Ist er wirklich abhängig?

  • Hallo ihr lieben, ich habe heute beschlossen mich hier anzumelden weil ich einfach nicht sicher bin ob mein Mann wirklich Alloholiker ist! Ich schildere euch mal kurz wie das bei uns abläuft: Mein Mann hat Phasen in denen er 3 Wochen keinen Schluck Alkohol trinkt! Dann wiederum kommt er von der Arbeit später nach Hause und hat eine starke alkoholfahne! Das kann dann 2 mal die Woche passieren oder eben mal mit ner Woche Pause oder evtl. auch mal 3 Wochen Pause! Es kommt aber gelegentlich vor, dass er sehr betrunken von der Arbeit nach Hause kommt! D.h. er hat sich dann übergeben oder kann nicht mehr richtig reden! Er fährt immer mit dem Auto und grundsätzlich sagt er, er hat nur ein Bier oder ein paar Bier getrunken! So jetzt zu den letzten 2 Wochen! Vor 2 Wochen war er auf einer Weihnachtsfeier, ich habe ihn gebeten, dass er dort bleibt und nirgends anderst hingegen soll ( in der Vergangenheit ist er oft woanders noch hingegangen sobald er getrunken hatte und ich wusste nie wo er nachts steckt ). Er hat mir versprochen auf der Feier zu bleiben und dann irgendwann heimkommt. Um ca. 2 Uhr nachts habe ich ihm dann geschrieben ob alles ok ist. Es kam nichts zurück! Um halb sechs morgens stand er total betrunken vor der Tür! Er war noch mit einem alten Bekannten in der Stadt unterwegs. Der Tag danach lief dann so ab, dass er den ganzen Tag im Bett lag und sich übergeben hat! Unseren kleinen Sohn habe ich erst garnicht zu ihm ins Schlafzimmer gelassen! Es gab dann natürlich Stress weil ich ca. 2,5 Wochen vorher so etwas ähnliches erlebt habe. Da ist er mittags von der arbeit gegangen ohne dass ich es wusste und kam dann abends so betrunken nach Hause, dass ich ihn erstmal in die kalte Dusche gesteckt habe! Wie dem auch sei 1 Woche nach der Weihnachtsfeier kam er wieder mit starker alkoholfahne von der Arbeit! Er geht sonst regelmäßig zur Arbeit, kümmert sich um alle wichtigen Dinge und hat wie gesagt auch Phasen in denen er garnichts trinkt! Sorry für den langen Text aber was sagt ihr dazu? Ich mache das jetzt ca. Seid 5 Jahren mit... vielen Dank für ehrliche Antworten

  • Hallo Lerryberry,

    erst mal herzlich Willkommen bei uns im Forum.

    Ich selbst bin Alkoholiker, Ende 40 und mittlerweile schon ein paar Jahre trocken.

    Entgegen dem, was Du von Deinem Mann schreibst trank ich täglich. Oder besser: ab einem gewissen Zeitpunkt meiner Sucht musste ich täglich trinken. Zu Anfang meiner Alkoholkarriere konnte ich auch noch immer mal Pausen machen, zum Ende hin war das nicht mehr denkbar. Allerdings war ich quasi nie so besoffen, dass ich am nächsten Tag hätte dafür büßen müssen. Was aber nicht daran lag, dass ich moderat getrunken hätte sondern mehr daran, dass mein Körper sich mehr und mehr an das Gift gewöhnt hatte und mein Trinkverhalten eben so war, dass ich aufgehört habe, wenn mein Kanal voll war. Diesen Kontrollverlust im Sinne von "ich saufe bis ich umfalle" hatte ich nicht.

    Bei Deinem Mann scheint es dann eher so zu sein, dass, wenn er trinkt, er "richtig" trinkt, also bis er richtig voll ist.

    Was will ich Dir mit meinem Geschreibsel jetzt sagen? Das es ganz unterschiedle Ausprägungen der Alkoholsucht gibt! Klassisch kennt man ja Begriffe wie Quartalssäufer (die können monatelang nix trinken und versumpfen dann plötzlich für einige Zeit) oder auch Spiegeltrinker (die müssen immer ihren Promillelevel im Blut haben und meistens merkt überhaupt niemand, dass sie ein Problem haben - sie funktionieren sozusagen wunderbar) usw.

    Das alles macht es sehr sehr schwer zu sagen, ob jetzt jemand Alkoholiker ist oder nicht. Was ist jetzt eigentlich ein Alkoholiker? Mal ganz einfach gesagt: Jemand der nicht mehr auf Alkohol verzichten kann, jemand der den Alkohol braucht. Auch jemand, der vielleicht sogar noch zeitweise verzichten kann, dafür aber einen erheblich Kraftaufwand benötigt und eigentlich trinken will und es nur durch seine Willenskraft schafft, mal eine Zeit lang nichts zu trinken.

    Dann gibt es noch die Grupper der Alkoholmissbräuchler. Diese trinken eindeutig zu viel Alkohol (also in gesundheitschädlichen Mengen = beim Mann alles war über ca. 0,5 Liter Bier pro Tag an maximal 5 Tagen in der Woche hinaus geht) sind aber (noch) nicht abhängig.

    Die Schwelle zur Abhängigkeit kann man auch nicht "sehen", man überschreitet sie quasi unbemerkt und weiß es letztlich erst dann, wenn es zu spät ist. Auch ist diese Schwelle individuell. Es gibt Menschen mit geringer Suchtneigung, die können Jahr(zehnte)lang Missbrauch betreiben und werden trotzdem nicht abhängig. Andere rutschen innerhalb einer ganz kurzen Zeit in die Sucht. Das weiß man vorher irgendwie auch nicht....

    Ein Experiment könnte etwas Klarheit bringen: Wenn Du mit Deinem darüber sprechen kannst, dann bitte ihn doch mal eine längere Zeit komplett auf Alkohol zu verzichten. Da er ja nicht regelmäßig trinkt würde ich da mal einen längeren Zeitraum nehmen. Z.B. ein viertel Jahr, drei Monate keinen Alkohol trinken. Keinen Tropfen und auch keine Ausnahmen.

    Für jemanden der kein Problem hat ist das kein Problem. Hat er damit ein Problem, dann hat er wahrscheinlich ein Alkoholproblem. Wichtig wäre auch, wenn er sich dabei beobachtet und in sich hinein hört. Also wie geht es ihm dabei? Wenn er es schafft nicht zu trinken, wie geht es ihm dabei? Denkt er permant an Alkohol? Fiebert er schon darauf hin endlich wieder trinken zu dürfen? Ist er in dieser Zeit gereizt und genervt? Usw. - wie gesagt, dass geht nur, wenn Dein Mann dafür auch offen wäre und sozusagen von sich aus bereit wäre so einen "Selbsttest" mal zu probieren.

    Ansonsten solltest Du, egal ob er nun Alkoholiker ist oder nicht, eigentlich sehr darauf achten, wie es Dir mit dieser Situation geht. Ich meine, es nützt Dir ja auch nichts, wenn Dein Mann kein Alkoholiker ist und trotzdem immer wieder besoffen vor der Türe steht. Denn damit musst DU ja dann trotzdem leben. Also ist die Frage eher, was DU willst. Ob Du weiterhin so leben möchtest oder ob Du das nicht mehr willst. Und dann ist da ja dann immer noch Euer Kind, das mehr mitbekommt als man gemeinhin so denkt (da spreche ich aus eigener Alkoholikererfahrung).

    Also verliere Dich und Deine Wünsche nicht aus den Augen. Achte darauf, dass es Dir gut geht und versuche mit Deinem Mann darüber zu sprechen. Wenn er Dich liebt und wenn er nicht süchtig sein sollte, dann müsste er jederzeit bereit sein an seinem Verhalten etwas zu ändern. Klingt logisch, oder? Und vielleicht eines noch, ohne das ich Dir Angst machen möchte: Wenn eine Sucht vorliegt, dann wird das was Du jetzt erleben musst noch lange nicht das Ende der Fahnenstange sein. D. h. es wird schlimmer werden, viel schlimmer. Außer natürlich er schafft den Ausstieg. Du kannst das beobachten, die Exzesse werden stärker, die Häufigkeit nimmt zu, der Charakter verändert sich zusehends... Halte da mal die Augen auf....

    Alles Gute wünsche ich Dir und einen guten Austausch hier im Forum.

    LG
    gerchla

  • Hallo LerryBerry,

    Gerchla hat schon vieles angesprochen, was auf einen zumindest problematischen Umgang mit Alkohol hindeuten könnte.
    Es gibt eine (immer noch gültige) klassische Suchtdefinition, die Du zum Bespiel HIER nachlesen kannst.

    Eines dieser Merkmale ist der Kontrollverlust.
    Die peinliche, beschämenden aber auch über die Grenzen des Gesetzes gehende Ausfälle Deines Mannes, wenn er betrunken Auto fährt oder mitten in der Nacht schwankend vor der Haustür steht, aber auch, dass er im Voraus verspricht nicht übermäßig zu trinken und nicht mehr woanders hinzugehen, weisen schon darauf hin, dass er einen mehr als nur problematischen Umgang mit Alkohol hat.

    In dieser Situation ist das sehr wichtig für Dich, was Gerchla geschrieben hat: Wie Du mit der Situation umgehst. Vor allem „wie Du mit Dir damit umgehst“.
    Denn auch Dir droht Gefahr. Co-Abhängigkeit entwickelt sich meist genauso schleichend, wie die Sucht selbst. Je früher die Gefahr erkannt wird, umso besser können sich Angehörige schützen und ggf. für sich vorsorgen.

  • Vielen Dank für eure Antworten! Es hilft mir sehr auch mal andere Meiningen zu hören! Ich habe Gerchlas Tip für das Experiment eine Zeitlang nichts zu trinken meinem Mann vorgeschlagen! Er hat auch gleich gesagt, dass es überhaupt kein Problem sei mit Ausnahme an Silvester! Dazu hat er gesagt, dass er aber nicht sehr viel trinken wird! Vor ca. 2 Jahren habe ich ihm das auch schon mal vorgeschlagen 2 Monate nichts zu trinken! Jedoch hat er nach 2 Wochen wieder getrunken und wir hatten einen rießen Streit woraufhin er mir jedesmal Vorwürfe gemacht hat, dass es u.a. an mir liegt wenn ich ihn diesbezüglich unter Druck setze! Ich habe mir fest vorgenommen es jetzt noch einmal zu probieren! Wenn er es nicht durchhält werde ich mir einen Plan B. überlegen..ich wünsche euch schöne Feiertage und besinnliche Weihnachten! Liebe Grüße

  • Hallo Lerryberry,

    ich wünsche Dir auch schöne Weihnachten und dann natürlich auch einen guten Rutsch ins Neue Jahr.

    Zitat

    Er hat auch gleich gesagt, dass es überhaupt kein Problem sei mit Ausnahme an Silvester!

    Ich finde es erst mal gut, dass er überhaupt auf das kleine Experiment eingeht. Dass er Silvester eine Ausnahme machen möchte... Naja, warte einfach mal ab wie es sich entwickelt, ich sag' da jetzt mal weiter nix dazu. ???

    Du weißt ja wo wir sind, wenn Dir nach Kommunikation ist.

    Alles Gute und vielleicht bist bald mal.

    LG
    gerchla

  • Lieber Gerchla, dankeschön ich wünsche dir auch schon mal einen guten Rutsch! Ich bin sehr froh, dass man meine Ängste und Sorgen hier ernst nimmt und plötzlich kommt man sich auch nicht mehr ganz so „allein“ vor! Ich habe noch garnicht gefragt, wie es dir momentan denn geht? Ich war in dem Forum auch noch nicht allzu tätig um all die anderen vielen Beiträge zu lesen.. dazu hat mir noch die Zeit gefehlt! Liebe Grüße

  • Liebe Lerryberrx,

    danke der Nachfrage. Mir geht es wirklich sehr gut. Ich trinke schon seit mehreren Jahren nicht mehr und ich kann für mich sagen, dass ich heute ein sehr glückliches Leben führe.

    Ein ganz anderes als früher. Dadurch das ich Alkoholiker bin, diesen ganz Suchtmist am eigenen Leib erfahren habe, blicke ich heute ganz anders auf mein Leben. Ich bin wesentlich dankbarer für das was ich habe, ich rege mich kaum noch auf über Dinge, die mich früher auf die Palme gebracht hätten. Das sehe ich als das Positive, das mir meine Sucht gebracht hat. Ich habe ein ganz anderes Bewusstsein, als ich vorher (damit meine ich die auch die Zeit bevor ich zu trinken begann) hatte. Ohne diese Sucht, ohne diese schreckliche Zeit hätte ich dieses Bewusstsein wahrscheinlich nie erreicht. Ich gehörte leider nicht zu den Menschen die aus sich selbst heraus ein bewusstes leben führten. Und ich bin so dankbar, dass ich das heute kann.

    Also bei mir ist alles prima, da kann ich hier natürlich gut und entspannt meine Weisheiten von mir geben ;) Aber ich weiß natürlich, dass es nicht immer so einfach ist wie es sich anhört. Denn ich habe nichts von dem vergessen, was ich als Alkoholiker selbst erlebt habe. Und ich weiß auch noch wie schwer die ersten Schritte in die Trockenheit waren.

    Sei bitte zuversichtlich - egal wie das Experiment jetzt auch ausgehen mag und ob Du einen Plan B brauchst oder nicht: Es gibt immer einen Weg - meiner z. B. war für mich auch sehr steinig, ich musste Entscheidungen treffen die sehr weh getan haben, es sind Dinge geschehen, die ich niemals vergessen werde, aber nur so bekam ich letztlich mein Leben zurück. Du wirst das auch schaffen!

    LG
    gerchla

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