Alkoholproblem

  • Hallo zusammen,

    ich bin Bennie und möchte mich hier über meinem regelmässigen Alkoholkonsum mit anderen Menschen austauschen.

    Ich finde das ich zu viel trinke und möchte das ändern. Ich trinke vor allem am Wochenende, aber manchmal auch unter der Woche. Ich gebe mir eigentlich nie richtig die Kante und höre auf zu trinken, wenn ich einen gewissen Pegel erreicht habe. Ich wache auch sehr selten verkatert auf, trotzdem plagt mich oft ein schlechtes Gewissen nach dem Aufwachen. Am Wochenende trinke ich über den Tag/Abend verteilt (ab Spätnachmittags) ca. 3 Bier und dazu oft noch eine halbe Flasche Rotwein. Mindestens 1-2 Bier trinke ich heimlich, damit meine Frau nicht merkt wie viel ich trinke.

    Ich hinterfrage meinen Alkoholkonsum schon seit längerer Zeit kritisch, weil ich merke dass er über ein gesundes Maß hinausgeht. Meine Blutwerte sind zwar in Ordnung und auch ansonsten bin ich gesundheitlich fit. Aber trotzdem fühle ich mich nicht wohl mit meinem Konsum und der Kontinuität. Ein Wochenende ohne Alkohol ist für mich fast undenkbar. Wie ich schon geschrieben habe, gebe ich mir sehr selten richtig die Kante. Wenn ich mein erwünschtes Level erreicht habe, höre ich einfach auf. Mich stört nur diese Regelmässigkeit und mir ist die Gefahr bewusst, dass es mehr werden könnte.

    Alkohol spielt schon seitdem ich denken kann eine große Rolle in meinem Leben. Schon als Kind "durfte" ich erste Erfahrungen mit Alkohol machen. Als 10jähriger bekam ich von meinem Großvater hin und wieder ein kleines Bier eingeschenkt oder auch mal einen sauergespritzten Apfelwein. Als 16jähriger hat mich mein Vater in die „Rotweinwelt" eingeführt. Als Musiker bin ich in meinen 20ern viel rumgekommen und klar, auch hier gab es immer Alkohol. Ein Auftritt ohne Alkohol, oder gar eine Tournee ohne Alkohol zu überstehen - unmöglich. Jetzt ist mein Leben ruhiger, ich bin 3facher Familienpapa, habe eine tolle Frau… und diesen ganz alten Begleiter: den Alkohol.

    Wenn ich unter der Woche nichts trinke geht es mir gut. Habe keine schlechte Laune, keine Einschlafprobleme und keinerlei Entzugserscheinungen. Allerdings kenne ich den hier im Forum oft beschriebenen „Saufdruck“, vor allem wenn es auf’s Wochenende zugeht. Freitag morgens freue ich mich schon drauf, nach Feierabend das erste Bier zu trinken. Und das finde ich schon etwas beängstigend. Auch das ich am Wochenende mehr trinke, als ich meiner Frau vorgebe. Das fühlt sich überhaupt nicht gut an. Auch Schuldgefühle nach dem Aufwachen sind wohl ein eindeutiges Zeichen das etwas schiefläuft.

    LG, Bennie

  • Hallo Benni,
    leider bekomme ich es mit dem Zitat einfügen noch nicht wirklich hin, ich kopiere es dann halt so rein, das kann ich :)

    Zitat: Mindestens 1-2 Bier trinke ich heimlich, damit meine Frau nicht merkt wie viel ich trinke.
    Es wird nicht bei 1-2 Bier heimlich bleiben, es wird mehr werden. Versprochen!
    Was mir bei dir ganz ganz wichtig ist, ist die Tatsache, dass du Kinder hast!!! Es WIRD mehr und schlimmer werden,
    und deine Kinder werden es merken und sie werden leiden. So wie ich gelitten habe, weil meine Mutter getrunken hat.

    Ich merke gerade wie mich das ganze aufwühlt, deshalb belasse ich es heute mal in der Kurzform.
    Du bist mit 3 Kindern verdammt in der Pflicht mit aller Kraft, gegen dein Alkoholproblem anzugehen!
    Versuche es bitte, deinen Kindern zu Liebe
    Sei stark !
    Liebe Grüße ! Uschy

  • Hallo bennie,

    schön, dass Du hier Deinen eigenen Thread aufgemacht hast. Und schön auch, dass Du in dieses Forum gefunden hast und etwas gegen Deinen Alkoholkonsum unternehmen möchtest.

    Jetzt stelle ich mich erst mal kurz vor: Ich bin 50 Jahre alt, Alkoholiker, Papa von 3 Kindern (letzteres erwähne ich extra, weil Du ja auch in dieser wunderbaren Situation bist ;) ). Ich trnke jetzt schon länger keinen Alkohol mehr und wenn die 77 hinter Deinem Nick Dein Geburtsjahr sein sollte, dann habe ich mich in einem ähnlichen Alter wie Du dazu aufgemacht, meine Sucht zu überwinden.

    Jetzt mal eine direkte Frage: Siehst Du Dich selbst als Alkoholiker? Als ich die Beschreibung Deines Trinkverhaltens gelesen habe, da habe ich darüber nachgedacht, wo Du eigentlich stehen könntest. Grundsätzlich, das hast Du vielleicht in anderen Threads hier schon gelesen, ist es nicht (oder zumindest nicht zu 100%) möglich, so aus der Hüfte heraus eine Alkoholsucht zu diagnostizieren. Schon gar nicht so aus der Ferne. Jedoch ist es oft so, dass man aufgrund der Hinweise die man von einem Betroffenen erhält, zu einer Einschätzung kommt. Manchmal sind die Hinweise auf eine Sucht so stark, dass es verwunderlich wäre, wenn der Betroffene nicht süchtig wäre. Manchmal aber kommt man auch zu dem Schluss, dass vielleicht doch "nur" ein Alkoholmissbrauch statt findet oder sagen wir mal besser: das die Hoffnung zumindest besteht, dass es sich nur um Missbrauch dreht und noch nicht um eine bereits manifestierte Sucht.

    Nun habe ich mir natürlch die Frage gestellt, wo Du da eigentlich stehen könntest. In Deinen Aussagen finden sich einige Indikatioren für eine Sucht, also z. B. heimliches Trinken aber auch der Druck trinken zu wollen (auch wenn dieser "nur" am Wochenende stark wird, das spielt keine Rolle). Andererseits kannst Du (noch) aufhören, wenn Du das Gefühl hast es ist genug, kommst ohne Not und sogar guten Mutes alkoholfrei durch die Woche, hast in dieser Zeit also keinerlei psychische Entzugserscheinungen. Körperliche hast Du auch keine, aber das kommt i. d. Regel auch immer erst "am Schluss", will sagen: Normal wird man erst mal psychisch abhängig und nach und nach bildet sich dann auch die körperliche Abhängigkeit aus.

    Ich weiß nicht, wie weit Du Dich schon eingelesen hast. Die körperliche Abhängigkeit überwindet man idealerweise im Rahmen einer Entgfitung, da ist man dann nach 5 - 10 Tagen i. d. R. durch. Was bleibt ist die psychische Abhängigkeit, ich nenne es mal die eigentliche Sucht. Dein Körper braucht das Zeug dann nicht mehr, Dein Kopf will es aber immernoch unbedingt haben.

    Ich finde es übrigens super, wie Du Dich reflektierst, wie Du Dir Gedanken über Dein Trinkverhalten machst und auch, wie Du über Deine Frau sprichst. Für mich ist das eine gute Basis um aus der ganzen Alkoholgeschichte wieder heraus kommen zu können. Dein Umfeld scheint, auf den ersten Blick, zu stimmen oder zumindest scheinst Du nicht zu trinken, weil Du Dein Umfeld nicht ertragen kannst.

    Bevor ich Dir "mal einen Vorschlag" mache, will ich Dir noch ein wenig aus meinre Geschichte erzählen.

    Ähnlich wie bei Dir, hatte ich auch als Kind ein trinkendes Umfeld um mich. Mein Vater trank und trinkt, wobei ich mir bis jetzt nicht sicher bin, ob er Alkoholiker ist oder einfach nur sein Leben lang Missbrauch betreibt (was jetzt aber auch nicht wichtig ist). Als Kind verbrachte ich viel Zeit bei meinem Opa, den ich sehr liebte, und der war auf jeden Fall Alkoholiker. Und genau wie bei Dir, durfte ich dort schon als kleines Kind "mein Bier" aus kleinen ehemaligen Senfgläsern trinken. Wobei ich dazu sagen muss, dass ich als Teenager und auch als junger Erwachsener dann fast überhaupt keinen Alkohol mehr trank. Es kam dann erst wieder, als ich eine Familie gegründet hatte, so mit Mitte / Ende 20. Heute sag ich diesbezüglich: gelernt ist eben gelernt! Und so fing ist damals, ohne ersichtliche Not an, "mein" Feierabendbier zu trinken. Das ging alles schön längsam und über einen langen Zeitraum aber irgendwann trank ich dieses dann täglich. Aber wirklich nur ein Bier und nur am Wochenende, und da auch nur wenn es einen Anlass gab, mal mehr.

    Irgendwann sprach mich meine Frau mal darauf an. "Musst Du denn jeden Abend ein Bier trinken?" - Neiiiiiin, muss ich natürlich nicht! Und so trank ich eben nicht mehr jeden Abend. Aber, schon damals gefiel mir das nicht so recht..... Nachtigall ich hör dir trapsen.... So nebenher, völlig ungewollt, war's dann irgendwann wieder jeden Abend ein Bier. Wieder der Zeigefinger meiner Frau! Wieder ein Reduzieren meinerseits etc. Ich weiß nicht mehr genau wie oft das so ging, jedenfalls kam dann irgendwann der Moment, wo ich das erste heimliche Bier trank. Also das erste bewusste heimliche Bier. Da war dann (das kapierte ich aber alles erst im Nachhinein, also nachdem ich meine ganze Suchtgeschichte aufgearbeitet hatte) eine Schwelle überschritten, ein Tabu gebrochen.

    Von da an, konnte ich trinken wie ich es wollte. Und von da an steigerte sich dann auch langsam die Menge. Von heute auf morgen trank ich "offiziell" quasi gar keinen Alkohol mehr (ich konnte ja heimlich). Und ließ mich von meiner Frau dafür feiern, dass ich abends kein Bier mehr trank (ich überspitze etwas). Als ich mit dem heimlichen Trinken begann, war ich, wenn ich mich recht erinnere, auf einem Niveau von etwa 2 Bier am Tag. Ich hatte in der Arbeit Gelegenheit mit Kollegen, kurz nach Feierabend, ein schnelles Bier zu trinken und ich hatte damals schon einen kleinen, bescheidenen Vorrat im Keller, von dem meine Frau nichts wusste. Später, als ich dann schon so 3 bis 4 Bier brauchte, war mir die Heimfahrt im Zug eine willkommene Gelegenheit. Ich hatte knapp 15 Minuten zu fahren. In meiner Glanzzeit konnte ich in diesen paar Minuten 4 Bier vernichten, damals jedoch reichte eines vollkommen aus.

    Und so ging es dann dahin und ich habe tatsächlich fast meine ganze Alkoholikerkarriere heimlich trinkend verbracht. Am Ende dann Mengen, von denen man sich nicht vorstellen kann, dass man sie überhaupt verheimlichen kann. 10 - 12 Bier musste es schon sein, oft noch Wein dazu. Und das täglich, so dass mich die Entsorgungslogistik der heimlich getrunkenen Flaschen eigentlich vor das größte Problem stellte. Deshalb bin auch auch sehr sicher, dass ich recht bald auf harte Sachen umgestiegen wäre, wenn ich nicht ausgestiegen wäre.

    Was will ich Dir damit sagen: Einmal, dass die Trinkmenge nicht entscheidend ist. Ich war, das weiß ich heute, bereits mit einem bis zwei Bieren pro Tag alkoholabhängig. Dann will ich damit sagen, dass es unweigerlich zu einer Steigerung der Menge kommt, das geht über viele Jahre. Lange lange habe ich ein niedriges Niveau gehalten um dann wiederum sehr lange auf einem etwas höheren Niveau weiter zu machen, Aber auch da konnte ich wieder einige Jahre ausharren. Irgendwann brachen aber die Dämme. Oft passiert das, wenn dann mal wirkliche, echte Probleme vorhanden sind. Dann ist man sich der Wirkung des Alkohols so bewusst, dass man unweigerlich zugreift und eben auch steigert um vermeintlich unlösbares zu lösen oder unertragbares zu ertragen.

    Was passiert also da? Die Sucht nimmt sich nach und nach Deiner an. Sie übernimmt Deine "Psyche", sie beeinflusst Dein Denken, sie eliminert Deinen Willen und unmerklich verändert sich Deine Persönlichkeit, Dein Charakter. Lange war das bei mir nicht sichtbar, mir gings gut, ich funktionierte super. Aber ich war schon süchtig. Je länger es ging, je mehr es wurde, desto labiler wurde meine Psyche. Am Ende war ich nicht mehr und nicht weniger als ein Wrack, psychisch total am Boden, körperlich stark angegriffen. Und dann ist es wie ein Kreislauf. Mehr Stoff um diese Zustand ertragen zu können ist die Folge. Erst ganz spät, erkannte ich dann die körperliche Veränderung. Nahm stark zu wo ich doch immer ein Hungerhaken war. Hatte plötzlich Magen- und Darmprobleme, konnte nicht mehr auf dem Bauch liegen, weil mir das enorme Schmerzen bereitete usw. Das war quasi meine Endphase.

    Lass es nicht so weit kommen! Je früher Du etwas unternimmsts, desto mehr Leid ersparst Du Dir und vor allem auch Deiner Familie. Und ich denke auch, desto größer sind die Chancen es gut hinzubekommen und nicht est mal alles zu verlieren.

    Jetzt mal zu meinem Vorschlag:
    Ich weiß ja nicht, ob Du schon erfolglos einiges probiert hast. Und wie ernsthaft Du das dann probiert hast. Wie wäre es denn, wenn Du Dir jetzt mal vornimmst, einen längeren Zeitraum überhaupt keinen Alkohol mehr zu trinken. Sagen wir mal ein halbes Jahr. Hast Du das schon mal probiert?

    Wenn Du das versuchst, wirst Du merken, wo Du stehst. Gelingt es Dir ganz einfach, nachdem Du vielleicht das erste Wochenende noch ein wenig zu knabbern hattest oder hast Du immer wieder den Wunsch endlich wieder was zu trinken? Oder schaffst Du es schon gar nicht, überhaupt auch nur ein Wochenende ohne Alkohol durchzustehen. Je nachdem was da bei Dir passiert, kannst Du Dein weiteres Vorgehen überlegen. Wenn Du es überhaupt nicht schaffst zu verzichten, ist die Sache m. E. recht klar. Dann solltest Du auf jeden Fall überlegen, welche externen Hilfsangebote (Arzt / Suchtberatung / SHG / etc.) Du wann in Anspruch nimmst.

    Selbstveständlich ist es auch in Deiner jetzigen Situation eine sehr gute schlechte Idee, mal z. B. zur Suchtberatung zu gehen und Dir von dort eine Einschätzung Deiner Situation abzuholen. Ich weiß aber nicht, ob Du dazu bereit bist. Ich kann es nur empfehlen, denn da hast Du absolut nichts zu verlieren, Du kannst nur gewinnen.

    Sollte es Dir wider Erwarten leicht fallen zu verzichten, kannst Du abwägen wie Du weiter verfahren oder leben möchtest. Ob Du das sicher immer vorhandene Risiko eingehen möchtest, vielleicht doch irgendwie zu einem moderaten Trinkverhalten zurück zu finden (wird dann in die Hose gehen, wenn Du schon süchtig bist) oder ob Du vielleicht sogar "gefallen" daran findest, einfach dauerhaft ohne Alkohol zu leben. Was übrigens absolut keinen Verlust bedeutet. Ein alkoholfreies Leben kann auch eine Lebenseinstellung sein und aus tiefer Überzeugung heraus gelebt werden.

    Aber das geht jetzt alles vielleicht schon ein wenig zu weit. Ich hatte jetzt viele Gedanken. Vielleicht schilderst du, wenn Du Lust hast, mal Deine Gedanken dazu. Wenn ich eigene Erfahrungen habe, dann kann ich diese dann gerne mit Dir teilen.

    Interessant für mich wäre es wirklich zu wissen, wie Du Deine Situation eigentlich jetzt selbst einschätzt. Und welchen Plan Du eigentlich hast, was Du vor hast, wo Du hin möchtest? Ich habe ja jetzt die ganze Zeit nur spekuliert.

    Also, ich wünsche Dir einen guten Austausch hier im Forum. Und freue mich wieder von Dir zu lesen.

    LG
    gerchla

  • Hallo,

    ich habe früher natürlich an mir selbst und später an Anderen die Beobachtung gemacht, dass es denjenigen, bei denen es noch nicht so schlimm ist, schwerer fällt, etwas an sich zu ändern, als denjenigen, die schon richtig in der Sche**e sitzen und die deswegen vor einer ganz grundsätzlichen Wahl - leben oder sterben - stehen. Wird übrigens durch einige Untersuchungen gestützt, dass Änderungen am leichtesten fallen, wenn man eh schon nichts mehr zu verlieren hat.

    Das dürfte das Problem sein, vor dem Du stehst..irgendwie ist es ein Problem und könnte sich ausdehnen, irgendwie ist es aber auch noch nicht so schlimm, dass Du unter Zugzwang stehst. Und ansonsten ist es auch noch ganz nett, so dass es Verzicht wäre.
    Wie willst Du das angehen?
    Ich würde sagen, lass es einfach bleiben, so lange es Dir noch leicht fällt, aber..fällt es Dir überhaupt leicht? Wie sind Deine Erwartungshaltungen, wenn Du an das Bier am Freitagabend denkst, und wie sind sie, wenn Du dran denkst, es zu lassen?

    Was willst Du von Deinem Wochenende, haben die familiären Verpflichtungen möglicherweise nicht halb so viel Anziehungskraft, wie das Abhängen mit dem Bier? Dann wirst Du Dir was überlegen müssen, wie Du ohne Bier zu Deinem Spaß kommst...und natürlich musst Du das dann auch machen. Vielleicht gehörst Du auch zu den vielen Trinkern, die lieber wegen dem Trinken ein schlechtes Gewissen haben, als mit ihrer Frau mal Klartext zu reden, dass Du auch mal Zeit für Dich brauchst oder sonstwas in der Richtung.

    Sind nur mal ein paar Gedanken dazu.
    Gruß Susanne

  • @Uschy
    Ich möchte mein Alkoholproblem angehen, deshalb habe ich mich hier im Forum angemeldet :) Meine Kinder leiden nicht darunter, weil ich nie soviel trinke das ich betrunken bin, mich komisch verhalte oder gar lalle. Klar mache ich mir Gedanken, wie das weitergehen könnte, wenn ich mich nicht darum kümmern würde. Wenn man sich hier einige Geschichten durchliest bekomme ich es mit der Angst zu tun.

    Gerchla
    Ja, die 77 hinter meinem Nick ist mein Geburtsjahr :)

    Danke für dein ausführliches Feedback und die offenen Worte. Auch ich entdecke einige Parallelen zwischen uns und der Verlauf deiner Sucht hat mich sehr nachdenklich gemacht. Ab wann hast Du angefangen zu reflektieren, dass dein Konsum überhand nimmt? Als Du am Ende 10-12 Bier in dich reingeschüttet hast, wie haben dich deine Kinder wahrgenommen? Wie alt waren sie da? Ab wann hast Du in dem letzten Stadium getrunken? Auch schon morgens?

    Zu Deiner ersten Frage:
    Nein, als Alkoholiker sehe mich (noch) nicht. Ich sehe das ich ein Alkoholproblem habe, was zu einem noch größeren Problem werden könnte, wenn ich die nächsten 10 Jahre so weiter mache. Allein die Tatsache das ich seit ca. 20 Jahren regelmässig Alkohol konsumiere finde ich irgendwie eine krasse Bilanz.

    Bei mir läuten die Alarmglocken, weil ich mir am WE zwischendurch ein oder zwei „inoffizielle“ Bier genehmige, um dann mit meiner Frau noch eine Flasche Rotwein zu köpfen. Und das schlechte Gewissen, wenn ich Montag Morgens aufwache und darüber nachdenke wieviel ich über das Wochenende verteilt getrunken habe.

    Das mit dem heimlichen Trinken hat vor ca. 4 Jahren angefangen. Das war für unsere Familie und für mich eine extreme Zeit. Wir waren gerade mit unseren Zwillingen aus dem gröbsten raus, dann bekam meine Frau die Diagnose Brustkrebs. Für mich ist eine Welt zusammen gebrochen und ich hatte existentielle Ängste, wie noch nie in meinem Leben. Zu dieser Zeit habe ich abends fast täglich 2-3 Bier getrunken. Ein Jahr später war die schlimmste Zeit überstanden und ich bin wieder zu meinem gewohnten Pensum zurückgekehrt. Also Freitag Abends Bier auf, noch ein zweites hinterher und noch 1-2 Gläser Rotwein, Samstag das Gleiche und Sonntags den Rotwein weggelassen.

    Auch mein soziales Umfeld konsumiert regelmässig Alkohol. Beim Sonntagsbesuch bei meiner Mutter gibt es nach dem Kaffeekränzchen meist einen Prosecco, Familienfeste sind ohne Alkohol bei uns undenkbar. Ein Großteil von meinen Freunden trinkt - und wenn wir uns mal treffen, trinken wir ganz bestimmt keine Apfelsaftschorle. Wenn wir am Wochenende mal Besuch bekommen, wird eine Flasche Rotwein entkorkt und je nachdem wer zu Besuch ist, auch noch eine zweite. Irgendwie ist man ständig vom Alkohol umgeben. Die Alkoholvorräte in unserem Keller werden regelmässig aufgefüllt, auch wenn sie unter der Woche unangetastet bleiben.

    Unter der Woche fällt mir der Verzicht jedenfalls nicht schwer. Wenn ich mir vornehme am Wochenende nichts zu trinken (was ich ehrlich gesagt sehr selten tue), fällt mir das auch nicht besonders schwer. Anfang des Jahres habe ich 4 Wochen keinen Alkohol getrunken, auch kein Problem, obwohl meine Frau auf ihr Glas Rotwein am Wochenende nicht verzichten wollte.

    Ich stelle mir ein alkoholfreies Leben sehr befreiend vor. Ich weiss aber nicht, wie ich das angehen kann, denn wie gesagt, dreht sich in meinem sozialen Umfeld (Familie, Freunde) einiges um Alkohol. Aber nicht falsch verstehen: Meine Freunde sind keine Säufer, sondern Leute die mit beiden Beinen fest im Leben stehen. Auch in meiner Familie habe ich es nicht mit Säufern zu tun. Ich habe Angst, dass ich mich von meinen Freunden entfernen würde, wenn ich komplett auf Alkohol verzichten würde.

    Ich habe in meinem Leben auch schon mit anderen Rauschmitteln zu tun gehabt. Ich habe 15 Jahre lang geraucht, ca. 20 Zigaretten am Tag, habe jahrelang gekifft und gelegentlich auch mal Kokain oder Speed auf Parties konsumiert. Das alles ist lange her und bis auf das Rauchen, hatte ich keine Probleme damit aufzuhören, als es für mich an der Zeit war.

    Bei dem Alkohol ist das aber irgendwie anders - er ist in unserer Gesellschaft so stark verankert. Ich habe einen Riesenrespekt vor Menschen, die es schaffen den Alkohol komplett aus ihrem Leben zu verbannen. Und ich weiss nicht, ob ich dazu schon bereit bin.

    LG, Bennie

  • Susanne68
    Du hast mein Problem sehr gut erkannt! Ich sehe ein Problem, stehe aber nicht unter Zugzwang, denn alles funktioniert ja eigentlich ganz gut so. Also könnte es ja auch so weiterlaufen... ABER...

    An den Wochenenden trinke ich nicht, um mich den familiären Verpflichtungen zu entziehen. Wenn wir z.B. eine gemeinsame Radtour machen und in einem Biergarten einkehren, trinke ich ein Bier. Wenn wir nach Hause kommen und die Kinder sich selbst beschäftigen setze ich mich auf die Terrasse und trinke noch ein zweites Bier und dann oft noch das "inoffizielle" dritte Bier. Das bedeutet für mich, so blöd das auch klingt: Entspannung.

    Meine Frau lässt mir genügend Freiraum - das ich nicht das Problem.

  • Familiäre Themen waren nur eine Idee, in welche Richtung man denken könnte, kann natürlich auch anders sein.

    Irgendwie erinnert mich das an den "Zwischenzustand", den ich im Alter um die 30 hatte.
    Ich komme selbst aus einer trinkenden Familie (vor einem halben Jahr habe ich mich hier angemeldet, nachdem ich meinen Vater, der sein Leben lang getrunken hat und der an den Folgen des Alkohols starb, beim Sterben begleitet hatte, ich selbst bin knapp 60 und habe mit 41 aufgehört)

    Nach einer ziemlich wilden Jugend ebenfalls mit allen möglichen Drogen, aber auch Komasaufen, geriet ich mit etwa 25 Jahren in ruhigeres Fahrwasser, trank relativ gemäßigt. Bei mir waren so 3 Bier relativ normal, auf Feiern auch mal mehr aber eher selten.
    Ich habe da auch nicht jeden Tag getrunken, ich hatte Alkoholiker im Freundeskreis, die ich auch mal in der Therapie besucht habe, wo man sich schon auch drüber unterhalten hat, dass alkoholfreie Tage wichtig sind, ich war natürlich auch nicht scharf drauf, so zu enden wie meine Bekannten, und für meine Partnerschaft und mein eigenes Leben war es auch besser, also waren es dann so etwa 4 Tage die Woche, an denen ich getrunken habe, und ich habe das auch sehr lange so durchgehalten.

    Im Laufe der Jahre und in Kombination mit beruflichen Stress wurden dann die Gegensätze zwischen den nüchternen Tagen und meiner wöchentlichen Trinkphase extremer, und so ab 35 hatte ich dann regelmäßige Abstürze, hörte aber trotzdem auch immer wieder auf. Das zog sich dann, mit immer schwierigeren Kontrollversuchen und zunehmenden Filmrissen, bis zu meinem 41. Lebensjahr hin, bis ich dann die Schnauze endgültig voll hatte.

    Dass Du zur Entspannung trinkst, hört sich für mich selbstverständlich nicht seltsam an. Ich habe auch getrunken, weil ich dachte, trinken macht das Leben schön bzw gibt ihm überhaupt erst Sinn. Außerdem war es meine einzige Methode, zu entspannen, von längeren Urlauben abgesehen, die ich nicht so oft haben konnte wie ich sie gerne gehabt hätte, um wirklich mal runterzukommen...aber der Urlaub war selbstverständlich auch nur wirklich schön, wenn es ab und an was zu trinken gab, also die Entspannung brauchte auch Alkohol um zu entspannen.

    Da könnte ich jetzt viel dazu schreiben, angefangen von "zu Hause so gelernt".
    Der wesentliche Punkt, auf den ich raus will, ist allerdings die Frage, wie viel angehende Selbstlüge da schon dabei ist. Denn wie Du beschreibst, wie Dich Dein Alkoholkonsum beschäftigt, hat das ja nichts entspannendes mehr, sondern wird schon schön langsam zum Stressfaktor.
    Und ich kenne es von mir nur zu gut, wie lange man die Augen vor der Tatsache verschließen kann, dass das, was man sich einbildet (Trinken macht das Leben schöner) mit meiner Trinkrealität (wöchentlicher Entzug, schlaflose Nächte, Schwitzen, Trockenkot+en, permanente Selbstkontrollversuche, eigenes Versagen und Selbsthass, Beziehungsprobleme und dergleichen mehr) schon lange nichts mehr zu tun hatte,. Trinken machte mein Leben ganz klar nicht mehr schöner. Das fiel mir aber erst bei diesem kleinen Klick auf, bei dem es geschnackelt hat.

    Also, Fazit.
    Du trinkst zur Entspannung.
    Findest Du es wirklich entspannend, was Du hier eingangs geschrieben hast?

    Gruß Susanne

  • Mich machen eure Geschichten hier sehr nachdenklich und es hilft mir sehr zu reflektieren.

    Susanne68
    Auch in deiner Geschichte erkenne ich Parallelen, wobei ich nie der Komasauftyp war und auch mit anderen Drogen habe ich es nie total übertrieben. Ich habe schon immer versucht die Kontrolle über mich zu behalten, um Abstürze und andere Peinlichkeiten zu vermeiden. Aber wie gesagt, finde ich mein Trinkverhalten absolut nicht normal und Deine Frage ist berechtigt, warum ich trinke. Entspannung war hier vielleicht auch das falsche Wort.

    Ich glaube das ich trinke, um den Stress um mich herum zu kompensieren. Beruflich stehe ich oft unter Termindruck, kann aber auch nicht wirklich kürzer treten, weil ich selbständig bin und wenn ich nicht arbeite, verdiene ich auch kein Geld. Und eine Familie mit 3 Kindern hat auch nicht immer nur schöne Seiten, auch hier gibt es oft Stress und Streitereien. Ich habe zwar meine Freiräume und finde auch regelmässig andere Wege zur Entspannung. Aber eben regelmässig auch mit Hilfe von Alkohol, was mich (wie Du richtig erkannt hast) gleichzeitig auch stresst, indem mich ein schlechtes Gewissen plagt.


  • Mich machen eure Geschichten hier sehr nachdenklich und es hilft mir sehr zu reflektieren.

    ich glaube, das ist so ziemlich das Maximum, was Selbsthilfe bzw. Hilfe zur Selbsthilfe zu leisten vermag. Infos und Erfahrungen teilen und aus Sicht des jeweiligen Betroffen einsammeln, drüber nachdenken und dann eine Entscheidung treffen, hinter der man selbst, möglichst dauerhaft, stehen kann.
    Vor sich selbst und dem eigenen Verhalten kann einen sowieso keiner retten, das muss man schon selbst besorgen. Dafür ist selbst nachdenken meistens befriedigender und auch zukunftsträchtiger, als nur irgendwas zu übernehmen, sofern man nicht meint, das Rad immer neu erfinden zu müssen und erkennt, dass die eigenen Erfahrungen gar nicht so außergewöhnlich sind, wie man oft meint.

  • Hallo bennie,

    ich will mal versuchen Deine Fragen zu beantworten:

    Zitat

    Ab wann hast Du angefangen zu reflektieren, dass dein Konsum überhand nimmt?


    Die Frage ist gar nicht so einfach. Meine erste ganz lange Trinkpause (fast ein Jahr) legte ich ein, als meine Tochter auf die Welt kam. Auch wegen ihr. Das war damals die Angst, ich könnte mich nachts aus versehen, also alkoholbedingt, auf sie rollen, wenn sie mal bei uns im Bett mit schläft. Da hatte ich wirklich eine konkrete Angst.

    Damals war mein Trinkniveau wirklich noch sehr moderat. Ich weiß es nicht mir so ganz genau, aber irgendwas zwischen 1 und 2 Bier pro Tag. Das nehme ich so als erstes bewustes Wahrnehmen eines Alkoholproblems wahr. Wobei ich damals noch nicht an Sucht oder so gedacht habe. Beendet wurde die Trinkpause durch ein Biermischgetränkt, dass mir ein Nachbar über den Zaun reichte. Von diesem Moment an gings mit schnellen Schritten wieder in Richtung alter Konsum und dann auch gleich eine Stufe höher.

    Zitat

    Als Du am Ende 10-12 Bier in dich reingeschüttet hast, wie haben dich deine Kinder wahrgenommen?


    Gute Frage. Ich trank ja heimlich und ich schaffte es tatsächlich das meiner Frau gegenüber zu verheimlichen. Ich musste sie bei meinem Outing wirklich davon überzeugen das ich Alkoholiker bin. Das tat dadurch, dass ich ihr alle meine Vorräte (Geheimvertstecke) gezeigt habe. Als sie sah, dass das Reserverad nicht mehr im Auto war und dafür in dieser Kuhle alles voll mit Plastikbierflaschen war, erfasste sie das blanke Entsetzen. Meinen Kindern wollte ich immer ein guter Papa sein und versuchte, wie ich heute weiß, mein schlechtes Gewissen durch einen ganz besonderen Fokus auf meine Kinder zu verbessern. Ich weiß heute, dass meine Tochter sehr gelitten hat, denn sie hat mich wohl mal heimlich beobachtet. Wie sie mir im Nachhinein gesagt hat. Sie war ja noch recht klein, konnte aber trotzdem zuordnen das da was schlimmes passiert. Und natürlich war meine Ehe total im Eimer, was sich nicht durch Streit etc. äußerte, sondern durch meine psychische Abwendtheit. Ich lebte in einer Parallelwelt und hielt die reale, heile Welt so gut es ging irgendwie aufrecht. Mit unserer Tochter sind wir nach meinem Outing auch zum Psychologen, aber auch deshalb, weil ich mich kurz danach von meiner Familie getrennt habe. Das war natürlich auch nochmal ein Schlag für meine Kinder, besonders für die Kleine.

    Zitat

    Wie alt waren sie da


    Die Kleine im Grundschulalter, der Große um die 16. Mein 3. Kind ist erst 3 Jahre alt und hat diesbezüglich nichts erleben müssen.

    Zitat

    Ab wann hast Du in dem letzten Stadium getrunken? Auch schon morgens?


    Also, ich war lange Jahre auf einem niedrigem Niveau aber schon süchtig unterwegs. Das war die 1 bis 2 Bier-Zeit. Die ging über Jahre. Und dann gab es langsam immer weitere Steigerungen. Ich erinnere mich, dass die 4 -6 Bier-Phase (ich nenne sie mal so) auch eine über mehrere Jahre war. Das war auch dann so die letzte Phase, wo ich noch einigermaßen "normal" unterwegs war. Da konnte ich auch mal noch Pausen einlegen, auch mal nichts trinken wenn ich z. B. krank war usw. Das war gerade noch so erträglich, wobei auch hier schon eine starke Veränderung meiner Persönlichkeit einsetzte und ich meine Lügereien langsam Fahrt aufnahmen.

    Danach ging es flott nach oben. Das erste Tabu war, dass ich begann das erste Bier schon vor 12 Uhr zu trinken. Ich koche und kochte gerne und häufig und dazu trank ich dann meist auch Alkohol. Hatte aber immer die Regel, nicht vor 12 Uhr zu trinken. Da war dann mal Zeitumstellung und 11 Uhr war quasi 12 Uhr am Vortag. Und ich weiß es noch, kurz nach 11 machte ich mir eins auf, weil "eigentlich" war ja schon kurz nach 12 (wenn die Zeitumstellung nicht gewesen wäre). Das war wie ein Dammbruch. Das tat ich dann immer häufiger und irgendwann trank ich schon auf den Weg in die Arbeit, also richtig morgens. Dieses morgendliche Trinken war sozusagen meine Endphase und "ermöglichte" es mir auch, auf so hohe Mengen an Bier zu kommen. Eineinhalb bis etwas zwei Jahre lang ging das so. Dann kam mein Ausstieg.

    Diese eineinhalb Jahre war ich quasi tot. Emotional und auch sonst. Nur noch Lug und Betrug, irgendwie durchkommen, irgendwie alles aufrecht erhalten, irgendwie funktionieren, am liebsten allein sein wollen um in Ruhe trinken zu können und komplettes Abtauchen in eine parallele Scheinwelt.

    Das mal als Antwort auf Deine Fragen. Ich habe noch ein paar Gedanken zu dem was Du geschrieben hast. Jedoch habe ich aktuell keine Zeit mehr. Ich schau mal, ob ich Dir morgen diesbezüglich noch schreiben kann.

    LG
    gerchla

  • Guten Morgen Bennie,

    so, jetzt will ich Dir mal noch meine restlichen Gedanken schreiben.

    Zitat

    Bei mir läuten die Alarmglocken, weil ich mir am WE zwischendurch ein oder zwei „inoffizielle“ Bier genehmige, um dann mit meiner Frau noch eine Flasche Rotwein zu köpfen. Und das schlechte Gewissen, wenn ich Montag Morgens aufwache und darüber nachdenke wieviel ich über das Wochenende verteilt getrunken habe.


    Ich finde das sehr gut und wichtig, dass Du diese "inoffiziellen" Biere ernst nimmst bzw. Dir darüber Gedanken machst. Heimliches Trinken ist ein Indikator für eine Suchterkrankung. Wenn mehrere Indikatoren zusammen kommen, also z.B. noch Kontrollverlust, das Anlagen von Trinkvorräten, etc. kann man davon ausgehen, dass der Betroffene süchtig ist. Darum ist es ganz wichtig, dass Du da ganz genau hin schaust.

    Und bitte lass Dich nicht von solchen Dingen täuschen:

    Zitat

    Unter der Woche fällt mir der Verzicht jedenfalls nicht schwer. Wenn ich mir vornehme am Wochenende nichts zu trinken (was ich ehrlich gesagt sehr selten tue), fällt mir das auch nicht besonders schwer. Anfang des Jahres habe ich 4 Wochen keinen Alkohol getrunken, auch kein Problem, obwohl meine Frau auf ihr Glas Rotwein am Wochenende nicht verzichten wollte.

    Bitte nicht falsch verstehen. Es ist gut, dass es (noch) so ist, jedoch ändert das nichts daran, dass Du Dich in einer prisanten Situation befindest. Es bedeutet aber nicht, dass Du nicht schon abhängig sein könntest.. Genauso wenig kann aber sagen, dass Du bereits süchtig bist. Die ganze Geschicht ist ja oft eine Gradwanderung und es gibt eben "nur" Indikatoren die für oder gegen eine Sucht sprechen. Eine Sucht definitv zu diagnostizieren ist nicht so einfach, es sein denn der Betroffene ist schon so tief darinnen, dass es eindeutig ist. Du merkst, das alles ist nicht ganz so einfach. Bei mir war es so, dass ich in den ersten Jahren meiner Sucht solche Pausen, und noch viel längere, ebenfalls problemlos einlegen konnte. Und hätte ich es damals kapiert, wäre es mir vielleicht noch relativ leicht gefallen, da irgendwie schnell raus zu kommen. Aber mein Hirn sagte mir ja genau das, was Dir Deines im Grunde ja auch sagt: Du kannst doch problemlos pausieren, du musst keine Gespenster sehen, du musst nicht jeden Tag trinken, du siehst doch, dass du auch nur zwei oder dreimal die Woche trinken kannst und alles ist gut (solche "Experimente" machte ich nämlich auch). Und verstehst Du, sobald man sich solche Gedanken macht, sobald man sich damit intensiver auseinder setzt ist eigentlich schon klar, dass da was nicht in Ordnung sein kann.

    Ein Genusstrinker, der ab und an mal aus reinem Genuss ein Glas Wein zu passender Gelegenheit trinkt wird nie auf die Idee kommen dieses Verhalten bezüglich einer möglichen Suchterkrankung tiefer zu hinterfragen. Du aber tust das und damit ist da schon mal ein Problem vorhanden. Wie groß dieses jedoch ist, also ob schon eine Sucht vorliegt oder Du noch andere Wege als die absolute Abstinenz gehen kannst, das weiß ich nicht.

    Zitat

    Das mit dem heimlichen Trinken hat vor ca. 4 Jahren angefangen. Das war für unsere Familie und für mich eine extreme Zeit. Wir waren gerade mit unseren Zwillingen aus dem gröbsten raus, dann bekam meine Frau die Diagnose Brustkrebs. Für mich ist eine Welt zusammen gebrochen und ich hatte existentielle Ängste, wie noch nie in meinem Leben. Zu dieser Zeit habe ich abends fast täglich 2-3 Bier getrunken. Ein Jahr später war die schlimmste Zeit überstanden und ich bin wieder zu meinem gewohnten Pensum zurückgekehrt.


    Erst mal: super, dass Ihr das alles gut überstanden habt! Das was Du hier erlebt hast, ist ein sehr gutes Beispiel für die große Gefahr in der man sich befindet, auch wenn man noch nicht süchtig ist sondern "nur" Missbrauch betreibt. Es ist einfach so, dass man sich der Wirkung des Alkohols bewusst ist. Man weiß genau, wie das Zeug funktioniert, was es einem "bringt". Und dadurch, das man den Alkohol ja auch als Missbräuchler über einen längeren Zeitraum regelmäßig konsumiert, manifistiert sich natürlich dieses "Wissen". Deshalb ist es auch oft so, dass Menschen, die zwar tranken, aber noch relativ moderat, bei plötzlich auftretenden großen Problemen, dann komplett in eine Sucht abgerutscht sind. Da heißt es dann: der hat zum Saufen angefangen....

    Da kenne ich tatsächlich ein paar Beispiele aus meinem Bekannten- bzw. Verwandtenkreis. Ich kenne aber z. B. niemanden, der vorher nicht (oder eben nur ganz selten) getrunken hat, der dann aufgrund eines großen Problems zum Trinker geworden wäre. So was soll es auch geben, aber die Gefahr für Menschen, die dem Alkohol bereits nahe standen (auch wenn sie noch nicht süchtig waren) halte ich für deutlich größer. Deshalb findie ich es auch für wichtig, dass Menschen die nach missbräuchlichen Verhalten zu einem normalen Trinken zurück finden, trotzdem diesen Missbrauch aufarbeiten. Also hinter die Kulissen schauen um die Meachnismen die da in Gang gekommen sind zu verstehen. Und eben auch Strategien entwickeln, die sie dann davor schützen, nicht doch bei entsprechend auftretenden schwereren Problmen (Schicksalsschlägen, Krankheit, etc.) wieder abzurutschen.

    Ein wenig kompliziert aber ich hoffe Du vestehst was ich sagen möchte. Allein schon deshalb ist ein Leben komplett ohne Alkohol eine echt gute und entspannte Sache, wenn ich das mal sagen darf.

    Zitat

    Ich habe in meinem Leben auch schon mit anderen Rauschmitteln zu tun gehabt. Ich habe 15 Jahre lang geraucht, ca. 20 Zigaretten am Tag, habe jahrelang gekifft und gelegentlich auch mal Kokain oder Speed auf Parties konsumiert. Das alles ist lange her und bis auf das Rauchen, hatte ich keine Probleme damit aufzuhören, als es für mich an der Zeit war.


    Hierzu kann ich nur sagen, dass ich mich mit Alkoholikern ausgetauscht haben, die multitox, also auch noch von unterschiedlichen anderen Drogen abhängig waren. Tatsächlich haben sie alle gesagt, dass es für sie am schwierigsten war, vom Alkohol weg zu kommen. Naja, ist halt auch ständig präsent und man bekommt das Zeug überall vorgesetzt. Was das Rauchen betrifft: Ich rauche zwar nur ab und an mal eine Zigarre (kann also keine eigene Erfahrung beisteuern) aber ich denke, diese Sucht ist nicht so einfach mit der Alkoholsucht zu vergleichen. Beim Rauchen ist dieses große Problem der dauerhaften Bewustseinsveänderung, auch der langfristigen Veränderung der Psyche, nicht so vorhanden. Damit will ich diese Sucht nicht herunter spielen, habe aber die persönliche Meinung, dass man davon leichter und auch mit weniger Aufwand bzw. Hilfe weg kommen kann.

    Zitat

    Bei dem Alkohol ist das aber irgendwie anders - er ist in unserer Gesellschaft so stark verankert. Ich habe einen Riesenrespekt vor Menschen, die es schaffen den Alkohol komplett aus ihrem Leben zu verbannen. Und ich weiss nicht, ob ich dazu schon bereit bin.


    Da hast Du es ja selbst schon gut erkannt. Dein letzter Satz spricht Bände.... Er lässt Dich nicht los, der Alkohol. Du klammerst Dich daran, kannst ihn nicht einfach ziehen lassen. Er gibt Dir offensichtlich so viel, dass Du Dir nicht vorstellen kannst auf ihn zu verzichten. Deshalb nochmal der Vorschlag, erst mal temporär zu verzichten. Ohne schon die Angst im Nacken zu haben, nie mehr wieder Alkohol trinken zu "dürfen". Was ja vielleicht bei Dir auch gar nicht der Fall sein muss. Aber wenn Du jetzt erst mal einen langen Zeitraum gar nichts trinkst, wirst Du einiges an Erfahrungen sammeln können. Erfahrungen, die Dir dann hilfreich sein werden, wenn Du irgendwann mal darüber entscheidest, wie es denn jetzt weiter geht mit oder ohne Alkohol in Deinem Leben.

    Das war's dann erst mal von mir.

    Alles Gute

    LG
    gerchla

  • Zitat

    Dein letzter Satz spricht Bände.... Er lässt Dich nicht los, der Alkohol. Du klammerst Dich daran, kannst ihn nicht einfach ziehen lassen. Er gibt Dir offensichtlich so viel, dass Du Dir nicht vorstellen kannst auf ihn zu verzichten.


    Damit hast Du wohl recht. Er begleitet mich ja auch schon seit über 20 Jahren... und da fällt es mir ehrlich gesagt schwer für immer goodbye zu sagen.

    Zitat

    Deshalb nochmal der Vorschlag, erst mal temporär zu verzichten.


    Diesen Vorschlag werde ich auch annehmen. Die einzelnen Geschichten hier im Forum haben mich sehr nachdenklich gemacht und ich möchte niemals an so einen Punkt kommen, an dem ich vollständig die Kontrolle verliere. Ich habe mir vorgenommen vorerst ein halbes Jahr auf Alkohol zu verzichten.

    Vielen lieben Dank für den guten Austausch. Das hat mir wirklich sehr weitergeholfen.

    LG, Bennie

  • Zitat

    Aber mein Hirn sagte mir ja genau das, was Dir Deines im Grunde ja auch sagt: Du kannst doch problemlos pausieren, du musst keine Gespenster sehen, du musst nicht jeden Tag trinken, du siehst doch, dass du auch nur zwei oder dreimal die Woche trinken kannst und alles ist gut (solche "Experimente" machte ich nämlich auch). Und verstehst Du, sobald man sich solche Gedanken macht, sobald man sich damit intensiver auseinder setzt ist eigentlich schon klar, dass da was nicht in Ordnung sein kann.


    Mir ist klar das ich mich in einer brisanten Situation befinde und auf einem Drahtseil laufe. Noch fällt es mir leicht die Balance zu halten, mir ist aber durchaus klar das ich auch abstürzen kann. Mein Hirn sagt zwar das ich problemlos pausieren kann, es sagt mir aber auch das ich mich in Gefahr befinde und das etwas nicht in Ordnung ist. Und das ist für mich ein wichtiger Schritt. Ich möchte ehrlich zu mir selbst sein und das schreiben (und lesen) hier im Forum hat mir dabei geholfen.

  • 44.
    Würde mich sehr freuen, wenn Du ab und an mal eine Wasserstandsmeldung da lässt. Ist auch immer für Neue hier ganz wertvoll, wenn sie sehen welche Wege andere gehen und wie die dann so funktionieren.

    Sollte es bei Dir irgendwie schief laufen, was ich Dir weder wünsche noch glaube, dann weißt Du ja auch wo wir sind.

    Ansonsten wünsche ich Dir eine gute Zeit und auch, dass Du viele Erfahrungen sammeln kannst. Ich glaube (warum auch immer) Du hättest das "Zeug" dazu sogar "einfach so" dauerhaft ohne Alkohol zu leben. Quasi aus Überzeugung heraus. Nur ein Gefühl von mir und im Grunde ist es auch egal, solange Du Deinen Konsum auf eine unschädliche Menge reduzierst.

    Aber vielleicht findest Du ja Freude am Leben ohne. Ich würde nicht mehr zurück wollen, auch wenn mir jemand jetzt garantieren könnte, dass wieder ganz normal trinken kann. Mir ist der Sinn wirklich abhanden gekommen.

    Also, jetzt is aber gut. Bis bald und

    LG
    gerchla

  • Hallo Benny77,

    zunächst möchte ich dich hier begrüßen und hoffe sehr, dass du vom Austausch mit den „Profis“ hier im Forum profitieren kannst, bzw. dir die Dinge vielleicht klarer werden.

    Ich selbst bin seit ca. 11 Monaten hier und trinke seit über einem Jahr keinen Alkohol mehr. Meinen Werdegang kannst du hier im Forum nachlesen.

    Kurz zusammengefasst bin ich 57 Jahre und habe über 30 Jahre mehr oder weniger heftig getrunken.

    Als ich deinen Beitrag gelesen sind mir einige Dinge durch den Kopf gegangen und deshalb möchte ich dir ein paar Gedanken und auch eigene Erfahrungen schildern in der Hoffnung, dir weitere Denkanstöße und Sichtweisen näher zu bringen.

    Meine Ausgangssituation war damals ähnlich wie bei dir, nur dass ich schon wesentlich älter war.
    Ich hatte auch freie Tage ohne Alkohol und mein Pensum lagzwischen 3-6 Bier täglich, wobei auch einige alkoholfreie Tage zwischendurch normal waren.

    In deinem Vorstellungsthread schreibst du:

    Aber trotzdem fühle ich mich nicht wohl mit meinem Konsum und der Kontinuität.Ein Wochenende ohne Alkohol ist für mich fast undenkbar. Wie ich schon geschrieben habe, gebe ich mir sehr selten richtig die Kante. Wenn ich mein erwünschtes Level erreicht habe, höre ich einfach auf. Mich stört nur diese Regelmässigkeit und mir ist die Gefahr bewusst, dass es mehr werden könnte.

    Das hätte genauso von mir sein können.

    Bei mir war es so, dass ich eine permanente Unzufriedenheit entwickelt habe, die wie ich jetzt erkennen kann in erster Linie auf meinen Konsum zurückzuführen war.
    Ich bin jeden Tag aufgestanden und hatte schlechte Laune oder sogar einen „Psychoblues.
    Auf einer Wohlfühlskala von 1-10 hätte ich mir damals maximal eine 3 gegeben (wenn 10 das Höchste ist).Dann habe ich meine 3 bis 4 Bier getrunken und mein Level war auf 5-6. Das war dann auch der Zustand mit dem ich gut zurecht gekommen bin. Normalerweise habe ich dann auch nicht mehr viel weiter getrunken

    Ich hatte vor 25 Jahren Zeiten in denen ich viel mehr und auch regelmäßiger getrunken habe.So gesehen sah ich auch nicht das Problem, dass es bei mir in Zukunft mehr werden könnte.

    Allerdings hat sich über die Zeit diese Unzufriedenheit immer mehr herauskristallisiert und genau das passiert jetzt anscheinend auch bei dir.

    Ich hatte auch in meiner Trinkerzeit immer wieder alkoholfreie Phasen die manchmal über Monate gingen.
    Ich hatte mir nie das Ziel gesetzt nie wieder zu trinken.
    Ich wollte eine längere Pause um dann irgendwie, wie durch Zauberei, wieder in ein „normales“ Trinken zurückzufinden.

    Als ich vor 14 Monaten wieder mal den Entschluss gefasst hatte mein Trinkverhalten zu ändern war es zunächst nicht anders.
    Diesmal habe ich aber nicht nur das Trinken weggelassen sondern begleitend dazu mir tieferliegende Gedanken gemacht.

    Ich habe das in der Weise gemacht, dass ich mir so ziemlich jedes Buch und jeden Beitrag im Internet reingezogen habe in denen es um die Problematik ging.
    Zusätzlich bin ich in eine sogenannte Motivationsgruppe gegangen und gehe seitdem regelmäßig dorthin.

    Die Motivationsgruppe ist eine Anlaufstation für Leute wie mich, die auf der Suche sind.Auf der Suche nach Antworten auf Fragen wie:
    Bin ich Alkoholiker?
    Werde ich jemals wieder normal trinken können?
    Was kann ich tun um mein Leben wieder zurück zu gewinnen?
    und viele mehr.

    Du schreibst:
    Nein, als Alkoholiker sehe mich (noch) nicht. Ich sehe das ich ein Alkoholproblem habe, was zu einem noch größeren Problem werden könnte, wenn ich die nächsten 10 Jahre so weiter mache. Allein die Tatsache das ich seit ca. 20 Jahren regelmässig Alkohol konsumiere finde ich irgendwie eine krasse Bilanz.

    Auch dieser Satz könnte von mir stammen.

    Aufgrund meiner Lebensumstände (nach außen hin alles in Ordnung), meines Konsums und der Tatsache, dass ich nicht jeden Tag getrunken habe wurde mir im Einzelgespräch die Einschätzung mitgeteilt, dass ich zwar noch kein Alkoholiker bin, den Alkohol aber missbräuchlich verwende und stark gefährdet sei.
    Man hat mir auch die Einschätzung mit auf den Weg gegeben, dass ich durchaus geeignet sei für das Modell des kontrollierten Trinkens.Soweit die Einschätzung der „Profis“.

    Da ich ja in der Vergangenheit immer wieder versucht habe ein normales Trinkverhalten zu erreichen und es nie geklappt hat bin ich nachdenklich geworden.
    Kontrolliertes Trinken ist ein Weg der vielleicht für Manche funktioniert.
    Bei mir ist das nicht der Fall.
    Ich hatte viel Zeit und habe mir in endlosen Spaziergängen immer wieder die Frag gestellt was ich eigentlich will.
    Im Endeffekt bin ich zu der Einsicht gekommen, dass der Weg zur Lebenslust und Kreativität für mich mit Alkohol nicht möglich ist.

    Diese Einsicht muss aus dir selbst kommen und es wird bei jedem Menschen individuell verschieden sein.

    Es spielt auch für mich keine Rolle ob man mich als Alkoholiker einstuft oder zu der Einschätzung kommt dass ich „nur“ Missbrauch betreibe.

    Fakt ist, dass ich mir viele Gedanken um mein Trinkverhalten gemacht habe und allein das ist schon ein Anzeichen dafür, dass da etwas gewaltig nicht stimmt.
    Ich glaube, dass die meisten Leute, die ein Alkoholproblem haben es in ihrem tiefsten Inneren auch wissen.
    Ich kann hier nur für mich sprechen aber vielleicht ist es für dich eine Motivation wenn du solche Erfahrungen liest.

    Jedenfalls habe ich nach cirka 2 Monaten des Nichttrinkens den Entschluss gefasst, dass ich den Alkohol nicht mehr in meinem Leben haben möchte.
    Dieser Moment war eine Befreiung.
    Bis dahin war es so, dass ich immer im Hinterkopf hatte, dass ich ja irgendwann wieder normal trinken könnte.
    Als ich dann diesen Entschluss gefasst hatte, habe ich noch etwas anderes bemerkt.
    Ich habe neben meinen Büchern über Alkohol auch noch jede Menge Bücher über Selbstvertrauen, Achtsamkeit, Motivation und Willenskraft gelesen.
    Die Bücher über Willenskraft haben mich deshalb interessiert weil ich der Meinung war, dass auch das „normale“ Trinken eine reine Frage der Willenskraft ist.
    Die Willenskraft kann in einem gewissen Maße trainiert werden aber sie funktioniert im Prinzip wie ein Muskel und ist begrenzt.
    Sie wird durch eine Vielzahl von Entscheidungen die ich tagtäglich treffen muss immer weniger und am Ende des Tages ist sie, vereinfacht gesagt, mehr oder weniger verbraucht.

    Bei mir war einer der größten Willenskrafträuber die täglichen Gedanken oder Fragen:
    Trinke ich heute Bier?
    Wenn ja wie viele?
    Wie gehe ich taktisch vor um nicht wieder zu viel zu trinken?
    Wie komme ich dann nach Hause?
    Bin ich dann morgen fit genug um Dieses oder Jenes zu tun?

    All solche Fragen halt, die jeder mit einem Alkoholproblem mit sich herumträgt.
    Mit meinem Entschluss sind diese Fragen erstmal weggefallen.
    Das war als wäre eine große Last von mir abgefallen.Ich hatte einen regelrechten Energieschub.
    Was ich dann festgestellt habe ist, dass es im Prinzip für mich von Woche zu Woche und jetzt von Monat zu Monat immer besser wurde.
    Ich habe ganz allmählich mein Leben wieder zurückerobert.
    Nicht dass ich vorher keins hatte aber es war voller Momente in denen ich nicht glücklich war und der Alkohol hatte mein Selbstwertgefühl und auch meine Lebensfreude fast vernichtet.

    Jetzt nach einem Jahr kann ich sagen, dass das die beste Entscheidung meines Lebens war und ich vermisse rein gar nichts wenn ich nichts trinke.
    Ich gehe weiterhin auf Partys und Feste mit dem Unterschied, dass ich mir keine Gedanken um den nächsten Tag machen muss oder wie ich denn nach Hause komme.

    Ich habe ziemlich am Anfang ein tolles Buch gelesen, dass mich sehr inspiriert hat auf meinem Weg.https://www.amazon.de/Weder-gesch%C3…ooks&sr=1-2Kann ich nur wärmstens empfehlen. Der Autor befand sich in einer ähnlichen Lage wie ich damals und er hat im Selbstversuch ein Jahr auf Alkohol verzichtet.
    Davon handelt eben dieses Buch. Sehr lesenswert.
    Der Autor trinkt bis heute keinen Alkohol mehr und der Versuch liegt schon 3 oder4 Jahre zurück.

    Ich habe erst jetzt erkannt, dass der Alkohol den Blick auf sich selbst verfälscht und viele Dinge über mich habe ich erst in diesem Jahr herausgefunden.

    Ich sehe erst jetzt, wie unzufrieden ich in der Zeit war und diesen Zustand möchte ich nie wieder haben.
    Dieses latent schlechte Gefühl, diese innere Unzufriedenheit.
    Das wirkt natürlich auch nach außen auch wenn man es nicht wirklich so wahrnimmt.
    Das sind nur ein paar Dinge die mir jetzt spontan so einfallen.
    Für mich ist es auch kein Kampf mehr nicht zu trinken.
    Es ist eher ein Weg der auch mal steinig wird.
    Ich betrachte es als einen Prozess den ich jetzt durchlebe und dieser Prozess ist spannend und wird nie langweilig.
    Ich habe viele Dinge wiederentdeckt (Wandern, Gitarre oder einfach mal schön essen gehen) und bin mit mir und vor allem mit meiner Umwelt wieder ganz im Reinen.

    Aus meiner Sicht muss es nicht immer unbedingt eine Therapie sein. Ich gehe in eine Gruppe und habe mich eben für mich sehr mit dem Thema auseinandergesetzt.
    Es gibt da keinen Königsweg aber ich kann sagen, dass es sich mehr als alles andere lohnt wenn man sich von diesem Dämon befreit.

    Ich habe ganz schnell erkannt, dass es nur funktioniert wenn man sich bewusst macht, dass man es für sich selbst tut.

    Das Weitere kommt von allein.

    Auch wenn niemand in meinem Umfeld (außer meiner Freundin) bei mir ein problematisches Trinkverhalten bemerkt hatte stelle ich fest, dass sich meine Wirkung auf meine Umwelt zum Positiven hin entwickelt hat.
    Wenn du mit dir selbst im Reinen bist, dann strahlt das auch nach außen hin ab.Und noch eine Sache, du schreibst:

    Ich stelle mir ein alkoholfreies Leben sehr befreiend vor. Ich weiss aber nicht, wie ich das angehen kann, denn wie gesagt, dreht sich in meinem sozialen Umfeld (Familie, Freunde) einiges um Alkohol. Aber nicht falsch verstehen: Meine Freunde sind keine Säufer, sondern Leute die mit beiden Beinen fest im Leben stehen. Auch in meiner Familie habe ich es nicht mit Säufern zu tun. Ich habe Angst, dass ich mich von meinen Freunden entfernen würde, wenn ich komplett auf Alkohol verzichten würde.

    Diese Gedanken könnten auch von mir sein und ja, ein alkoholfreies Leben kann sehr befreiend sein.
    Jetzt da ich seit über 14 Monaten nicht mehr trinke stelle ich fest, dass ich mir da unnötig Sorgen gemacht habe.Je länger ich nicht mehr trinke desto normaler fühlt es sich an.

    In meinem sozialen Umfeld spielt Alkohol keine große Rolle und niemand hat michje gefragt weshalb ich nicht mehr trinke.
    Ich umgebe mich nicht mehr mit Leuten mit denen mich nur das Trinken verbunden hat und meide Veranstaltung wie das Oktoberfest wo es im Prinzip nur ums Trinken geht.

    Ich sehe darin in keiner Weise einen Verlust.
    Es ist eher ein Gewinn weil ich meineLebenszeit nicht mehr verschwende.Ich überlege jetzt nicht mehr ob ich vielleicht doch ein Bier trinken könnte.

    Ich will einfach kein Bier mehr trinken.

    Das ist fast so wie bei einer Allergie. Wenn ich weiß, dass ich z.B.keine Auberginen vertrage und sie mir schaden dann esse ich sie auch nicht.Ich wünschte mir wäre das früher klar geworden aber es ist nun mal so wie es ist.

    Du kannst dir viel Zeit und Mühe ersparen wenn du es jetzt bereits verinnerlichst.Zumindest ich wäre froh gewesen wenn ich diese Erkenntnis bereits früher gehabt hätte.

    Ich wünsche dir, dass du diesen Weg erfolgreich gehst und du wirst reichlich belohnt werden.
    Ich hoffe ich konnte dich ein bisschen motivieren.

    Ich bin jetzt 57 Jahre alt und das letzte Jahr war das Beste meines Lebens.
    Ich habe nach so vielen Jahren des Kampfes nicht geglaubt, dass ich es einmal schaffe.

    Umso mehr freue ich mich darüber und weiß jetzt, dass alles möglich ist. Wenn ich jetzt aufwache bin ich auf meiner persönlichen Wohlfühlskale bei einemWert von 7 bis 8 angelangt und ich bin mit mir im Reinen.

    Versuche dieses halbe Jahr ohne Alkohol wie von Gerchla empfohlen und nutze diese Zeit dich mit dir selbst auseinander zu setzen.Bei mir war das der Schlüssel und es hat sich in jeder Hinsicht gelohnt.

    tschau changemaker

  • @chancemaker

    ich finde das was Du hier geschrieben hast einfach wunderbar. Man spürt förmlich wie überzeugt Du bist von Deinem Leben ohne Alkohol. Ich empfinde Deine Zeilen als enorm wertvoll, weil einfach ganz viel Authenzität darin steckt. Vieles von dem was Du schreibst empfinde ich ganz genau so. Danke für diese diese Gedanken von Dir!

    LG
    gerchla

  • @changemaker
    Danke für die vielen motivierenden Zeilen. Auch ich finde ganz großartig und überzeugend was Du da geschrieben hast. So intensiv wie in dieser Woche habe ich mich noch nie mit meinem Alkoholkonsum auseinandergesetzt. Die ganzen Beiträge haben mir sehr dabei geholfen etwas klarer zu sehen.

    Ich weiss auch noch nicht, ob kontrolliertes Trinken das richtige für mich ist. Ich mache jetzt erstmal ein Pause und dann sehe ich weiter. Vielleicht habe ich nach der Pause ja auch gar keine Lust mehr Alkohol zu trinken. Ich will mir mit der Pause jedenfalls nichts beweisen, sondern etwas verändern.

    LG, Bennie

  • Ich mache jetzt erstmal ein Pause und dann sehe ich weiter. Vielleicht habe ich nach der Pause ja auch gar keine Lust mehr Alkohol zu trinken.

    Da wärst Du nicht der Erste, dem es so geht.

    Ich drück Dir die Daumen, dass alles so klappt, wie Du es Dir vornimmst! 44.

    Gruß
    Greenfox

    @changemaker: Auch von mir ein DANKE! Ich habe mal Deinen Buch-Tipp in unsere Literatur-Ecke aufgenommen :)

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

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