereits Rückfälle hatten. Bei ihm hat sich dadurch noch mehr gezeigt, warum er eigentlich da ist. Er sagte letztens zu mir: Ein Rückfall, ok.. Er hatte massive Probleme und wusste nicht weiter. Aber der 2. Rückfall innerhalb von 2 Wochen in einem so geschützten Rahmen kann ich nicht nachvollziehen.
    Er bekommt doch Hilfe, warum nutzt er sie nicht?

    Ihm ist schon bewusst geworden, wie schnell das gehen kann. Wir haben uns auch lange unterhalten, wie wir weitermachen, wenn er wieder zu Hause ist.
    Ich habe vorgeschlagen, so etwas wie öffentliche Veranstaltungen (Altstadtfest o. ä.) erstmal komplett wegzulassen. Und bei Familienfeiern, die sein größtes Problem sind, erstmal zu überlegen, ob er da hin will oder nur aus Zwang fährt. Dann sparen wir uns das.(Nein sagen ist ein großes Thema,das lernt er gerade. Angefangen bei mir, da hab ich anfangs geschluckt, aber jetzt sag ich mir: Wenn nicht bei mir, wo sollte er es sonst ausprobieren? Ich geh damit jetzt anders um, beziehe es nicht auf mich persönlich).
    Will er jedoch zu der Familienfeier, haben wir ausgemacht, dass er sofort sagt, wenn es ihm nicht gut geht und so ne Art Codewort, dann fahren wir sofort.Er fand es gut, das gibt ihm Sicherheit.
    Auch mit seiner Tochter hab ich viel geredet (er natürlich auch, und sie steht da auch total hinter ihm.

    Ein bisschen ratlos bin ich nur in einem Punkt: Er sagte letztens beim Einkaufen: Willst du n Sekt oder Wein?
    Äh nein, wir hatten gesagt, es gibt bei uns zu Hause keinen Alkohol mehr.
    Er: Das musst du nicht wg mir...Ich mag Sekt sowieso nicht (in seiner letzten Phase war ihm egal, was er getrunken hat, hauptsache Alkohol).

    Ich bin mir nicht sicher. War das ein Test? Testet er mich? Testet er sich selbst?
    Ich habe jedenfalls abgelehnt.... Wenn ich sage, es gibt zu Hause keinen Alkohol, dann ist das so.

    So, jetzt ist es wieder ein halber Roman geworden. Ich denke, dass ich in meinem Urlaub mal wieder öfter hier reinschauen werde.

    LG Tinka

  • Hallo Tinka,

    schön wieder von Dir zu lesen.

    Ein paar Gedanken von mir:

    Zitat

    Mein Freund hat jetzt etwas mehr als die Hälfte rum, was er von den Therapien mitnimmt, ob er wirklich was mitnimmt, kann ich nicht sagen.


    Eine sehr sachliche, pragmatische Einschätzung von Dir. Ich finde das gar nicht schlecht, das Du hier diese neutrale Position einnimmst. Du könntest ja auch denken, dass er ganz viel mitnimmt weil er eine tolle Therapeutin hat, etc. Tatsächlich wird die Zeit nach der Therapie, also wenn er wieder zuhause im gewohnten Umfeld ist, zeigen wohin die Reise geht. Und Du hast Deine Regeln, Deine Vorstellungen und bist ganz klar was Dich und Deine Erwartungen betrifft.

    So lese ich Dich. Erwartungen heißt für mich in diesem Zusammenhang nicht, dass er nur Bedingungen erfüllen muss. Es heißt für mich nicht, dass Du ihm nicht auch entgegen kommen wirst. Bei allem was Du schreibst geht klar hervor, dass Du selbstverständlich unterstützt und wahrscheinlich auch (temporär) Kompromisse eingehen kannst. Aber die Reise wird eine eher lange werden und da ist es ganz wichtig, dass Du Dich und Deine Bedürfnisse nicht verlierst. Und wenn ich Dich richtig lese machst Du bereits jetzt schon einen Prozess durch, der auch bei Dir zu Veränderungen führt, der Deine Sicht- und Denkweise verändert. Auch das ist ganz wichtig, denn Du wirst (hoffentlich) einen veränderten Partner zurück bekommen und damit muss man auch erst mal umgehen lernen.

    Ich finde es toll, dass Ihr Euch bereits jetzt, also nach der Hälfte seiner Therapie, Gedanken über bestimmte Dinge macht die für ihn ein Problem werden könnten. Es kann aber auch sein, dass er dazu in der 2. Hälfte seines Aufenthalts noch guten Input bekommt der ihn selbst dann auch noch klarer werden lässt. Was mich gerade ein wenig beschäftig ist die Frage, ob denn seine oder Eure Verwandten Bescheid wissen über seine Sucht? Ich meine, es ist relativ einfach auf ein Altstadtfest oder einen Weihnachtsmarkt (da kommt Corona vielleicht sogar ausnahmsweise mal gelegen) zu verzichten. Also einfach nicht hin zu gehen.

    Bei Familienfeiern ist das oft etwas schwieriger. Wenn man bei runden Geburtstagen, bei privaten Weihnachtsessen, etc. nicht erscheint kann das befremdlich wirken. Klar kann man sich ne Ausrede zurecht legen (was immer noch besser ist als hinzugehen wenn man sich gefährdet sieht) aber auf Dauer halte ich das für nicht zielführend. Zumal man damit auch etwas tut, was am Ende doch ein Stück weit belastend ist: Man lügt! Etwas was man als Alkoholiker sozusagen permanent gemacht hat und was man m. E. eigentlich unbedingt abstellen sollte, um nicht Gefahr zu laufen in alte Muster zurück zu fallen. Falls also seine Familie oder auch gute Freunde nicht Bescheid wissen wäre es auch meiner Sicht dringend anzuraten das zu ändern.

    Meine Familie über alles zu informieren war für damals einer meiner schwersten Gänge. Es ist nicht einfach zu sagen: Ich bin Alkoholiker. Gerade am Anfang, so ging es mir zumindest, hat man immer noch das Gefühl man wäre ein Versager, ein Verlierer, man hat es nicht geschafft, man hat die Kontrolle über sein Leben verloren. Es war ein harter Gang für mich aber einer der wichtigsten.

    Falls sie es bereits wissen, jedoch ignorieren wirds etwas schwieriger. Dann glaube ich, solltet Ihr beide genauso vorgehen wie Du es skizziert hast. Notfalls sofort den Saal verlassen wenn es für ihn schwierig wird. Ich kenne diese Situationen. Mein Papa z. B. hat niemals auf "sein Bier" oder "seinen Wein" verzichtet und tut es bis heute nicht. Ich musste damit umgehen. Nur hatte ich das große Glück, dass ich so gut wir gar nicht getriggert wurde. Ich kenne diesen Suchtdruck kaum. D. h. ich kenne ihn natürlich gut aber "nur" aus den gescheiterten Versuchen von mir. Bei meinem letzten, bis heute erfolgreichen Versuch, hatte ich das überhaupt nicht mehr. Bei mir war es eher so, dass ich aggressiv wurde wenn er trank. Nicht weil er trank sondern weil er sich mit jedem Glas mehr verändert und ich schwer mit einem ständig provozierenden Vater umgehen konnte. Mittlerweile habe ich auch das weitestgehend im Griff, früher habe ich "den Saal verlassen".

    Noch was zum "NEIN sagen". Das, liebe Tinka, ist mit das wichtigste das er lernen muss. Zu sagen was er möchte (und was ihm gut tut) und zu sagen was er nicht möchte (weil es ihm schadet).Ich konnte das auch nicht. Allein mein permanent schlechtes Gewissen hat dafür gesorgt, dass ich alles gemacht habe was z. B. meine Frau mir "aufgetragen" hat. Es war wohl der Versuch meine Schuld zu kompensieren. Für ihn wird es elementar sein, sein Gleichgewicht, seine Ruhe zu finden und zu bewahren. Und da gehört ein "NEIN" ander richtigen Stelle unbedingt dazu. Wir sprechen hier auch immer wieder mal von "gesundem Egoismus". Dieser hat nichts mit dem klassischen Egoismus oder gar mit einem Egoisten zu tun. Es ist einfach nur ein Aufpassen auf das eigene Wohlbefinden. Das wird vielleicht am Anfang etwas komisch für Dich sein, vielleicht wird er auch mal über das Ziel hinaus schießen aber da muss er sich selbst erst mal finden. Wenn alles gut läuft werden später sowohl Du als auch er davon profitieren.

    Zitat

    Ein bisschen ratlos bin ich nur in einem Punkt: Er sagte letztens beim Einkaufen: Willst du n Sekt oder Wein?
    Äh nein, wir hatten gesagt, es gibt bei uns zu Hause keinen Alkohol mehr.
    Er: Das musst du nicht wg mir...Ich mag Sekt sowieso nicht (in seiner letzten Phase war ihm egal, was er getrunken hat, hauptsache Alkohol).

    Hm, also ich kenne das ein bisschen von mir. Man glaubt, dass andere ja nicht unter dem Problem "leiden" müssen welches man selbst hat. Schließlich hat er ja ein Alkoholproblem und nicht Du. Es könnte also sein, dass er nicht möchte, dass Du verzichten musst. Ich persönlich halte diese Denke zu diesem frühen Zeitpunkt für total überflüssig. Zumal Du ja gesagt hast, dass Du verzichten wirst und es kein Problem für Dich ist. Aber ich hatte das auch, ich kenne diesen Gedanken.

    Ich darf Dir aber auch sagen, dass es hochgefährlich ist, wenn Ihr Alkohol im Haus habt. Oder gar eine angebrochene Weinflasche im Kühlschrank steht weil Du am Abend ein Glas getrunken hast. Ich würde ihn hier an Deiner Stelle ignorieren oder besser ihm sagen, dass Du gar keine Lust hast Alkohol zu trinken und er das gerne stecken lassen kann. Natürlich nur, wenn Du das selbst auch so siehst.

    Ich glaube, bei mir waren das so etwa zwei Jahre, bis ich wirklich überhaupt kein Problem mehr damit hatte, wenn bei uns im Haus dann mal eine Flasche Alkohol stand. Meine jetzige Frau trinkt fast nichts. Es kommt aber mal vor, dass sie mal Lust auf ein Mischgetränk hat oder wir z. B. auch was geschenkt bekommen. Denn es gibt ja schon noch Menschen die nicht wissen (was auch gut so ist), dass ich Alkoholiker bin. Wir schenken dann oft weiter (manchmal schütte ich aber auch einfach weg) aber das kann schon mal ein paar Tage / Wochen dauern. Das juckt mich heute nicht mehr, gar nicht. Anfangs erinnere ich mich, dass sogar mal eine volle Flasche Wein zum Altglascontainer gebracht habe weil ich die nicht stehen sehen habe können. Und das, obwohl ich keinen Suchtdruck verspürt habe. Es war einfach ein Gefühl des unwohlseins und des "so nicht haben wollens". Schwer zu beschreiben.

    Lange Rede kurzer Sinn. Egal was er sagt: Euer zuhause ist alkoholfrei. Wichtig wäre glaube ich, dass es bei ihm als selbstverständlich ankommt und nicht so, als ob Du auf etwas verzichten müsstest. Ich meine das rein psychologisch gesehen und so wie ich Dich "kenne" weißt Du schon was ich damit sagen möchte.

    So, das war jetzt doch auch ein Roman von mir. Alles Gute Dir und einen schönen Urlaub!

    LG
    Gerchla

  • Lieber Gerchla,

    vielen Dank für deine Rückmeldung.
    Zum Punkt Familienfeiern: Seine Familie und gute Freunde wissen Bescheid. Und genau da ist das Problem. Aus seiner Familie trinken alle sehr viel und ein 'Ich möchte nichts trinken' wird nicht akzeptiert. Ich hab das schon oft erlebt, selbst wenn ich sage, ich fahre, heißt es: Aber 1 Glas Wein kannst du doch.
    Sinnlos zu diskutieren.
    Seine Mutter denkt, wenn er aus der Klinik kommt, ist er wieder gesund. Sie hat es nicht begriffen.
    Ich weiß, wie diese Feiern ablaufen, von daher muss Plan B her.
    Natürlich möchte ich ihn nicht von diesen Feiern fernhalten. Es gibt sicher die eine oder andere Situation, da möchte er selbst nicht hin. Er hat den Kontakt zu seinem Vater und einer Schwester komplett abgebrochen, weil es ihm nicht gut tut.
    Aber auch die beiden werden auf einer Feier sicher auftauchen und dann muss man sich (ich denke im Vorfeld), überlegen, wie man mit der Situation umgeht.

    Und dann kommen verschiedene Faktoren zusammen: Das ungeklärte Verhältnis zu diesen Personen und damit Stress für ihn und der Alkohol, der dann in sämtlichen Formen zugänglich ist.

    Klar hast du Recht, dass er dort noch Input bekommt, ich kann mir aber nicht vorstellen, dass er das einfach wegsteckt in dieser Stresssituation. Seine Familie akzeptiert es nicht als Krankheit, von daher brauchen wir eine Möglichkeit, mit der Situation umzugehen.
    Meistens kommt es dann doch nochmal anders, als man es sich vorstellt, aber das sehen wir dann.
    Er ist auf jeden Fall schon mal erleichtert, dass seine Tochter und ich es so sehen, dass er sagt, wenn es zu viel wird und wir uns rausziehen. Sonst hätte er n schlechtes Gewissen, dass sie oder ich enttäuscht sind, weil er sich nicht im Griff hat.
    Komische Denkweise, aber auch das hängt meiner Meinung nach mit dem nicht nein sagen können zusammen.

    Er möchte es immer allen Recht machen und keinen verletzen, aber er hat gemerkt, dass es in dieser Situation besser ist, an sich zu denken und dafür hat er die volle Unterstützung von uns beiden.

    Und zum Thema Alkohol zu Hause, ist es so, dass ich ihm das damals gesagt hab und es auch so meine. Ich weiß nicht, ob er mir zeigen wollte, wie stabil er bereits ist? Nein.... Eine Situation und alles ist in Gefahr. Und das durch so eine Dummheit.

    Ich finde es gut, dass er es so konsequent durchzieht und er hat auch wirklich meine Hochachtung für die Zeit zwischen Entgiftung und Reha. Da hing er wirklich zwischen den Stühlen und war unausstehlich.
    Jetzt mit etwas Abstand seh ich das anders als damals. Es muss extrem schwer für ihn gewesen sein... Damals sah ich nur den launischen Menschen, der mich gestresst hat.

    Die Reha war das Beste, was er machen konnte. Ich weiß wie gesagt nicht genau, was er mitnehmen kann, aber ich hab in dieser Zeit viel gelernt.
    Ich war komplett alleine, hatte Stress ohne Ende mit Haus, Garten, Hund und Arbeit, aber ich konnte viele Dinge mit Abstand betrachten und anders einordnen.

    Was ich wirklich richtig gut find ist, dass wir wieder reden. Wir telefonieren und er kommt an den Wochenenden nach Hause. Anfangs war ich da skeptisch, aber mittlerweile freu ich mich drauf.
    Heißt ja nicht, dass ich mein Leben nach seinen Vorstellungen ändere. Ich fahre nach wie vor Samstags zum Hundesport und bin dann eben erst nachmittags da.
    Und ich fahre in 2 Wochen in den Urlaub. Auch das ist neu für mich, ich war noch nie alleine weg. Aber ich freu mich total drauf.

    So langsam hab ich das Gefühl, es entwickelt sich in die richtige Richtung. Es war bisher wirklich eine Berg- und Talfahrt.

    Euphorisch bin ich trotzdem nicht, ich warte erstmal auf den Alltag nach der Reha. Aber ich hab ein gutes Gefühl.

  • Liebe Tinka,

    jetzt möchte ich Dir natürlich noch unbedingt meine Meinung, meine Gedanken bezüglich seiner Familie mitteilen. Nicht dass ich Dir da jetzt irgendwie der Weisheit letzten Schluss liefern könnte aber meine persönliche Meinung möchte ich Dir gerne da lassen.

    Ich hatte es befürchtet. Ich glaubte auch mich daran zu erinnern, dass Du in vorherigen Posts schon mal sowas geschrieben hattest. Da steht also nun eine trinkfreudige Familie, wo wahrscheinlich der oder die ein oder andere sogar selbst ein Problem hat, einem frisch abstinenten Alkoholiker gegenüber. Das ist richtig sche....e, wenn ich das mal so sagen darf.

    Wenn es nun um ein oder zwei Familientreffen pro Jahr ginge wäre es wohl auch noch einigermaßen problemlos in den Griff zu bekommen. Mir scheint aber, dass quasi jedes Erscheinen zuhause mit dem Angebot von Alkohol verbunden ist. Und nicht nur mit dem Angebot sondern auch noch mit der Aufforderung, trotz Ablehnung, sich doch nicht so anzustellen und wenigstens ein Glas mitzutrinken. Was auch bei "ich muss noch Auto fahren" ignoriert wird weil ein Glas geht doch immer.

    Das ist tatsächlich eine hochgefährliche Angelegenheit. Was ich absolut super finde ist, dass seine Tochter auf seiner/Eurer Seite steht und mit Euch an einem Strang zieht. Vater/Tocher ist normal eine ziemlich starke Geschichte, zumindest habe ich das bei mir so erfahren.

    Ich glaube es wird super wichtig werden, dass Ihr beide, vielleicht wenn es darum geht sogar Ihr drei, ganz viel miteinder redet. Ich meine, es wäre natürlich einfach jetzt zu sagen: Dann muss er halt den Kontakt zu seiner Familie abbrechen (was ja sogar teilweise schon passiert ist). Vielleicht kapieren sie dann was los ist. Aber ich vermute mal, dass ihn das ziemlich belasten würde. So lese ich es zumindest bei Dir heraus.

    Wahrscheinlich gibts Zusammenkünfte denen er leichter oder sogar leicht fern bleiben kann (weil da evtl. Personen sind auf die er ohnehin nicht so gut zu sprechen ist) und andere Zusammenkünfte wo er aber schon sehr gerne hin gehen würde, weil dort eben wichtige Menschen für ihn sind. Ich finde das muss man respektieren. Leider respektieren diese Menschen nicht, dass er keinen Alkohol mehr trinkt und wie mir scheint, reicht der Horizont dieser Menschen (und das meine ich weder ironisch noch irgendwie verächtlich) auch nicht aus um das zu lernen. Ich weiß, es gibt solche Menschen. Gar nicht mal so wenige.

    Er ist grundsätzlich selbst für sich und sein Leben verantwortlich und ich denke, dass wird er in der Therapie auch noch bestätigt bekommen haben. Dennoch spricht hier nichts gegen Unterstützung, also Deine Unterstützung und die seiner Tochter. Das kann ihn stärken, dass kann ihm helfen diese Situationen zu überwinden und auch dauerhaft damit umzugehen. Ganz wichtig ist, dass er sich darüber im Klaren ist, dass seine Abstinenz heilig ist! Sie ist das wichtigste was er jetzt hat. Jetzt wo er es endlich geschafft hat. Wichtiger als alles andere in seinem Leben. Wichtiger als Du, wichtiger als seine Tochter, einfach das allerwichtigste. Denn wenn er wieder trinkt, verliert er in einem Schlag ALLES: Dich, seine Tochter und vielleicht auch noch gleich sein Leben. Das muss ins Hirn! Vielleicht übernehmen die in der Reha hier das Grundsteinlegen. Aber über sowas könntest Du mit ihm sprechen. Dieses Bewusstsein, wenn er das wirklich tief verinnerlicht hat, dann ist das seine Lebensversicherung.

    Warum ich da so drauf rumreite? Weil es ganz genau so bei mir war. Noch ist, wenn ich das mal sagen darf. Das habe ich mir ins Gehirn gemeiselt, vom ersten Tag an. Ich werde nie mehr trinken und dafür werde ich ALLES tun! War und ist mein Leitsatz. Heute evtl. etwas abgeändert in: Ich brauche nicht mehr trinken und ich tue alles dafür das es so bleibt. Vielleicht war das der entscheidende Unterschied zu den vorherigen fehlgeschlagenen Versuchen vom Alkohol weg zu kommen.

    D. h. dann, ihr geht auf keinen Familienbesuch ohne vorher genau besprochen zu haben, jedes mal neu, jedes mal frisch, was ihr notfalls macht. Und es ist wirklich schnurzegal wie das möglicherweise bei den anderen ankommt. Und wenn er/Ihr einfach abhaut, ins Auto springt und nach Hause fahrt. Egal, seine Abstinenz ist unantastbar.

    Das ist alles nicht so einfach. Denn auch wenn er z. B. so eine trinkfreudige Zusammenkunft ohne Alkohol übersteht kann das was in ihm auslösen. Verstehst Du was ich sagen will. In unterschiedlichen Richtungen. Einerseits könnte es ihn stärken, weil er diese Situation überstanden und gut durchlaufen hat. Andererseits könnte es ihn aber auch fürchterlich triggern, er könnte sich denken "alle haben Spaß gehabt nur ich nicht". Oder er wird leichtsinnig, weil er sich denkt: schon mal überstanden, da überstehe ich auch Altstadtfest, Silvester, Weihnachtsfeier, nächste Familienfeier, etc.

    Weißt Du was ich Dir sagen will? Und DU WEIßT ES VORHER EINFACH NICHT. Das ist das Problem. Deshalb bin ich ja auch grundsätzlich der Meinung, dass man in der ersten Zeit einfach Risikominimierung betreiben sollte. Den Alkohol meiden wo es geht. Auch hier vergingen bei mir etwas zwei Jahre. Irgendwie war das mir ein Zeitraum wo sich dann vieles gefestigt und verändert hatte. Aber er wird wohl keine zwei Jahre seine Familie nicht sehen können/wollen. Darum braucht Ihr hier einen guten Plan, notfalls immer wieder angepasst auf die jeweilige Situation.

    Und wenn Ihr, was sich andeutet, offen miteinder reden und umgehen könnt, dann kann Euch das auch gelingen. Es könnte sein, dass auf die Länge gesehen die Familienbesuche weniger werden, dass er von sich aus zurückhaltender wird. Wenn man mal weg von dem Zeug ist, also so richtig, dann verliert man auch die Lust sich mit Leuten zu umgeben die VIEL konsumieren. Ich spreche ausdrücklich nicht von "normalen" Gelegenheitstrinkern. Aber das ist halt ein Weg, und den muss man erst mal gegangen sein ohne rückfällig geworden zu sein.

    Liebe Tinka, trotz dieser ernsten Gedanken von mir, trotz dieses Problems das Du jetzt schon siehst und erkannt hast, bin ich sehr positiv gestimmt was Euch beide betrifft. Was Du schreibst hört sich für mich gut an, da ist was möglich, das hat Potenzial für eine gute Geschichte, für ein gutes Ende. Und das es auf diesem Weg ein paar Hürden, vielleicht sogar Berge aus dem Weg zu räumen gibt, das ist eher normal und nicht die Ausnahme. Insofern: bleib dran, denke positiv, ich persönlich denke Du bist da sehr gut unterwegs. Bist sehr klar, weißt auch was Du notfalls tun musst aber ohne dass Du zu schnell aufgeben würdest.

    Alles alles Gute für Dich und Deinen Partner und ich würde mich sehr freuen, wenn Du uns hier ab und an mal auf dem Laufenden hälst. Und hoffentlich immer nur mit tollen und guten Nachrichten. Und wenn nicht: Sind wir auch da.

    LG
    gerchla

  • Danke Gerchla, für deine ausführliche Antwort und die Mühe, die du dir machst.
    Seine Tochter und ich telefonieren jetzt regelmäßig, seit er weg ist. Wir haben uns vorher auch schon gut verstanden, haben jetzt aber beide gesagt, es ist wichtig, dass auch wir reden.
    Wir haben zu dem Thema grundsätzlich auch die gleiche Einstellung, wobei sie deutlich emotionaler ist, daher helfen ihr auch diese Gespräche.

    Ich denke, ein großer Teil Familienfeiern wird jetzt wegfallen, wg dem Kontaktabbruch (was auch gut ist).
    Aber es ist halt so, dass alles, was mit seiner Tochter oder seinem Enkel zu tun hat, schwieriger wird, weil er da natürlich gern dabeisein will und da eben auch der andere Teil der Familie "eingeladen werden muss". Aber ich denke/hoffe, mit so einem Notfallplan sollte das machbar sein.
    Die nächste Zeit ist erstmal nichts großes geplant. Das erleichtert schon einiges.
    Weihnachten haben wir immer nur 1 Tag mit seiner Tochter und ihrer Familie verbracht (also kleiner Kreis) und da ist es jetzt selbstverständlich, dass keiner zum Essen einen Wein oder Bier trinkt.

    Und bei seiner Mutter: Ja da müssen wir sehen, er sagt es ihr im Vorfeld ganz klar und wenn sie dann anfängt zu diskutieren, dann müssen wir fahren oder sie nach Hause bringen oder wie auch immer.
    Ich finde es einfach traurig, dass manche Menschen es nicht einsehen. Aber auch das ist eine Situation, die mir erst jetzt so extrem auffällt. Vorher war mir das nie bewusst.

    Danke für den Hinweis, dass die Abstinenz das allerwichtigste ist. Klar ist mir das bewusst, aber auch darüber sollten wir reden.

    Also so besch... das Jahr für mich war, aber ich habe so extrem viel gelernt, über diese Krankheit, über ihn, über mich, über Bedürfnisse und auch über gesunden Egoismus. Früher hätte ich in vielen Situationen gesagt: Spinnt der?
    Heute denke ich mir: Ja super, er lernt endlich Grenzen zu setzen!
    Und auch an mir selber hab ich festgestellt, dass ich viel leichter und klarer sagen kann, was ich will und was nicht.

    Es sind jetzt noch 5 Wochen, bis er nach Hause kommt....
    Ich freu mich, bin aber auch ein bisschen unsicher, wie es dann wird.
    Ich glaube wichtig für mich ist, zu wissen, dass nichts so wird, wie es einmal war, sondern dass er sich natürlich verändert. Aber ich bin dabei in diesem Prozess und daher ist es machbar.

    Danke nochmal für die großartigen Tipps!
    Ihr alle und insbesondere Du, Gerchla, habt mir sehr geholfen, das alles klarer zu sehen und zu verstehen.
    Ich werde weiter berichten!

    LG Tinka

  • Zitat

    Danke nochmal für die großartigen Tipps! Ihr alle und insbesondere Du, Gerchla, habt mir sehr geholfen, das alles klarer zu sehen und zu verstehen.


    Sehr gerne geschehen, dafür sind wir, bin ich, hier in diesem Forum aktiv! Und Dankeschön für die lieben Worte, sie tun sehr gut.

    Alles Liebe und Gute für Euch!

    Gerchla

  • Hallo ihr lieben,
    ich wollte mal ne kurze Rückmeldung geben. Es tut mir leid, dass ich mich so lange nicht gemeldet hab.
    Es ist sehr schwer.
    Er ist extrem launisch und pampt mich nur an.
    Kaum ist jemand anders da oder ruft an, ist er extrem freundlich.

    Ich halte es kaum aus und denke verstärkt über Auszug nach.
    Es gibt aber einige Dinge, die mich davon abhalten. Nichts materielles....

    Ich dachte, wir könnten reden. Nein, nicht möglich.
    Mit seiner Tochter redet er. Mit mir nicht.
    Er geht mich an, nicht körperlich, aber er weiß, dass ich damit nicht umgehen kann.
    Auf meine Ansage, ich kann damit nicht umgehen, rede bitte mit mir, kam nur: Ich bin unzufrieden mit mir, das hat nichts mit dir zu tun.

    Paartherapie lehnt er ab.
    Ich funktioniere.... Mehr ist gerade nicht. Und wäre mein Hund nicht, wäre ich schon weg (was machen die Leute mit Kindern)?
    Ich habe gedacht, wir schaffen das. Ich hab alles gegeben.... Aber ich leide und es geht wohl nicht.

    Eine Frage: Wart ihr auch so launisch? Oder liegt das an den Depressionen? Ich weiß es nicht.
    Ich war so positiv und dachte, wir schaffen alles, aber leider bin ich wohl gescheitert.

    Schade, dass ich keine besseren Nachrichten habe, aber es funktioniert wohl nicht immer. Ich bin gerade echt am Ende... Es ist Mal besser, mal so wie heute.

  • Hallo, Tinka!

    Ja, die Menschen (ver)ändern sich, wenn sie ihr Suchtmittel loswerden. Und das ist für ihr Umfeld nicht unbedingt von Vorteil und/oder angenehm.

    Aber für Dich gilt dasselbe wie für ihn: Achte auf Dich selbst und DEIN Wohlbefinden!
    Und wenn Du merkst, es geht Dir partout nicht gut in dieser Beziehung - dann mach das, was JEDER vernünftige Mensch (auch ohne eine Sucht-Vorbeziehung) tun würde: Beende sie!

    Lass einfach mal seine Sucht und die ganze Vorgeschichte weg und geh nur von seinem Verhalten Dir gegenüber aus. Hör in Dich hinein. Was würdest Du tun?

    ICH glaube, Du kennst die Konsequenz bereits.


    Ich funktioniere.... Mehr ist gerade nicht. Und wäre mein Hund nicht, wäre ich schon weg (was machen die Leute mit Kindern)?

    Soweit ich weiß, sind Hunde transportabel und können mitgenommen werden. Oder ist Dein Hund angetackert? (Entschuldige den flapsigen Ton - aber der Hund ist nur eine faule Ausrede!)

    Gruß
    Greenfox

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!