Hallo zusammen

  • Möchte mich auf diesem Wege mit anderen austauschen und Meinungen von Außenstehenden zu meinem Trinkverhalten bekommen.
    Ich bin Männlich, 30 Jahre und stehe voll im Leben wie man so schön sagt. Ich bin sportlich, habe einen guten Job und soziale Kontakte. Mein Trinkverhalten habe ich eigentlich nie wirklich hinterfragt. Hatte wilde Zeiten mit viel Party, dies hat sich aber nur aufs Wochenende beschränkt und war ganz üblich im Freundeskreis. Die Partys wurden weniger und die Arbeit wurde mehr, bin dann jahrelang Weltweit auf Auslandsmontage gewesen. War leider größtenteils alleine unterwegs und so kam es vor dass es als Belohnung für einen langen Arbeitstag dann auch mal ein Bier auf dem Zimmer gab. Dies war jedoch nur Phasenweise und kein Dauerzustand und auch eher davon abhängig wie Stressig der Tag war. Dazu muss ich sagen das es dazwischen auch Zeiten gab an denen ich Monatelang gar nichts getrunken habe. Musste dieses Jahr leider einige Schicksalsschläge verkraften und so schlich sich eine Routine ein in der ich unter der Woche auch 2 - 3 mal getrunken habe. Dabei gibt es kein typisches Muster. Das kann ein Bier sein , das können aber auch sechs Bier sein wenn ich zB einen guten Film schaue. Ansonsten ist es kein Problem ein Glas Wein zum essen zu trinken und danach aufzuhören. Habe glücklicherweise eine wunderbare neue Partnerin kennengelernt und diese hat mir die Augen geöffnet mein Verhalten zu hinterfragen. So kam es vor dass ich unter Alkoholeinfluss mit dem Auto zu ihr gefahren bin. Ich weiß dafür gibt es keine Entschuldigung und ich schäme mich zutiefst dafür andere Gefährdet zu haben. Es ist glücklicherweise niemand zu Schaden gekommen. Ich weiß das es in Ihrer Familie Probleme mit Alkohol gab und Sie bei diesem Thema sehr sensibel reagiert. Auf die Frage ob ich getrunken hätte kam dann eine Lüge und ich versuchte es runterzuspielen. Sie hat es jedoch gemerkt und ich habe ihr versprochen nicht mehr alleine zu trinken. Danach vergingen fünf alkoholfreie Wochen und gestern habe ich wieder getrunken.
    Es gab absolut keinen Grund, ich bin super glücklich momentan und alles läuft Perfekt. Vielleicht hat mich das in Sicherheit gewogen doch mal wieder ein paar Bier zu trinken. Sie hat es natürlich gemerkt und ich habe damit unsere Beziehung gefährdet.. Sie möchte jetzt erstmal eine Pause und ich muss mir klar werden was mir wichtiger ist.. Ich bereue es zutiefst wieder ALLEINE getrunek zu haben und ihr Vetrauen so hintergangen zu haben. Würde mich freuen hier ein Feedback zu bekommen ob ich bereits ein Problem habe und wie man dieses angehen könnte.

    Gruß

  • Hallo elcabone,
    schön, dass du unser Forum gefunden hast, herzlich willkommen! Ich bin Frank, 52 Jahre alt und trinke seit 6 Jahren keinen Alkohol mehr, weil ich festgestellt habe, dass ich nicht kontrolliert trinken kann.
    Da du schon so ausdrücklich Meinungen zu deinem Trinkverhalten gefragt hast:
    Zwei Dinge finde ich sehr bedenklich, zum einen, dass du es offenbar verheimlichen willst, wenn du trinkst und zum zweiten dass du auch alleine trinkst. Die Menge spielt dabei gar keine so große Rolle.
    Ich habe auch beides getan:
    vor meiner Ex (mit der ich auch ein Kind habe) verheimlicht dass ich jeden Abend was trinke (damals habe ich ich noch geraucht, dann habe ich immer gesagt: ich geh in den Garten eine Rauchen, das habe ich dann auch getan, aber dabei immer auch die kleinen Weinfläschchen,die ich hinten bei meinem Auto beim Reserverad versteckt hatte, geleert.
    Und nach der Trennung dann jeden Abend alleine getrunken, da steigerte sich die Menge plötzlich rapide,weil ich ja nichts mehr verheimlichen musste.
    Ich versuchte es dann trotzdem unter Kontrolle zu halten,indem ich mir abends immer "nur" 3 Flaschen Bier holte.Das nützte aber nichts, als die alle waren bin ich losgezogen und habe Nachschub geholt,oft auch zweimal am Abend.
    Mit Hilfe einer Selbsthilfegruppe habe ich dann von einem Tag auf den anderen keinen Tropfen Alkohol mehr angerührt, was für mich auch ganz leicht war. Mir fehlt der Alkohol auch nicht in meinem Leben.
    Auch wenn das Aufhören mir leicht fiel - u.a. weil ich (noch) keine körperliche Abhängigkeit entwickelt habe-bezeichne ich mich dennoch als Alkoholiker, weil ich den nicht kontrolliert trinken kann.
    Du machst dir ja selber schon Gedanken über dein Trinkverhalten, das ist super. Wie gesagt, ich finde einige Dinge, die du gesagt hast sehr bedenklich und ich denke einmal, du ahnst selber, dass du ein Problem hast, sonst würdest du es ja nicht verheimlichen und sonst hättest du dich hier ja nicht gemeldet.
    Allerdings, wie ernst dein Problem ist, kann ich dir natürlich nicht sagen. Ich denke da erst mal an zwei Wege:
    1. Du suchst dir eine Selbsthilfegruppe (die werden dir allerdings auch nicht sagen wie ernst dein Problem ist, allerdings wirst du die Unterstützung der Gruppe brauchen um es selbst herauszufinden)
    2. Du nimmst Rücksprache mit einem Arzt.
    Ich wünsche die alles Gute! Bleib mal vorerst mal hier bei uns um Forum, lies die Beiträge und schreib ruhig mal ab und zu wie es dir geht und was du unternimmst.
    Gruß
    Frank

  • Hallo Frank,
    danke für deine offene und ehrliche Meinung.
    Die Tatsache mich hier angemeldet zu haben drückt tatsächlich meinen Eindruck, das eventuell etwas nicht mit meinen Trinkgewohnheiten stimmt, aus. Ich bin ebenfalls nicht von irgendwelchen Entzugserscheinungen betroffen und wochenlange Abstinenz macht mir nichts aus. Werde deinen Tipp mit einer Gesprächsgruppe verfolgen , einfach um herauszufinden in wie weit mich das ganze beeinflusst.

    Gruß

  • Hallo elcabone,

    herzlich Willkommen bei uns im Forum. Gut, dass Du Dich mit Deinem Trinkverhalten beschäftigst und es nicht einfach ignorierst.

    Bevor ich Dir meine Gedanken schreibe stelle ich mich kurz vor:

    Ich bin 50 Jahre alt, Alkoholiker und lebe jetzt schon lange ohne Alkohol. Vorher trank ich über 10 Jahre süchtig (eher in Richtung 12, 13 Jahre, genau kann ich nicht sagen wann es gekippt ist). Wenn ich zurück denke, war ich etwa in Deinem Alter als meine Sucht sich manifestierte.

    Es begann bei mir mit den Feierabendbierchen. Vielleicht könnte man auch sagen "Belohnungsbierchen". Lange Zeit immer nur eines oder mal zwei, jedoch fast täglich. Mein erster ganz großer Fehler war, dass ich irgendwann begann heimlich zu trinken. Meine Frau hatte mich mehrmals auf mein (damals ja noch wirklich sehr niedriges) Trinkverhalten angesprochen und ich hatte ihr immer versprochen, mein Bier abends weg zu lassen. Ich tat das dann auch, wochenlang, sogar ein paar Monate lang. Dann schlich es sich wieder ein und sie sprch mit wieder an. So gings ein paar mal und dann kam für mich der erste Tabubruch (ich nenne das so, ich hatte in meiner Trinkerkarriere mehrere solche Schlüsselmomente): Ich begann heimlich zu trinken und trank zuhause offziell fast gar nichts mehr. Begann aber gleichzeitig geheime Alkoholverstecke anzulegen.

    Und ich hatte somit Ruhe. Von da an steigerte ich die Menge, erst ganz langsam, dann je länger die Sucht dauerte, immer schneller und mehr.

    Wenn ich Dir einen Tipp geben darf: Sei immer offen zu Deiner Freundin, sie scheint ja bereits Erfahrung mit diesem Zeug als Angehörige gesammelt zu haben. Sich kann Dir durch ihre Offenheit ebenfalls sehr helfen und allein die Tatsache dass Du jetzt hier bist und über Dein Trinkverhalten nachdenkst scheint mir schon auch darauf zurück zu führen. Das ist ein Glücksfall für Dich, denn Du scheinst mir noch ziemlich am Anfang zu stehen. Du hast vielleicht die Karten noch in der Hand.

    Tja, wo stehst Du eigentlich, bezogen auf eine möglich Sucht? Ich kann es Dir nicht sagen. Was ich von Dir gelesen habe deutet in jedem Fall darauf hin, dass Du ein Problem hast. Du hast getrunken, obwohl Du, wie Du selbst schreibst, keinen Grund hattest. Und obwohl Du wusstest, dass Deine Freundin damit schlecht klar kommen wird. Trotzdem hast (musstest Dz trinken?) Du getrunken und das wäre bei jemanden, für den Alkohol keine Bedeutung hat, sicher nicht passiert.

    Kommen wir zu diesem "Grund". Die Gründe weshalb jemand trinkt sind sozusagen mein "Lieblingsthema". Das kommt aus meiner eigenen Suchtgeschichte heraus, weil ich nach Beendigung der Selbigen nämlich unbedingt die Gründe dafür finden wollte, weshalb ich da überhaupt hinein gerutsch war. Denn ich hatte wirklich absolut keinerlei offensichtlichen Grund mit dem Saufen zu beginnen. Bei mir lief alles bestens. Tolle Frau, toller Job, erfolgreich, keine Krankheiten, keine Schicksalsschläge, keine finanziellen Sorgen, NIX, wo man sagen könnte: das war zu viel, er wusste sich nicht mehr anders zu helfen....

    Trotzdem gab es Gründe und ich fand diese auch. Dauerte etwa ein Jahr (mein erstes alkoholfreies Jahr) bis alle soweit aufgearbeitet und verstanden hatte. Wieso, weshalb, warum.

    Wenn Du Dich also jetzt schon damit beschäftigst, dann könntest Du vielleicht schon jetzt Strategien finden, die Dir helfen nicht zum Alkohol zu greifen um was auch immer damit zu erreichen, kompensieren, zu vergessen etc. Das würde Dir einen Haufen Leid ersparen, denn wenn Du richtig in eine Sucht rutschen solltest, dann ist Schluss mit lustig. Sage ich aus eigener Erfahrung.

    Was also jetzt in Deinem Falle tun? Meine Gedanken dazu:

    Du scheinst ja jetzt nicht zu denen zu gehören, die täglichen Druck verspüren trinken zu wollen. Nein, es klappt ja ganz gut, jedoch überkommt es Dich scheinbar dann ab und an mal und dann kannst Du auch nicht widerstehen. Das ist übrigens nicht weniger gefährlich als wenn Du täglich trinken wolltest. Es gibt unterschiedliche Arten oder Ausprägungen einer Alkoholsucht und eben auch die, dass Alkoholiker wochenlang nicht trinken müssen um dann plötzlich in ein paar Tagen alles nachzuholen was sie verpasst haben. Wobei ich Deine Situation jetzt nicht dramatisieren möchte, denn soweit bist Du m. E. noch lange nicht. Aber Achtsamkeit ist auf jeden Fall gefragt.

    Also, Frank hat Dir ja schon ein paar Tipps gegeben. Und ich finde diese auch sehr gut. Inwieweit Du in einer SHG gut aufgehoben bist, musst Du einfach ausprobieren. Ich war auch in einer und es war für mich in meinen ersten trockenen Monaten die wichtigste Anlaufstelle. Später merkte ich, dass ich andere Hilfe brauche und mir die Gruppe nichts mehr gab. Wie gesagt, da ist jeder anders wie auch die Sucht bei jedem ganz individuell verläuft.

    Einen Arztbesuch, vielleicht sogar einen Besuch beim Psychologen, würde ich Dir sehr empfehlen. Wenn Du hier den richtigen finden kannst, dann hast Du eine gute Chance heraus zu finden, warum Du trinken willst. Und wenn Du den Grund oder die Gründe kennst, dann kannst Du sie auch gut bekämpfen. Ich war damals beim Hausarzt, da ging es erst mal darum, körperlich klar zu kommen. Von dort ging es dann zum Psychologen. Leider hat mir meiner damals nicht richtig helfen können, zumindest nicht bei meinem damals akuten Problem (trotdem bin ich sehr froh über diese Sitzungen bei ihm). Und weil mir dieser Mensch nicht helfen konnte, habe ich mir dann noch weitere Hilfe gesucht.

    In meinem Fall war das ein Mönch, der für mich dann sowas wie ein Kompass heraus war und bei dem ich durch zahlreiche Gespräche auch heraus fand, wieso, weshalb und warum. Hatte übrigens nichts mit Glaube zu tun, ich war nicht sonderlich gläubig zu dieser Zeit. Es war einfach ein Zufall, dass ich diesen Mönch kennengelernt hatte und es hat menschlich gepasst. Ich konnte mich öffnen und er verfügte über eine große Erfahrung oder Weisheit.

    Was will ich damit sagen? Egal was, hol Dir hilfe, probiere verschiedenes aus und sei vor allem immer offen und ehrlich. Dir selbst gegenüber aber auch Deiner Freundin, die mir hier durchaus auch eine gute Unterstützung für Dich sein kann. Du liebst sie, so lese ich es jedenfalls. Liebe ist eine positive Kraft, nutze sie! Natürlich sollst Du nicht für Deine Freundin auf Alkohol verzichten, sie sollte nicht der alleinige Grund sein, denn das wäre dann sehr gefährlich, wenn es mal nicht so gut zwischen Euch läuft. Aber trotzdem kann sie Dich motivieren, kann Dich Deine Liebe zu ihr motivieren es für DICH zu tun.
    Übrigens solltest Du Dir auch überlegen, ob Du nicht noch andere wichtige Menschen (Eltern, Geschwister, enge Freunde) über Deine Situation informieren möchtest. Für mich war mein Outing gegenüber diesen wichtigen Menschen ein Schlüssel zum Erfolg. Da ich ja heimlich trank, viele diese Menschen erst mal aus allen Wolken und es war wirklich ein Höllenritt meiner Gefühle, den ich da durchmachte, als ich es jedem erzählte. Dann jedoch wusste sie Bescheid und haben mich unterstützt, jeder nach seinen Möglichkeiten. Damit habe ich mir ein Hintertürchen geschlossen. Denn nun wusste es ja alle und ich stand sozusagen "in der Pflicht". Eine kleine zusätzliche Motivation für mich, besonders ganz am Anfang, als es einfach nur darauf ankam einfach erst mal nichts mehr zu trinken. Später dann wurde mir durch meine Aufarbeitung klar, wie sinnfrei Alkohol eigentlich ist und ich fand dadurch zu Sträke und der Alkohol verlor zunehmend an Bedeutung für mich.

    Also, viel geschrieben und ich hoffe, es ist was für Dich dabei. Wenn Du Fragen hast, immer raus damit. Ich wünsche Dir auf jeden Fall alles alles Gute. Mach Dich auf den Weg, es lohnt sich!

    LG
    gerchla

  • Ich grüße auch mal freundlich und möchte mich meinen Vorschreibern anschließen. Sind gute Ansätze :)

    Mir hat ganz am Anfang ein Satz aus der Selbsthilfegruppe sehr geholfen: "Nur heute nicht." Soll heißen, ich muss nur heute nicht trinken, dass aber dann morgen auch sagen ;) So wurde in meinem Kopf der "Riesenberg lebenslang verzichten" in kleine Häppchen geteilt.

    Und eh' ich mich versah', waren über 12 Jahre vergangen *Späßle*

    Wünsche dir von Herzen, dass du auf deinem guten Weg eine ähnlich hilfreiche Sache findest.

    Netten Gruß,

    ichso

  • Mir hat ganz am Anfang ein Satz aus der Selbsthilfegruppe sehr geholfen: "Nur heute nicht."

    Hallo!

    Ich würde das "nur" streichen. Dieses kleine Wörtchen könnte sonst im Unterbewusstsein falsche Erwartungen wecken, so dass es morgen womöglich schon schwerer wird.

    Besser gefällt mir der Satz: "Heute trinke ich nicht." Das hatte ich mir in den ersten Wochen gleich nach dem Aufwachen vorgenommen.

    Gruß
    Rekonvaleszent

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