Guten Morgen Angela,
super, dass Du es angegangen bist und jetzt mit professioneller Hilfe Deine Sucht überwinden möchtest. Ich selbst habe keine klassische Therapie gemacht, hatte aber auch Hilfe durch einen Psychologen und dann auch noch durch einen Mönch, der ebenfalls sowas wie ein Psychologe war. Die Kirche nennt es wohl eher Seelsorge, aber wie ich später erfuhr hatte er eine psychologische Ausbildung und er war es dann letztlich auch, der mir am meisten geholfen hat diese Sucht zu überwinden.
Ich will Dir kurz von mir erzählen und Dir dazu noch ein paar Gedanken da lassen.
Nachdem ich aufgehört hatte mit dem Trinken wurde mir sehr schnell klar, dass ich alleine nicht zurecht kommen würde. Da gab es einfach ein paar Baustellen, u. a. immmer stärker werdende Schuldgefühle, die ich selbst einfach nicht bearbeiten konnte. So sehr ich mich auch bemühte. Da ich von Anfang an bereit war alles für ein Leben ohne Alkohol zu tun war für mich klar: Da muss ein Psychologe her. Nun ist es ja gar nicht so einfach so einen zu bekommen aber nach einigen Gesprächen mit diversen Menschen und meinen Arzt hat sich einer herauskristallisiert, wo ich dann auch gleich versucht habe einen Termin zu bekommen.
Ich musste ziemlich lange warten auf diesen Termin und hatte dann entsprechend die Erwartungshaltung oder Hoffnung, dass es nun aufwärts gehen wird. Endlich kann mir geholfen werden. Leider empfand ich das dann aber absolut überhaupt nicht so. Dieser Psychologe wagte es tatsächlich nicht so zu reagieren, wie ich mir das vorgestellt hatte. Wobei ich Dir nicht mehr sagen kann, was ich eigentlich erwartet habe. Hilfe halt, ja klar aber wie diese jetzt genau aussehen hätte können das wusste ich ja auch nicht. Jedenfalls hat er mich nicht bedauert oder Verständnis für meine Situation geäußert sondern mir ziemlich scharf erklärt, ich solle mich mal zusammen reißen und mich wie ein erwachsener Mann benehmen.
Das war wie eine Ohrfeige für mich. So, und anstatt mich damit auseinader zu setzen, ihn gar darauf anzusprechen das mir das gar nicht gefallen hat, habe ich zurück gezogen und mir "mein Bild" von ihm gemacht. Er war ein Versager für mich, jemand der seinen Beruf verfehlt hat, ein Idiot sowieso und natürlich auch ein Pfuscher. Klar.
Ich reagierte also wie so viele nasse Alkoholiker eben reagieren. Überheblich, arrogant, besserwisserisch und ablehnend. Jetzt denkst Du vielleicht: Hä, wieso nasser Alkoholiker, du warst doch schon trocken? Ja, ich trank zu diesem Zeitpunkt schon mehrere Wochen, sogar einige Monate schon nicht mehr. Aber meine Gedanken waren noch lange nicht trocken. Obwohl ich mich von Anfang an bemühte mein nasses Denken und Verhalten bewusst "auszutreiben" gelang mir das besonders in den ersten Monaten erst mal nur sehr schwer. Ich konnte das damals auch nicht so sehen, ich wusste ja noch viel zu wenig über mich selbst und über diese Krankheit.
Jetzt, nach vielen Jahren ohne Alkohol, habe viele Kontakte zu anderen trockenen Alkoholiker gehabt. Mich ausgetauscht, geredet usw. Viele hatten ähnliche Erlebnisse, nicht unbedingt mit Psychologen aber grundsätzlich. Die meisten erzählten auch davon, dass sie noch lange "nass" getickt haben. Nicht wenige kannten diese Überheblichkeit, teilweise die Arroganz, wie ich es von mir kannte. Fazinierend, war ich doch auf der anderen Seite eine gescheiterte Existenz, jemand der die Kontrolle über sich und sein Leben verloren hatte und der sich auch maßlos dafür schämte. Und trotzdem Urteilte ich über andere wie ich das immer getan hatte. Gelernt ist eben gelernt und es ist alles andere als einfach eine lange Suchtzeit einfach so zu überwinden, auch gedanklich zu überwinden. Das gelang mir dann später durch ständiges "üben" aber sehr gut, aber es war eben ein langer Prozess.
Heute weiß ich, was dieser Psychologe (der übrigens ein sehr guter ist, wie mir von anderen Menschen mehrfach bestätigt wurde) eigentlich bei mir erreichen wollte. Nur ließ ich es erst mal gar nicht zu. Nach ein paar Terminen habe ich abgebrochen und ich hatte mich auch nicht ihm gegenüber geöffnet. Jedenfalls nicht so, wie ich es hätte tun können und sollen. Möglicherweise hätte er mir dann sogar helfen können.
Aber ich war damals nicht soweit und nahm dann Kontakt zu diesem Mönch auf. Ja, der passte erst mal viel besser zu mir. Da fühlte ich mich sofort angekommen. Seine Art gefiel mir, wie er sprach gefiel mir und dass er mir nicht gleich widersprach gefiel mir auch. Aber auch bei ihm kam es bald zu einer Situation, wo ich fast alles hingeworfen hätte. Mir armen Tropf ging es mal wieder so schlecht (Selbstmitleid auch ein wunderbares Merkmal für nasses Denken) und ich rief ihn an und bat ihn um einen schnellen Termin in der kommenden Woche. Das war jedoch die Faschingswoche gewesen und er erklärte mir lapidar, dass er in der Faschingswoche keine Termine annehme. Da hätte er anderes zu tun. Und gab mir einen Termin zwei Wochen später.
Nach diesem Telefonat war ich wütend und erbost. Was bildet sich dieser Kuttenträger eigentlich ein wegen diesem Sch...ßfasching mir MEINEN Termin zu verwehren? Wo es mir doch so schlecht geht! Bis in zwei Wochen bin krepiert und außerdem wollte ich mit ihm eine ganz wichtige Sache besprechen die bereits eben genau in dieser kommenden Woche anstand und wo ich nicht wusste, was ich tun sollte. Da muss der mir doch helfen. So meine Gedanken.....
Nun, als ob ich einen Geistesblitz gehabt hätte, ich erinnere mich noch genau, dachte ich plötzlich: Ok, wenn DU mir nicht hilfst, dann helfe ich mir eben selbst! Ich bekomme das auch ohne DICH hin!
Und so war es dann auch.
Später, viel später, als ich längst gefestigt war, meine Gedanken auch (zum größten Teil) nicht mehr "nass" waren, habe ich ihn mal auf diese Situation angesprochen. Er erinnerte sich gut daran und erklärte mir, dass er das mit Absicht gemacht hatte. Denn er hatte den Eindruck, dass ich mich zu sehr auf ihn verlasse. Und dass mir das aber auf die Dauer nicht helfen würde. Denn er könne nur Anstöße liefern, die eigentliche "Arbeit" müsse ich selbst machen. Und er wollte, dass ich erkenne, dass ich alleine für mich und mein Handeln, etc. verantwortlich bin und nicht er.
Tja, da habe ich das dann alles natürlich verstanden. Damals jedoch war mir das erst mal nicht möglich.
Was hat das jetzt mit Dir zu tun?
Mag sein, dass Deine Psychologin tatsächlich den Beruf verfehlt hat, kann auch sein, dass sie einfach nicht zu Dir passt. Ich kann das nicht beurteilen, ich kenne weder sie noch Dich.
Möglich ist aber auch, dass Du in Deinem Kopf Dinge größer machst als sie eigentlich sind. Oder sogar Dinge implizierst die es gar nicht gibt, bei der "Gegenseite" sozusagen.
Jedenfalls fühlte ich mich innerhalb von 5 Minuten als reiches Töchterlein verurteilt, die ihren armen, dementen Vater weil sie zu faul zum arbeiten ist schröpft,
Das ist das was Du denkst. Ob sie das auch denkt? Aber scheinbar hat sie mit ihrem Verhalten bei Dir da etwas ausgelöst. Da scheint doch was in Dir schlummern das Dir Probleme bereitet. Denn wäre es nicht so, würdest Du doch gar nicht auf den Gedanken kommen das sie sowas denken könnte. Oder?
Und vielleicht ist das genau ihr Job? Vielleicht will sie genau da hin? Ich weiß es nicht, aber möglich wäre das schon.
Du hast ja schon viele interessante Meinungen von anderen Forumsteilnehmern erhalten. Jetzt kommt meine noch dazu. Was für Dich gut und richtig ist kannst nur Du selbst wissen und entscheiden.
Ich würde mit meinen heutigen Erkenntnissen offen mit dieser Frau sprechen. Ich würde mich vor allem nicht mit anderen zusammen solidarisieren und ein gemeinsames Feindbild aufbauen. Das hilft niemanden in der eigentlichen Sache weiter. Es hilft nur dabei aus Mücken Elefanten werden zu lassen weil irgendwann einfach alles sch...ße ist was diese Frau macht, sagt, Mimik, Gestik, etc.
Vielleicht kannst was aus meinen Zeilen mitnehmen.
Alles Gute Dir und ich wünsche Dir, dass Du gut voran kommst sich diese Anfangsschwierigkeiten schnell lösen lassen.
LG
gerchla