Hallo aus dem virtuellen Raum

  • Hi,

    komischer Name "gamma draconis", oder? Ist aber ganz einfach: so heißt der hellste Stern im Sternbild Drache. Und da ich nach dem chinesischen Horoskop im Jahr des Drachen geboren wurde bin ich folglich "gamma draconis".

    Ich bin Alkoholiker und jetzt seit einiger Zeit trocken. Hier ins Forum hat mich in erster Linie die Diskussion "Selbsthilfegruppen - wozu eigentlich?" gelockt und ich war von dem sachlichen Ton angetan. Bestimmt findet sich die Möglichkeit zum Austausch über die verschiedensten Themen.

    Grüße aus dem Drachenhort

  • Hallo gamma draconis,

    willkommen im Forum. :)

    Bin schon gespannt auf den Austausch. Besuchst Du denn eine SHG? Seit wann trinkst Du nicht mehr? Ich habe noch mehr Fragen, will Dich damit aber nicht erschlagen. Erzähl doch einfach mal. ;)

    Grüße von
    Pinguin

    „Erfolg ist nicht auf Erfolg aufgebaut. Er ist auf Fehlern aufgebaut. Er ist auf Frustration aufgebaut. Manchmal ist er auf Katastrophen aufgebaut.“

  • Herzlich willkommen, gamma draconis, und einen guten Austausch hier im Form.

    Ich bin vor 2 Jahren ausgestiegen und das Lesen und Schreiben hier hat mir viel gebracht.

    Lg
    Mira (auch ein Drache ;))

    Einmal editiert, zuletzt von Mira (8. September 2016 um 21:21)

  • Nochmal Hi,

    ich kenne verschiedene SHGs, war aber vorzugsweise bei den Anonymen Alkoholikern. Es gab in der trockenen Zeit immer wieder SHG-Pausen, weil ich als notorischer "Querdenker" immer wieder mit den 150%igen AAs kollidierte. Zur Zeit habe ich mal wieder eine sehr schöne Gruppe gefunden, klein aber fein und dem Virus des unabhängigen Denkens gegenüber aufgeschlossen. Ich erwarte dabei nicht einmal, daß vom Mainstream abweichendes Denken übernommen wird, sondern einfach nur Toleranz. Leider gibt es immer wieder Dogmatiker in den Gruppen, die auf abweichendes Denken mit ätzenden Belehrungen oder gar Aggression reagieren.

    Wie lange ich trocken bin, halte ich nicht so für wichtig. Ich achte lieber darauf, was jemand zu sagen hat und das ist nicht immer von der Dauer der trockenen Zeit abhängig. Außerdem habe ich festgestellt, daß oft Erwartungen mit der Dauer der Trockenheit verknüpft sind in der Art "nach x Jahren mußt du aber dies und jenes schon können/wissen ...." usw. Meine Erfahrungen sind da aber anders. Ich will nicht einmal auf die Geschichte der "Staubtrockenen" eingehen, es geht vielmehr darum, daß die Geschichten der Abhängigen oft sehr unterschiedlich sind und deshalb auch sehr unterschiedliche Zeit zum Verarbeiten brauchen. Es soll einstweilen genügen, daß es eine zweistellige Zahl von Jahren ist, die ich trocken hinter mich gebracht habe.

    Grüße aus dem Drachenhort

  • Hallo gamma draconis,

    herzlich Willkommen hier im Forum :welcome:

    Zitat

    klein aber fein und dem Virus des unabhängigen Denkens gegenüber aufgeschlossen.

    Das halte ich auch für sehr wichtig. Wenn ich etwas gelernt habe in der ganzen Zeit in der ich jetzt nicht mehr trinke, dann ist es das, dass es keinen 100%igen Masterplan gibt der für alle anwendbar wäre. Oberflächlich betrachtet scheint es ja immer das gleiche zu sein was man tun "muss" um von der Sucht weg zu kommen. Schaut man aber etwas genauer hin, dann ist es faszinierend, welche Wege die Menschen gegangen sind. Trotzdem bin ich jetzt kein Gegner von Grundbausteinen. Ich denke es gibt bestimmte Regeln, wenn man sich daran hält, dann hat man eine Orientierung wie es klappen könnte. Nur, ein alleiniges Allheilmittel sind sie eben nicht und nicht jede/r der etwas anders macht ist deshalb automatisch zum Scheitern verurteilt.

    Ich empfinde dieses Forum hier als sehr offen. Hier kann man auch mal, in der Regel sehr sachlich, über Dinge diskutieren die eben nicht Mainstream sind. Unterschiedliche Meinungen werden respektiert. Deshalb bin ich sehr gerne hier.

    Ich wünsche Dir einen guten Austausch!

    LG
    gerchla

  • Hallo und HERZLICH WILLKOMMEN hier im Forum!

    Ich bin vor ca. 8 Jahren ausgestiegen und ein großer Befürworter von SHG. Allerdings sind die AA nicht so mein Ding - vor allem wegen der Ausrichtung auf Monolog diese religiösen Rituale. Als orthodoxer Atheist ist das nichts für mich :)
    Das heisst nicht, dass ich nicht auch Gutes bei den AAs annehme - siehe z.Bsp. meine Signatur.

    Auch ich wünsche Dir und uns einen guten Austausch!

    Gruß
    Greenfox

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Hallo Drache,


    Wie lange ich trocken bin, halte ich nicht so für wichtig.

    Ist auch egal. Wichtig ist nur, dass ...
    Ich kenne so viele, und das trifft auch auf mich selbst zu, die waren schon x-Jahre trocken - und sind's dann nicht mehr.
    Und ich habe hohen Respekt vor Menschen, die immer einmal mehr aufgestanden sind, als sie hinfielen.

    SHGs: Vielleicht hast Du ja in dem SHG Thread hier gelesen, dass ich derzeit - einmal wieder - vor der Frage stehe: Soll ich, soll ich nicht.
    Momentan gehe ich wieder mal nicht.

    In wie vielen AA Gruppen ich schon war, kann ich gar nicht zählen. Ich find's gut, dass es sie gibt, so wie alle anderen SHGs auch. Schön, dass es für jeden da was zu finden gibt.

    Mir geht es vermutlich sehr ähnlich wie Dir. Neulich hörte ich so einen Spruch von einem, der viel Wert auf die Dauer seiner Trockenheit legt: Ich bin schon so weit vom Alkohol weg, dass ich aufpassen muss mir nicht versehentlich ein Bier zum Essen zu bestellen.
    Da fällt mir dann nix mehr ein.

    Auch oft anzutreffen: Das gesamte Leben vor der Abstinenz war scheiße. Jetzt ist alles bunt und schön und die gebratenen Hähnchen wachsen auf den Bäumen.

    Derzeit mein "Problem": Da sind welche, die lassen - natürlich aufgrund der Dauer ihrer Trockenheit und weil sie ja den goldenen Weg gefunden haben (und nur sie!) - aber auch gar keine andere Meinung neben der ihrigen gelten.

    Ist dann nicht so mein Ding.
    Momentan denke ich: Da komme ich teils mit Leuten zusammen, bei denen würde es ohne Gruppe zu nicht mehr wie Guten Tag und Tschüss reichen. Warum sollte ich jetzt nur deswegen, weil sie bzgl. Alkohol dasselbe Problem wie ich haben, mehr erwarten, bzw. überhaupt mich mehr mit ihnen abgeben?

    Abgesehen davon natürlich, dass nun mal ein Idiot ein Idiot bleibt, egal ob er nüchtern oder nass ist.

    Ich hatte schon eine schöne Zeit mit Gruppen. Und ich hatte schon schöne Zeiten ohne.
    Jetzt seh ich das Ganze sehr entspannt: Wenn ich wirklich das Bedürfnis habe mich explizit mit dem Suchtthema auseinander zu setzen, dann geh ich hin. Wenn ich keine Lust dazu habe, dann eben nicht.
    Auf jeden Fall werde ich nicht in einen Gruppe gehen, um zu erfahren, wessen Ansicht, Meinung und Weg das bessere Übel von Allem ist.

    Lieben Gruß
    Dietmar

  • Na stimmt doch ;D

    Ich meine auch, SHG wird ja sehr oft - besonders auch von den mit Sucht befassten "Fachleuten" - mehr oder weniger als Garant, oder aber zumindest als die "sicherere" Methode empfohlen.

    Meine Erfahrung in SHGs ist eine andere: Ich kenne mindestens so viele Rückfaller aus Gruppen, wie welche, die nie in eine Gruppe gegangen sind.
    Und ich kenne eher mehr Gruppengeher, die sich m. E. kein Stück persönlich weiter entwickelt haben, wie Leute, die in keine Gruppe gehen.
    Das soll jetzt aber absolut kein Plädoyer für "was alles gegen Selbsthilfegruppe sprcht" sein.

    Es liegt aber in der Natur der Sache, eben "Gruppe = Gruppendynamik" und "Gruppenkurs = Gruppenmainstream", dass sich wahrscheinlich einige, die in Gruppe gehen, nicht mit Alternativen und anderem Denken beschäftigen (müssen).
    Wenn dann einer ankommt und so was ganz Neues und Anderes zu Diskussion reinwirft, dann wird der erst mal in seine Schranken verwiesen. Dem wird erst mal gezeigt, was so gestandene, 20zigjährige Trockene zu sagen haben. (Ich frag mich ja oft, ob ich nach 20 Jahren Trockenheit überhaupt noch ganz an den aktuellen Themen in der nassen Szene dran bin? Hat sich ja schon mächtig verändert, Vorglühen, Nachglühen, Kommasaufen (ist auch schon wieder ein alter Hut), und all diese Hypes.)

    Rätselraten geben mir auch immer wieder die in Kliniken vorreitende Gruppenleiter auf. Bitte nicht falsch verstehen, aber da kenne ich welche, allein deren Art und Weise, wie sie sich und ihre Gruppe präsentieren würd' mich glatt wieder zum Saufen treiben.

    Verstehen kann ich es, aus eigener (vergangener) Erfahrung sehr gut, dass - wenn man das Glück hat - eine Gruppe findet, bei der einem die meisten regelrecht ans Herz wachsen. Das ist dann wirklich der absolute Glücksfall.


  • Hallo Greenfox,

    ... betr. Deiner Signatur

    Friedrich Christoph Oetinger

    Ich glaub jetzt nicht, dass in der Zeit jemand was von den AAs geahnt hat ;)

    Ich weiss - aber der Gelassenheitsspruch ist nunmal das Markenzeichen der AAs!
    Außerdem sollte es nur ein Beispiel sein. Auch die Maxime "HEUTE trinke ich nicht." finde ich gut und habe sie in meiner Anfangszeit beherzigt ...

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Interessant,

    jetzt ist meine Vorstellung beinahe schon zum thread über SHGs mutiert. Dann will ich es noch ein wenig fortsetzen. Ich halte SHGs aus mehreren Gründen für unverzichtbar. Zum einen weil die professionellen Hilfsangebote nicht den gesamten Bedarf abdecken können. Außerdem kann ein professioneller Helfer noch so viel über die Sucht gelernt haben, er weiß aber nicht, wie sich die Sucht anfühlt. Dieses Wissen bleibt den Abhängigen vorbehalten und meiner Erfahrung nach kann nur ein anderer Abhängiger wirklich verstehen, was im Kopf vor sich geht, wenn der Suchtdruck kommt. In solchen Momenten ist eben kein Wissen und kein fachlicher Rat gefragt, sondern jemand, der zuhören, mitfühlen und einen Rat aus eigener Erfahrung geben kann.

    Zu den Anonymen Alkoholikern bin ich gekommen, weil zu der Zeit das Angebot an anderen Gruppen noch sehr dünn war. Außerdem war ich beruflich viel unterwegs und die AA bieten den unschätzbaren Vorteil, überall vertreten zu sein. So bin ich dort einfach hängengeblieben. Ich habe bei den AA eine Menge Dienste gemacht, bis zum Sprecher der Region, bzw der Öffentlichkeitsarbeit der Region und das hat mit Einschränkungen Spaß gemacht. Einzig die Dogmatiker waren und sind es, die mir jede Freude verleiden können, weil sie die wichtigste Gruppenregel immer wieder mißachten, nämlich daß jeder sprechen kann worüber er will, wenn er bei sich bleibt.

    Ich denke nicht, daß ein trockener Weg ohne eine SHG auf Dauer funktioniert. Die Sucht richtet derartig viel im Denken und Fühlen der Menschen an, daß es nur der erste Schritt ist, keinen Alkohol mehr zu trinken. Die eigentliche Arbeit an sich beginnt dann, wenn das "nicht trinken" ohne große Mühe klappt und der Kopf frei dafür ist, sich intensiv mit sich selbst zu befassen. Die Arbeit an und mit sich selbst braucht aber Rückmeldungen, nicht alles kann man allein erledigen, denn das eigene Verhalten als veränderungswürdig zu erkennen, ist nicht immer möglich. Dabei ist ein Therapeut hilfreich, aber wie schon erwähnt, kann er nicht alles verstehen, was Sucht bedeutet. Ich denke, daß die Kombination aus Therapie und SHG der ideale Weg ist.

    Es gibt natürlich auch Menschen, die einfach nur mit dem Alkohol aufhören und keine weiteren Schritte in der Bewältigung gehen wollen. Manche können es vielleicht auch nicht, aus welchen Gründen auch immer. Es ist müßig, über die Gründe zu spekulieren, aber diejenigen aus dieser Gattung, die ich kennengelernt habe, waren Musterbeispiele für die Redensart, jemand sei "mit der Faust in der Tasche" trocken. Gerade sie waren diejenigen, die sich und ihren Weg für den einzig wahren hielten, weil ihnen die Sicht auf andere Wege fehlte.

    Grüße aus dem Drachenhort

  • Hallo Drache,

    Zitat

    Ich halte SHGs aus mehreren Gründen für unverzichtbar.


    Für viele ist es gut, dass es Gruppen gibt. Es gibt aber auch viele, die ihren trockenen Weg ohne gehen. Ich selber habe nicht das Gefühl, dass ich auf etwas verzichten muss, wenn ich in keine gehe.

    Zitat

    Zum einen weil die professionellen Hilfsangebote nicht den gesamten Bedarf abdecken können.


    Meinst Du damit den Gesprächsbedarf, der durch die Gruppen befriedigt wird, oder was meinst Du damit?
    Wie viel Leute gibt es, die gerade dann, wenn ein „Helfer“ in der Nähe ist, Suchtdruck bekommen?

    Zitat

    Ich denke nicht, daß ein trockener Weg ohne eine SHG auf Dauer funktioniert.


    Da bin ich, in eigener Sache, anderer Meinung. Zumindest insgesamt mehr als 20 Jahre Abstinenz sagen das. Ob’s „auf die Dauer“, also bis zu meinem Ableben reicht, keine Ahnung. Ich denke aber schon.
    Ich finde, dass durch diese Dogma „ohne Gruppe geht es nicht“, etwas unabdinglich impliziert wird, was so einfach nicht ist.

    Wie ich schon mehrfach ausführte: Es ist gut und richtig, dass es – so viele verschiedene – Selbsthilfegruppen gibt. Ein reichliches Angebot für jeden Geschmack.
    Aber es ist auch nicht einfach, seine Gruppe zu finden. Als ich, so um 1990, „meine Gruppe“ suchte und schließlich fand, war ich in gut und gerne 10 oder 12 verschiedenen Gruppen.

    Das eine zufriedene Abstinenz nicht allein durch Alkohol weglassen kommt, ich denke, das hat sich bei den meisten Betroffenen (hoffentlich) durchgesetzt.
    Meine Erfahrung hat mir auch gezeigt, dass eben gerade nicht wenige, die dauerhaft in eine feste Gruppe gehen, irgendwann regelrecht festgefahren sind.
    Grüße
    Dietmar

  • Nun denn...

    - ich habe kein Dogma aufgestellt. Es ist einfach ein Erfahrungswert. Natürlich gibt es Menschen, die ohne Gruppe trocken und zufrieden leben, niemand hat das Gegenteil behauptet. Ich sehe keinen Grund dafür, das hier so vehement zu verteidigen. Natürlich gibt es auch Menschen, die trotz Gruppe nicht weiterkommen, darüber habe ich sogar geschrieben.

    - 20 trockene Jahre sind ein guter Anfang. Der Rekordhalter in meinem Umfeld wurde nach 23 Jahren rückfällig, weil er sich und seine Möglichkeiten überschätzte. Er hat dann später genau das erzählt, was ich beschrieben habe: ihm fehlte die Rückmeldung von anderen Abhängigen, so hat er die Veränderungen in seinem Denken nicht selbst bemerkt.

    - ich habe eigentlich keine große Lust, das lang und breit zu diskutieren. Es gibt, wie schon angeführt, nicht den einen richtigen Weg. Möge jeder seinen Weg finden und gehen.

  • Zitat

    Hier ins Forum hat mich in erster Linie die Diskussion "Selbsthilfegruppen - wozu eigentlich?" gelockt und ich war von dem sachlichen Ton angetan. Bestimmt findet sich die Möglichkeit zum Austausch über die verschiedensten Themen.

    Hmm. .... ich weiß jetzt nicht wirklich, aus was sich eine Diskussion darüber Deinem Wunsch gerecht zusammensetzen sollte nixweiss0

  • Vielleicht so, daß jeder von seinen Erfahrungen erzählt, ohne dem Gegenüber gleich ein Dogma zu unterstellen. So sieht eine sachliche Diskussion jedenfalls nicht aus.

  • Mit dem Satz, "Ich finde, dass durch diese Dogma „ohne Gruppe geht es nicht“, etwas unabdinglich impliziert wird, was so einfach nicht ist.", habe ich Dir persönlich kein "Dogma" unterstellt, sondern lediglich das in Frage gestellt, was im Allgemeinen jedem, der aus der Sucht aussteigen möchte, mehr oder weniger zwingend empfohlen wird.

    Ich habe ja nicht vergleichsweise zu Deiner Feststellung "Ich denke nicht, daß ein trockener Weg ohne SHG auf Dauer funktioniert." geschrieben: Ich denke nicht, dass ein trockener Weg mit SHG auf Dauer (zwingend) funktioniert.

    Wenn Du Dich ein wenig eingelesen hast, dann hast Du sicher auch gelesen, dass ich immer wieder geradezu betone, wie gut und richtig es ist, dass es Selbsthilfegruppen gibt.
    Aber der Gang in die Selbsthilfegruppe ist eben nicht der einzig zielführende Weg. Es ist einer von vielen möglichen.

    Ich finde auch, wir sollten nicht darüber streiten, welcher Weg der richtige ist.

    Schau mal wie viele Länder es weltweit gibt, in denen es keine, oder nur sehr wenig erreichbare Selbsthilfegruppen gibt. Gegenüber gestellt zu den weltweiten Alkoholikern würde das bedeuten, dass eine Vielzahl von denen nie eine Chance für dauerhafte Abstinenz erhalten würde.

  • Es gibt da diese schöne Redensart "Du hast Recht und ich ....."

    Können wir es damit gut sein lassen?

  • Ihr habt Beide Recht - jeder auf seine Weise!

    Ich persönlich stimme Gamma zu - kenne aber auch Leute, die es ohne SHG geschafft haben. Und ich freue mich für diese Leute - vor allem, weil ich der festen Überzeugung bin, dass ICH es ohne meine Gruppen nicht geschafft hätte.

    Und nu ist jut ...

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Tja, dann kann ich meine Vorstellung wohl ein wenig fortführen. Oder ist es mehr eine Bestandsaufnahme?

    Wie auch immer. Ich habe schon geschrieben, daß ich bei den Anonymen Alkoholiker angefangen habe. Das stimmt aber nicht so ganz. Vorher kam noch eine Langzeittherapie von 4 Monaten und im Anschluß daran bin ich zu den AA gegangen. Der Einstieg dort war eher unerfreulich. Mir saßen ein paar Männer gegenüber, die gefühlt doppelt so alt waren wie ich. Auf jeden Fall bevorzugten sie ein recht harschen Ton und nahmen mich auf Grund meines Alters und meiner wenn auch gemäßigten Drogengeschichte nicht ernst. Nach kurzer Zeit fand ich dann aber eine andere Gruppe, in der ich mich wirklich wohlfühlte.

    Mit dem den AA zugrunde liegenden Gedankengut konnte ich mich teilweise nicht anfreunden. Dort hieß es, daß es zur Vermeidung eines Rückfalls unbedingt notwendig sei, regelmäßig eine Gruppe zu besuchen. In dem Buch "Gedanken zum Tag" ist es sogar noch krasser formuliert: für die geistige Gesundheit eines Alkoholikers sei der regelmäßige Kontakt mit anderen Alkis unumgänglich. Nun ja, wer mit solchen Voraussetzungen leben kann, der mag es tun. Für mich stellte sich die Frage, ob das denn überhaupt ein Weg sei, zu einem freien und selbstbestimmten Leben jenseits der Sucht zu kommen. Die Antwort auf diese Frage ist für mich ganz einfach. Sie heißt: Nein. Das ist nicht das, was ich mir unter einem trockenen Leben vorstelle und was ich anstrebe.

    Trotzdem bietet der Weg der AA auch Gutes. So halte ich die 12 Schritte für einen guten Plan, um sein Leben wieder zu ordnen. Als Agnostiker oder Atheist ist es nur erforderlich, das religiöse Gerümpel zu entsorgen und zum Kern der Schritte zu kommen. Insgesamt aber halte ich sie für gut und meine Erfahrung ist, daß man diese Schritte ohnehin auf die eine oder andere Weise geht, wenn man einfach nur versucht, sein Leben nach dem Alkohol wieder zu ordnen.

    Insgesamt aber reichte mir das, was ich in den Gruppen erfahren habe, nicht aus. Ich wollte mehr über die Krankheit "Sucht" erfahren und vieles von dem, was in den Gruppen erzählt wurde, erschien mir ziemlich unsinnig. Auch die eigene Erfahrung ob mit oder ohne Gruppe reicht nicht, um mehr über die Krankheit zu wissen. Die eigene Erfahrung ist zwangsläufig auf das eigene Erleben beschränkt und kann durch die Verflechtung von emotionalen und sachlichen Erkenntnissen niemals ein objektives Bild ergeben. Ich fand aber einen Lösung, um an mehr Sachinformation zu kommen. Eine VHS bot eine Ausbildung zum Suchtberater an und da habe ich mich angemeldet. Es war ein langer und anstrengender Lehrgang: insgesamt 4 Jahre mit einem Wochenendseminar im Monat plus zwei Hospitationen in Einrichtungen der Suchtbehandlung.

    Trotz der langen Zeit und der vielen Arbeit hat es viel Spaß gemacht und vor allem habe ich mehr gelernt, als ich vorher für möglich gehalten hätte. Zu Beginn der Ausbildung war ich etwa 15 Jahre trocken und ich glaubte tatsächlich, viel über Sucht und über mich zu wissen. Das erwies sich aber als fataler Trugschluss. Der Lehrgang bot nicht nur viele Sachinformationen über Sucht, sondern auch über Kommunikation, Gesprächsführung, schlicht über alles, was ein Beratungsgespräch ausmacht. Logischerweise gehörte auch eine Unmenge an Selbsterkenntnis zu den Nebenwirkungen. Heute weiß ich, daß ich in diesem Lehrgang mehr über mich gelernt habe, als in der gesamten trockenen Zeit davor.

    to be continued

    Grüße aus dem Drachenhort

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!