Hallo meine Lieben! Leider hat mein Start mit einem total respektlosen und unnötigen Beitrag angefangen. Ich bitte das zu verzeihen und mir eine erneute Chance zu geben. Ich möchte mich nämlich sehr gerne mit euch austauschen und sehe dies als große Chance und ein wahres Geschenk.
Seit 9 Jahren bin ich jetzt schon dem Alkohol quasi verfallen. Durch Stress in der Arbeit habe ich meine Beruhigung mit einem Vierterl Wein gefunden. Nach nicht so langer Zeit wurden die Mengen dann immer mehr und der Konsum täglich. Als ich dann auch noch angefangen habe, in der Firma zu trinken und dies aufgefallen ist, habe ich meinen Job dann verloren. Die Hoffnungslosigkeit, Nutzlosigkeit und fehlende Motivation hat mich dann komplett übermannt und mein Tagesinhalt war nur noch vom Alkohol eingenommen. Ich habe zahlreiche stationäre Aufenthalte und Entzüge hinter mir, aber dauerhaft komme ich einfach nicht davon weg. Jetzt haben wir (ich und meine Psychologin) einen neuen, nachhaltigen Versuch gestartet. Ich nehme jetzt die Antapus (Medikation, die mit Alkohol fatale Folgen hat). Hat jemand Erfahrungen damit?
Ich bin nun seit 20.2.2020 (schönes Datum eigentlich...) trocken und habe vor, das zu bleiben. Doch wird der Weg sehr sehr hart werden. Vor allem anfangs habe ich noch starke Rückfallgedanken aber ich lasse nicht locker. Ich will wieder ein aufregendes, wertvolles Leben haben und das geht mit Alkohol nicht.
Ich möchte gerne von euren Erfahrungen und Kommentaren profitieren und hoffe, dass ihr mich auf meinem Weg unterstützen werden. Ihr seid die Experten. Wir sind es. Ich wünsche euch bis dahin eine gute, abstinente Zeit!
Ich bin auch neu hier
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sgailberger -
22. März 2020 um 18:01
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Hallo sgailberger,
Schön, dass Du Dich hier vorstellst. Freut mich sehr. Herzlich Willkommen! Hab gerade nicht viel Zeit. Ich schreibe Dir später in Ruhe. Einen guten Austausch wünsche ich Dir!
LG
Gerchla -
Willkommen im Forum!
Ich freue mich auch auf den Austausch mit dir und gratuliere dir schon mal für 1 Monat Trockenheit! Gut gemacht!
Manchen fällt die erste Zeit leicht, manchen sehr schwer, einige haben täglich getrunken, andere nicht...die Geschichten hier ähneln sich und sind doch unterschiedlich. Ich finde für mich immer wieder Antworten und schätze den Erfahrungsaustausch sehr. Der Besuch einer realen SHG ist in normalen Zeiten- wenn’s eben möglich ist- für mich absolut notwendig um trocken zu bleiben. Wie ist es bei dir? Kannst Du dir das vorstellen? Aber zum Glück gibt es Foren wie diese wo man zu Zeiten wie jetzt Hilfe findet!Ich bin übrigens Rina,verheiratet 38 Jahre und habe 2 Kinder.Seit 3.6. abstinent.
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Danke für das Willkommen-heißen; ich habe mich sehr darüber gefreut. Ich habe von meiner Ärztin einen Zettel mit den AA Online Meetings bekommen und heute mein erstes Meeting besucht. War gut und inspirierend. Man kann so jeden Tag, trotz Corona, ein Meeting besuchen; was für eine tolle Sache. Und ja, Foren sind zusätzlich toll.
Ich habe leider durch die Alkoholsucht wirklich alles verloren. Job, Wohnsitz (derzeit gewährt mir meine Mutter Unterkunft - aber nur unter der Bedingung, dass ich abstinent bleibe...), die meisten Freunde und auch meinen Freund. Ich fange jetzt wirklich von 0 an und sehe das Ganze als Chance. Aber wie ihr schon geschrieben habt, die erste Zeit ist wirklich schwer. Meine zwei Stimmen kämpfen durchgehen gegeneinander. Trinken! Wehe, nicht trinken! Nur einen Schluck! Merkt eh keiner! Nein, sei ruhig! ……
Wenn ich nur wüsste wie ich meine Gedanken etwas zur Ruhe bringen könnte... -
Moin moin uns herzlich willkommen.
Ich bin Betty, 63 Jahre alt und mittlerweile seit März 2014 alkoholfrei und glücklich. Nicht mehr trinken ging relativ gut. Mein Leben zu ändern und mit meiner freien Zeit etwas anzufangen, war schon etwas schwieriger. Aber als ich da den Anfang gefunden hatte, ging es immer weiter. Es wurde dann irgendwann zu einem Selbstläufer. Ich finde es wunderbar.
Vielleicht magst du ein wenig über dich erzählen und/oder Fragen stellen. Gerne sind ein paar Menschen hier, die dir Antwort geben.Liebe Grüße von Betty
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Hallo Betty, hallo zusammen!
Ich meine es wirklich ernst und werde alles dafür tun, um mein Leben wieder in der Griff zu bekommen. Vom Krankenhaus aus, indem ich jetzt für 3 Monate auf der Geschlossenen wegen Selbstgefährung (akute Intoxikation - 4,8 Promille und "ich kann nicht mehr" geschrien - war eine unglaublich harte Zeit - erzähle ich euch mal genauer) war, habe ich gute Nachbetreuung selbst organisiert. Ich habe mir Dienstags und Donnerstags ein Telefonat mit der Psychologin vom Haus ausgemacht, besuche jetzt jeden Tag ein Online AA Meeting via Skype und ich nehme brav meine Medikamente. Wir haben mit Antapus angefangen - hat jemand Erfahrung? Dazu zu trinken wäre unverantwortlich gefährlich (bis zum Herzinfarkt) und das hält mich derzeit gut davon ab. Nur ich muss sie hald nehmen. Außerdem habe ich mir eine Tagesstruktur zugelegt, die meinen Tag ausfüllt. Mit Sport, sozialer und kreativer Zeit, etc. Was hat euch noch geholfen? Gibt es noch eine Unterstützung, die ich in den Tag eingliedern kann? Ja das mit der freien Zeit ist so eine Sache! Auf einmal entsteht ein richtiges Loch. Und Langeweile und Einsamkeit sind ziemlich starke Trigger! Ich habe nicht wirklich mehr ein Hobby und zu Corona Zeiten kann man draußen auch nicht wirklich was machen.
Was ich aber habe, ich immer noch mein Glaube. Die Seelsorge war auch oft bei mir und wir haben gemeinsam gebetet. Ich habe auch eine Krankensalbung bekommen, die etwas in mir bewirkt hat. Seid ihr auch gläubig?
Ich habe so Angst, dass die Motivation und die Kraft bald nachlässt und der ganze Mist wieder anfängt. Ich setze meine Tabletten wieder ab und kaufe mir den ersten Prosecco. Das wäre der Anfang vom Ende...und nun bin ich schon so weit gekommen...ich verbaue mir immer alles, was gut ist und mich weiterbringt. Es ist als ob ich es nicht verdient hätte, ein schönes Leben zu haben. Ich bin leider auch Boderliner und muss mich immer schädigen. Es ist als ob ich in Ketten gefesselt bin und einfach nicht fliegen darf. Wisst ihr was ich meine? ... -
Auf einmal entsteht ein richtiges Loch. Und Langeweile und Einsamkeit sind ziemlich starke Trigger! Ich habe nicht wirklich mehr ein Hobby und zu Corona Zeiten kann man draußen auch nicht wirklich was machen.Guten Morgen,
ich wünsche Dir gutes Gelingen.
Ich habe vor 19 Jahren aufgehört, nicht jeden Tag getrunken, aber mehrmals die Woche bis zum umfallen, und dafür wesentlich länger als Du, alles in allem ca. 25 Jahre. In dieser Zeit gab es natürlich auch mehrere Jahre, in denen ich täglich getrunken hatte, und die Pausen hab ich angefangen weil es meinen Partner gestört hat und um nicht völlig abzustürzen, aber das nur am Rande. Jedenfalls habe ich sicher genügend Blödsinn gemacht und hatte auch sehr viel Glück.
Jetzt bin ich 19 Jahre clean, auch von allen anderen Drogen und Nikotin, und nüchtern, und ich habe nie bereut dass ich aufgehört habe. Abgesehen davon, dass ich wahrscheinlich gar nicht mehr leben würde, geht es mir schon lange sehr viel besser als zu der ganzen Zeit, als ich mich zugedröhnt habe. Trotzdem ist natürlich nicht alles easy, ganz normale Probleme, die Nicht-Trinker haben, habe ich auch, aber ich gehe völlig anders damit um als früher.Was ich sagen will: ich habe auch im Frühling aufgehört und ich hatte zu dem Zeitpunkt glücklicherweise 3 Monate Zeit für mich selbst, ausser mir einen neuen Job zu suchen, was für mich relativ einfach war, hatte ich nichts zu tun. Das war auch gut so, konnte ich mich mit mir selbst beschäftigen.
Ich bin sehr viel spazieren gegangen und Rad gefahren, was man momentan zumindest hier bei mir auch noch darf, und gestern wurde ja beschlossen das man weiterhin an die frische Luft darf, in den meisten Gegenden jedenfalls.
Neben den allgemein bekannten Effekten, die Bewegung an der frischen Luft hat, konnte ich da auch sehr gut meine Gedanken laufen lassen, weil Du ja auch wegen den Gedanken gefragt hast. Bei Bewegung kreisen sie nicht ganz so, sondern bewegen sich eher vorwärts, bei mir zumindest. Damals habe ich auch noch sehr viele Selbstgespräche geführt, richtiggehende Diskussionen mit mir selbst geführt. Bin durch den Wald gelaufen und habe mich mir mir selbst unterhalten oder mit fiktivem Gegenüber, wenn ich noch was auszudiskutieren hatte, aber derjenige nicht greifbar war. Ich habe, damals noch stärker als heute, halt auch verschiedene Teile in mir, die ich irgendwie zusammenbringen musste. Da gibts auch ein Konzept dazu, das nennt sich inneres Team, um diese verschiedenen Stimmen in sich selbst zu bezeichnen. Und eine meiner inneren Stimmen war natürlich auch mein Sucht-ich, mit dem ich auch Diskussionen geführt habe, ich habe es aber nicht unterdrückt, sondern überzeugt. Hört sich vielleicht ein bisschen verrückt an, aber irgendwie musste ich ja rauskommen und da war mir jedes Mittel recht. Verrückt, Hauptsache es hilft.Jedenfalls konnte ich, weil ich ja Zeit hatte, ohne weiteres mehrere Stunden draussen spazieren gehen. Zwar schon flott, aber nicht so extrem sportlich, und nach ein paar Stunden war ich dann schon wesentlich ruhiger. Ich bin beim Laufen auch auf manches gekommen, was mir das Nüchternbleiben einfacher machte, also viele Punkte, warum ich das, was ich durchs trinken erreichen wollte, beispielsweise Stressabbau und bessere Laune, nüchtern im Grunde besser erreichen kann, und dass es für mich viele gute Gründe gab - also nicht nur Zwang (ich muss trocken bleiben )- warum es besser für mich war, nüchtern zu bleiben. Sprich ich hatte auch was davon, dass ich aufgehört habe, ist kein Verzicht sondern Gewinn. Das wurde mir bei dem Laufen auch immer klarer, und langweilig war mir in der Zeit dann auch nicht.
Ich sage mal, bei Selbstgesprächen konnte ich sehr ehrlich zu mir selbst sein, weil mir vor mir selbst auch überhaupt nichts peinlich war, musste nicht drauf achten was ich mir selbst erzähle, denn am Anfang konnte ich Diskussionen mit anderen kaum brauchen. Und da kamen meine tieferen Beweggründe auch ganz gut zum Vorschein.Das war meine Methode, nur als Gedankenanregung, weil Du ja gerne Erfahrungen hören willst. Was für Dich das Richtige ist, wirst du dann irgdendwann selbst herausfinden. Nüchtern und offen bleiben ist auf jeden Fall schon mal nicht schlecht.
Vieles braucht natürlich ganz einfach Zeit und Geduld, und es lässt sich auch nicht beschleunigen. 1 Monat ist ein guter Anfang, aber Du musst jetzt nicht auf 19 Jahre neidisch sein. Denn da wärst Du ja auch gleich 19 Jahr älter, und bis dahin kannst Du noch viele Jahre geniessen, so wie ich das ja auch gemacht habe. Also nur keine Hektik
Gruß Susanne
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Ach Susanne, was für ein schöner und ehrlicher Beitrag; ich danke dir wirklich dafür!
Ich habe jetzt auch wirklich viel Zeit für mich und versuche sie für mich zu nutzen. Ich schreibe die Tage viel. In meinen Blog und auch so in mein Tagebuch. Heute Nachmittag habe ich mich beim Spazierengehen auf eine Bank gesetzt und einfach eine Stunde lang drauf losgeschrieben; das tat gut. Das Geschriebene war zwar sehr chaotisch/durcheinander aber danach fühlte ich mich besser. Ich habe Zweifel und Ängste aufgeschrieben. Meine Mutter habe ich heute ins Krankenhaus gefahren, was mich sehr beschäftigt. Nun muss ich stark sein und das Haus für sie hüten. Eine neue Situation, denn ich war bislang froh, dass sie im Haus war und ein wenig auf mich aufgepasst hat. Nun muss ich selbst auf mich aufpassen und ja keinen voreiligen Blödsinn machen. Hatte heute mit meinem Sucht-Ich schon eine heiße Diskussion deshalb. Wir haben Alkohol daheim (Bier für meinen Stiefvater ist immer da) und es wäre so einfach gewesen, nur eine Flasche davon zu entwenden. Meine Vernunft und auch das Ablenken durch Spazieren, Telefongespräche und Kraftlieder war stärker. Und das werde ich auch weiter so handhaben. Wenn das Sucht-Ich kommt schon Vorsichtsmaßnahmen treffen und sofort meine Liste mit Ablenkungen und Wohlfühldingen abarbeiten.
Eine Zeile eines Kraftsongs beginnt mit den Zeilen: Auch eine Reise von Tausend Meilen fängt mit dem ersten Schritt an. Der ist getan und die Freude darüber überwiegt, nicht die Angst.
Was mir nur Sorge bereitet ist meine Ausdauer. Susanne, wie hast du es geschafft, die Ausdauer aufzubringen, auch jeden Tag nüchtern zu nutzen? Hattest du Ziele? Eine spezielle Motivation? Das fehlt mir noch ein bisschen. Ja, ich will ein gesundes Leben aber wie soll das aussehen... nun habe ich Zeit mir darüber klar zu werden...und ja, die gebe ich mir. -
Was mir nur Sorge bereitet ist meine Ausdauer. Susanne, wie hast du es geschafft, die Ausdauer aufzubringen, auch jeden Tag nüchtern zu nutzen? Hattest du Ziele? Eine spezielle Motivation? Das fehlt mir noch ein bisschen. Ja, ich will ein gesundes Leben aber wie soll das aussehen... nun habe ich Zeit mir darüber klar zu werden...und ja, die gebe ich mir.manchmal hat jeden Tag nutzen auch so ausgesehen, dass ich einfach im Liegestuhl gelegen bin, gelesen und geschlafen habe. Ich hab das Leben auch genossen, gleich von Anfang an.
Mich hat es schon immer nach draussen gezogen, bin einfach gerne draussen. In der Schlussphase meiner Sauferei war ich in einem Projekt, wo ich überhaupt nicht mehr rauskam, wo ich es auch nicht geschafft habe, aufzuhören, ich war froh dass das abgeschlossen war und ich wieder raus konnte. Also meistens ging das relativ leicht und ab und an habe ich mich aufgerafft, wenn das nicht von selbst ging. Ich bin das Tag für Tag angegangen.Ausserdem hatte ich vom Saufen derartig genug, dass ich eigentlich nur froh war, dass es vorbei war und dass ich überhaupt aufhören konnte. Ich hatte die Monate davor ziemlich viel Angst, weil ich es wegen dem Stress ja nicht geschafft hatte aufzuhören, und ich gemerkt habe, dass ich auf dem Zahnfleisch gehe. Oft bin ich nachts über der Kloschüssel gehangen und hatte dann Angst, dass ich einen Schlaganfall kriege, vor lauter Druck, oder sonst irgendwie verrückt werde. Ich habe da immer noch Trinkpausen gemacht, aber wenn ich getrunken habe war es regelmässig katastrophal. Trotzdem habe ich wegen den Trinkpausen meine eigene Sucht gar nicht so recht gesehen und ausserdem hing viel Geld an dem Projekt, das weg gewesen wäre, wenn ich vorzeitig ausgestiegen wäre. Also hab ich mich da halt bis zum Ende durchgeschleppt und dann hatte ich fertig.
Und als ich dann mal angefangen habe, wirklich drüber nachzudenken, fiel mir immer mehr ein, was in meinem Leben vielleicht anders gelaufen wäre, wenn ich nicht schon immer so viel gegiftet und gesoffen hätte. Konnte ich zwar nicht mehr ändern und damals wollte ich ja auch nichts Anderes, aber da wollte ich das dann wirklich anders machen. Kann ich gar nicht so genau beschreiben, war auch gar nicht so sehr Kopfsache, ich hab das einfach gespürt dass es mir reicht und dass ich so nicht weiterleben wollte.Weil ich mit großen Schwierigkeiten gerechnet habe, habe ich mir zuerst vorgenommen, dass ich es erst mal ein Jahr lang bleiben lasse und dann noch mal drüber nachdenke. Ein Jahr habe ich mir zugetraut und ich hätte ja jederzeit wieder anfangen können, dann ging es mir aber schon nach einigen Wochen so gut, dass ich eigentlich schon wusste dass ich nicht mehr anfangen werde. So mit dem, dass mir das ja jederzeit anders überlegen kann, fahre ich auch mit dem Fahrrad den Berg hoch, ich sage mir immer, wenn zu schwer wird, schiebe ich, und so fahre ich jeden Berg hoch, ich schiebe fast nie. Ein bisschen weiter gehts immer noch. Und beim Alkohol war ich mir ziemlich sicher, wenn ich mir da einen Ausrutscher leiste, stecke ich wahrscheinlich wieder voll drin, denn ob ich den Dreh noch mal gefunden hätte, war ich mir nicht so sicher. Ich hatte aber auch wirklich keine Lust mehr zum Saufen, also das was Du beschreibst, dass Du da mit Dir kämpfen musst, das hatte ich da schon nicht mehr, das hatte ich nur früher, als ich die Pausen gemacht habe aber natürlich trotzdem trinken wollte. Als ich aufgehört habe, war ich da absolut eindeutig. Von daher kann ich Dir an dem Punkt wohl auch nicht weiterhelfen. Für mich sind das psychische Entzugserscheinungen und da vertraue ich drauf, dass das vorbei geht - wenn man nicht wieder anfängt.
Also ich nehme mir halt einfach nicht zu viel auf einmal vor, ich mache Häppchen draus, die ich schaffe, und dann schaffe ich mir auch Raum, das Geschaffte auch mal zu geniessen. Ab und an muss ich auch mal nachbessern, innehalten und gucken ob die Richtung noch stimmt. So mache ich das inzwischen bei allem. Ich habe festgestellt, dass ich mit den Techniken, die beim Saufen aufhören gelernt habe, auch sonst ganz gut durchs Leben komme. Das verstärkt sich dann von selbst, wenn Du merkst, das Du immer mehr davon hast, und es wird auch leichter weil es ja auch durch Übung besser flutscht. Und wenn Du Spass dran hast, dann bleibst du auch dabei....bzw ich rede da ja von mir, aus meiner Erfahrung.
Und was natürlich ganz wichtig war, ich habe einen Sinn darin gesehen, aufzuhören, und wenn ich irgendwo einen Sinn drin sehe, dann gebe ich persönlich nicht so leicht auf. Das ist aber auch nicht Neues, denn früher hab ich im Saufen Sinn gesehen, von daher wusste ich aber auch, dass ich ziemlich viel aushalten kann. denn als ich noch gesoffen habe, habe ich ja auch viel ausgehalten, wenn ich mir überlege wie ich da mit mir umgegangen bin und was ich für die Sauferei alles in Kauf genommen und welchen Preis ich dafür bezahlt habe. Also am Aushalten können lags sicherlich nicht. So dachte ich dann halt auch, was ist ein bisschen Saufdruck gegen die Abende über der Kloschüssel, als es mir elend ging und die ich am nächsten Tag wieder vergessen hatte, da kann ich den Saufdruck doch leicht auch aushalten.
Und so kam halt eins zum Anderen. Und dann war ich es irgendwann gewöhnt, nicht zu trinken, war so normal wie vorher saufen. Trotz diverser Schwierigkeiten, die mein Leben später noch so mit sich brachte, da dachte ich dann gar nicht mehr ans Trinken.
Gruß Susanne
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Die anfänglichen Stimmungsschwankungen machen mich fertig. Der Tag war so schwierig; wenn ich es nun nicht wirklich ernst meinen würde, hätte ich heute wieder getrunken, das steht mal fest. Das habe ich schon beim Aufstehen bemerkt.
Ich habe nur gewartet, bis mein Stiefvater um 7:30 Uhr zur Arbeit gegangen ist und schon war ich am Kühlschrank. Habe den halben leergegessen und dann alles wieder hochgekotzt. Bin leider nicht nur alkoholsüchtig sondern auch bulimisch und hatte leider den Rückfall...Panisch habe ich mich angezogen und bin mit dem Auto ohne Führerschein und mit Medikamenteneinfluss zum Uni gefahren, um die verzehrten Lebensmittel nachzukaufen. Ich habe mechanisch alles eingepackt und Schwupps war ich beim Alkoholregal. Ich hatte den Prosecco schon in der Hand aber ich habe ihn dann zurückgestellt. An der Kassa habe ich gezittert. Ich war unter Strom.
Diese ganze Prozedur hätte echt nicht sein müssen, wenn ich in der Früh schon meine Skills angewendet hätte. Ich habe es mir leicht gemacht und war nun mit meinem schlechten Gewissen und Magenschmerzen bestraft.
Ich "bestrafe" mich seit ich hier bei meiner Mutter bin mit einer strengen Diät. Wie immer. Nichts Neues. Fördert das einen Rückfall? Ich meine schon, aber derzeit kann ich es nicht ändern. Esse ich nichts habe ich ein Craving nach Alkohol wegen Mangel, esse ich zu viel ist es das Gleiche wegen den Schuldgefühlen. Was ist also besser? Lieber wenig essen und viel Sport machen und nicht kotzen, als andersrum?Meine Zwänge sind also immer noch stark da; nur das sie den Körper nicht mehr so belasten wie zB ein Alkoholrückfall. Das macht mir Angst und macht mich nachdenklich.
Wie kann ich mich von meinen Zwängen befreien? Eine Freundin meinte heute im Telefongespräch, dass ich mich öfters mit etwas Gutem belohnen soll. Selbst das gelingt mir nicht wirklich.
Susi, ich bin auch den dem Punkt angekommen, wo ich es echt satt habe, diese ganzen altbekannten Rituale zu haben...ich brauche ein klares Stopp, schon bevor der Automatismus anfängt...wie eine rote Karte oder ein sofortiger Schranken. Also Aktiv, nicht passiv zu sein. Das ist verflucht nochmal schwer.... -
Ich habe auch priorisiert. Lieber einen Eisbecher als Schnaps. Lieber erst mal noch mehr geraucht.
Das hab ich dann eins nach dem Anderen wieder in den Griff gekriegt. Ein Jahr später mit dem Rauchen aufgehört und dann erst mal 20 Kilo zugenommen, aber das normalisierte sich auch wieder.Das hat mich zwar alles auch gestört, aber es war trotzdem nicht so schlimm, wie weiter zu saufen und später weiter zu rauchen. Ich hab mich halt gefragt, was bringt mich zuerst um? Wenn ich das Schlimmste weglasse, habe ich beim Rest mehr Zeit, um das zu bewältigen. Priorisierung, Häppchen.
Ich habe dann Atemübungen und später das Meditieren angefangen. Erst mal innerlich einen Schritt von den ganzen Problemen zurücktreten, tief Luft holen, sie mit ein weng Abstand betrachten und mir dann bewusst überlegen, was ich will und was sich machen kann. Mache ich heute noch so, wenn mich die Nachrichtenflut zu überschwemmen droht, und ich merke, dass mir das näher kommt, einfach mal einen Break. Ich hab aber auch jahrelang Übung, also wenn du das nicht gleich kannst, ich hab auch mal angefangen.
Du schreibst, Du hast Deine Skills vernachlässigt? Man kann nur Skills vernachlässigen, die man hat, also hast Du ja was auf dem Du aufbauen kannst. Gestern ist gestern, machst Du heute halt weiter und wendest sie heute an. Heute ist der erste Tag vom Rest Deines Lebens, ist ja jeden Morgen so.
Immerhin hast Du nicht gesoffen, der Alkohol konnte also keine weiteren Schäden anrichten, und niemand ist perfekt. Den Selbsthass kenne ich auch, aber ich hab mir dann auch emotionale Ausflippereien erlaubt, alles nicht so schlimm, so lange man keine entscheidenden Fehler macht, die sich nicht mehr ausbügeln lassen.Am Anfang ist es schwierig. Ich habe drauf vertraut, dass ich auch nicht so viel anders bin als Andere, also ich habe einfach mal geglaubt, dass es besser wird, denn bei Anderen ist es ja auch besser geworden. Dafür kann ich Dir gerne als Beispiel dienen. Also ich hatte abschreckende Beispiele, aber ich kannte auch welche, die waren schon da, wo ich hin wollte, und ich habe mich daran gehalten, dass man es schaffen kann, egal was passiert. Ich habe mir einfach keine Ausreden zugelassen, wenn es Andern möglich war, dann war es mir auch möglich.
Wie gesagt, gutes Gelingen.
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Guten Morgen :sun:
Lass die Zeit und überstürze nichts. Mit genügend Abstand und Ruhe wirst du deinen Weg finden. Es ist am Anfang alles ein wenig schwierig. Ich habe auch erst einmal mein Leben sortiert. Und glaube mir, es gab eine Menge zu sortieren. Mehr als ich je gedacht hatte. Ich habe zu Anfang erst einmal überlegt und mir einen Plan gemacht. Dann bin ich Schritt für Schritt vorgegangen. Langsam, aber stetig. Mit viel Mühe und viel Zeit bin ich heute dort wo ich bin.
Du wirst auch schaffen, wenn du willst. Ganz sicher. 44.
LG Betty
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Danke vielmals, Susanne, danke dir Betty! Eure Worte sind irrsinnig hilfreich und ich freue mich über die Einträge und die Hilfe.
Ja ich neige so einiges zu überstürzen. Ich denke ungeduldig zu sein ist ein fast schon normales Ding bei uns Alkoholikern. Ich habe mich dabei ertappt, wie ich heute schon wieder nach einer Arbeitsstelle gesucht habe. Wahrscheinlich wirklich zu früh. Oder ist gerade eine neue, aufregende Beschäftigung das, was ich brauche? Was meint ihr?
Heute war ein wahnsinnig guter Tag...ich bin 2h lang spazieren gegangen bei uns um den See. Es war idyllisch und einfach traumhaft. Der schönste Spaziergang, den ich seit langem gemacht habe. Ja heute habe ich meine Skills wieder ganz einfach in der Hand gehabt. Das was gestern so schwer gefallen ist, ging heute echt leicht.
Ich finde ich mache gute Schritte vorwärts aber ich habe auch Angst, zu große Schritte zu machen und dann wieder umzufallen. Der Teufel schläft nie... -
Ungeduld kenn ich. Ungeduld hat mich viele Jahre begleitet. Viel zu viele Jahre. Ich habe nach meinem Anfang, mit dem Trinken aufzuhören, angefangen, über mich und mein Leben nachzudenken. Prinzipiell bin ich eigentlich immer unglücklich gewesen. Unglücklich in meiner Kindheit, unglücklich mit meinem Leben, unglücklich wie man mich behandelt usw. usw.
Ich wollte das nicht mehr. Ich hab aufgehört zu trinken, meinen Fotorucksack gepackt und bin auf eine meiner Lieblingsinseln geflogen. Allerdings dies alles nicht mit Ungeduld. Ich hab mir Zeit gelassen.
Dann bin ich eine Woche gelaufen. Ich habe km für km zu Fuß hinter mich gebracht. Ich habe fotografiert, ich habe mich mit dem Meer unterhalten, ich habe die Natur und die Tiere beobachtet. Ich bin durch die Nächte gelaufen und habe die Städte und Häfen in der Dunkelheit fotografiert. Ich habe einheimische Lokale besucht und gut gegessen, Wasser und Cola getrunken. Espresso genossen und mich sehr wohl gefühlt. Ich lernte mich kennen. Das war ganz schön merkwürdig und einfach war es auch nichtHeute – Jahre später – und auch weitere viele km mehr, bin ich bei mir angekommen. Ich mag mich. Ich habe kein schlechtes Gewissen mehr. Ich schäme mich nicht mehr und die Menschen mögen mich auch. Ich freue mich auf jeden neuen Tag und ich bin kerngesund, fit und guter Laune. Ich gehe bald in Rente und arbeite als freiberufliche Fotografin neben meinem Hauptjob. Es läuft die eine und andere Ausstellung und meine Aufträge sind interessant. So gehe ich gern in meinem Ruhestand, denn ich lerne immer wieder ganz tolle Menschen kennen. Ich freue mich darauf, noch lange zu leben und gesund alt zu werden. Ich bin gelassen und habe heute sehr viel Ruhe bei mir, wenn ich meinen täglichen Weg gehe.
Also, ich wünsche jedem, dass er sich auf den Weg macht, um sich selbst kennen zu lernen. Es lohnt sich.
LG von Betty -
Betty, das klingt wunderschön und wie ich sehe, ist der Weg, den ich eingeschlagen habe, der richtige. Denn ich mache es eigentlich ähnlich wie du. Nach der schweren, voll von Rückfällen geplagten, Zeit in Graz bin ich letzten Freitag heim zu meiner Mutter ins wunderschöne Ausseerland gezogen. Bis auf Weiteres. Es gibt so tolle Wanderwege und auch viele Seen, die man umrunden kann. Auch in Corona Zeiten. Ich war gestern über 2h unterwegs und das war einfach toll. Ich habe nur Wassergeplätscher und Vögel gehört. Kaum einen Menschen habe ich getroffen. Ich hatte viel Zeit zum Nachdenken; hauptsächlich gute Gedanken. Ich bin stolz auf meine Entwicklung bisher.
Hin und wieder kommt das Teufelchen an meine Seite aber ich rede mir dann stark ein, dass es einfach UNMÖGLICH ist, jetzt rückfällig zu werden. Ich muss aber gestehen, dass ich es zu einem großen Teil für meine Mutter tue. Wenn ich trinke, leidet sie. Beziehungsweise würde sie mich dann bald vor die Tür setzen und das will ich auf keinen Fall. Außerdem will ich es mir nicht antun. Wieder Rückschritte zu machen wäre so schade. Es ist also eine Kombination aus Mamas Willen und meines Willen. Natürlich werdet ihr sagen, dass ich es nur für mich machen soll aber momentan geht es nur so. Ich muss einfach jemand anderen mit ins Boot nehmen um es jetzt in der schweren Anfangszeit zu schaffen.
Mann tun mir heute meine Füße weh von der Wanderung gestern...aber ich werde mich jetzt dann trotzdem aufmachen und einen anderen Wanderweg einschlagen, den ich mir gestern Abend noch rausgesucht habe. Ich will mich nicht quälen, obwohl es sich fast so anfühlt, ich will mich erleben. Und das kann ich am Besten in der Natur. Ich werde meine Lieblings-Playlist auf dem Handy mitnehmen, meine Kopfhörer aufsetzen und eine schöne Zeit haben. Und wenn ich unterwegs schwach werde, dann setze ich mich auf die nächste Bank - Achtsamkeit ist geboten!
Eine Frage hab ich noch. Ich habe gestern schon 3 Bewerbungen für Jobs geschrieben, mit der Hoffnung, nach Corona wieder ins Arbeitsleben einsteigen zu können. Findet ihr es ist zu bald? Soll ich mich lieber noch weiter stabilisieren? Nein, ich brauche eine sinnvolle Beschäftigung und Menschen um mich herum. Doch gleich wieder Vollzeit kurz nach einem 3jährigen starken Leidensweg? Ich weiß nicht. Die Pro und Kontraliste ist ziemlich ausgeglichen...
Habt einen schönen Tag und lasst das erste Glas stehen! -
Moin moin,
darauf kann dir wohl KEINER eine genaue Antwort geben. Was bedeutet dir ein Job. Was kann es für dich bezwecken? Wenn es dir hilft, nicht stresst und Spaß macht, dann bist du auf dem richtigen Weg. Finde es heraus. Vielleicht in Teilzeit?
Ich wünsche dir heute viel Spaß und einen guten Weg. Und je mehr du dir näher kommst, umso mehr wirst du dann DEINEN Weg gehen. Wenn es dir momentan hilft, dass du es auch für deine Mutter tust, dann ist das nicht falsch, aber wie du schon selbst sagst, es ist einzig und allein wichtig dass du es für DICH tust. Du solltest dein Leben ändern, dein Leben überdenken und dir einen schönen, einen wunderbaren und glücklichen Weg suchen. Du wirst ihn finden.Alles Gute.
LG Betty :sun:
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Hallo sgailberger,
ich wollte mich eigentlich etwas intensiver mit Dir austauschen. Leider lässt das meine aktuelle Situation nicht zu.
Ein paar Gedanken habe ich dennoch. Ich habe das schon richtig verstanden: Du leidest neben Deiner Alkoholsucht auch noch an Borderline und an Bulimie? Mit letzterem habe ich keine Erfahrung, mit Borderline allerdings schon, denn jemand in meinem engeren Familienkreis litt darunter.
Damit hast Du, und das wird Dir sicher bewusst sein, erschwerte Bedingungen. Und es ist umso wichtiger, dass Du aus der Alkoholspirale heraus kommst. So wie ich die Borderline-Krankheit (als Angehöriger) erlebt habe, wird es besonders wichtig, nahezu entscheidend sein, dass Du in den Phasen in denen es Dir richtig schlecht geht, wo Du wahrscheinlich auch Selbstverletzungstendenzen hast, stabil zu bleiben. Sprich: keinen Alkohol anzurühren.
Ich muss ehrlich sagen das ich persönlich glaube, dass Dir meine Erfahrungen in Sachen Alkoholsucht und Ausstieg wahrscheinlich nur marginal helfen könnten. Denn Du hast durch Deine anderen Erkrankungen nochmal ganz andere Grundvoraussetzungen, so zumindest meine ganz persönliche Meinung. Ich glaube bei Dir wird es ganz ganz wichtig und entscheidend sein, dass Du auch ein professionelles Umfeld um Dich hast, dass sich mit den beiden anderen Erkrankungen sehr gut auskennt. Wenn ich Dich aber richtig verstanden und gelesen habe, ist genau das der Fall. Das finde ich wirklich sehr gut.
Insofern kann und möchte ich Dich einfach nur ermutigen, niemals aufzugeben und dieser Sucht die Stirn zu bieten. Wenn Du das schaffst, dann hast Du auch die Chance, den anderen Krankheiten die Stirn zu bieten. Meine allerbesten Wünsche begleiten Dich. Und bitte entschuldige, wenn ich etwas kurz angebunden bin, jedoch bin ich bezüglich des allseits bekannten Virus beruflich sehr stark eingebunden und finde kaum Zeit z. B. für das Forum hier.
Alles alles Gute Dir!
LG
gerchla -
Dank dir, meine Liebe, deine Worte haben mir sehr gut getan.
Ja ich habe mehrere Baustellen aber im Prinzip haben alle meine Süchte mit Selbsthass zu tun und ich denke wirklich, dass genau das der Schlüssel ist. Ich muss es mir Wert sein von meinen Zwängen loszukommen; nur dann kann ich ein erfüllteres Leben haben. Und daran arbeite ich die Tage sehr intensiv. Ich lasse mir wirklich Zeit und versuche Schritt für Schritt dahin zu kommen.
Heute habe ich mich für die Stelle als Vorstandsassistentin in Bad Ischl beworben. Das wäre der perfekte Neustart. Bitte drückt alle Daumen, die ihr habt!
Die Aufgabe würde mir gut tun und ich denke ich bin bereit dann nach Corona...
Ich muss mich auch kurz halten; ich habe heute noch ein Online AA Meeting.
LG und bis sehr bald! -
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