Trennung: Sorge um Sohn wenn bei trockenem Vater: Angst vor Rückfall

  • Liebes Forum,

    Ihr habt mir bereits gut geholfen und ich habe mich schweren Herzens von meinem Partner getrennt, der nach eigenen Angaben trocken ist und in Therapie. Wir haben einen 4jährigen Sohn. Mich hat die Sucht meines Partners fast kaputt gemacht (emotional und sozial) bis ich begriffen habe, dass ich nichts machen kann, sondern er das nur allein schaffen muss. Aber zu akzeptieren, dass ich wegen seiner Sucht keine Familie mit Mama-Papa-Kind habe, fällt mir schwer.
    Ich trauere sehr um die Beziehung, bin wütend auf die Sucht und meine neue Situation. Das habe ich mir und meinem Sohn nicht gewünscht.
    Für unser Kind verstehen wir uns und probieren 50/50 aufzuteilen, wobei das Kind mehr bei mir ist. Aus organisatorischen Gründen, damit er auch ja zur Therapie gehen kann. Aber nun zu meinem Problem: es war naiv von mir zu denken mit einer Trennung löse ich mich von der Sucht, Co Abhängigkeit, meinen alten Ängsten die ich während der Beziehung hatte. Im Gegenteil: ich habe das Gefühl, dass es sich verschlimmert. Dadurch, dass mein Exfreund nicht mehr bei mir wohnt und wir kennen regelmässigen infoaustauch über uns haben (sondern nur wichtige Themen übers kind bereden), kann (und will) ich ihn&sucht nicht mehr "kontrollieren".Aber weil ich nichts weiss, steigt meine Angst um mein Kind, wenn er bei ihm ist. Ich habe totale Angst, dass mein Exfreund rückfällig ist und mir nichts sagt. Hier noch ne hintergrundinfo: mein exfreund war jahrelang heimlicher trinker. Ich will meinem Sohn aber auch nicht den Papa wegnehmen. Das heisst, dass ich nun jede Kleinigkeit/ jeden Gang/ jede Stimmlage interpretiere wenn mein sohn bei ibm ist und meine, dass er einen Rückfall hat und ihn auch damit konfrontiere (aber nicht vor dem kind). Er sagt dann immer nur nein und ich kann nichts machen ausser ihm glauben.
    Das ist für mich unerträglich. Wie geht ihr damit um? Ich habe mich getrennt um nicht wieder in die alten Co abhängigkeitsmuster zu verfallen. Mit bleibt wohl nichts anderes übrig, als den Worten meine ex zu vertrauen? Danke für eure Tipps und fürs Zuhören.

  • Liebe Phoenix,

    schön, dass Du mal wieder vorbei schaust!

    Gar nicht schön, dass es Dir so schwer fällt, Deine eigene Entscheidung – Dich vom abhängigen Partner zu lösen – zu akzeptieren.
    Du bist jetzt, wenn ich das mal aus dem alten Thread wiederholen darf, an dem Punkt, wo ich schrieb: „Ich kenne nicht wenige Ex-Partnerinnen von Alkoholikern, die Jahre gebraucht haben, um ihre Verstrickung in die Sucht ihres Ex-Partners, also ihre Co-Abhängigkeit ablegen zu können.“

    Co-Abhängigkeit, und ihre gesamte Tragweite für die Betroffenen, ist eine so tiefgreifende „verkannte Krankheit“, dass es m. E. fast unmöglich ist, sich ohne qualifizierte, fachliche Hilfe daraus zu befreien.
    Ich schrieb damals deswegen auch: „Weil die Co-Abhängigkeit im Gegensatz zur Alkoholsucht nicht in den sozialen Systemen anerkannt wird und keine entsprechende Hilfs- und Behandlungsangebote zur Verfügung gestellt werden, meinen leider sehr viele Angehörige, die co-abhängig geworden sind, es würde wieder alles heil werden, wenn sie den süchtigen Partner verlassen haben. Sie machen dann nichts für sich selbst, und bleiben weiter mit dieser "verkannten Krankheit" behaftet.“

    Zitat von “Phoenix“

    Das heisst, dass ich nun jede Kleinigkeit/ jeden Gang/ jede Stimmlage interpretiere wenn mein sohn be ihm ist und meine, dass er einen Rückfall hat und ihn auch damit konfrontiere (aber nicht vor dem Kind). Er sagt dann immer nur nein und ich kann nichts machen ausser ihm glauben.


    Doch, Du könntest schon „mehr machen“. Für Dich.
    Das was Du nämlich jetzt machst, ist lediglich „aushalten“. Davon geht das Gefühl der Hilflosigkeit gegenüber der Sucht nicht weg.

    Zitat von “Phoenix“

    Ich habe mich getrennt um nicht wieder in die alten Co abhängigkeitsmuster zu verfallen.


    Das ist nicht anders, wie beim Süchtigen: „Nur den Alkohol weglassen“, wird in aller Regel nicht reichen, um ein stabiles, trockenes Leben führen zu können, bei dem die Sucht nicht hinter jeder Ecke lauert.
    Dein Ex-Partner macht für sich eine Therapie. Offenbar hat er erkannt, dass er alleine ziemlich hilflos gegen seine Sucht ist.
    Ich denke, auch für Dich wäre zumindest eine ambulante Gesprächstherapie bei einer Suchtberatung sehr empfehlenswert.

    Zitat von “Phoenix“

    Mit bleibt wohl nichts anderes übrig, als den Worten meine ex zu vertrauen?


    Traust Du Dir denn selbst, was Deine Entscheidung anbetrifft, jetzt den Weg alleine mit Eurem Kind zu gehen?
    Vor allem aber: Traust Du Dich „wirklich“ loszulassen?

  • Danke Dietmar für die offene, ehrliche Antwort.
    Was meinst du mit "wirklich loslassen"?

  • Liebe Phoenix,

    wenn Du mal in Google „loslassen Co-Abhängigkeit“ eingibst, findest Du viele Seiten, auf denen der Vorgang beschrieben wird.
    Ich ahne in Deiner Frage an mich allerdings den Versuch, möglichst ohne großen eigenen Aufwand – wie zum Beispiel Suchtberatung … - Deinen Weg weiter beschreiten, und Deine Co-Abhängigkeit so „nebenher“ ablegen zu können.
    (Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass …)
    Das wäre m. E. nicht sehr hilfreich, und wahrscheinlich auch nicht zielführend.

  • Liebe Phoenix,

    ich will mal ein paar Gedanken aus meiner eigenen Erfahrung hier lassen. Vieles von dem was Du schreibst erinnert mich an meine eigene Geschichte.

    Ich war (ebenfalls) heimlich Trinker, ich hatte damals 2 Kinder wovon die Kleine, also meine Tochter, ein absolutes Papakind war. Die Trennung von meinen Kinder war, ich schrieb es oft, das Schlimmste was mir in meinem bisherigen Leben passiert ist, wenn ich meine Sucht mal außen vorlasse.

    Als meine Frau damals durch mich erfuhr, dass ich Alkoholiker bin, glaubte sie mir zunächst nicht. Ich musste es ihr "beweisen", was ich dadruch tat, dass ich ihr meine ganzen Alkoholverstecke gezeigt habe. Für sie brach eine Welt zusammen, ihr Vertrauen in mich war komplett zerstört.

    So, wir trennten uns also und ich zog ein paar Kilometer weg. Wollte aber ja meine Kinder, speziell meine Tochter (mein großer war fast schon "durch") sehen. Ähnlich wie bei Dir nahmen wir uns vor, ordentlich miteinander umzugehen, schon alleine der Kinder wegen. Ich jedoch, hatte keinen richtigen Plan, war natürlich auch stark mit mir selbst beschäftigt und mit der Anfangszeit meines Lebens ohne Alkohol. Da gibt es diverse Herausforderungen, die mich und meine Gedanken ziemlich eingenommen hatten. Normal, würde ich mal sagen was meine Frau jedoch natürlich nicht wusste.

    Jedenfalls stand ich fast jeden Tag in meinem Ex-zuhause auf der Matte, versuchte irgendwie meine Paparolle (die ja vorher trotz Alkohol eine sehr intensive war) weiter aufrecht zu erhalten, wollte irgendwie über alles Bescheid wissen (Schule, Freunde, Tagesablauf, usw.) und versuchte irgendwie den Alltag meiner Kinder mit zu gestalten.

    Das ging ein paar Wochen so. Es war immer eine sehr schwierige Situation, alleine meine Anwesendheit in der Ex-Wohnung, die Tatsache, dass ich meine Frau in dieser Zeit noch um mich hatte usw.

    Irgendwann erklärte meine Frau mir dann, dass es so nicht weiter gehen kann. Ich sollte doch bitte mal erkennen, das meine Rolle jetzt ein andere wäre! Ich müsse mal erkennen, dass ich nicht mehr der Papa sein kann, der ich vorher war, dass ich jetzt eine andere Rolle habe.

    Ich erinnere mich daran sehr sehr gut. Das hat mich fast umgehauen! ABER: Sie hatte ja sowas von Recht.

    Ich meine, wir waren getrennt. Keine Perspektive dass wir wieder mal zusammen kommen könnten. Meine Tochter meist stark belastet und oft traurig und immer wenn ich da war mit der verstärkten Hoffnung, dass ja doch alles wieder gut werden könnte. Ich glaube das ist sehr schlimm, denn Kinder wollen ja nichts anderes als Mama und Papa und das die beiden sich lieb haben. Bei uns war sie also immer hin und her gerissen. Ein normaler Tagesablauf, eine Struktur im Leben meiner Tochter gab es zu dieser Zeit nicht wirklich. Nachmittags bzw. abends ist dann der Papa aufgetaucht, hat irgendwelche Fragen gestellt über ihren Tag und versucht irgendwie ein guter Papa zu sein. Um dann abends irgendwann wieder zu gehen....

    Und klar, ich durfte meine Tochter nicht mit zu mir nehmen. Niemals, denn wie hätte sie mir denn Vertrauen können? Ich wusste ja das ich nichts mehr trank, aber sie konnte das doch keinesfalls wissen. Und so durfte ich auch mit meiner Tocher niemals Auto fahren. Wenn wir mal (am Wochenende) irgendwo hin wollten, dann nur mit den öffentlichen Verkehrmitteln.

    Mit zunehmender Dauer meiner Abstinenz hat das mein Hirn aber auch verstanden. Ich konnte meine Frau sehr gut verstehen und konnte das nachvollziehen. Und langsam machte sich in mir auch die Erkenntnis breit, dass es für meine Tochter eminent wichtig sein wird, EINEN stabielen Anker in ihrem Leben zu haben. Dieser konnte nur ihre Mutter sein. Ich begann zu akzeptieren, dass ich tatsächlich eine andere Rolle als Papa hatte und ich versuchte diese dann auch entsprechend auszufüllen. Das hat ein Stück gedauert und das hat auch weh getan. Für meine Tochter jedoch war es absolut notwendig. Sie konnte damit beginnen abzuschließen. Die Situation zu akzeptieren, sie konnte Dinge wieder richtig einschätzen und sie verstand dann auch, dass Mama und Papa getrennt sind. Sie hatte ihr Leben und ihr Umfeld bei der Mama und wusste, dass sie sich darauf immer verlassen wird können. Und sie wusste, dass sie ihren Papa regelmäßig sehen wird und das er nicht weg ist. Aber das es eben anders ist, als es vorher war.

    Liebe Pheonix, vielleicht ist bei meiner Geschichte etwas dabei, das Du auf Deine Situation übertragen kannst. Ich persönlich bin jemand, der die immer häufiger praktizierte "50:50-Regel das Kind wächst bei beiden Elternteilen auf" eher kritisch sieht. Ich glaube ein Kind braucht feste und klare Strukturen auf die es Vertrauen kann und auf die es sich blind verlassen kann. Man kann hier sicher anderer Meinung sein, ich selbst habe in meinem Umfeld diesbezüglich schon sehr negative Beispiele gesehen. Wo Kinder eine Woche da und die andere Woche dort waren aber nirgends so richtig. Aber gut, vielleicht ein anderes Thema und für Dich gar nicht relevant.

    Ich wünsche Dir auf jeden Fall, dass Du die richtigen Entscheidungen treffen kannst. Und was das Vertrauen in Deinen Ex betrifft: Dein Vertrauen muss er sich meiner Meinung nach erst wieder erarbeiten, aktuell weißt Du gar nichts, kannst auf nichts vertrauen. Wie das bei mir war, habe ich Dir ja geschrieben. Heute habe ich das Vertrauen meiner Ex-Frau wieder. Das hat allerdings auch ein paar Jahre gedauert...

    Alles alles Gute!

    LG
    gerchla

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