Hallo Britt,
ich musste das erstmal sacken lassen. Als ich deine Antwort das erste Mal gelesen habe, war ich sauer. Aber ich wollte das mit dem Gefühl nicht kommentieren.
Bei mir kam das mal wieder sehr vorwurfsvoll an. "Du sendest zu viele Du-Botschaften, versuch es doch mal mit Ich-Botschaften".
Ja Ich-Botschaften nehmen Konfliktpotenzial, das ist richtig.
Diese Zeit, als ich nicht schlafen konnte, weil er sein Ding durchgezogen hat und Tag und Nacht durchgesoffen hat, da war er überhaupt nicht erreichbar.
Es war ihm egal, weil er in seiner eigenen Welt lebte.
Und für mich gab es zu dem Zeitpunkt die Option Ich-Botschaft nicht mehr.
Wenn man wochenlang nicht schläfst, einen Job hat, einen schwerkranken Vater und den Alltag komplett allein bewältigen muss, dann kommt man doch irgendwann an seine Grenzen und mir war es in dem Moment völlig egal, ob ich ihn mit meinen Du-Botschaften verletze.
Jetzt, nach der Entgiftung, nach seinem Neuanfang, sehen unsere Gespräche ganz anders aus. Ich habe ihm erzählt, wie ich mich die letzte Zeit gefühlt hab, ohne Vorwürfe, ich bin da bei mir geblieben. Für ihn war es ein Schock, weil er gar nicht mehr wusste, was er gemacht hat.
Und deine Frage, ob ich nicht eigentlich lieber ohne ihn leben will...
Mein erster Gedanke war: Was nimmt sie sich da raus? Wenn ich das wollte, wäre ich dann jetzt noch da?
Mein Gedanke nach dem Nachdenken: Nein, ich will nicht ohne ihn leben.... Oder anders gesagt: Ich möchte uns die Chance geben. Für mich sind folgende Punkte wichtig:
- Er hat von sich aus gesagt, so geht es nicht weiter (nicht durch meinen Druck)
- Er ist freiwillig zum Entzug gegangen .(klar hab ich ihn in gewisser Weise geschubst, aber wenn ER nicht gewollt hätte, hätte ich da nichts machen können.)
- Er hat beim Entzug viele andere Betroffene gesehen und zu mir gesagt "So will ich nicht enden"
- Er tut gerade alles dafür, ein neues Leben zu beginnen und trinkt nicht mehr (ich weiß, dass es erst ein paar Wochen sind... Aber jeder hat mal angefangen)
- Er möchte die Reha machen, weil er was für sich tun möchte und wirklich aus dem Strudel raus will.
Ich habe ihm gesagt, wenn er es ernst meint, kriegt er jede Unterstützung von mir.
Aber ich habe auch gesagt, dass ich nicht weiß, wie sich das alles entwickelt. Ich freu mich auf die Zeit, wenn er zur Reha ist, auf die Zeit alleine (das hat nichts damit zu tun, dass ich die Beziehung abgeschrieben hab, sondern damit, dass auch mir diese Auszeit einfach gut tut.)
Und es wird sich rausstellen, wie wir uns entwickeln. Ich habe oft hier gelesen, dass einige Beziehungen zerbrochen sind, NACH der Therapie vom Betroffenen. Das kann bei uns auch so sein, von seiner oder von meiner Seite.
Aber es bringt nichts, dass ich mich jetzt verrückt mache, was passiert bei der Therapie, wie wird er such verändern? Lernt er vielleicht ne andere kennen?
Alles Optionen, die möglich sind, daran denke ich nicht.
Ich unterstütz ihn und bin bereit, daran zu arbeiten, dass wir eine weitere Chance haben. Mehr kann ich nicht tun.
Das klingt kalt und so, als wäre mir egal, was danach passiert... Das stimmt nicht. Ich bin nur realistisch. Es bringt keinem was, wenn ich anfange zu klammern und ihm die Luft zum atmen nehme. Wenn wir ne Chance haben, super! Dafür gebe ich sehr viel, nicht alles, denn ich möchte mich nicht selbst verlieren.