Downgrade.

  • Da kann ich Gerd nur zustimmen. Bei meinen Trinkpausen (das waren meine Entgiftungen und ca./max. eine Woche danach) habe ich eben das an mir beobachtet: Nachholen ;(

    Gestern wieder keinen Wein getrunken. Mist aber auch.

    Soso - Du fängst jetzt schon an, über Deine "selbstauferlegte" Abstinenz negativ zu denken. nixweiss0 Geht selten gut.

    Ich kann den Alkohol nicht vor meinen Augen verbannen wie manche Menschen sich einbilden. Also wegschmeissen, auskippen usw. Das wird nichts. Ich muß mit dem Alkohol leben. Ich muß ihn nicht trinken, aber leben muß ich damit. Alkohol ist allgegenwärtig in unserer Gesellschaft. An jeder Ecke. In jedem Supermarkt an jeder Tankstelle. Je näher er bei mir ist und sei es im eigenen Kühlschrank um so mehr ich mit ihm konfrontiert werde um so mehr muß ich mit ihm auseinander setzen. Ich vergleiche das mit einem der einen 300 Kmh schnellen Porsche fährt, aber auf der Autobahn das Schild Tempolimit 80 Kmh vor Augen hat. Er hat ein Gebot zu beachten. Niemand verschrottet seinen Porsche nur weil er sich nicht an die Gebote der Geschwindigkeit halten will. Als notorischer Raser kommt früher oder später das böse Erwachen. Wie bei dem der das Maß beim Weintrinken nicht kennt.

    Interessant, welche Ausreden Du so erfindest, dass Du "nicht kannst". Okay, Du willst nur reduzieren bzw. vorerst keinen Alkohol trinken. Aber die Hintertür hältst Du Dir sperrangelweit offen.
    Ich konnte den Alkohol sehr gut aus meiner Wohnung verbannen, auch durch ausgiessen oder verschenken. Unabhängig davon, dass er um mich herum weiter stark präsent ist. Und na klar würde ich den Porsche nicht verschrotten - aber verkaufen und mir einen weniger starken PS-Boliden zulegen. Oder vielleicht Fahrrad fahren - ist ja auch gesünder ...


    Ich will Dir kein Kind in den Bauch reden. Ob Du abhängig bist oder nur Mißbrauch betrieben hast und ob Du nach der Dir selbst auferlegten Abstinenzzeit Gefallen daran gefunden hast oder "endlich" wieder trinkst ... sei alles dahingestellt.
    Aber Du scheinst ja Dich selbst reflektieren zu wollen. Nur sehe ICH dabei in meinen Augen ziemlich viele Über- bzw. Untertreibungen, Hintertüren und Schlupflöcher.

    Wie ich auf den Quatsch komme? Weil ich mich früher auch so "reflektiert"/gesehen habe - ich hatte immer alles im Griff. Pustekuchen!
    Aber im Nachhinein ist man ja immer schlauer. Und hört daher vielleicht auch die Flöhe husten nixweiss0

    Habe jetzt genug genervt. War mir aber wichtig.

    Gutes Schlußwort.

    Gruß
    Greenfox

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Guten Morgen Blaumann (was für ein Nick ;),

    ich hoffe, er bezieht sich auf Deinen Arbeitsanzug, wenn Du an der Harley herumbastelst.

    Also eines kann man von Dir sicher nicht sagen: Dass Du Dich nicht mit Deinem Missbrauch – Sucht auseinandersetzt.
    Die Frage ist aber: Wie weit kommt man, wenn man sozusagen im eigenen Saft schmort?
    Erstaunlich, wie Du Dich in dieser Phase selbst analysieren kannst – oder es versuchst. Sozusagen eine Ein-Mann-Therapie. ;)

    Zitat

    Es hat sich bei mir nicht wie eine Sucht angefühlt.

    Wie fühlt sich Sucht denn an?

    Zitat

    "Flashback" ! In genau dem Moment würde ich mal gerne die Gehirnströme messen.

    Der Korrektheit halber: Ein Flashback in Bezug auf Sucht ist nochmal etwas anderes.

    Zitat

    Gedanken an den Alkohol bzw. das Bedürfnis ein Glas Wein trinken zu müssen habe ich nicht. Nur den Gedanken an die Sache als Problem.

    Hm? Also über Alkoholismus nachdenken ohne über Alkohol nachzudenken?
    Ich vermute mal, dass Du die Wirkung dieses Suchtmittels ziemlich unterschätzt. Aber Du schreibst ja auch, dass Du wegen des Genusses getrunken hast. ;)

    Zitat

    Eines ist mir aber schon bewusst geworden. Wir Menschen beurteilen andere ohne uns selbst zu kennen.

    Wie kommst Du jetzt auf „wir“ und "uns"?

    Zitat

    Ein alter Spruch über die Männer sagt: "Wir schauen mit 18 Jahren in den Spiegel und sehen uns dann so unser ganzes Leben lang". Ich denke erst ein Arztbesuch wird uns eines besseren belehren. Ich für mich versuche mal die Woche mit Wasser und Obstsäften rum zu kriegen.

    Eine alte Alkoholikerweisheit lautet: Nur vom Alkohol weglassen ist noch niemand trocken geworden.

    Zitat

    Ganz am Anfang das Problem lösen zu wollen.

    Ich denke, Lösungen gibt es zuhauf. Die Frage ist: Welche ist für Dich die richtige?

    Zitat

    Nicht die Menge scheint das Problem zu sein sondern die Routine.

    Hm? 20 Flaschen Wein in 4 Wochen ist m.E. schon ein Quantitätsproblem. Neben dem Problem, dass Du die Wirkung nicht durch Genuss eliminieren kannst.
    Ganz abgesehen davon, dass jeder Süchtige auch seine Suchtroutine besitzt, die es zu durchbrechen gilt.

    Zitat

    Deshalb habe ich mich entschlossen mein zukünftiges Trinkverhalten anders und neu zu ordnen.

    Kann möglich sein – ist es aber seltenst. Bei den meisten endet es in verlorenem Kampf. Lebenslang.

    Zitat

    Das reduzieren das Alkohols auch wenn die Menge vielleicht für andere kein größeres Problem darstellen würde ist für mich mehr als "Vehikel" gedacht gewesen.

    Für mich wäre Deine Menge auch in meiner nassen Zeit ein erhebliches Problem gewesen. Bzgl. „Vehikel“: Sucht ist immer auch Kompensation.

    Zitat

    Mit einem "harten" Ausstieg konnte ich mich jedenfalls vorläufig noch nicht anfreunden. Vielleicht liegt es auch an der mangelnden Erkenntnis das es besser wäre.

    Das liest sich jetzt aber sehr widersprüchlich. Weil Du ja an anderer Stelle schreibst, dass Du glücklicherweise erkannt hast, was an Deinem Missbrauch/Sucht überhaupt nicht in Ordnung ist. Und, dass Du das Glück bislang hattest, von allzu garstigen Nebenwirkungen verschont geblieben zu sein.

    Zitat

    Ich stehe da noch am Anfang. Reduzieren zu wollen ist für mich z.Zt die bessere Alternative als einen harten Ausstieg sprich die Abstinenz auf Anhieb nicht zu schaffen.

    Das wiederum liest sich sehr nach Hintertür.
    Wo wäre denn „das Problem“, wenn Du … sagen wir mal 1 Jahr überhaupt keine alkoholische Getränke konsumierst?

    Zitat

    Die Gründe sind ja jedem der das durchgezogen hat bekannt. Der Grad beim reduzieren ist sehr schmal. Sich ein passendes Regelwerk was Menge und Marke betrifft zurecht zu schustern kann zum "verdeckten" Rückschlag werden.

    Ich sehe darin keinen „verdeckten“ Rückschlag, sondern ganz realistischen Rückfall – und wie andere schon schrieben, meist ein Forcieren der Sucht.

    Zitat

    Gestern wieder keinen Wein getrunken. Mist aber auch. Dafür noch zwei Flaschen Spätlese ( war mir immer zu süß ) im Kellerregal entdeckt und in den Kühlschrank transportiert. Ansonsten keine großen Probleme mit der selbst auferlegten Abstinenz.

    Ich denke, Du kannst das Alles abkürzen. ;)
    So intensiv und detailliert, wie Du Dich mit Alkohol und Deinem Konsum befasst, wie es Dich umtreibt, nach Schleichwegen suchen lässt, Möglichkeiten in Betracht ziehen lässt, nach einer „milden Form“ Deines Begehrens suchen lässt …
    glaube ich nicht (mehr), dass es sich alleine um gelegentlichen Missbrauch handelt.

    Zitat

    Die "Sucht" muß quasi im Moment in den Hintergrund rücken und kann sozusagen nicht bedient werden.


    Oh, keine Sorge: Die „Sucht“ wird sich wie Wasser ihren Weg suchen – und finden. ;)

    Zitat

    Ich muß lernen das Thema zwar konsequent aber etwas locker umzusetzen. Die Lebensfreude muß erhalten bleiben. Der positive Blick auf das Wesentliche im Leben. Deshalb der vielleicht etwas "andere" Umgang mit dem Thema Alkoholmissbrauch, Alkoholsucht.

    Wieso ist das jetzt ein „anderer Umgang“ – wie wer?
    Und wieso verbindest Du Verkrampftheit und fehlende Lebensfreude mit Abstinenz?

    Zitat

    Ich kann den Alkohol nicht vor meinen Augen verbannen wie manche Menschen sich einbilden.

    Ich glaube nicht, dass ich mir das einbilde. Aber in der Tat ich registriere bewusst nahezu keine spezifischen Alkoholika.
    Aber ich mag zum Beispiel auch keinen Käse. Du könntest mich jetzt fragen, ich wüsste nicht mal, wo der im Supermarkt steht.

    Zitat

    Ich muß mit dem Alkohol leben. Ich muß ihn nicht trinken, aber leben muß ich damit. Alkohol ist allgegenwärtig in unserer Gesellschaft. An jeder Ecke. In jedem Supermarkt an jeder Tankstelle. Je näher er bei mir ist und sei es im eigenen Kühlschrank um so mehr ich mit ihm konfrontiert werde um so mehr muß ich mit ihm auseinander setzen.

    Angesichts Deiner sonstigen Selbstanalyse irritiert mich das jetzt: Wieso so viele verkrampfte „Muss“? Und wieso bewahrst Du etwas, das Dich offenbar so negativ triggert in Deiner Nähe auf?

    Zitat

    Ich plane daher mal auf lange Sicht. Ich gehöre nicht zu den Menschen die nach 4 Wochen Abstinenz sagen werden Puhh ich habe es geschafft. Ich bin "trocken".

    Aha. Das liest sich irgendwie … wie nicht dazu gehören zu wollen. „Ich doch nicht“. "Ich habe zwar ein Problem, aber ein ganz, ganz anderes. Ich bin zwar zumindest suchtgefährdet, aber ganz, ganz anders, wie alle anderen."
    Die Erfahrenen unter uns kennen das. Von sich selbst, von anderen, von fast allen ….

    Zitat

    Dazu ist mir die ganze Geschichte zu Komplex. Zu verworren und noch zu sehr unübersichtlich.
    Ich bin noch "mittendrin". Und das wahrscheinlich für immer. Ich lebe mit der Gefahr des "Rückfalls". Wie jeder hier denke ich mal.

    Gibt noch so einen alten Spruch: Eine Gefahr, die man kennt, ist keine Gefahr mehr. ;)

    Zitat

    Sich mit seiner eigenen Psyche auseinander zu setzen ist nicht ganz einfach ehrlich gesagt. Doch ohne hinterfragen der eigenen Gedanken und Empfindungen wird es nichts werden. Bei mir kommen schon diverse Fragen auf die nur ich mir selbst beantworten kann. Wer kann in jemand anderen schon hineinsehen.

    Ich schrieb schon: Es liest sich, als köchelst Du im eigenen Saft.
    Ob Du dabei gar wirst, ob der Topf überkocht, ob Dein Deckel ein Vehikel braucht?
    Wer weiß das schon, bevor …

    Zitat

    Zur Zeit des ein oder anderen Glases gab es natürlich schon Gründe. Vorgeschobene halt.

    Sucht halt.

    Zitat

    Scheinbar haftet dem übermässigen Alkoholgenuss immer noch der Nimbus der Stärke und Verwegenheit an. Der wilde Westen mit der Whiskey Flasche auf dem Tresen. Ich war ja auch mal von der Sorte. Hart aber besoffen. Lächerlich.

    Da bin ich jetzt ob Deiner Schlussfolgerung erstaunt: Eigentlich nehme ich unsere gesellschaftliche Entwicklung, besonders aber die Sensibilität bei Alkoholkonsum eher so wahr, dass übermäßiger Konsum mit Schwäche – und Abstieg verbunden wird.

    Zitat

    Ob mit Reduktion oder Abstinenz. Beide Wege stehen zur Option. Sie müssen für mich nur ernsthaft und nachhaltig gewollt sein.

    Beides hat jetzt eher weniger mit Wille zu tun. Die meisten wollen, können aber nicht (mehr). Und andere könnten, wollen aber nicht. ;)

    Zitat

    Habe jetzt genug genervt.

    Mich nervst Du nicht!

  • Es ist gut aus eueren Antworten herauszulesen wo bei mir die Fehler liegen.
    Es ist am Anfang auch nicht leicht alles richtig zu formulieren. Ich lese mir die Antworten schon mehrmals durch. Ja es stimmt schon das ich zumindest versuche mich selbst zu analysieren. Von aussen in meinem Umfeld kommt ja keine Reflexion. Eine Ein-Mann-Therapie trifft die Sache nur teilweise. Ich bin in einem Forum mit sehr erfahrenen Leuten wie ich schon festgestellt habe. Ausserdem habe ich noch meinen Hausarzt mit dem ich Morgen deswegen einen Termin habe. Auf dessen fachlichen Rat bin ich gespannt.

    Gruß
    Blaumann

  • Guten Morgen Blaumann,

    es geht nicht um „Fehler“ machen.
    Es geht viel mehr um darum, so schonungslos offen wie möglich zu erkennen, wo Du tatsächlich in der Suchtgeschichte stehst. Und, es geht darum, welche Entscheidungen Du für Dich triffst, um nicht so, wie viele andere, auf die abschüssige Bahn in Richtung Suchtspirale zu geraten.

    Du hast einerseits den großen Vorteil, dass Du anscheinend keine Entzugssymptome aufweist und in Entgiftung musst. Andererseits ist das für einige so erschreckend, dass der Wendepunkt stattfinden kann.

    Ich weiß ja nicht, wie erfahren Dein Hausarzt in Suchtangelegenheiten ist, aber das erste Mittel der Wahl dabei sind die Suchtberatungsstellen. (Caritas, Diakonie, usw.)
    Der Vorteil dabei ist, dass Du tatsächlich sofort eine Reflexion erhältst. Garantiert wollen die Suchtberater dort auch niemand in die Suchtecke stellen, wenn sie feststellen, dass der Betroffene z. B. „nur“ Missbrauch betrieben hat.
    Aber ich weiß, dass sich viele Betroffene davor sehr scheuen, weil der Gang zur SB halt noch ein Schritt weiter in Richtung Bekenntnis ist, dass sie im Umgang mit Alkohol ein großes Problem haben.

    So vergehen halt leider oft viele wertvolle Jahre, bis ein wirkliches Umdenken und Umsteuern stattfinden kann. Eigentlich immer wieder sehr schade.

  • Das, was Dietmar schreibt, habe ich bei meiner Antwort eigentlich vorgehabt, aber leider vergessen: Das Wichtigste bei so einer Selbstreflexion ist schonungslose Ehrlichkeit sich selbst gegenüber!

    Wie meine ich das? Es gab und gibt doch diese "Selbsttests" in Zeitschriften und auch diversen Internetportalen, bei denen man für sich selbst (bekommt also niemand sonst zu sehen!) überprüfen kann, wo man steht, ob man normalen Alkoholkonsum betreibt oder Mißbrauch - oder schon abhängig ist. Natürlich können diese Tests nur Anhaltspunkte geben.
    Ich hielt sie immer für den größten Schwindel überhaupt - weil jedes Mal herauskam, dass ich abhängig bin bzw. mindestens schweren Mißbrauch betreibe. Und das, obwohl ich meinen Alkoholkonsum in den Angaben drastisch reduziert, also halbiert habe ...

    Natürlich weiß ich aus heutiger Sicht, dass ich mich damit selbst von Hacke bis Nacke beschissen habe - weil ich die Antwort nicht wahr haben wollte!
    Ich wollte nicht zu "den Pennern auf der Parkbank" gehören, zu dem Abschaum, den Losern. Denn das ist das Bild, die Assoziation, die die Menschen vor Augen haben, wenn sie das Wort "Alkoholiker" hören.

    Heute weiß ich, dass das viel zu einfach gestrickt ist. Es gibt so viele "funtionierende Alkoholiker" in allen beruflichen und gesellschaftlichen Schichten, dass sie oft gar nicht auffallen - nur, wenn sie "ausfallen" ...


    So - da ich das beim Schreiben meiner vorherigen Antwort im Kopf hatte, wollte ich es doch noch loswerden - nicht, dass es mir den Kopf verstopft ;)

    Gruß
    Greenfox

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Hallo Blaumann,

    ich finde Dietmar hat den Nagel ziemich auf den Kopf getroffen.

    Es ist gut, dass Du Dich Deinem Arzt anvertraust. Das ist auch ein Schritt, den man erst mal gehen muss. Es ist aber tatsächlich so, dass nicht jeder Arzt Erfahrung mit Alkoholismus hat. Und manchmal kommen dann ärztlicherseits Aussagen, die einem sozugagen "entgegen" kommen. Nämlich immer dann, wenn Arzt eben nichts weiter festellen kann oder so Dinge sagt wie: Dann müssen halt mal ein bisl weniger trinken, etc..... So etwas kommt nicht mal so selten vor. Ich kenne diese Geschichten von Leuten, die wirklich akute Trinker waren. Und solche Aussagen dann natürlich um Anlass nahmen erst mal nichts zu änder. ABER, ich will auch sagen, dass es andere Ärzte gibt. Wirst ja sehen, wie das bei Dir laufen wird.

    Und, wie Dietmar ja auch schon gesagt hat, bei der Suchtberatung sieht es dann schon anders aus. Die sind dort ja täglich konfrontiert mit dieser Krankheit und kennen sich wirklich aus. Vielleicht ist es ja auch mal ein weiterer Schritt für Dich, dass Du dort mal anklopfst. Egal ob Du nun Missbrauch betreibst oder süchtig bist.

    Dazu noch ein kleiner Denkanstoss: Mich hat vor einiger Zeit mal jemand gefragt, ob ich eigentlich ganz sicher bin, dass ich wirklich Alkohliker bin. Und ob es nicht sein kann, dass ich vielleicht doch "nur" Missbrauch betrieben habe. Ich habe darauf geantwortet: "Kann schon sein, dass ich nur Missbrauch betrieben habe. Aber das ist mir mittlerweile völlig egal. Ich will keinen Alkohol mehr trinken weil er mir keine Vorteile gebracht hat und wenn, dann nur temporär. Ich lebe gerne ohne Alkohol."

    Da war er ziemlich beeindruckt und es erschien ihm logisch.

    Alles Gute weiterhin.

    LG
    gerchla

  • Es ist aber tatsächlich so, dass nicht jeder Arzt Erfahrung mit Alkoholismus hat.

    Meine Hausärztin hat mal zu mir gesagt - nachdem ich sie um Rat für die weitere Verfahrensweise fragte, da ich Alkoholiker sei (hatte ich damals schon für mich erkannt) -: "Ihre Leberwerte sind doch in Ordnung. Sie sind kein Alkoholiker."

    Es war mein letzter Besuch bei ihr.

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • @Dietmar
    Greenfox
    Gerchla

    Danke für euere Stellungnahmen. Wie sich mache Geschichten doch gleichen können.

    Zuerst zum Arztbesuch.
    Bis auf einen "leicht" erhöhten GGT Wert sind alle anderen Parameter bedenkenlos. Also im grünen Bereich. Leberultraschall und Bauchspeicheldrüse sind ohne Auffälligkeiten. Galle ist auch ohne Befund. Gemessen an der konsumierten Menge scheint mein Stoffwechsel sehr gut zu funktionieren. Das ist der medizinische Teil der Geschichte. Also noch keine Organschäden erkennbar.

    Jetzt zum Psychologischen Teil der Geschichte.
    Ich werde übrigens von einer Ärztin behandelt. Einer Frau mit sehr viel Erfahrung wie ich schon festgestellt habe. Sie ist auf meine Bedenken eingegangen und hat sie ernst genommen. Ihr vorläufiges "Rezept" sieht so aus. Die nächsten 6-8 Wochen viel Wasser und alkoholfreie Getränke zu mir nehmen. Dann ein erneutes Blutbild machen. Das sollte nach den bisherigen Befunden was den GGT betrifft sich bei Normal einpendeln da aus meinen Werten erkennbar ist das es sich um Alkoholmissbrauch handelt.

    In den nächsten Tagen kann/sollte ich mal bei einer Institution wie z.B der Caritas Sparte Suchtprävention ( nennt man das so ) o.Ä vorbei schauen und um ein Gespräch nachsuchen. Dort wird man sich mit meinen Bedenken fachlich auseinander setzen und mich gezielt beraten was zu tun ist bzw. was ich selbst weiter in die Wege leiten kann. Da ich scheinbar bis jetzt keine Problem mit der Umstellung auf Wasser habe sieht meine Ärztin keinen Anlass zu ärztlichem Handlungsbedarf. Sollte das doch eintreten so kann ich ohne Termin in die Praxis kommen. Fand ich schon mal nett.

    Da ich diese Woche noch zu Hause bin, ist mein erster Weg Morgenfrüh die Suchtberatung der Caritas. Die Caritas ist keine 20 Minuten von mir weg. ( gerade nachgeschaut ) Schon mal gut. Zu meiner Hausärztin sind es 10 Gehminuten. Also alles vor der Haustüre. Der Suchtberatung werde ich meine "Karriere" schildern ohne etwas herunterzuspielen. Ich bin gespannt wie es dort sein wird. Es ist ja das erste mal das ich diesen Weg beschreite. Ich möchte diesen Weg nehmen. Ich möchte mein weiteres Leben ohne schlechtes Gewissen führen. Ich stelle mich meiner Verantwortung. Und mir geht es seitdem gut dabei.

    Danke für eure Hilfe bis jetzt. Ich werde alle weiteren Schritte und Ergebnisse hier schreiben. Insbesondere der psychologische Teil der Geschichte den ich in der Suchtberatung erörtern will ist von besonderem Interesse für mich.

    Gruß
    Blaumann

  • Hallo Blaumann,

    Zitat

    Gemessen an der konsumierten Menge scheint mein Stoffwechsel sehr gut zu funktionieren.

    Nun, Dein Gehirnstoffwechsel ganz sicher nicht (mehr). Durch den langen, permanenten Alkoholkonsum wird der ganz schön am Boden liegen, weil Dein sogenanntes „Belohnungszentrum“ gewohnt ist, dass der glücklich machende Botenstoff stets zugeführt wird.
    Bis sich der Gehirnstoffwechsel, der u.a. auch den SD erzeugt, normalisiert hat, vergehen teils Jahre. ;)

    Zitat

    Das sollte nach den bisherigen Befunden was den GGT betrifft sich bei Normal einpendeln da aus meinen Werten erkennbar ist das es sich um Alkoholmissbrauch handelt.

    Und genau das ist der Punkt, warum unter erfahrenen Alkoholiker die Kompetenz von Ärzten in Sachen Sucht in Frage gestellt wird. Weil schau mal: Ich war schwerer Alkoholiker – und nach zwei bis drei Wochen waren meine gesamten Leberwerte wieder völlig okay.
    Wäre ich zu diesem Zeitpunkt zu einem unbefangenen Arzt gegangen und hätte den gefragt, ob ich in Gefahr wäre, Alkoholiker zu werden, der hätte mich gefragt, ob ich spinnen würde. ;D

    Es ist schon so, wie andere hier schreiben. Die Betonung, dass die Leberwerte ja so gut und in Ordnung wären, ist leider für viele Betroffene immer wieder ein Fallstrick, der sie verleitet die Problematik herunter zu spielen – und gleich danach wieder zu saufen.

  • Es ist schon so, wie andere hier schreiben. Die Betonung, dass die Leberwerte ja so gut und in Ordnung wären, ist leider für viele Betroffene immer wieder ein Fallstrick, der sie verleitet die Problematik herunter zu spielen – und gleich danach wieder zu saufen.

    Aber auch andersherum: Erhöhte Leberwerte alleine sagen nix darüber aus, dass jemand säuft/gesoffen hat. Bei mir waren sie vor kurzem auch erhöht - obwohl ich definitiv seit mittlerweile fast 9 Jahren trocken bin. Es gibt eben auch einige Medikamente und auch Krankheiten, die sich auf die Leber schlagen ...

    Also, Leute: Wer sich nur auf Leber- oder andere Werte verlässt, kann sich durchaus selbst ins Knie schiessen - siehe Dietmar.

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Ich musste vorhin schnell weg, deshalb fehlte etwas, das mir wichtig ist, es Dir zu schreiben Blaumann:

    Dass Du zur SB der Caritas gehst finde ich top!! 44.
    Bei mir hier ist es so, dass die SB der Caritas beim ersten Aufsuchen anbietet, in die sogenannte Motivationsgruppe (meist 4 - 6 mal) zu gehen.
    Das ist ein weiterer Baustein, um sich mal gründlich mit der eigenen Problematik auseinander zu setzen. Aber auch, wenn Du ansonsten keine realen Kontakte zu Betroffenen hast, um mal zu erfahren, wohin die Sucht führen kann.

    Du hast bis jetzt noch alle Vorteile auf Deiner Seite! Da wirst Du mit hoher Sicherheit für die Suchtberater ein seltener, gern willkommener Klient sein, der nicht gewartet hat bis es kracht, sondern alles tut, um nicht tiefer in die Problematik hinein zu geraten.

  • Hallo Dietmar,

    ich werde diesen "Baustein" auf jeden Fall nutzen. Zum großen Glück gehen wir Richtung Frühling und ich habe keine anderen "Baustellen" offen. Es ist die Zeit das ich anfange "reinen Tisch" zu machen. Anrufen werde ich gleich Morgen Früh und versuchen schnellstmöglich einen Termin zu bekommen. Am besten gleich diese Woche noch. Ich verspreche mir viel von einem klärenden Gespräch und einer oder mehreren Gruppensitzungen. Ich habe keine Berührungsängste anderen Menschen gegenüber. Ich habe kein Problem eine halbe Stunde später bei der SB aufzutauchen. Arzt, Forum und SB. Und der Wille es anzupacken.

    Von Wasser werde ich Zeitweise auf Apfelschorle ausweichen. Ablenken vom Wein brauche ich mich im Moment nicht. Der ist Gedanklich z.Zt in sehr weite Ferne gerückt. Der Gewohnheitsdrang existiert aber noch. Er ist aber heute eigenartigerweise nicht aufgetreten. Ich weiß aber das er irgendwo auf mich lauert. Er wartet nur auf die passende Gelegenheit. Die nächsten 6-8 Wochen muß der GGT passen. Also Zeit weiter an meiner Gesundheit zu arbeiten. Bei Wasser und Apfelschorle. Da ich in keinen Kneipen verkehre besteht auch kein Erklärungsbedarf anderen gegenüber.

    Ich war heute mit meiner Tochter am Uni-Campus etwas erledigen. Danach waren wir im "Kullman´s Diner" gut Amerikanisch essen. Etwas wofür ich mir vorher im "Suff" nie Zeit genommen habe. Langsam sehe ich die Dinge wieder so wie sie eigentlich immer sein könnten wenn ich wollte. Ich habe etwas aufgebaut das ich mir vom Alkohol nicht zerstören lasse. Das ist mir der "Suff" nicht wert. Das habe ich zumindest erkannt.

    Gruß
    Michael

  • Guten Morgen zusammen,

    habe gerade einen Termin bei der SB der Caritas gemacht. Das geht dort Online. Da werden einem die freien Termine gleich angezeigt. Ich denke das ein Termin per Telefon auch nicht schneller zu bekommen ist. Mein Termin ist am Dienstag 21.03.2017. Gleich Morgens um 8:00 Uhr. Den Termin musste ich mit Namen und meinem Anliegen per Email bestätigen. Erst dann wird er freigehalten. Ansonsten würde er nach 2 Stunden verfallen. Ich habe natürlich umgehend bestätigt. Der Termin steht. Die Zeit habe ich, da noch 10 Tage alter Urlaub von 2016 genommen werden muß bis Ende März. Habe das gestern schon vorsorglich mit meinem AG geklärt. Kein Problem. Mein AG weiß natürlich nicht warum ich den Resturlaub jetzt brauche.

    "Die Angst ist die wirkungsvollste Triebfeder des menschlichen Handelns".

    Dieser Satz stammt nicht von mir und steht eigentlich in einem anderen Zusammenhang. Aber er hat auch für meine Belange eine gewisse Gültigkeit. Die Angst steht dabei vor den unabsehbaren Folgen des weiteren Alkoholkonsums so wie ich ihn praktiziert habe. Das Handeln dafür von diesem fahrenden Zug noch rechtzeitig abzuspringen. Den Griff zur Notbremse wagen. Die eventuelle Vollbremsung ( Abstinenz ) einleiten. Bevor dieser "Teufelsexpress" noch mehr an Fahrt gewinnt.

    Mit meiner Tochter habe ich Gestern einmal das Thema Co-Abhänigkeit etwas näher unter die Lupe genommen.
    Viele Dinge die sie so noch garnicht wirklich wahr genommen hat. Ich denke das viele Mitmenschen die mit solchen Problemen die sie nicht selbst betreffen bzw. zu deren Entstehung sie nicht unmittelbar beigetragen haben konfrontiert werden, diese "fremden" Probleme mit eigenen Schutzmechanismen ausblenden. ( oftmals müssen ) Das heisst nicht das diese Menschen nicht betroffen wären oder keine Empathie besitzen. Wenn ich z.B durch mein "Suff" Verhalten meinen Mitmenschen Probleme bereite kann ich zwar auf Mitgefühl hoffen. Ein Anrecht darauf habe ich jedoch nicht. Allenfalls etwas Verständnis. Was ich selbst über meinen eigenen Alkoholkonsum weiß, das wissen auch die, welche unmittelbar in meiner Nähe sind. Es lässt sich nichts verheimlichen. Nicht so wie wir uns das vorstellen oder gerne hätten. Reagiert jemand gelassen darauf heisst das nicht zwangsläufig das es nicht registriert wurde. Das habe ich kapiert. Dazu habe ich unzählige Berichte gelesen. Von Menschen die selbst nicht trinken, aber im Umfeld mit betroffen werden. Hier und in anderen Foren. Sehr erschütternde Berichte zu Teil.


    Mein Stand zur Zeit.
    Sehr gut geschlafen. Hungergefühl ist auf einem normalen Level. Derzeit kein "Druck" zu verspüren. Tatendrang wie z.B die anstehende Revision meiner Harley nimmt zu. Dazu die ständige Lust sich an der frischen Luft aufzuhalten. Kaffee trinke ich nicht mehr soviel wie Früher. Höchstens 3-4 Tassen am Tag. Leider hat der Griff zu den Zigaretten etwas zugenommen. Das sehe ich aber noch etwas entspannt, da ich es dort erfolgreich geschafft habe wirklich zu reduzieren die letzten Jahre. Ist zwar auch nicht der "Königsweg" aber alles auf einmal geht nicht im Moment. Mit meiner derzeitigen "Großbaustelle" ( Alkohol ) bin ich mehr als ausgebucht.

    So nun werde ich mir noch einige für mich wichtige Themen im Forum durchlesen.

    Gruß
    Blaumann
    PS: Übrigens wer Schreibfehler findet darf sie gerne behalten. 8)

    Einmal editiert, zuletzt von Blaumann (18. März 2017 um 10:45)

  • Guten Morgen Michael,

    Kompliment dafür, wie Du die Sache angehst.

    Und plötzlich sind da doch „Baustellen“, wo Du Dir doch eigentlich sicher warst, dass es keine gibt. ;)

    Zitat

    Sie wird mich auch das ein oder andere mal zu SB begleiten wollen wenn ich es Wünsche. Aber ich werde versuchen Sie in alle relevanten Gespräche mit einzubringen. Dann kann sie auch aus nächster Nähe sehen zu was manche Handlungen führen und was man alles in Bewegung setzen muß um wieder den Kopf aus der Schlinge zu bekommen.

    Das ehrt Dich, weil Dein Anliegen ein ehrliches ist.
    Allerdings sehe ich die Miteinbeziehung Deiner Tochter, in Form, dass sie mit Dir mitgeht, eher kritisch.
    Weil Du damit ja eher sogar eine eventuelle Co-Abhängigkeit förderst.
    Etwas anderes wäre es, wenn Deine Tochter einen eigenständigen Termin bekommt, in dem sie ihre Probleme bzgl. Deinem Alkoholkonsum ansprechen kann.
    (Jedenfalls wird das so bei mir hier gemacht. Meine Ex-Frau hat auch bei der Caritas eine ambulante Co-Abhängigkeitstherapie gemacht.)

    Zitat

    Ich weiß noch nicht was mich in der SB erwartet.

    Das wird primär an Dir selbst liegen. Es nimmt Dich dort keiner an der Hand und sagt, so oder so musst Du das jetzt machen.
    Die SB zeigt Dir Wege auf, wie Du weiterhin mit Deiner Problematik umgehen kannst.
    Grundvoraussetzung wird immer sein, wie ernsthaft Du Dein Bestreben vorträgst: Ob der Weg Richtung Abstinenz oder Richtung KT gehen soll.
    (Vom Therapieansatz her sind das zwei völlig unterschiedliche Richtungen.)


  • Allerdings sehe ich die Miteinbeziehung Deiner Tochter, in Form, dass sie mit Dir mitgeht, eher kritisch.
    Weil Du damit ja eher sogar eine eventuelle Co-Abhängigkeit förderst.
    Etwas anderes wäre es, wenn Deine Tochter einen eigenständigen Termin bekommt, in dem sie ihre Probleme bzgl. Deinem Alkoholkonsum ansprechen kann.
    (Jedenfalls wird das so bei mir hier gemacht. Meine Ex-Frau hat auch bei der Caritas eine ambulante Co-Abhängigkeitstherapie gemacht.)

    Ich sehe es ähnlich - aber eben nur ÄHNLICH.

    Zum Einen denke ich, solltest Du zum ersten Termin alleine gehen (aus dem bisher Gelesenen schätze ich das so ein, dass Du das packst). Dann kannst Du erstmal freiweg "die Lage ausloten", Deine Probleme ansprechen etc.
    Beim nächsten Termin dann gemeinsam mit Deiner Tochter - und ab dann so wie es Dietmar angesprochen hat, getrennt, eigenständig.

    Bei dem gemeinsamen Termin kann man mit Hilfe des Suchthelfers/Therapeuten bestimmte Dinge, Probleme mal ansprechen, auf den Tisch bringen, einen Grundstein legen.
    Und die "getrennten" Termine im Anschluß sind schon sinnig, weil so jeder seine eigene Sicht frei darlegen und sich mit seinen Problemen beschäftigen kann. Und wer redet schon gern über ein Problem, wenn es neben ihm/ihr sitzt ;)

    Und jetzt nicht von dem Wort "Problem" abschrecken lassen - das ist nicht so groß gemeint, wie es sich gewaltig anhört ...

    Gruß
    Greenfox

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Guten Morgen Blaumann,

    sehr interessant, was Du da alles so berichtest. Erst mal freut es mich, dass Du mit Deinem Plan so voran kommst wie Du Dir das vorgenommen hast. Der Termin bei der Suchtberatung wird Dir sicher noch mal einen anderen Blick auf Deine Situation ermöglichen. Ich bin gespannt, was Du berichten wirst.

    Generell habe ich das Gefühl, dass sich Deine, ich nenne es mal "Einstellung", im Wandel befindet. In Deinen ersten Texten machst Du eher den Eindruck, dass Du ja eigentlich kein richtiges Problem hast und naja, vielleicht mal ein wenig zu viel oder zu regelmäßig trinkst, jedoch im Vergleich zu anderen doch gar nicht so viel. Und Ziel wäre es, hier doch etwas zu Reduzieren, dann passt das schon wieder..... Mittlerweile habe ich den Eindruck, dass Du für Dich immer mehr erkennst, dass da doch ein wenig mehr sein könnte. Wie schon mal gesagt, ich werde mir nicht anmaßen das zu beurteilen. Weil ich es nicht kann. Es ist aber interessant für mich zu lesen, wie Du offenbar durch Selbstreflexion zu immer neuen Erkenntnissen kommst. Und die Option evtl. auch einfach dauerhaft abstinent zu leben in den Bereich des Möglichen rückt. Übrigens: Du würdest nichts dadruch verlieren. NICHTS - Auch wenn Du noch gar nicht süchtig sein solltest. Lebensfreude, Genuss, Spaß aber auch Frustbewältigung, Trauer verarbeiten usw. geht alles auch wunderbar ohne Alkohol. Ich sage sogar: Es geht wesentlich besser, weil es bewusst ist und weil es echt ist. Aber das nur nebenbei.

    Zitat

    Was ich selbst über meinen eigenen Alkoholkonsum weiß, das wissen auch die, welche unmittelbar in meiner Nähe sind.

    Über diesen Satz bin ich gestolpert. Ich denke, dass Du das für Dich so siehst und das es für Dich dann wohl so auch zutreffend ist. Allerdings gilt das nicht generell. Es gibt viele unter uns, die ihren Konsum so gut es ging "geheim" gehalten haben. Oder dem Umfeld nur "die Spitze des Eisbergs" präsentiert haben. Ich bin ein gutes Beispiel dafür. Ich war ein Heimlichtrinker, auch dann noch, als ich bei einem täglichen Level von 8, 10 oder sogar 12 Bier angekommen war. Und ich war "gut". Natürlich bemerkte mein näheres Umfeld in meinen letzten Trinkerjahren, dass irgendwas nicht so ganz stimmte. Erst mal die körperliche Veränderung (Übergewicht, aufgedunsenes Gesicht, glänzende Augen usw.), dann aber auch die psychische, also: kein Bock auf Freunde, lieber alleine sein wollen, oft alleine Unterwegs sein (um in Ruhe trinken zu können), ewig viel Zeit benötigen wenn ich was zu erledigen hatte (weil ich da ja dann auch trinken konnte) usw. Aber tatsächlich hat z. B. meine Ex-Frau damals nicht daran gedacht, dass ich ein Alki sein könnte. Offiziell habe ich ganz normal getrunken, mal ein Bier, mal ein Mischgetränk. Bei diesem "offiziellen" Bier ging es mir eigentlich immer nur darum, dass ich damit dann kein Problem mehr hatte, wenn ich nach Bier roch. Denn ich hatte ja eines getrunken :o -
    Obwohl es bei mir ja wirklich schon enorme Ausmaße hatte mit der Trinkerei musste ich meine Frau bei meinem Outing erst davon "überzeugen", dass ich wirklich Alkoholiker bin. Das gelang mir dann dadurch, dass ich ihr meine Geheimverstecke gezeigt habe. Also den Reserveradkasten im Auto, der kein Reserverad enthielt sondern diverse Sixpacks. Oder das Lager im Holzschuppen, wo zahlreiche Flaschen hinter dem Feuerholz gebunkert waren. Und sogar "mitten im Wald" hatte ich immer einen oder zwei Kästen Bier (mit Zweigen getarnt) ein paar Meter vom Waldparkplatz aus (war gleich um die Ecke wo ich wohnte) gelagert. Wenn ich da heute darüber nachdenke: Was für ein Stress, was für ein psychischer Stress war das nur, den ich dadurch hatte :o Alles geheim, die leeren Flaschen/Kästen mussten entsorgt werden, ebenfalls geheim, neu beschafft werden, auch geheim und das alles Jahre lang....

    Kleiner Exkurs, was diese Sucht für "Blüten" treiben kann. Es gibt wohl nichts, das es nicht gibt.

    Zitat

    Ich möchte meine Probleme nicht zu Problemen der anderen machen.

    Das ist etwas, das ich auch nicht wollte. Nach der Trennung von meiner Frau, später Scheidung, kam ich relativ schnell mit meiner jetzigen Partnerin (bald Frau :)) zusammen. Noch in einer Phase, wo ich noch lange nicht alles aufgearbeitet hatte was meine Sucht betraf. Ich war trocken, das auch stabil, aber ich hatte doch einen Haufen psychischer Probleme mit mir herum zu schleppen. Selbstverständlich war sie von Anfang komplett von mir Informiert, dass ich Alkoholiker bin und wo ich stehe. Über meine Vergangenheit wusste sie auch Bescheid. Trotzdem gab es Dinge, die ich im Detail nicht mit ihr besprochen habe, denn ich war sicher, dass es sie belasten würde. Diese Dinge habe ich entweder mit Psychologen /Therapeuten oder meinem alten Freund (der mir viel geholfen hat) besprochen. Sie wusste das, somit musste ich sie auch nicht anlügen. Denn Lügen war etwas, was ich als Trinker täglich gemacht habe und das wollte ich nie mehr tun.

    Ich rede nach wie vor offen mit meiner Partnerin über meine Sucht, wenn es mal zu diesem Thema kommt. Es ist aber nicht omnipräsent in unserer Beziehung. Und sie weiß auch, dass es Dinge gibt, die ich eben nicht mit ihr besprochen habe, das diese Dinge jetzt aber auch der Vergangenheit angehören und von mir aufgearbeitet sind (größtenteils mit fremder Hilfe). Und das ist gut so, denn meine Partnerin ist nicht meine Psychologin. Wenngleich sie mir bei fast allen Dingen im Leben selbstverständlich zur Seite steht und ich ihr auch. Aber sie war nicht für meine Vergangenheit verantwortlich!

    Zitat

    PS: Übrigens wer Schreibfehler findet darf sie gerne behalten. 8)

    Also, darüber machen wir uns hier gar keine Gedanken ;) Von mir aus einen Text voller Rechtschreib- und Grammtikfehler, hauptsache der Schreiber kann das sagen was er möchte und wir könnnen vielleicht ein bisschen helfen.

    Alles Gute weiterhin und bis bald.

    LG
    gerchla

  • Hallo zusammen,

    das erste Beratungsgespräch werde ich natürlich erst einmal alleine führen. Zuerst muß man sich "beschnuppern" denken ich mal. Ausserdem lässt sich wie schon angeklungen von euch dabei freier Reden. Obwohl ich seit einigen Tagen ohne sichtbaren Probleme bin habe ich noch eine Art Grauschleier um mich herum. Ja es findet ein Wandel statt. Von mir absichtlich gewollt und herbei geführt. Lauter kleine Episoden die ich immer gekonnt ausgeblendet hatte setze ich wieder zu einem Bild zusammen. Alle diesen kleinen und teilweise in den Hintergrund gerückten Lügen. Wenn ich ehrlich etwas unternehmen will, dann muß ich schonungslos Stellung beziehen. Für mich heisst das die Selbstkasteiung. Ich muß jetzt was ich für andere getan habe auf mich selbst anwenden. Ich habe damals als ich meiner Bekannten bei ihrer schweren Krankheit geholfen bzw. sie unterstützt habe von den Psychiatern und Psychologen nach dem dritten Gespräch die schonungslose Wahrheit und Einschätzung der Lage verlangt. Ich hatte keine andere Wahl gesehen wenn ich etwas bewirken wollte. Vielleicht bringt mir diese Erfahrung etwas.

    Ich kann natürlich und das weiß ich sehr genau den über die Jahre gewachsenen Alkoholmißbrauch nicht von Heute auf Morgen wie ein schmutziges Hemd in die Wäsche legen und hoffen das alles in einem Waschgang sauber wird. Ich kann aber zumindest erkennen das da jetzt eine Reinigung dringend nötig ist.

    Ich verspreche mir von der SB nicht gleich die "Vergebung aller Sünden". Ich werde die SB auch nicht als geheilt verlassen können. Das wäre zu schön. Es wird aber die erste Gelegenheit für mich sein jemandem in die Augen zu sehen der oder die weiß um was es wirklich geht. Ich konnte damals sehr konstruktive Gespräche führen bei den Besuchen auf den Stationen. Auch mit den Pfleger/innen. Vor diesen Menschen hatte ich immer einen großen Respekt. Ich hatte ja nur den "m/einen Fall" quasi zu betreuen, und konnte am Ende der Besuchszeit wieder gehen. Die nicht. Mit den Jahren baut sich da ein gewisses Verhältnis auf. Auf dieser Basis versuche ich weiter zu kommen. Ich habe keine Berührungsängste. Auch nicht falls mein "Fall" etwas negativer eingestuft werden sollte wie ich ihn z.Zt sehe.

    Ich werde etwas mitnehmen können denke ich. Für mich gehört dazu allein schon der Umstand das ich mich Heute Morgen aus fast freiem Entschluss mit Zuspruch des Forums angemeldet habe für den ersten Termin nächste Woche. Das bestärkt mich den richtigen Weg eingeschlagen zu haben. Ich werde meine Eindrücke schildern danach. Man wird dort wissen wollen denke ich mal wie ich mir vorstelle wieder auf die richtige Bahn zu kommen. Gute Vorsätze allein werden da nicht genügen. Ein konkreter nachvollziehbarer Plan schon eher. Nicht aus der Luft gegriffen sondern plausibel und durchsetzbar. Aber wie schon geschrieben. Mir fehlt noch die Erfahrung dazu.

    Gruß
    Michael ( Blaumann )

  • Wenn ich ehrlich etwas unternehmen will, dann muß ich schonungslos Stellung beziehen. Für mich heisst das die Selbstkasteiung.

    Selbstkasteiung, also Bestrafung, bringt gar nichts!

    Ehrlichkeit sich selbst gegenüber und der Wille zur Veränderung dagegen sehr viel!

    Nur mal so als Denkansatz ...

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Hallo Blaumann,

    ich lese hier schon länger interessiert mit und möchte heute etwas dazu sagen. :)

    Meine Tochter hat mein Problem nach dem ich ihr einiges erklärt habe auch als ein Problem wahrgenommen.
    Sie wird mich auch das ein oder andere mal zu SB begleiten wollen wenn ich es Wünsche.


    Hier stimme ich Dietmar zu, Deine Tochter aktuell möglichst nicht in DEINE Behandlung einzubinden.
    Jedenfalls nicht, ehe sie Zeit und Gespräche genug hatte, um ihre EIGENEN Erfahrungen mit dem
    Thema "Alkohol" und "ihre Gefühle dazu" aufzuarbeiten.

    Kinder sind so unterstützend, ich bin selbst eins (älteres), die kriegen ihren eigenen Grenzverlust gar
    nicht mit. Viele verlieren ihre eigene Gefühle, da sie zu sehr in denen anderer mit unterwegs sind, aus
    Loyalität.

    Ich finde es toll, was Du alles für Dich unternimmst. 44.

    Weiter alles Gute für die nächsten einzelnen Schritte!

    Liebe Grüße,
    Wolfsfrau

  • Danke für die unterstützenden Worte an euch hier,

    ja meine Tochter ist noch aussen vor. Das wird sie selbst entscheiden. Interesse hat sie jedoch schon mal bekundet. Auch das vorgehen von meiner Seite aus findet Ihre volle Unterstützung. Sie macht sich aber auch so ihre eigenen Gedanken zum Thema Alkohol. Selbst trinkt sie selten mal etwas auf einer Party. Oft ist sie die Kutscherin. Aber Gestern konnte ich etwas sehen was mir wahrscheinlich vorher so nie aufgefallen wäre. Wahrscheinlich hat sich die letzte Zeit mein Blick etwas geschärft bzw. der Blickwinkel verändert.

    Gestern war ich mit ihr auf der Uni wo sie einige Formalitäten für das nächste Semester zu erledigen hatte. Ich bin da mal gerne mitgefahren. Es interessiert mich schon wie das alles so abläuft. Es ist eine Spitzen Universität von sehr gutem Ruf. Mit sehr rigiden Zulassungsbeschränkungen und einem sehr hohen Anspruch. Warum ich das betone hat besondere Gründe. Dazu komme ich später.

    Ich habe schon vieles gehört im Leben. Auch einige "Zoten" über Studenten. Wie gesagt nur so von weitem gehört. Gestern hat sich das schlagartig geändert. Nicht nur das dort Wein und sonstiger Alkohol verkauft wird. Nein nach berufenem Munde sind dort manche Morgens um 10:00 Uhr schon regelrecht zugedröhnt wie ich sehen konnte. Es gibt sogar Wein mit Etikett von der Uni. Klar ist der druck auf solchen Uni´s enorm hoch. Es werden in manchen Studiengängen 70 % der Studenten im ersten Semester heraus geprüft bzw. sie schmeissen selbst das Handtuch. Ich war ehrlich gesagt schockiert was ich da zu hören bekam.

    Als meine Tochter das erste Semester belegt hatte gab es ein Faltblatt wie der ganze erste Ablauf auf der Uni sein wird. Zur Orientierung sozusagen. Die ersten 4 Wochen. Ich zähle jetzt nur die ersten zwei Punkte auf.

    1 Tag. Uni Campus kennenlernen. Anschließend geselliges Zusammensein. ( was man drunter versteht bleibt jedem seiner Fantasie überlassen )
    2 Tag. Sich orientieren auf dem Gelände und anschließend nachsehen wo die entsprechenden Lesesäle sind. Anschließend Kneipentour.

    Ja richtig gelesen. Anschließend Kneipentour. Also zuerst mal einen "heben" gehen. Das Wort Kneipentour hat sich 4 mal wiederholt. Also 4 Kneipentouren schon von Haus aus. Natürlich unter Anleitung von jemandem der schon etwas länger auf der Uni ist. Vor einem halben Jahr habe ich darüber noch gelacht. Wer schickt nicht gerne sein Kind zur Universität und bekommt es als Alkoholiker wieder zurück. ( ironisch gemeint Freunde )
    Besonders gut laufen sollen solche Geschichten bei Medizinern wie ich von einem Medizin Studenten hören durfte. So ständig 2 Flaschen Rotwein am Abend zum "entspannen" wäre nicht selten. Das was ich hier schreibe ist kein schlechter Scherz. Wer sich einmal durch Uni Foren gelesen hat weiß das. Es geht da nicht um einen Prosecco. Meine Tochter sagt da kommen größere "Geschütze" zu Einsatz. Und dann 50 Km Heimweg mit dem Auto. Wer geht am Anfang nicht mit auf Kneipentour. Wir waren auch mal Jung. Wollten wir Spielverderber sein. Das dort gesoffen wird ist ein offenes Geheimnis.

    Meine Tochter hat Disziplin. Die hatten wir alle mal in dem Alter. Oder ?
    Besser man spricht mit seinem Kind einmal ausführlich über solche Geschichten. Oder zeigt ihnen gleich was läuft wenn die Disziplin versagt. So wie bei mir. Manche beginnen ein Studium und enden als Taxifahrer. Manche noch nicht mal das. Ist mal jemand heraus geprüft ( abstrakte Lernziele die selten die Dozenten selbst erklären können ) und hat niemanden der ihn zu Hause auffängt ( kenne ich einige ) ist der geübte Griff zur Flasche das erste an das man sich noch von der Uni her wahrscheinlich erinnern kann. Ist die Birne dann lange genug in dieser ungerechten Welt ( Ironie ) benebelt gewesen, dann wird es schwer. Ich hake da nach. Ich spreche mit Ihr über solche Themen. Auch wenn ich selbst vorbelastet bin. Oder gerade deshalb.

    Ach ja Spitzen Uni. Genau. Ja genau dort. Dort ist auch nicht der Platz der Unfehlbaren. Egal wie Intelligent mancher sein mag. Meine Pflicht ist es meinem Kind das mit auf den Weg zu geben. Gerade Töchter halten den Vater immer für den großen "Zampano" der alles im Griff hat. Ich zeige Ihr das es nicht immer so sein muß. Das auch Väter nur ganz normale Menschen sind und Mist bauen können. Ich glaube aber sie hat es schon selbst mitbekommen. Wie ich schon geschrieben habe. Sie kann es sich zu gegebener Zeit aussuchen.

    Ein Thema das mich nicht direkt betrifft, aber auch nicht kalt gelassen hat. Wahrscheinlich sehen das Aussenstehende etwas entspannter. Ich bin da im Moment eher etwas verkrampft.

    Gruß
    Michael

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!