Ich bin jetzt auch dabei

  • Hallo!

    Meine Frau trinkt ab und an mal einen Piccolo Sekt. Wer hat den gekauft? Ich. Ich habe damit kein Problem, weil ich das Zeug eh nie mochte.

    Wenn ich wirklich was trinken wollte, ginge ich um die Ecke zu einer 24/365 Tanke, die genau das, was ich immer mehr als reichlich konsumierte, gut gekühlt verkaufen.

    Wohl gemerkt: So ergeht es mir. Ich komme damit gut klar.


    Gruß
    Rekonvaleszent

  • Guten Morgen Susanne, Rekon. und alle,

    Susanne bringt es mal wieder auf den Punkt, im Hinterkopf bei mir spielt immer noch Unsicherheit mit.
    Sicher hat das etwas damit zu tun, dass ich viele Gefühle und Situationen noch nie erlebt habe. Z.B. keine Abstürze, Blackouts oder Saufdruck. Gesundheitlich auch noch keine negativen Folgen zu verzeichnen. Dazu kommt noch dass ich anfangs von "echten" Alkoholikern belächelt wurde.
    Erst nachdem ich die Sucht für mich angenommen hatte und für mich beschlossen hatte, dass was Andere an schlimme Erfahrungen gemacht haben ich nicht brauche und zukünftig abstinent leben möchte, wurde es ganz leicht. Nur im Hinterkopf habe ich immer den Respekt vor dieser Krankheit. Ich höre immer ganz genau hin, wenn von Rückfällen berichtet wird und überlege, ob ich ev. auch in ähnliche Situationen kommen könnte. Falls dann doch einmal der Trinkdruck kommt, möchte ich gerne vorbereitet sein um entsprechend zu reagieren.
    Den Alkohol zu kaufen( welcher sowieso nicht mein Getränk war) war für mich nichts anderes als Brot, Kartoffeln oder Käse mit zu bringen. Aber er soll mich auch nicht in Versuchung bringen. Gehe ich am Weinregal vorbei, denke ich immer "euch brauche ich nicht mehr zu schleppen"
    Aber meine Unsicherheit zeigt sich noch in der Vermeidung von Situationen bei denen ich gerne getrunken habe. Das wird aber schon weniger. Vielleicht brauche ich mehr Zeit, aber die nehme ich mir auch und meine Familie steht dahinter.
    Also ist es jetzt gut so wie es ist. Kein Cognac für meinen Mann im Haus. Wir haben es besprochen, ich dachte er leidet unter dem Verzicht, tut er aber nicht.
    Viele Grüße
    Ina

  • Guten Morgen Ina,

    ich hab zwar ein bisschen härter getrunken als Du. Aber einerseits ist das ja kein Ruhmesblatt, man muss da nicht stolz darauf sein, sondern es war ja eigentlich Unfähigkeit, anders mit dem Leben umzugehen. So darfst Du das auch betrachten, und andererseits bereue ich es auch nicht, weil damals war das halt das, was ich wollte, und zeitenweise wäre ich ohne Alkohol vermutlich gar nicht klar gekommen. Das glaube ich bis heute und ich habe mehrmals drüber nachgedacht, was wohl gewesen wäre, wenn ich früher aufgehört hätte...ich glaube, es wäre nicht besser gewesen, aber mir ist ja auch nichts wirklich schlimmes passiert, unter was ich den Rest meines Lebens leiden würde, ich habe den Ausstieg trotzdem noch rechtzeitig geschafft und verbuche das als Lebenserfahrung, ich habe sozusagen nichts verpasst und wie es anders gewesen wäre, bleibt trotz aller Überlegung Theorie.

    Also was das angeht, bin ich mit mir im Reinen.

    Mit fällt bei dem Weinregal noch ein, ich hab an der Supermarktkasse immer Flachmänner mitgenommen, meistens so 4 oder 5 Stück a 0,1 Liter, die ich dann auf die Schnelle zum Aufwärmen gekippt habe. Das musste ich vom ersten Tag meiner Nüchternheit an ignorieren, ich war ja nie in geschützter Umgebung, Entgiftung oder stationäre Therapie, sondern habe mein Leben erst mal einfach so weitergelebt, was ich ändern musste stellte sich erst nach längerer Trockenheit heraus.
    Also bin ich auch weiter an der Supermarktkasse mit den kleinen Verführern vorbeigelaufen, alkoholfreier Haushalt hätte bei mir einen Tag höchstens dagegen geholfen. Und wenn ich Durst hatte, dann blieb der auch bis er gelöscht war, selbst wenn ich mich eine Weile beherrscht hatte, habe ich das dann nachgeholt, auch von daher war es für mich sinnlos, der Verführung aus dem Weg zu gehen, denn wenn ich die Gier hatte, bin ich dafür auch kilometerweit gelaufen, wenn ich nicht mehr fahren konnte.
    Ein Grund, warum ich das grundsätzlicher angegangen bin. Der andere war, das ich auch nüchtern Scheixxtage hatte, also darauf, das es immer schön war, konnte ich mich auch nicht verlassen.

    Ich hatte schon mehrmals beim Hingucken den Geschmack im Mund, und die Wirkung, die ich verspürt habe, kann ich bis heute absolut nachvollziehen, aber das hat wirklich überhaupt nichts mehr an sich, was mir Appetit darauf machen würde. Bei mir geht diese Vorstellung dann sehr schnell bis zu dem rebellierenden Magen und dem beschixxenen Geschmack im Mund am nächsten Morgen beim Aufwachen, echt nichts was ich nochmal brauchen würde. Das passiert ganz automatisch, und manchmal stelle ich mir das mit Absicht vor und geniesse es dann erst recht, dass es heute anders ist.

    Ist mir grade noch so eingefallen. Ich meine, wenn man darauf achtet, dann merkt man schon, was man sich selbst zutrauen kann. Und wenn ich wirklich trinken wollte, dann könnte mich nichts und niemand davon abhalten, mich könnte auch keine Gruppe bremsen, denn da würde ich mich entweder drüber wegsetzen oder gar nicht mehr hingehen. Ich mache mir nichts vor, wie es wäre, wenn ich wieder trinken würde, es ginge vermutlich schnell bergab, aber ob mich das hindern würde, wenn mir alles egal wäre, ist natürlich auch spekulativ, so lange der Zustand nicht eintritt. Und genau deswegen muss ich selbst wissen, was ich will, das kann mir niemand sonst sagen. Und ich meine, klappt ja.

    Gruß Susanne

  • Moin, moin zusammen,

    wollte mich nur kurz mal melden und sagen, dass hier alles O.K. ist, also ich bin immer noch abstinent.
    Neben Corona liegt eine schwierige Zeit hinter mir, mein Mann hatte 2 Operationen und es ging ihm nicht wirklich gut danach.
    In der Zeit habe ich an alles mögliche gedacht, aber nicht an Alkohol. Glücklicherweise, denn bestimmt war es eine Prüfung für mich weil die eigentlich schwere OP noch aussteht, soll aber demnächst erfolgen.
    Vorsichtig bin ich noch immer, aber z.Zt. gibt es nicht so viele Gelegenheiten bei denen ich vorher überlegen muss ob es für mich gefährlich werden könnte.
    Bei uns gibt es jetzt wieder reale SHG Meetings und darüber bin ich sehr froh.
    Ich lese fast täglich hier mit, zum Schreiben fehlt mir meist die Zeit. Wir haben viel Besuch von den Kindern und Enkeln und das genießen wir, freuen uns aber auch wenn das Haus wieder uns gehört.

    Viele Grüße, besonders aber Kraft für alle die noch im aktiven Kampf gegen den Alkohol sind.
    ES LOHNT SICH !!!
    Ina

  • Hallo Ina,

    ich freue mich über deine Nachricht und wünsche dir weiterhin Freude mit deiner Familie und die Kraft, die du brauchst. Vergiss dich selber nicht, wenn um dich herum so viel los ist und Anforderungen an dich gestellt werden.

    Viele Grüße
    Camina

  • Hallo miteinander,

    heute habe ich etwas zum Schmunzeln aus dem Bereich Co-Abhängigkeit für Euch. Mein Erlebnis vom Wochenende.

    Wir waren zum Geburtstag eingeladen, alle Anwesenden wissen von meinem Alk. Problem.
    Es wurden Getränke gereicht, ich bekam eine leckere Rhabarbaschorle.
    Mein Mann bekam einen Cognac, der war aber 3-stöckig. Man meinete es wohl gut mit ihm.
    Mein Kommentar dazu:" Das reicht ja für eine ganze Woche". Mein Mann blickt auf das Glas und meint, das sei ihm zuviel, reicht das Glas zu mir rüber und sagt:" Trink ruhig mal einen Schluck ab". Meine Antwort war:"Danke, ich hab' selbst", mit einem Grinsen natürlich.
    Meine Schwägerin hatte bereits Schnappatmung, mein Schwager schon fast auf dem Weg mir das Glas zu entreißen, alle Blicke auf meinen Mann gerichtet der sich für den Rest des Abends geschämt hat.
    Also, auch Co-Abhängige können mal in alte Muster zurück fallen.

    Eine schöne Woche für Euch und viele Grüße
    Ina

  • Hallo zusammen,

    ich wollte mich nur kurz melden um zu sagen, dass bei mir alles O.K. ist und dafür bin ich sehr dankbar!
    Lust auf Alkohol habe ich nicht, allerdings gibt es seit einiger Zeit etwas, was mich beunruhigt.
    Sicherlich haben die "alten Hasen" unter Euch damit auch Erfahrung, ich träume neuerdings davon, dass ich Alk. getrunken hätte.
    Nach fast 2 Jahren kommt so etwas, was soll das?
    Wenn ich dann aufwache bin ich erstmal "fertig" und im ersten Moment enttäuscht von mir, dann wird mir aber klar, es war ja nur ein Traum.
    Vielleicht hängt es mit der z.Zt. schwierigen häuslichen Situation zusammen, mein Mann wird langsam etwas dement und das ist für uns beide nicht einfach. Er ist oft sauer auf sich selbst und ich arbeite sehr daran, nicht "pampig" zu reagieren sondern eher mit Verständnis.
    In der SHG habe ich gelernt, dass man vieles auch "weglächeln" kann. Es gelingt mir auch immer öfter.
    Die haben mich da mental sehr unterstützt aber leider finden im Moment keine Treffen statt. Also: Corona-Blues und wer kennt den z.Zt. nicht.
    Ich lese hier immer noch regelmäßig mit, aber mir fehlen die Erfahrungen die viele von Euch gemacht haben, um mich mit Ratschlägen etc. einzubringen.

    Für Euch alle noch einen schönen Tag und ein sonniges Wochenende
    Liebe Grüße
    Ina

  • Hallo Ina,

    schön, dass Du nach wie vor ohne Alkohol lebst. Und vielen Dank, dass Du uns davon berichtest! 44. Ich freue mich sehr für Dich.

    Was Deine Träume betrifft: Da kann ich Dir leider nichts brauchbares aus eigener Erfahrung berichten. Ich kann Dir nur sagen, dass ich das auch schon hatte, jedoch jetzt schon lange nicht mehr. Ich habe das gar nicht als so schlimm empfunden, es überwiegte bei mir immer das (befreiende) Gefühl, dass es nur ein Traum war. Vielleicht bin ich auch nicht der Typ, der sich dann Gedanken darüber macht, dass es etwas "tieferes" bedeuten könnte. Also so in Richtung: träume ich das, weil ich doch wieder trinken möchte? Oder bedeuet dieser Traum, dass ich kurz vor einem Rückfall stehe?

    Solche Gedanken hatte ich nie und ich glaube, ich würde sie mir so auch jetzt nicht machen. Ich weiß ja, wo ich stehe. Natürlich ist mir bewusst, dass Träume eine Bedeutung haben und dass das Unterbewusstsein hier eine Rolle spielt. Ich habe z.B. ab und an mal Träume, wo es um Situationen geht, die ich während meiner Trinkerzeit im Rahmen meines Doppellebens hatte. Das waren fürchterlich Dinge damals und sehr sehr belastend. Ich träume da dann also nicht davon, dass ich Alkohol trinke, aber eben davon, dass ich wieder in diesem alten Leben stecke, mit all den Lügen die mich damals umgaben.

    Nun, das sind keine schönen Träume, aber es bleiben Träume und ich sehe mich absolut nicht auf dem Weg zurück in diese Zeit. Ich denke einfach, dass bestimmte Lebenssituationen in unserem Unterbewusstsein solche Träume auslösen. Wenn "man" es genau wissen möchte, müsste man sich wohl mit der Traumdeutung beschäftigen. Aber, für mich ist alles gut so wie es ist.

    Wie gesagt, das bringt Dich jetzt sicher nicht weiter. Aber vielleicht bekommst Du ja noch Antwort von jemanden, der ähnliche Erfahrungen hat wie Du und mehr dazu sagen kann.

    Alles Gute für Dich und lass mal ab und an was hören.

    LG
    gerchla

  • Hallo Ina,

    ich stelle mir das als ziemlich belastend vor, die Situation mit dem Gesundheitszustand deines Mannes. Dafür wünsch ich dir Kraft und dass du dir auch genügend Unterstützung von außen holen kannst.

    Ich kann zu der Traumfrage von dir etwas beitragen, denn ich träume immer mal wieder davon, getrunken zu haben, in verschiedenen Varianten. Es passiert in unregelmäßigen Abständen, mal alle paar Wochen, dann wieder nur alle paar Monate. Ich habe mich damit arrangiert, und ich sehe es als Unterstützung, immer dann, wenn ich einen solchen Traum habe, besonders genau bei mir hinzugucken, wie es mir gerade geht.

    Ich bin jetzt ja schon über sieben Jahre trocken, und ich fühle mich auch stabil trocken. Habe im wachen Zustand nicht den Eindruck, dass mir der Alkohol wieder näher kommt oder so.
    Die Verbindung von bestimmten Zuständen (Überforderung zum Beispiel) mit Trinken ist offenbar bei mir im Hirn aber besonders tief und fest.

    Vielleicht ändert sich das bei mir auch noch mal, aber ich will dir nur sagen, dass du es für dich vielleicht auch als (hilfreiches) Signal verstehen kannst, dich jetzt besonders gut um dich zu kümmern.

    Herzlichen Gruß
    Camina

  • Hallo Camina, hallo Gerchla,

    ...hat schon geholfen!

    Vieles weiß man ja selbst, aber es hat deutlich mehr Gewicht wenn jemand anderes es sagt.

    Dank euch und eine schöne Woche
    Liebe Grüße
    Ina

  • Hallo miteinander,

    wollte mich nur kurz melden um zu berichten dass es mir nach wie vor ohne Alk. sehr gut geht.
    Mitlerweile habe ich verstanden was gemeint ist wenn jemand sagt:" ich bin zufrieden abstinent" und das kann ich auch von mir behaupten.
    Wenn es auch derzeit etwas schwierig bei uns ist, mein Mann hatte einen leichten Schlaganfall und ist jetzt auch ohne Nachwirkungen sehr unzufrieden mit seinem Körper.
    Ich bekomme ständig "zwischen die Hörner" und habe reichlich Gelegenheit den Gelassenheitsspruch zu üben.
    Ich bin soooo froh, dass die SHGs wieder stattfinden und ich mich austauschen kann. Aber es ist erschreckend wie viele Rückfälle es in der Corona-Zeit gegeben hat. Auch von Alkohlokern die mehr als 20 Jahre trocken waren. Das macht mich schon betroffen.

    Wenn ich auch beim Schreiben nicht so aktiv bin, so lese ich hier doch regelmäßig mit und sende euch allen ganz liebe Grüße

    Ina B.

  • Liebe Grüße zurück wikende091

    Hört sich doch gut an, wenn Du nicht nur trocken geblieben bist, sondern auch jetzt (für Dich) weißt, was wir mit der "zufriedenen Abstinenz" meinen 44.

    Ja, Corona war ätzend - auch was die SHG betraf. Und gerade in einer solchen Situation merkt man erst den Wert der Gruppen, den Wert, sich persönlich mit anderen Betroffenen austauschen zu können.
    Und auch, dass jemand, der 20 Jahre trocken ist, auch nur ein Mensch ist.

    Achtsamkeit ist immer wichtig. Gerade in schwierigen Zeiten wie diesen.

    Also: Achten wir auf uns selbst und tun uns selbst auch öftern mal etwas Gutes!

    Gruß
    Greenfox

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Moin, moin,

    bin immer noch zufrieden abstinent, aber auch immer noch auf der unsicheren Seite.
    Soll heißen, den Satz den ich zuerst in der Klinik und auch in der SHG gelernt habe, :" Begib dich nicht in Situationen aus denen du alleine nicht flüchten kannst",
    der ist bei mir immer noch sehr präsent und ich halte mich daran.
    Jetzt kommt mein Problem. Im Juni heiratet mein Neffe und zwar richtig groß und ca 45. Min. von unserem Wohnort entfernt.
    Ich werde nicht die Möglichkeit haben irgendwann aus der Feier auszusteigen und davor habe ich schon jetzt Angst.
    Bespreche ich es mit meinem Mann, kenne ich schon im Vorraus die Antwort, sie wird wird lauten:" Nun bist du 3 Jahre trocken, es wird Zeit sich solchen Situatioen zu stellen".
    Absagen kann ich auf gar keinen Fall, also was bleibt mir?
    Vielleicht ist meine Angst tatsächlich übertieben denn mit Alkohol um mich herum habe ich gar kein Problem in vertrauter Umgebung und vertrauter Runde.
    Allerdings das Wissen nicht flüchten zu können hatte ich bisher noch nicht.
    Ich bin mit fast 66 Jahre nicht mehr in dem Alter alle Erfahrungen selbst machen zu müssen, also nehme ich gerne eure Ratschläge, mit denen ich auch immer gut gefahren bin.

    Viele Grüße aus dem Norden und kommt alle gut durch das Sturmtief!
    Ina

  • Hallo Ina,

    schön wieder von Dir zu hören. Und dann auch noch mit so einer guten Nachricht. Immernoch abstinent und dazu auch noch zufrieden! Da passt es für mich gar nicht, dass Du dich gleichzeitig auf der unsicheren Seite siehst.

    Ich wollte diesen Gedanken von mir hier einfach mal thematisieren. Wenn Du zufrieden ohne Alkohol lebst und das jetzt schon seit 3 Jahren, (wenn ich das richtig heraus lese) warum fühlst Du Dich dann nicht sicher?

    Ist es deshalb, weil "man" Dir gesagt hat, dass "man" immer achtsam sein muss und dass man nicht leichtsinnig werden sollte? Ist es der Respekt, den Du vor dem Alkohol hast, was sicher durch unsere Beiträge und Aussagen aber wahrscheinlich auch durch das was Du in der Therapie gelernt hast, manifestiert wurde? Oder gibt es da tatsächlich einen "echten" Grund, weil Du trotz dreijähriger zufriedener Abstinenz immer wieder Situationen hast oder hattest, wo Du nahe dran warst zu trinken?

    Meine Fragen zielen darauf ab "heraus zu finden", ob es da einen konkreten Grund für Deine Unsicherheit gibt oder ob sich das aufgrund der vielen Erzählungen, Geschichten, Eindrücke so in Deinem Kopf manifestiert hat. Ansich würde ich nämlich sagen, wenn "man" wirklich zufrieden abstinent lebt, dann stellt der Alkohol keine akute Gefahr mehr da. Auch dann nicht, wenn man mal z. B. zu so einer Veranstaltung "muss". Im Gegenteil, man kann dann solche Veranstaltungen sogar wieder genießen, weil man weiß, dass einen der Alkohol nicht gefährden wird.

    Das soll jetzt nicht bedeuten, dass man dann jegliche Achtsamkeit und jeglichen Respekt einfach über Bord wirft, weil man ja zufrieden abstinent lebt. Aber es bedeutet, dass man deutlich selbstbewusster gegenüber dem Alkohol auftreten kann, dass alles "entspannter" wird, weil man einfach weiß, das man keinen Alkohol trinken wird, komme was da wolle oder komme wer da wolle.

    Also das, was anfangs wirklich ein Problem sein kann, nämlich irgendwelche Veranstaltungen die einen triggern, irgendwelche Menschen dort, die versuchen einen zum Trinken zu übrreden, die stellen dann kein Problem mehr da. Weil man sich da dann klar und deutlich positioniert. Und zwar so klar, das es nichts mehr zu diskutieren gibt.

    Bei Dir scheint es aber so zu sein, dass Du noch sehr unsicher bist, vielleicht sogar ängstlich. Wenn ich bei mir zurück denke, so glaube ich, dass ich nach drei Jahren ohne Alkohol schon recht sicher war. Ich meine das nicht wertend sondern ich will damit sagen, dass Du dieses Gefühl der Unsicherheit unbedingt ernst nehmen solltest.

    Nichts wäre (aus meiner Sicht) schlimmer, als wenn Du bei dieser Veranstaltung wieder mit dem Trinken beginnen würdest. Das wäre völlig sinnfrei, vor allem noch vor dem Hintergrund dass es Dir seit 3 Jahren ohne Alkohol sehr gut geht und Du ja gar nichts ändern möchtest.

    Was könnte ich da "raten"? Erst mal denke ich mir: Vielleicht macht sie die ganze Geschichte größer als sie ist. Ich meine damit, wo ist denn das Problem NEIN zu sagen? Oder hast Du tatsächlich Angst vor Triggersituationen, also das Du diesen nicht Stand halten kannst? Wenn dem so ist, dann musst Du das sehr ernst nehmen. Ich meine damit, dass Dich die ganze Situation an sich triggert, also eine lustige Hochzeitsfeier mit angetrunkenen Menschen um Dich und wo Du dann das Gefühl bekommst, da möchtest Du auch (trinkend) dazu gehören. Das ist für mich nochmal ein Unterschied zu einer Angst davor, dass Du dort angesprochen und aufgefordert werden könntest doch auch zu trinken, mit anzustossen, etc.

    Ich habe mir immer gesagt, und das war in meiner Anfangszeit wie ein Mandra: Ich werde NICHT trinken, niemals, egal was passiert. Notfalls verlasse ich die Veranstaltung, egal was irgendjemand anderer sich dann denkt. Meine Abstinenz ist heilig, sie ist mein höchstes Gut. Verliere ich sie, verliere ich mein Leben. Ich werde niemals trinken und es ist mir völlig egal, was andere darüber denken.

    Das hat mir anfangs sehr geholfen und mir auch Sicherheit gegeben. ABER, wenn ich ganz ehrlich bin, ich habe das so fast nicht umsetzen müssen. In meinem Kopf waren die "Probleme" immer viel größer als sie dann "vor Ort" wirklich waren. Fast immer hat ein "nein Danke" oder "ich trinke keinen Alkohol" vollkommen ausgereicht um einen alkoholfreien Abend zu verbringen. Aber, das will ich auch sagen, ich hatte keine sonstigen Triggerprobleme. Also mich ließ es kalt, wenn da eine trinkende, lustige Gesellschaft um mich herum war und ich der einzig nüchterne. Im Gegenteil, oft haben die mich dann irgendwann gelangweilt und ich war fast schon entsetzt, dass ich da früher selbst so dabei war. Aber natürlich nur dann, wenn wirklich viel Alkohol geflossen ist. Ansonsten habe ich da kein Problem.

    Und weil Du betont hast, dass Dir das Wissen nicht flüchten zu können so eine Unsicherheit beschert: Warum kannst Du nicht flüchten? Ok, ist 45 Min von Deinem Wohnort entfernt. Schnell heimfahren ist dann eher nicht. Aber könntest Du Dir dort ein Zimmer nehmen? Oder in der Nähe? Ein Taxi wirds auch dort geben. Oder wie habt ihr das geplant? Wolltet ihr dann abends oder morgens heimfahren und Du fährst, weil Dein Mann dort auch trinkt? Oder wollt ihr dort übernachten, dann wäre ja ein Rückzugsort da. Oder trinkt dann Mann auch nichts und ihr fahrt beide irgendwann nüchtern wieder nach Hause?

    Sind vielleicht alles blöde Fragen, aber vielleicht machst Du Dir das alles auch "größer" als es ist. Es kann nicht sein, dass Du nicht flüchten kannst und deshalb trinken "musst". Verstehst Du, das kann einfach nicht sein und das darf auch nicht sein. Und wenn Du einen Notausgang brauchst, dann sollte er Dir auch zur Verfügung gestellt werden. Also in diesem Fall dann eben von Deinem Mann, der nicht einfach nur sagt "nach 3 Jahren musst Du Dich der Situation mal stellen" sondern der auch sagt "ok, stell Dich aber wenn es Dir dann dort nicht gut geht, haben WIR einen Plan B und den setzen wir dann auch gnadenlos um".

    Vielleicht kannst Du das nochmal mit ihm besprechen. Ich könnte mir gut vorstellen, dass Du diesen Plan gar nicht einsetzen musst, weil da gerade ganz viel in Deinem Kopf passiert und Du dann in der Realität gut klar kommst. ABER, Du solltest ihn unbedingt haben. Dieser Plan ist die einzige Alternative, wenn es wirklich ernst werden sollte. Denn wieder zu trinken wäre doch das schlimmste was Dir passiern könnte. Und Deinem Mann, nebenbei bemerkt, wahrscheinlich auch.

    Vielleicht helfen Dir meine Gedanken ein bisl weiter.

    Alles Gute und ganz

    liebe Grüße
    Gerchla

  • Liebe Ina,

    Gerchia hat schon so viel Wertvolles geschrieben, dass ich fast nichts mehr beitragen kann.
    Ich stimme ihm auch völlig zu.

    Analysiere im Vorfeld genau, woher diese Verunsicherung kommt.
    Angst vor einem Rückfall ? Also vor dir ?
    Angst vor der Reaktion anderer Menschen ? Oder trinkenden ?

    Auf jeden Fall würde ich an deiner Stelle, wenn du dort hingehst, einen „Fluchtplan“ zurechtlegen, der es dir allein ermöglicht, von der Hochzeit im Falle eines Falles zu „flüchten“.

    Nichts ist so wichtig wie du, deine Abstinenz und dein Leben.
    Nichts ist es wert, diese zu gefährden.

    Viele liebe Grüße

  • Hallo Ina,

    kannst du auf keinen Fall absagen oder willst du auf keinen Fall absagen? Mir persönlich fällt es leichter, meine Entscheidungen aus der "Willens-Perspektive" zu fällen. Dann habe ich nämlich auch den großen Willen, bei egal welcher Gelegenheit nichts zu trinken.

    Was ich sehr gut nachvollziehen kann, sind deine Ängste. Oder anders: Ich meide nach den vielen Jahren ohne Alkohol immer noch Veranstaltungen, wo Alkohol wahrscheinlich fließt. Nicht, weil ich mir meiner auch zufriedenen Trockenheit nicht sicher bin - sondern weil ich trotz dieser Zufriedenheit immer noch (das wird auch nicht mehr weggehen) einen leisen Neid verspüre. Nicht auf die Trunkenheit an sich, die bei mir erst mit Erbrechen endete und auch darüber hinaus - sondern auf die vermeintliche "Kameradschaft" und das angebliche Zusammengehörigkeitsgefühl nach Bier und Wein und Schnaps, wo ich dann als Nüchterne dabei sitze. So sonderbar, als hätte ich ein Horn aus dem Kopf wachsen.

    So will ich immer absagen. Und tue das auch. Ich treffe "meine Leute" maximal zum gemeinsamen Mittagessen oder Kaffeetrinken, viel lieber und öfter jedoch die letzten Jahre zum spazieren gehen.

    Das ist für eine Hochzeit natürlich kein guter Ratschlag. Wollte dich damit auch eher zum Nachdenken bringen, vor was genau du Angst hast.

    Denn ich schließe mich der Gräfin an: Sehr gute Strategien hat Gerchla schon vorgeschlagen. Evtl. wären 2 Einzelzimmer für die Nacht noch eine Idee, falls dein Mann auf der Hochzeit mitfeiert?

    Auf jeden Fall kannst du dir für deine drei Jahre mal ordentlich auf die Schulter klopfen! :)

    Sehr netten Gruß,

    ichso

  • Guten morgen zusammen,

    also 1. IHR SEID GROßARTIG !!!

    Vielen Dank für Eure Denkanstöße, sie haben geholfen auch mal in eine andere Richtung zu denken, ich war schon richtig "verbohrt" in "keine Fluchtmöglichkeit" bis hin zum Selbstmitleid. Also keinesfalls lösungsorientiert.
    Grundsätzlich habe ich nicht zu wenig Selbstvertrauen, ich bin es gewohnt Ansagen zu machen. Privat und auch im Job.
    Beim Alkohol ist das anders. Die hier zuhauf beschriebenen Tiefpunkte musste ich nicht durchleben, dafür bin ich dankbar, will aber auch unbedingt vermeiden wieder in diese Richtung zu steuern.
    Durch Eure Denkansätze habe ich mich gestern gefragt, warum kümmerst du dich nicht um eine Alternative?
    Sie ist mir am Abend gekommen: Ich habe mich bereit erklärt auf der Feier nach dem Abendessen die Betreuung unserer 5 Enkelkinder zu übernehmen. Sie sind zwischen 2 und 7 Jahre alt und müssen ja irgendwann ins Bett. Diese Nacht werden alle Enkel und auch unsere Kinder, bei uns schlafen somit wird es kein räumliches Problem geben. Da ich nachtblind bin und im Dunkeln nicht autofahren darf wird für alle klar sein, dass ich spätestens um 21.00 Uhr den Heimweg antreten muss.
    Ich bin so froh und kann mich sogar schon ein wenig auf die Feier freuen. Oder freue ich mich eine Lösung gefunden zu haben? Egal, Freude ist immer gut.
    Ich glaube es ist für alle eine gute Lösung, auch für die Eltern die ohne Kinder feiern können.

    Habt nochmals vielen Dank für Eure Antworten, manchmal ist es wichtig wenn die eigene Denkweise in eine andere Richtung angestoßen wird.
    Schönes WE und viele Grüße
    Ina

  • Guten Morgen Ina,

    super. Mir hast Du mit Deiner Antwort auch gleich noch eine große Freude bereitet!

    Damit hast Du jetzt ja eine prima Lösung für Dich gefunden und Du wirst bei dieser Veranstaltung wieder ein Stück weit Erfahrung für Dich sammeln können. Und dann auch wieder ein kleines Stück weit sicherer werden, was den Umgang mit solchen Situationen betrifft. Ich bin mir sicher, dass Du irgendwann mal ganz entspannt mit solchen Ereignissen umgehen kannst. Und es ist wirklich sehr sehr gut, dass Du Dir diese Gedanken gemacht hast, denn damit schützt Du Dich ja auch vor einer Situation, die Dich vielleicht überfordern könnte.

    Aber eines muss einfach immer klar sein: Es gibt IMMER eine Lösung, immer. Auch wenn man manchmal den Wald vor lauter Bäumen nicht sieht. Die Lösung kann aber nie sein, sich in Gefahr zu begeben und ein unkalkulierbares Risiko einzugehen. Nichts auf der Welt ist es Wert, dass man seine Abstinenz aufs Spiel setzt.

    So und jetzt freut es mich einfach, dass Du Dich sogar ein bisl auf diese Feier freust! So darf es nach drei Jahren ohne Alkohol nämlich durchaus auch sein. Ich freue mich mit Dir.

    Alles Gute und lass gerne mal wieder was von Dir hören, wenn Dir danach ist.

    LG
    Gerchla

  • Hallo Ina
    Du hast alles richtig gemacht.
    Dir Hilfe versucht zu Hohlen,
    Dir die Lösung selber erarbeitet und schon alles für die Umsetzung zu tun
    kann man nur sagen, klasse.
    Und als Nebeneffekt hast du sogar ein Super Argument wo keiner was dagegen vorzubringen hat, Alkohol, selbst das obligatorische Glas Sekt, kannst du anführen,du musst ja auf die Kinder aufpassen.
    LG
    Daun

    Der Weg ist das Ziel<br />Konfuzius (551–479 v. Chr.

  • Liebe Ina,

    ich freue mich riesig für dich und schließe mich meinen lieben Vorschreibern an:
    Du hast wirklich alles richtig gemacht 44. und auch noch eine Win-win-Situation geschaffen, von der nicht nur du, sondern auch die ganze Hochzeitsgesellschaft profitiert.

    Ein Riesenschritt, ich bin stolz auf dich !

    Viele liebe Grüße und viel Spaß bei der Hochzeit -und mit den Kindern,
    Mina

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