Ein Ort der Hölle?

  • wie ich ja schon bei meiner Vorstellung geschrieben habe, bin ich Stand heute noch nicht trocken. Ich habe aber (fast) alles aus meiner Sicht wichtige vorbereitet, den Weg in die dauerhafte und zufriedene Trockenheit vorzubereiten.

    Dazu zählen (abgesehen von meinem festem Vorsatz) die am 06.08. anstehende Entgiftung in der MHH, ein nahtlos anschließendes ambulantes Betreuungsprogramm von der Suchtberatungstelle STEP, eine unterstützende Medikamenten-Therapie mit "Baclofen" ein regelmäßiger Besuch der SHG Gruppe 77 und eine von mir privat bezahlte Einheit von Sitzungen bei einem Psychologen meiner Wahl...

    Eine "Baustelle" die ich leider nicht mal so einfach "angehen" kann ist die häusliche Umgebung:

    Wir (meine Frau mit noch einem unserer beiden Kinder und ich) wohnen in einem 2000 selbst gebauten Wohn- und Geschäftshaus. Das Haus ist quasi in zwei Teile geschnitten. Der vordere Bereich beherbergt die Firma, im hinteren Bereich leben wir großzügig mit tollem Garten, Teich und allem Pi Pa Po.

    Soweit so Gut.

    Das Problem ist, dass ich durch diese Konstellation auch immer gute Möglichkeiten hatte (und heute auch noch habe) meine dauerhafte Versorgung mit Alkohol sicherzustellen.

    Es gibt einen Lagerraum im Firmenbereich, in dem sich Schreibtische mit verschließbaren Schubladen befinden deren Schlüssel im abgeschlossenen Zustand einfach nicht mehr auffindbar waren...

    In einem Pilotenkoffer passen problemlos 12 leere oder volle Weinflaschen

    Es gibt geräuschlos schließende Rolltüren vor den Regalen.

    Ihr versteht was ich meine...

    Zusätzlich erschwerend (oder erleichternd) je nachdem aus welchem Blickwinkel man es sehen will kommt hinzu, dass ich früh Morgens nur aus dem Schlafzimmer nach nebenan schlappen musste, meinem Jungs die Tagesaufgaben mitgeteilt habe und nachdem sie vom Hof waren alleine im Büro war. Da war schon mal die erste Möglichkeit die leise schließende Rolltür zur Seite zu schieben und den Drehverschluss aufzumachen...

    Am Abend musste ich dann sowieso öfters noch mal "rüber" um die E-Mails zu checken oder "what ever" natürlich immer mit der leise schließenden Rolltür und dem Schraubverschluss.

    Meine Frau und ich haben langfristig vor das jetzt (nachdem die Tochter ausgezogen ist) auch viel zu große Haus zu verkaufen. Aber das geht nicht von heute auf Morgen.

    Meine Frau wird nach meinem Entzug so nett sein, jeglichen offenen Alkohol aus dem Haus zu verbannen.

    Trotzdem sind im Laufe der 18 Jahre die wir hier leben an allen Ecken Erinnerungen mit dem Alkohol vorhanden. Es ist für mich aus dieser Sicht ein Ort der Hölle.

    LG Dirk

  • Hallo Dirk

    Mir hat am Anfang geholfen, die Routinen zu ändern, die mit Alkohol in Verbindung standen. Ich habe immer erst abends getrunken, bis in die Nacht hinein. Entweder rauchend draussen oder dann auf dem Sofa vor dem TV. Als ich mit dem Trinken aufhörte, konnte ich auch nicht alles weiterführen und einfach den Alkohol weglassen. Die ersten Abende ging ich einfach sehr früh ins Bett (zeitig nach dem Abendessen) und habe noch gelesen. Später habe ich angefangen, am Abend einen Tee zu trinken (tu ich inzwischen nicht mehr), einfach um bewusst etwas anderes zu trinken. Anstatt TV und Sofa ging ich vermehrt aus, traf Freunde zum Sport, Sauna etc., oder habe für abends eine andere Beschäftigung geplant. Nun ja... um ehrlich zu sein hing ich dann auch sehr oft im Internet rum, vermutlich war das eine klassische Suchtverlagerung. Also nicht ganz ideal. Aber inzwischen ist das langweilig geworden und hat sich totgelaufen und jetzt lebe ich einfach einen ganz normalen Alltag ohne Alkohol oder dem Verlangen danach.

    An Deiner Stelle würde ich auch den Alltag anders gestalten, neue Routinen einführen. Du könntest z.B. abends am Esstisch noch einige Dinge am Laptop erledigen, anstatt ins Büro zu gehen. Oder Dir sonst eine neue Arbeitsecke einrichten. Auch den Morgen könntest Du anders gestalten.. Vielleicht zuerst noch einen Spaziergang einschieben, eine runde Joggen gehen, bevor Du ins Büro gehst? Du kommst sicher am besten auf kreative Lösungen :).

    Was all die praktischen Verstecke betrifft und die Erinnerungen daran: Du willst ja aufhören und hast den Entzug geplant. Und selbst wenn Du theoretisch eine neue Wohnung hättest und ein alkoholfreies Zuhause: Der Alk ist hier ja trotzdem überall gegenwärtig, verfügbar, kaufbar.... Ausser Du erwägst z.B. nach Saudi Arabien umzusiedeln ;). Was ich damit sagen möchte: Deine Einstellung sollte sich soweit geändert haben, dass Dich diese leisen Rollschränke etc. nicht mehr die Bohne interessieren sollten. Wenn sie das tun, wie willst Du draussen bestehen? Beim nächsten Apéro?

    Lg Mira

  • Danke Mira für deine Zeilen,

    "Ich hab alles knallbunt angemalt" hat ja auch schon Udo gesungen aber ich weiß nicht ob das so einfach ist... Für mich wird es vermutlich ein großes Problem werden in der alten Umgebung neue Wege zu gehen. Dazu ist hier alles ziemlich verkrustet.

    Ich denke dein Ansatz einfach raus zu gehen und was auch immer zu machen "wenn es wieder drückt" ist das Mittel der Wahl. Ich werde "wenn mir der Kopf platzt" einfach die Turnschuhe anziehen und laufen laufen laufen, oder mich aufs Fahrrad schwingen egal ob es regnet oder nicht. Einfach nur raus...

    LG Dirk

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