Guten Morgen Ina,
ich hab zwar ein bisschen härter getrunken als Du. Aber einerseits ist das ja kein Ruhmesblatt, man muss da nicht stolz darauf sein, sondern es war ja eigentlich Unfähigkeit, anders mit dem Leben umzugehen. So darfst Du das auch betrachten, und andererseits bereue ich es auch nicht, weil damals war das halt das, was ich wollte, und zeitenweise wäre ich ohne Alkohol vermutlich gar nicht klar gekommen. Das glaube ich bis heute und ich habe mehrmals drüber nachgedacht, was wohl gewesen wäre, wenn ich früher aufgehört hätte...ich glaube, es wäre nicht besser gewesen, aber mir ist ja auch nichts wirklich schlimmes passiert, unter was ich den Rest meines Lebens leiden würde, ich habe den Ausstieg trotzdem noch rechtzeitig geschafft und verbuche das als Lebenserfahrung, ich habe sozusagen nichts verpasst und wie es anders gewesen wäre, bleibt trotz aller Überlegung Theorie.
Also was das angeht, bin ich mit mir im Reinen.
Mit fällt bei dem Weinregal noch ein, ich hab an der Supermarktkasse immer Flachmänner mitgenommen, meistens so 4 oder 5 Stück a 0,1 Liter, die ich dann auf die Schnelle zum Aufwärmen gekippt habe. Das musste ich vom ersten Tag meiner Nüchternheit an ignorieren, ich war ja nie in geschützter Umgebung, Entgiftung oder stationäre Therapie, sondern habe mein Leben erst mal einfach so weitergelebt, was ich ändern musste stellte sich erst nach längerer Trockenheit heraus.
Also bin ich auch weiter an der Supermarktkasse mit den kleinen Verführern vorbeigelaufen, alkoholfreier Haushalt hätte bei mir einen Tag höchstens dagegen geholfen. Und wenn ich Durst hatte, dann blieb der auch bis er gelöscht war, selbst wenn ich mich eine Weile beherrscht hatte, habe ich das dann nachgeholt, auch von daher war es für mich sinnlos, der Verführung aus dem Weg zu gehen, denn wenn ich die Gier hatte, bin ich dafür auch kilometerweit gelaufen, wenn ich nicht mehr fahren konnte.
Ein Grund, warum ich das grundsätzlicher angegangen bin. Der andere war, das ich auch nüchtern Scheixxtage hatte, also darauf, das es immer schön war, konnte ich mich auch nicht verlassen.
Ich hatte schon mehrmals beim Hingucken den Geschmack im Mund, und die Wirkung, die ich verspürt habe, kann ich bis heute absolut nachvollziehen, aber das hat wirklich überhaupt nichts mehr an sich, was mir Appetit darauf machen würde. Bei mir geht diese Vorstellung dann sehr schnell bis zu dem rebellierenden Magen und dem beschixxenen Geschmack im Mund am nächsten Morgen beim Aufwachen, echt nichts was ich nochmal brauchen würde. Das passiert ganz automatisch, und manchmal stelle ich mir das mit Absicht vor und geniesse es dann erst recht, dass es heute anders ist.
Ist mir grade noch so eingefallen. Ich meine, wenn man darauf achtet, dann merkt man schon, was man sich selbst zutrauen kann. Und wenn ich wirklich trinken wollte, dann könnte mich nichts und niemand davon abhalten, mich könnte auch keine Gruppe bremsen, denn da würde ich mich entweder drüber wegsetzen oder gar nicht mehr hingehen. Ich mache mir nichts vor, wie es wäre, wenn ich wieder trinken würde, es ginge vermutlich schnell bergab, aber ob mich das hindern würde, wenn mir alles egal wäre, ist natürlich auch spekulativ, so lange der Zustand nicht eintritt. Und genau deswegen muss ich selbst wissen, was ich will, das kann mir niemand sonst sagen. Und ich meine, klappt ja.
Gruß Susanne