Die Sucht neben mir.

  • Ich bin 55 Jahre und mit einem Alkoholiker verheiratet.
    Er liebte schon immer das Bier aber noch in gereglten Bahnen und es gab viele alkoholfreie Wochen. 2010 erkrankte ich an Brustkrebs er bekam einen schweren Bandscheibenvorfall. 2012 stirbt sein Bruder plötzlich ein Jahr drauf meine Mutter. Danach fing es mit dem Trinken richtig an nebenbei noch das Haus umgebaut das war zuviel. Täglich 5bis 7 Bier. Voriges Jahr dann ins Krankenhaus Verdacht auf Herzinfarkt. Danach 4 Monate keinen Alkohol er bekam im Krankenhaus Distarneurin. Weihnachten dann wieder die ersten Biere.Wir einigten uns nach einem gossen Krach auf in
    der Woche keinen Alkohol und nur am Wochenende Bier. Das war dann aber zuletzt am Wochenende ein Kasten.
    Dann kam unser Urlaub an der polnischen Ostseeküste. Er war zum Kotzen. Von der ganzen Fahrei total getresst musste er sich mit der ersten Flasche Wodka beruhigen eine halbe dann war er eingeschlafen mit Saft.
    Wenn wir gemeinsame Ausflüge gemacht haben war er total fertig ein ständiges schwitzen. Es dauerte nur ein paar Tage und die zweite Flasche. Er musste sich wirklich beruhigen sonst wäre an Schlafen nicht zu denken.
    Ich habe mich immer mehr zurück gezogen und habe mit meinen Hund lange Strandspaziergänge gemacht.
    Das hat mich total umgehauen eine halbe Flasche am Abend ich wäre tot. Jetzt sind wir wieder zu Hause und er trinkt Bier. Wir wohnen in einen Einfamilienhaus was noch nicht abbezahlt ist morgen kommt auch noch eine neue Heizung.
    Ich habe im Moment noch keinen Plan wie es weiter geht. Das schlimme ist das die ganze Siedlung säuft es gibt Frauen die können kein volles Sektglas stehen lassen. Ich kriege eine immer größere Abneigung. Werde die Woche auch noch zum Hausarzt gehen. Das ist meine Geschichte liebe Grüße. :-\

  • Liebe Mara,

    Ich wollte einfach mal hallo sagen. Ich weiss seit ca einem 3/4 Jahr, dass mein Ex Alkoholiker ist, wenn ich auch das Ausmass noch nicht abschätzen kann. Mit einer Pulle Wodka auf dem Sofa habe ich ihn nie erlebt. Das muss schlimm sein. Aber wie dem auch sei, er ist mein Ex und das ist auch richtig so. Getrennt habe ich mich ursprünglich wegen Aggressionen und psychischen Problemen, die Erkenntnis, dass der Alkohol eine Rolle spielt kam spät. Hätte ich das früher erkannt wäre ich auch früher weg gewesen. Bei Depressionen habe ich noch gedacht ich könnte helfen und unterstützen. Jetzt weiss ich, dass er da alleine durch muss.
    Wie sieht es bei Dir aus? Ihr habt ein gemeinsames Haus und Umfeld, aber musst Du dort bleiben? Hast Du Kinder? Arbeitest Du? Kannst Du Dir vorstellen auszuziehen und auf eigenen Füssen zu stehen? Das musst Du letztendlich sowieso, denn er kann Dich nicht untrstützen.

    Die mitsaufenden Nachbarn werden es nicht sein, die dich halten. Ein Haus kann man verkaufen. Und ich habe mir gesagt, dass ich lieber finanzielle Einschränkungen hinnehme als mir und den Kindern das noch länger anzutun.

    Ich wünsche Dir alles Gute und viel Kraft.
    Ailin

  • Guten Morgen Mara,

    herzlich Willkommen bei uns im Forum.

    Ich stelle mich mal kurz vor: Ich bin 55, Alkoholiker und lebe jetzt schon mehrere Jahre ohne Alkohol. Ich war ungefähr 15 Jahre lang in der Sucht gesteckt, die letzten Jahre davon trank ich ganz erhebliche Mengen Alkohol.

    Bei Deiner Geschichte ist mir gleich folgender Satz ins Auge gestochen:

    Zitat

    Er liebte schon immer das Bier aber noch in gereglten Bahnen und es gab viele alkoholfreie Wochen.

    Das hätte auch noch ewig so weiter gehen können. So bin ich auch eingestiegen, mit geringen Mengen und ab und an gab's mal längere Trinkpausen. Und ich kenne Menschen, älterne Menschen, die das genauso schon ihr Leben lang praktizieren ohne "abgestürzt" zu sein. Leider kann man nicht vorher sagen, wie das ganze ausgeht.

    Meine Erfahrung ist die, dass man sich auch bei sehr moderatem, quasi offiziell noch unbedenklichem Alkoholkonsum an die Wirkungweise des Alkohol gewöhnt. Man lernt, dass er hilfreich sein kann, wenn man mal aus der Alltag entfliehen möchte. Einfach mal ein Bier mehr trinken und schon setzt eine angenehme, entspannende Wirkung ein. Man lern, dass man, wenn man mal nicht so lustig drauf ist, einfach mal ein Bier mehr trinkt und die Stimmung steigt. Alles ist nicht mehr so ernst, alles wird etwas heiterer.

    Man nimmt das wahr, schon in den Zeiten wo man noch keinen hohen Konsum hat, wo man eigentlich noch "im Rahmen" trinkt. Man lernt, worauf man sich im Notfall immer verlassen kann: nämlich auf die Wirkung des Alkohols.

    So und dann kommen in manchen Lebensgeschichten halt auch mal sehr schwere Zeiten. Krankheiten oder Schicksalsschläge. Und dann hat man gelernt, was dagegen "hilft". Und so schlittert man dann immer tiefer hinein, in die Sucht.

    Ok, mein Geschreibsel bringt Dir jetzt nicht viel aber ich wollte diese Gedanken mal los werden, denn oft Fragen sich Angehörige ja auch, wie das alles so kommen konnte. Bei mir war es so ähnlich, wobei meine "Schicksalsschläge" sicher keine waren. Ich steigerte die Menge zum ersten Mal deutlich, als ich finanzielle Probleme hatte, ausgelöst durch einen Wohnungsverkauf wo der Käufer dann nicht zahlen konnte. Da ging es mir nicht gut, ich hatte Angst um unsere Zukunft und ich steigerte meine bis dato recht moderate Trinkmenge.

    Jetzt aber wieder zu Dir. Ihr hattet Krach wegen seiner Trinkerei und das Ergebnis daraus war, dass während der Woche keinen Alkohol mehr trank, sondern nur noch am Wochenende. Ok, sowas ist natürlich immer ein fauler Kompromiss, wenn der Trinkende bereits süchtig ist. Was Du aber wahrscheinlich nicht wissen konntest. Du kannst Dir übrigens auch nicht sicher sein, dass er während der Woche nichts getrunken hat. Ich z. B. habe von den 15 Trinkerjahren ca. 10 komplett heimlich getrunken. Und ich war nicht allein, ich hatte Frau und 2 Kinder und ein funktionierendes Umfeld. Und die letzten dieser 10 Jahre trank ich das Doppelte von dem was Dein Mann jetzt trinkt. Heimlich.

    Du bist also in einer Situation, wo Du auch nichts mehr glauben kannst oder brauchst. Denn Alkoholiker sind die besten Lügner und die besten Schauspieler auf diesem Planeten. Bei Dir geht es jetzt meiner Meinung nach darum, wo Du mit DEINEM Leben hin möchtest. Dein Mann scheint mit seiner Sucht bereits so weit zu sein, dass er auch körperliche Entzugserscheinungen hat, wenn er nicht rechtzeitig seinen Stoff bekommt. D. h. er ist wahrscheinlich auch körperlich abhängig.

    Für ihn gäbe es also die Option, idealerweise unter ärztlicher Aufsicht zu entgiften und anschließend entsprechende Maßnahmen zu ergreifen um dauerhaft ein Leben ohne Alkohol führen zu können. Also z. B. eine Therapie zu machen, SHG zu besuchen oder was auch immer für ihn da passt. Das müsste er allerdings selbst wollen. Dazu kann ihn keiner zwingen. Du kannst ihm zwar die Pistole auf die Brust setzten und vielleicht macht er dann auch was (vielleicht aber auch nicht), jedoch wird das nur von Erfolg gekrönt sein, wenn er es selbst auch möchte oder wenn er während seiner "erzwungenen" Therapie merkt, dass er es jetzt möchte, ihm sozusagen die Augen geöffnet werden. Das passiert durchaus ab und zu mal, allerdings gibt es auch genügend die eine Therapie machen und anschließend sofort wieder trinken, weil sie nie richtig trocken werden wollten.

    Ich denke, Du solltest Dir einen guten Plan zurecht legen. Ich denke, Du sollstest ihm, wenn Du das willst, nochmal eine Chance geben sich zu diesem Thema zu äußern und ihm Deinen Standpunkt ganz klar machen. Dieser könnte z. B. sein, dass Du ihm erklärst, dass Du ihn unterstüzten wirst, wenn er sich therapieren lässt. Wenn er also ein dauerhaftes Leben ohne Alkohol anstrebt und auch SOFORT aktiv etwas dafür tut. Gleichzeitig müsstest Du aber auch klar machen, was Du tun wirst, wenn er das nicht tut. Und das was Du da ankündigst, müsstest Du dann idealerweise auch konsequent durchziehen. Wenn Du also z. B. sagen würdest, dass Du Dich trennst wenn er nicht mit dem Trinken aufhört, dann müsstest Du das auch durchziehen. Ansonsten wirst Du unglaubwürdig, und das wird er sofort ausnützen.

    Es ist jetzt also die Frage was Du möchtest. Du musst Dir im Klaren darüber sein, dass Du ihm sein Leben lassen musst. Er entscheidet über sein Leben, darüber ob er weiter trinken will oder ob er abstinent Leben möchte. Es ist allein seine Entscheidung und ein nasser Alkoholiker lässt sich auch nicht trockenlegen, wenn er weiter trinken möchte. Egal was sein Umfeld da alles versucht, es wird immer scheitern. Und das schlimme dabei ist, dass die Angehörigen enorm darunter leiden, weil sie alles versuchen und trotzdem nichts erreichen.

    Deshalb solltest Du Dich nur auf Dich und Dein Leben konzentrieren. Wie gesagt, ich finde es immer fair, wenn man dem Trinker anspricht, ihm die Situation klar schildert, ihm die Möglichkeit gibt den Ernst der Lage zu erkennen. Aber dann ist auch gut. Oft ist das aber auch gar nicht mehr möglich, weil die Situation schon derart verfahren ist, dass die Partner gar nicht mehr miteinander reden können oder auch schon alles mehrmals gesagt wurde. Wie das bei Dir ist weiß ich nicht.

    Es ist gut das Du zum Hausarzt gehst. Ich denke mal Du gehst dort wegen Dir hin, oder? Damit er Dich unterstützen kann was die Entwicklung eines Planes betrifft. Oder Dir eine Überweisung für einen Psychologen gibt, der ebenfalls sehr hilfreich sein kann um eine derartige Belastung zu verabeiten bzw. mir ihr umzugehen. Oder willst Du Dich dort über die Alkoholsucht generell informieren?

    Ich habe Dir jetzt einfach mal meine Gedanken herunter geschrieben. Vielleicht ist was dabei, dass Dir einen Denkanstoss bringt, Dir weiter hilft. Ich wünsche Dir auf jeden Fall alles alles Gute und einen guten Austausch hier im Forum.

    LG
    gerchla

  • Vielen Dank für eure Meinungen.
    Ich gehe zu Arzt wegen mir. Ich habe es ihm heute gesagt. Da hat er gefragt warum ich gehe.
    Ich habe geantwortet das ich mit seiner Trinkmenge
    nicht klar komme und das ich es aushalten muß und nichts habe was mich beruhigt. Da hat er ganz schön geschluckt und ist knall rot geworden.
    Das war schon mal eine Reaktion. Suche mir noch eine Selbsthilfegruppe. Liebe Grüße.

  • Guten Morgen Mara,

    gut, dass Du ihm offen den Grund Deines Arztbesuches gesagt hast. Außer das er sehr betroffen war und sich ertappt gefühlt hat, was wohl sein rotes Gesicht beweist, kam keine Reaktion? Also verbal meine ich? Hat er nicht irgendwas dazu gesagt? Also Dir Recht gegeben oder auch alles abgestritten, Dir vorgeworfen das Du Gespenster siehst, etc. Nix dergleichen?

    Das wird jetzt aber auf jeden Fall mal in ihm arbeiten. Ich bin gespannt, ob er von sich aus nochmal ein Gespräch mit Dir sucht, oder ob er heimlich versucht evtl. weniger zu trinken, Dir zuliebe sozusagen. Letzteres wäre zwar ein Indiz dafür, dass Du ihm nicht egal bist, würde jedoch leider auf Dauer auch nichts bringen. Wenn, dann müsste er schon Nägel mit Köpfen machen. Aber vielleicht kommt ja was in dieser Richtung. Jetzt denke ich mal, kümmerst Du Dich erst mal um Dich und darum, dass Du mit dieser Situation irgendwie einigermaßen klar kommst.

    Eine super Sache auch, dass Du Dir eine SHG suchst. Ich wünsche Dir, dass sie zu Dir passt, dass Dir die Menschen dort liegen. Dann kannst Du sicher viel für Dich mitnehmen.

    LG
    gerchla

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