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Autor Thema: Meine Eltern loslassen  (Gelesen 9683 mal)

AmSee13

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Re: Meine Eltern loslassen
« Antwort #15 am: 20. Mai 2021, 11:20:16 »

Hallo Nina,
Danke für deine Rückmeldung.
Was die Betreuungsdokumente betrifft, kennt sich jemand anderes wahrscheinlich noch genauer damit aus als ich, aber meiner Kenntnis und Beobachtung nach - meine Schwester hat sich um diese Dinge gekümmert - wirst du nicht noch mehr involviert. Es geht tatsächlich nur darum, das du, wenn du diese Vollmachten hast, handlungsfähig bist im Fall der Fälle. Sonst passiert erstmal gar nichts.
Ja, Bankvollmacht wäre auch sehr wichtig.
Ich denke, deine Eltern würden sich, solange sie es noch können, eine Einmischung deinerseits verbitten, daher geht es wirklich nur darum - und so kannst du ihnen das auch am ehesten vermitteln -, dass du im Fall der Fälle handlungsfähig bist.
Die Sache mit der rechtlichen Betreuung, sprich Vormundschaft, ist sowieso noch mal ne ganz andere Sache. Sowas muss beantragt werden, dann kommt jemand zur Begutachtung und und und.
Ich weiß zu wenig über eure Situation, aber da seid ihr, denke ich, noch nicht angekommen.

Dass du Angst vor dem Besuch hast, ist verständlich. Hätte ich auch...

Zieh dich, sofern du kannst, zwischendurch immer wieder mal raus und sorge für dich.

Alles Gute
AmSee

P.S.: Das hab ich ganz vergessen:
Mein Beileid zum Tod deiner Großmutter. Die Trauer um sie macht die Sache für dich wahrscheinlich kaum leichter.
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Du kannst nicht zurückgehen und den Anfang ändern,
aber du kannst jetzt neu anfangen und das Ende ändern.

poepinna

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Re: Meine Eltern loslassen
« Antwort #16 am: 22. Mai 2021, 08:23:05 »

Liebe Nina,
mein herzliches Beileid zum Tode Deiner Oma. Ich hoffe, dass Du für Dich Unterstützung vorort hast und es keine Dramen gibt. Es hat mir in den letzten Jahren immer sehr geholfen nicht mehr bei meinen Eltern zu wohnen, wenn wir sie besucht haben. Wir haben dann im Hotel gewohnt. Da konnten wir uns immer morgens noch bei einem netten Frühstück oder abends regenerieren und abgrenzen. Ich fühlte mich dann immer weniger dem ganzen ausgesetzt.

Bezüglich den Betreuungs-und Bankvollmachten, die verpflichten Dich erst einmal zu nichts. Aber wenn das komplette Chaos ausbricht kannst Du eingreifen, wenn Du möchtest. Bei mir war es so, dass ich mich am Ende doch verantwortlich gefühlt habe, dass erst mal für mein Vater, der schwerkrank war und dann am Ende nun auch für meine Mutter gesorgt wird. Soweit konnte ich dann nicht mehr loslassen, was mir die Jahre vorher noch viel besser gelang.
Es ist ein ständiges Abwägen, was kann ich selbst noch ertragen, wo kann ich sinnvoll eingreifen und Fakten schaffen, damit es mir selbst hinterher besser geht.

Das Thema Geld ist am Ende auch doch recht wichtig. Mein Vater hatte zum Beispiel eine sehr gute Rente, von denen wir nur träumen können, wenn wir berentet sein werden. Aber es gab nur Schulden, die ich nach seinem Tod fand, und es konnte noch nicht einmal die Beerdigung bezahlt werden. Ein süchtiger Haushalt kann oft auch nicht mit Geld umgehen. Auch hier eine gute Idee, mal in den Ordnern zuhause bei Deinen Eltern nachzusehen, was da Sache ist. Und sei es dann, wenn beide am Schlafen sind……..

Am Ende hast Du immer noch die Möglichkeit, alles an gesetzliche Betreuer abzugeben, dann bist Du befreit von allem. Ich war oft kurz davor das zu machen. Es ist die letzte Form des Loslassens.

Viel Kraft für die Tage, Sorge für Dich gut ganz egoistisch! Denn deine Eltern werden sich nicht wegen Dir verändern, dazu ist der Sog der Sucht zu stark. Da müsste wahrscheinlich noch recht viel passieren bis es soweit kommt.





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NinaNuthouse

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Re: Meine Eltern loslassen
« Antwort #17 am: 24. Mai 2021, 09:17:17 »

Hallo,

vielen Dank noch mal für eure Nachrichten und danke für eure guten Wünsche. Ich kann leider nicht viel schreiben. Es ist zur Katastrophe geworden. Mein Vater hat Schulden bei Behörden, von denen keiner wusste. Er hat viel Geld verspielt und sinnlos ausgegeben. Er hat jahrelang Mahnungen einfach in die Schublade gesteckt. Hat gelogen, dass alles ok ist. Auf mich wirkt er, als ob ihm gar nicht richtig klar ist, was das alles bedeutet, vielleicht vergisst er es auch. Aktuell haben sie nicht mal richtigen Krankenversicherungsschutz, weil monatelang Beiträge nicht bezahlt wurden.
Ich muss nun den Karren aus dem Dreck ziehen. Bin sprachlos, ratlos, überfordert. Aber irgendwie muss es gehen.

Ich rede ab morgen mit den Behörden, um zu sehen, wie man den Schaden begrenzen kann. Die Schulden können erstmal beglichen werden, danach sind aber bald die Rücklagen weg. Dann muss ich mich für meine Eltern wohl ans Sozialamt wenden. Selbst bewältigen sie diese Dinge offenbar ja nicht mehr.
Auch brauche ich eine Lösung, damit mein Vater nicht weiterhin ohne Rücksicht Geld verprasst. Bankvollmacht würden sie mir geben (muss dann organisiert werden), aber wie verhindere ich, dass er einfach alles ausgibt? Ich kann sie nicht permanent kontrollieren.

Ich muss diese Woche auch wieder hinfahren, um Dinge vor Ort zu regeln, momentan ist das mit das Schlimmste für mich. Die Atmosphäre im Haus ist sehr belastend für mich, und das Chaos ist sehr groß. Aber ich muss es machen.

Habt ihr irgendeine Idee, wer noch helfen oder beraten könnte? Caritas, Diakonie? Ich weiß über Themen wie gesetzliche Betreuung zu wenig, um sowas sofort zu entscheiden. Ich denke nur, meine Eltern sind an sich nicht mehr fähig, ihr Leben selbst zu bewältigen. Und ich breche bald zusammen unter der Belastung. Ich bin fast nur noch am weinen und esse kaum noch, versuche parallel dazu mir einen Überblick zu verschaffen. Es brennt an allen Enden.

Bei all dem habe ich auch noch nicht richtig trauern können. Meine Oma dreht sich jetzt sicher im Grab. All das hätte sie nie gewollt. Ich bin froh, dass sie das alles nicht mehr mitbekommen muss.

Es tut mir sehr leid, dass ich nicht so recht auf eure Beiträge eingehen kann. Es passiert einfach zu viel.

Viele Grüße,
Nina
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AmSee13

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Re: Meine Eltern loslassen
« Antwort #18 am: 24. Mai 2021, 13:53:45 »

Hallo Nina,
ich lese sehr deutlich deine Not heraus, daher versuche ich dir ein paar Anregungen zu geben.

Es entlastet dich vielleicht, zu wissen, dass du nicht „verpflichtet“ bist, dich persönlich um deine Eltern kümmern zu müssen. Ein moralische Verpflichtung besteht womöglich, jedoch keine rechtliche Verpflichtung.

Menschen, die nicht mehr in der Lage sind, für sich selbst zu entscheiden, können eine gesetzliche Betreuung beantragen. Sie können das selbst tun oder aber jemand anderes für sie. Siehe:

https://www.familienratgeber.de/rechte-leistungen/rechte/rechtliche-betreuung.php

Nun ist es aber so, dass, nur weil deine Eltern ein Alkoholproblem haben, dies nicht automatisch rechtfertigt, sie unter gesetzliche Betreuung stellen zu lassen. Wenn sie noch dazu in der Lage sind, einen eigenen freien Willen zu bilden, haben sie gewissermaßen auch das Recht auf ihren eigenen Untergang.

Rechtliche Grundlage für Hilfe bzw. Nichthilfe bei Alkoholikern, siehe hier:

https://www.reguvis.de/betreuung/wiki/Betreuungsvoraussetzung#Keine_Betreuerbestellung_bei_Alkoholsucht_ohne_Folgeerkrankung

https://www.aerztezeitung.de/Politik/Einweisung-nur-bei-psychischer-Erkrankung-308033.html


Die Sache ist die: Wollen deine Eltern deine Hilfe oder wollen Sie sie nicht?

Wenn sie deine Hilfe nicht wollen, stellt sich die Frage, ob sie noch in der Lage sind, einen freien Willen zu bilden. Das kann nur ein entsprechender Gutachter feststellen und bei den Rechtsentscheidungen diesbezüglich erkennst du, wie uneins sich Gutachter sein können.

Die Unfähigkeit deiner Eltern an sich bedeutet nicht, dass ihnen die Fähigkeit abhanden gekommen ist, einen eigenen freien Willen zu bilden. Siehe oben.

Wenn sie deine Hilfe wollen, musst du selbst nicht unbedingt ihre rechtliche Betreuung übernehmen, sondern das kann ein gesetzlicher Betreuer, der beim Betreuungsgericht beantragt wird, übernehmen.

Du musst auch nicht per se für die Kosten aufkommen. Infos findest du z.B. hier:

https://www.pflege.de/pflegegesetz-pflegerecht/elternunterhalt/

https://www.pflege-durch-angehoerige.de/kinder-muessen-nicht-zwingend-fuer-pflegeheimkosten-der-eltern-aufkommen/#Wer_hilft_mir_weiter_Wer_kann_mich_beraten

Ich hoffe, diese Informationen helfen dir ein wenig weiter und entlasten dich etwas.

Ich wünsche dir viel Kraft.

Herzliche Grüße
AmSee
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AmSee13

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Re: Meine Eltern loslassen
« Antwort #19 am: 25. Mai 2021, 14:38:37 »

Hallo Nina,
meine guten Gedanken und Wünsche begleiten dich heute.
Wünsche dir ganz viel Kraft und Energie!
Schreibst du, wie’s heute gelaufen ist?
Liebe Grüße
AmSee
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