Steht ein Rückfall bevor?

  • Mein Mann trinkt seit 9 Wochen nicht mehr. Nach einem (vorgetäuschten) Suizidversuch kam er in eine Klinik, wo ein 2-wöchiger Entzug durchgeführt wurde. Aufgrund seiner extremen Blutdruckprobleme war er danach noch 3 Wochen krankgeschrieben. Seit 4 Wochen arbeitet er nun wieder.

    Eine ambulante Langzeittherapie wurde beantragt. Er hat nach dem Klinikaufenthalt 2 x die AA-Gruppe besucht. Dort fühlte er sich gut aufgehoben und war sehr motiviert. Aufgrund einer Dienstreise konnte er dann einmal nicht an der Gruppe teilnehmen, in der Woche danach hatte ihn die Grippe erwischt, die Woche drauf zu müde. Er war fest entschlossen heute die Gruppe wieder aufzusuchen, was er aber nicht getan hat ("keine Lust", "müde").

    Im Moment hat er extremen Stress und Druck im Job. Er ist mit seiner gesamten Lebenssituation unzufrieden. Der Job ist zu stressig, zu schlecht bezahlt (andere haben mehr Geld, können sich mehr leisten etc.). Er ist wahnsinnig schlecht gelaunt, spricht davon alles hinzuschmeißen, hadert mit seinem "Schicksal". Der Gedanke, nie wieder Alkohol trinken zu dürfen, ist für ihn immer noch befremdlich.

    Seit Tagen hat er extremen Suchtdruck, dem er bisher noch nicht nachgegeben hat. Ich habe Angst, dass er wieder rückfällig wird und weiß nicht wie (und ob) ich ihm helfen kann ;(

    Kann mir jemand einen Rat geben? Die letzten Wochen waren auch für mich nervenaufreibend und stressig... irgendwann kann ich auch nicht mehr.

    Danke schon mal im Voraus :)

  • Hallo!

    Der Weg zu einer ambulanten Langzeittherapie führt erfahrungsgemäß über die Suchthilfe. Dort müsstet Ihr doch einen Ansprechpartner haben. An den kann man sich wenden.

    Bei meiner ambulanten Therapie war eine Vorgruppe vorgeschaltet, die man 1x wöchentlich aufsuchte, bis alles bewilligt war. Diese Vorgruppe hat mit einiges gebracht und mich zusätzlich stabilisiert. Gibt es so was auch bei euch? Der Vorteil dieser Vorgruppe besteht darin, dass alle Probanden noch ganz frisch im Geschäft sind und sich sozusagen auf Augenhöhe begegnen. Dort tastet man sich an die eigentliche Therapie heran.

    Was hält dein Mann von einschlägiger Lektüre: Ich empfehle immer "Alk" von Borowiak und "Lieber schlau als blau" von Lindenmeier. Vielleicht wäre das ja was für ihn, um seine Sinne zu schärfen.

    Zu einer SHG bin ich erst nach meiner ambulanten Therapie gegangen.

    Es grüßt der
    Rekonvaleszent

  • Hallo, Tigra!

    Dass Du Dir Sorgen machst, kann ich nachvollziehen.

    Aufgrund einer Dienstreise konnte er dann einmal nicht an der Gruppe teilnehmen, in der Woche danach hatte ihn die Grippe erwischt, die Woche drauf zu müde. Er war fest entschlossen heute die Gruppe wieder aufzusuchen, was er aber nicht getan hat ("keine Lust", "müde").

    Das kenne ich von mir (vor meinem endgültigen Ausstieg) und auch aus vielen Erzählungen von Gruppenfreunden - erst geht man mit Euphorie zur Gruppe, dann erfindet man immer mehr und mehr Ausreden, um nicht hingehen zu "müssen" und schlußendlich macht man das, was man sowieso schon die ganze Zeit wollte: wieder trinken :(

    Ich kann Dir nur raten, ihm seine Ausreden nicht nachzusehen und ihn darin zu unterstützen (Co-Abhängigkeit), sondern ihm "in den Hintern zu treten", ein Ultimatum setzen.
    Klingt vielleicht brutal/hart, kann aber sehr hilfreich sein. Ich bin ein großer Verfechter von Selbsthilfegruppen (SHG) - und gerade in der Übergangszeit Entgiftung - Langzeittherapie können sie Betroffene sehr gut auffangen und helfen, den Suchtdruck zu nehmen.

    Und wenn ihm die AA doch nicht zusagen - wenn ihr nicht gerade in einer sehr ländlichen Gegend wohnt, wird es bestimmt auch noch andere Gruppen geben. Einfach mal schauen ...

    Das von Rekonvaleszent angesprochene Buch "Alk - Fast ein medizinisches Sachbuch" kann ich übrigens auch nur sehr empfehlen (Euch beiden!), denn es ist nicht mir einem erhobenen Zeigefinger geschrieben und vermittelt Wissenswertes sehr amüsant. Der Verfasser ist nämlich "Einer von uns" (also auch Betroffener) und Autor bei der Satire-Zeitschrift "Titanic" - und das merkt man auch beim Lesen. Also sehr viel Augenzwinkern.

    Gruß
    Greenfox

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Vielen Dank für Eure Antworten. Im Moment erscheint er mir wieder einigermaßen stabil. Er hat mir versprochen, nächste Woche wieder zur Gruppe zu gehen. Was mich stört ist, dass er sagt, er tue das nur für mich :(

    Auch zu der Vorgruppe (heißt hier "offene Gruppe") ist er am Anfang gegangen. Scheint aber nicht besonders gut strukturiert zu sein. Wechselnde Therapeuten und viele "Betroffene" die wohl nur aufgrund behördlicher Auflagen hingehen und nicht ernsthaft an einem Entzug interessiert sind.

    Das Buch werde ich auf jeden Fall besorgen :)

    Viele Grüße und ein schönes Wochenende!

  • Ich glaube, da hast Du etwas missverstanden. Auch wenn ich persönlich nicht zu den AA gehe (war aber mal da, um sie mir "anzuschauen"):

    Offene Meetings sind für alle zugänglich, die Interesse am Programm haben.
    Geschlossene Meetings sind nur offen für Betroffene.

    Guckst Du hier. Hat also nix mit Therapeuten o.ä. zu tun.
    In den Meetings kann man entweder nur zuhören oder über sich und seine Probleme sprechen. Vielleicht "solltest" Du mal zu einem offenen Meeting (oder einem anderen Treffen einer anderen Selbsthilfegruppe - vielleicht sogar einer Angehörigen-Gruppe!) gehen und es Dir anschauen/anhören.
    Das kann schon alleine aus dem Grund gut sein, weil Du so auch mal von anderen Leuten hörst, dass sie dieselben Probleme wie Dein Mann haben. Und in einer Angehörigen-Gruppe hättest Du Leute mit dengleichen Problemen wie Du - weil ihre Angehörigen in der Sucht gefangen sind/waren) ...

    Gruß
    Greenfox

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